Seite 2 Nr. 133

Nagolder TagblattDer Gesellschafter"

Mittwoch, 11. Juni 1938

Der Oeynhausener Schiedsspruch

Berlin, 10. Juni- In den Verhandlungen über den Oeynhausener Schiedsspruch harten die Arbeit­geber erklärt, daß sie die Preise in demselben Umfang wie die Löhne abbauen wollen. Diese Erklärung ist in den Ver- Handlungen im Reichsarbeitsministerium am 5. Juni 1930 gegeben worden. Es sollen nach Wegfall der Akkordüber- verdienstklausel die überkariflichen Verdienst« nicht nur der Arbeiter, sondern auch sämt­licher Gehaltsempfänger am 1. Juli so gekürzt werden, -atz eine Ersparnis bis zu 716 Prozent der Gesamt­lohn- und Gehaltszahlungen eintreten wird. Nach den ver­einbarten Regelungen werden mit Wirkung ab 1. Juli über das Ausmaß der ersparten Lohn- und Gehaltsfummen hinaus die Preis« in der Eisenindustrie ab­geb a u t.

Reichsarbeitsminister Stegerwald hat sich eine Nachprüfung der künftig festzusetzenden Preise durch Wirt­schaftssachverständige vorbehalten-

Was die Höhe des Preisabbaus anlangt, so find hier- über bestimmte und bindende Zusagen gemacht worden, über die noch von seiten der zuständigen Wirtschaftsorgane Be­schluß gefaßt werden muß.

Französische Pulverkammern an der Eifelbahn

Trier, 10. Juni. Jetzt wird bekannt, daß die Franzosen im Jahr 1923 zur Zeit des Ruhreinbruchs unter sämtlichen Brücken der Eifelbahn Minen gelegt hatten, um bei einem Widerstand der Deutschen, den sie sicher erwartet hatten, den Angriff der Deutschen in der südlichen Rheinprovinz aufzuhalten und sich selbst Zeit für ungefährdeten Rückzug zu schaffen. Das Besatzungsoberkommando ließ sämtliche deutsche Bauunternehmer aus Wittlich (Eifel) zu sich kom­men, um ihnen die Arbeiten zu übertragen. Da die Unter­nehmer sich weigerten, wurde einer von ihnen durch das Los bestimmt. Dieser mußte die Arbeiten unter militärischer Bewachung ausführen. Auch die Festung Ehrenbreit- stein war unterminiert worden, um sie in die Luft zu sprengen. Die Sprengstoffe sind nun wieder entfernt worden.

Teilräumung von Kehl

Kehl, 10. Juni. Heute vormittag gegen 1611 Uhr haben 10 Offiziere und 185 Unteroffiziere und Mannschaften des französischen Infanterieregiments 170 im Sonderzug Kehl verlassen, um sich nach ihrem neuen Standort Gerardmer in den Vogesen zu begeben.

»

Der Streit in Palästina

««enf, 10. Juni. Im Mandatsausschuß des Völkerbunds gab der englische Vertreter Dr. Shiels eine scharfe Er­klärung ab. Die jüdischen und die arabischen Blätter wer­ben künftig schärfer überwacht werden. Juden und Araber sollen sich bemühen, zusammenzuarbeiten. Es werde nicht geduldet, daß der eine Teil sich als Herrn des andern fühle, Die Juden in aller Welt sollen wissen, daß, wenn England den Juden ein« Heimstätte in Palästina schaffen wolle, dies nicht bedeute, daß ein jüdischer Staat geschaffen werden solle.

Die britische Regierung hat von den acht Tageszeitungen Palästinas drei, eine jüdische und zwei arabische, verboten.

Unruhen auf Malta

Malta, 10. Juni. Im Anschluß an den Pfingstgottes- dienst, den der Erzbischof am 1. Feiertag abhielt, kam es hier zu Straßenkundgebungen. Die Menschenmenge, die sich vor der Kathedrale ansammelte, rief stürmisch: Hoch lebe Premierminister Strickland, nieder mit Italien. An verschiedenen Stellen der Stadt ging berittene Polizei gegen die Menge vor. Der Erzbischof wurde unter dem Schuh der Polizei aus der Kathedrale nach seinem Palais geleitet, wobei ihm seine Anhänger Kundgebungen dar­brachten, während die Anhänger des Premierministers mit Gegenkundgebungen antworteten. Mehrere Personen wur­den verhaftet. Während der Ruhestörungen hielten die Ladeninhaber ihre Geschäfte geschlossen-

Württemberg

Stuttgart. 10. Juni.

Stiftungsfest. In den Pfingsttagen feierte die akademische Verbindung Alania an der Technischen Hochschule das 6V. Stiftungsfest.

Neue Alaffenentlasjungen bei Bosch. Bosch Hauptwerk und Feuerbach hat lautSüdd. Arbeiterzeitung neuerdings 700 Arbeiter und Arbeiterinnen zur Entlassung angemeldet.

Stuttgarter Pfingstverkehr aus der Straßenbahn. Auf den Stuttgarter Straßenbahnen wurden an den Pfingst« seiertagen etwas über 1 Million Fahrgäste befördert. Die Seilbahn zum Waldfriedhof benützten 11 400 Personen. Das Jnselbad Untertürkheim besuchten 21 500 Personen, das Bad Obertürkheim etwas über 1800 Personen. Villa Berg und die städtische Gemäldesammlung wurden von über 800, meist aus dem Land stammenden Personen besucht. Die drei AusstellungenDie Straße" auf dem Cannstatter Wa­sen,Lehrschau Holz" in der Stadthalle undTechnik im Heim" in der Gewerbehalle erfreuten sich trotz des schönen Wetters eines lebhaften, in die Tausende gehenden Besuchs.

Umfangreiche Verficherungsbetrügereien. Mit einer Reihe von angeblichen Unglücksfällen, die dem 41 I. a. Kaufmann Karl Kehrer von Stuttgart und dem 33 I. a. Kaufmann Alban Bossenmaier von Stuttgart zugestoßen sein sol­len, hatte sich das Schwurgericht Stuttgart zu befassen ge­habt, da die Vermutung aufgekommen war, daß es sich bei diesen Zufällen nur um ein Geschäft der beiden gehandelt habe. Zu Beginn des vorigen Jahrs ließ sich Kehrer durch einen Bekannten vier Finger seiner rechten Hand abhauen, wofür er dann von der Versicherung 130 000 Mark forderte. Da er in der Zwischenzeit bei sämtlichen Versicherungs­gesellschaften dafür bekannt war, daß er unter einem unheil­vollen Stern geboren sein muß, wurde ihm diesmal die Aus­zahlung der Versicherungssumme verweigert. Wie bei den anderen Unfällen, so strengte er auch diesmal einen Prozeß gegen die Versicherungsgesellschaft an und wieder dienten ihm einige Bekannte als Eideshelfer, diesmal mit dem Er­folg, daß das gesamte Konsortium nunmehr wegen Mein- eids unter Anklage gesetzt wurde. So sah man jetzt neben den beiden Hauptangeklagten Kehrer und Bossenmaier noch den 26 I. a. Kaufmann Ulrich Becker von Stuttgart, den

28 I. a. Kaufmann Adolf End riß von Cannstatt, den 43 I. a. Kaufmann Otto Hägele von Stuttgart und den 35 I. a. Händler Otto Kehle von Stuttgart, sowie den 62 I. a. Instrumentenmacher Christian Dinkelacker voir Winnenden auf der Anklagebank des Schwurgerichts. Der Strafantrag des Staatsanwalts lautete gegen Kehrer auf eine Zuchthausstrafe von 14 Jahren, sowie 10 Jahren Ehr­verlust, gegen Bossenmaier auf eine Zuchthausstrafe von 12 Jahren und 10 Jahren Ehrverlust, gegen Endriß auf 6 Jahre und 6 Monate Zuchthaus, sowie 5 Jrhre Ehrverlust, gegen Dinkelacker und Becker auf je 6 Jahre Zuchthaus und 5 Jahre Ehrverlust, gegen Hägele auf 5 Jahre Zucht­haus und 5 Jahre Ehrverlust und gegen Kehle auf 2 Jahre Zuchthaus. Die Fortsetzung der Verhandlung findet am Mittwoch statt.

Vom Verein der Ruhestandsbeamten. Der Landesverein staatlicher Ruhe- und Wartestandsbeamten kann auf eine zehnjährige erfolgreiche Tätigkeit zurückblicken. Die erste Vereinsmitteilung wurde am 31. Mai 1920 ausgegeben. Im Lauf des Jahres 1920 hatte der Verein schon 3540 Mitglie­der in 16 Bezirksvereinen und 1921 schon 4500. Heute sind es 33 Bezirksvereine mit über 6100 Mitgliedern. Die Sat­zungen von 1920 wurden 1929 durch eine zeitgemäßere Satzung ersetzt und dem Verein die BezeichnungWürtt. Landesverein staatlicher Ruhe- und Wartestandsbeamten" gegeben.

llnglücksfall eines Döblinger Flugzeugs in Baden-Baden

Am Pfingstmontag 17.30 Uhr stürzte in der Nähe des Baden-Badener Flugplatzes ein auf einem Probeflug be­findliches Leichtflugzeug aus Böblingen aus einer Höhe von etwa 300 Meter ab. Es wurde völlig zer­trümmert. Der Flugzeugführer Hans Schütz erlitt innere Verletzungen, die aber nicht lebensgefähr­lich sind. Er wurde ins städtische Krankenhaus verbracht.

Sonderbare Neckarfahrt

Es wird uns geschrieben: Der Pfingstsonntag brachte manchen, die sich in Heilbronn zu einer Neckarfahrt nach Wimpfen eingeschifft hatten, ein Erlebnis, das sie so schnell nicht vergessen werden. Anstatt daß der Dampfer, wie es die Sicherheit der Fahrgäste erforderte, in Wimpfen die Landungsstelle aufsuchte, hielt er mitten in der Fahrrinne und lud die Fahrgäste in das mitgeschleppte Rettungsboot, das sie an Land brachte. Dabei wurde das Boot deract überlastet, daß ein Ausschlag von fünf Zentimeter genügt hätte, um das Boot, in dem bereits etwa zwei Zentimeter Wasser standen, vollends vollaufen zu lassen. Boot und Dampfer trieben erheblich ab, so daß die Landung nicht am flachen Strand, sondern in Geröll und Brennesseln erfolgte, was bei den Frauen mit Recht starken Protest auslöste. Da­mit nicht genug. Der Dampfer war inzwischen strom­abwärts getrieben, obwohl sich an Bord noch viele Passa­giere befanden, die in Wimpfen an Land wollten. Das Boot konnte den Dampfer, der immer weiter trieb, so schnell nicht einholen, und endlich in Heimsheim fiel es der Schiffsleitung ein, daß man nun doch landen müsse, um den Rest der Fahrgäste an Land zu setzen. Es wäre nun nicht mehr wie recht und billig gewesen, daß die Schiffsleitang dafür sorgte, daß die Fahrgäste wieder nach Wimpfen zu­rückgelangten. Aber darum kümmerte sich niemand! Leute, die anfangs dem Ufer entlang durch hohes, taufrisches Gras, Brennesseln und Geröll dem Dampfer folgten, um ihre An­gehörigen nicht zu verlieren, mußten nach einiger Zeit das Rennen aufgeben, da der Dampfer sehr schnell weitergetrie­ben wurde. Gegen einen derartigen Personendampferver­kehr auf dem Neckar muß schärfster Protest eingelegt werden.

Aus dem Lande

Saulheim OA. Heilbronn, 10. Juni. 200 000 Mark- Stiftung. Die Inhaber der Schuhfabrik Sontheim- Heilbronn Wolf u. Co. haben aus Anlaß des 40jährigen Bestehens des Unternehmens aus privaten Mitteln die Summe von 200 000 Mark zur Bildung eines Pensions- und Unterstükunasfonds für Anaestellte und Arbeiter der Fabrik

8 /

« e

Wiernanheirtzmage Milch winken soll? -mitXLtkreiner gemischt"sagen öleÄrzte. Denn so wiü sie öreimal leichter veröcmrals sonst/

Üni Liefe Mschung

schmeckt auch viel, viel besser als Milch/

ZrrM«, LSn-iH« dn-schkm M I«»ile über lüervsukrrbrnemysul, kneivd imieitvi bnÄnsiPkviiÜMg.

gestiftet.' Etwa 110 Angestellte und 850 Arbeiter und Ar­beiterinnen finden in der Schuhfabrik Beschäftigung.

hall. 10. Juni. Eine Verbrecherbande vor Gericht. Vor dem erweiterten Schöffengericht hatten sich 17 Angeklagte, 10 männliche und 7 weibliche, wegen um- fangreicher Diebstähle, Hehlereien und anderer Vergehen zu verantworten. Der Hauptangeklagte, der am 25. April 1903 in Stuttgart geborene ledige Schlosser Alfred Kemm- l e r, zur Zeit Strafgefangener des Zuchthauses Ludwigs« bürg, ist in der Nacht vom 4. auf 5. August 1928 aus dem Zuchthaus in Ludwigsburg, wo er eine mehrjährige Strafe zu verbüßen hatte, entwichen. Noch in derselben Nacht ver­schaffte er sich durch einen Einbruch in Münster bei Cann­statt andere Kleider. Alsbald darauf begab sich Kemmler nach Jux, OA. Backnang, zu der Familie des Wilhelm

K übler jung, der in seine Verhältnisse eingeweiht war, da sich beide im Zuchthaus kennen gelernt hatten. Da ihn Kübler nicht behalten wollte, verbrachte er ihn nach dem Plapphof, Gmde. Neuhütten, OA. Oehringen, zu seinen Verwandten, den Bauerseheleuten Wilhelm und Wilhelmine F u r k e l, welch letztere eine geboren« Kübler ist, die ihn als Knecht ohne Lohn behielten. Von dort aus hat sodann Kemmler seine Raubzüge bis zu seiner am 14. März d. I. auf dem Plapphof erfolgten Festnahme, somit über einein. halb Jahre lang, in der Umgebung des Mainhardter Walds und darüber hinaus ausgeführt wobei sich jeweils ver­schiedene Mittäter beteiligt haben. Dem Angeklagten Kemm­ler sind zehn Einbruchdiebstähle als Alleintäter und 14 mit anderen zur Last gelegt. Es wurden verurteilt: Kemmler wegen 24 vollendeten und 2 versuchten Verbrechen des schwe­ren Diebstahls im Rückfall und wegen eines gewerbsmäßi­gen Jagdvergehens zu der Gesamtzuchthausstrafe von fünf Jahren sechs Monaten, 7jährigem Ehrverlust und Zulässig­keit von Polizeiaufsicht. Die übrigen Angeklagten erhielten ebenfalls längere Gefängnis- und Zuchthausstrafen.

Ein Kind in Flammen. Am Pfingstmontag nach­mittag ereignete sich während des Fischerstechens in Hall, dadurch ein Unglück, daß ein Zuschauer mit seiner Zigarette das Kleidchen eines Mädchens ansengte. Als das Kind heimlief, stand das Kleid plötzlich durch den Luftzug in Hel­len Flammen, wodurch das Kind schwere Brandwunden erlitt.

Dettenhausen. OA. Tübingen, 10. Juni. Unglück­licher Ausgang einer Pfingst fahrt. Ein voll­besetzter Lastkraftwagen, mit dem ein Verein von Hildriz­hausen «inen Ausflug an den Bodensee gemacht hatte, geriet auf der Heimfahrt in der Nacht zum Montag zwischen hier und Bebenhausen in den Straßengraben. Zwei Insassen mußten schwerverletzt in die Tübinger Klinik verbracht wer­den, die anderen mußten zu Fuß den Heimweg vollenden.

Rottenburg, 10. Juni. Schweres Motorrod­unglück. Vier Schwerverletzte. Pfingstsonntag nachmittag prallte zwischen Kiebingen und Rottenburg ein mit einem Herrn und einer Dame aus Zweibrücken besetztes Motorrad in voller Fahrt auf ein mit zwei Herrn aus Hus­senhofen (Gmünd) besetztes Motorrad auf. Alle vier Fahrer wurden von den Rädern geschleudert und blieben schwer ver­letzt liegen. Ein kurz nach dem Unfall öäherkömmender rumänischer Gefellschaftswagen nahm bereitwilligst alle vier Verletzte auf, um sie in die chirurgische Klinik nach Tübingen zu verbringen.

Rottweil, 10. Juni. Caritastag. Dieses Jahr findet wieder hier ein württembergischer Caritastag statt. Der 6. und 8. Oktober ist ausschließlich für die caritativen Fach­vereine Vorbehalten, während am 7. die allgemeinen Referate stattfinden.

Reutlingen, 10. Juni. 18 Prozent Gemeinde­umlage. Der Gemeinderat hat mit 16 gegen 13 Stimmen beschlossen, im Etatsjahr 1930 die Gemeindeumlage wieder­um auf 18 Proz. festzusetzen.

Tod durch unreifes Obst. Dieser Tage ein achtjähriges Mädchen unreife Johannisbeeren und trank zu allem Unglück noch Wasser dazu. Leider brachte man dem Kinde keine geeignete Hilfe. Nun wurde es mit stark an­geschwollenem Leib und unnatürlicher Hautfarbe von Schwestern des Bürgerspitals dorthin geholt. Dort starb das Kind.

Friedrichshofen. 10. Juni. Pfingstverkehr in Friedrichshafen. Die Morgenzüge am Pfingstsonntag brachten eine Unmenge Bodenseefreunde nach Friedrichs- Hafen. Der Sonderzug Stuttgart-Ulm-Friedrichshafen führte allein 35 Personenwagen mit rund 4000 Gästen. Der Auto- und Motorradverkehr war sehr stark. Das LuftschiffGraf Zeppelin" übt immer noch das größte Interesse aus. Die Zahl der Luftschiffbesucher betrug rund 10 000. Das Fried­richshafener Strandbad hatte 5000 Besucher.

Pforzheim, 10. Juni. Wackere Tat. Der Kriegs­invalide Otto Vollmer, der auch herzleidend ist, rettete am Montag seinen kriegsinvaliden Kameraden Hans Bub aus der Enz, nachdem dieser in einem epileptischen Anfall beim Wasserschöpfen in den Fluh gestürzt war. Kurz daraus entriß er ein öjähriges Mädchen, das beim Spielen an einer ziemlich tiefen Stelle ins Wasser gefallen war, dem sichern Tod.

Aus Stadt und Land

Nagold, den 11. Juni 1930.

Das Gewissen ist unser besseres Ich.

Vom Bienenschwarm

Die Schwarmzeit der Bienen scheint nach den bisherigen Erfahrungen dieses Jahr günstig für den Imker zu ver­laufen. Der Bienenzüchter muß jetzt den ganzen Bienen­schwarm rechtzeitig einfangen und unterbringen. Die Bien« ist kein Stück Vieh, das man anbinden kann, sagt der Bauer, darum Vorsicht und Umsicht. Alles Laute, rasches Gehen, starkes Bewegen der Arme reizt die Schwarmbienen zum Stich. Mit dem brennenden Pfeifchen im Mund» di» Hemdärmel dicht an der Schlupf zusammengeschnürt, die Bienenkappe aufgesetzt nähert sich der Imker mit dem Schöpfkorb langsam dem Bäumchen, in dessen Zweigen der Schwarm hängt. Mit einer Feder streicht er unter be­ständigem Rauchen den Schwarm, der sich um die Königin gesammelt, in den untergehaltenen Korb. Wenn dieWäch­ter" ihm vor dem Gesicht herumschwirren, hält derSchöp­fer" beide Hände ruhig vor die Augen, surrt ihm eine Biene im Haar, so streift er sie ab oder erdrückt sie. Daß die Ruhe das Beste beim Schwarmfassen ist, zeigt ein Bei- spiel, das einmal imDeutschen Bienenfreund" zu lesen war. Ein zehnjähriger Knabe, bloßköpfig und in Hemd­ärmeln, stand nahe bei einem Bienenstand, als eben ein Schwarm auszog. Nach einigem Hin- und Herfliegen nahm die Königin ihren Sitz am Kopf des Knaben und rasch folgten Tausende von Bienen. Der Vater des Knaben, die Sachlage sofort erkennend, rief demselben, der schon öfter beim Schwarmfassen zugesehen hatte, nur in aller Eile zu: Rühr dich nicht, Hansl. Mach den Mund und dis Augen zu und schnauf durch die Nase, ich werde den Schwarm gleich taufen und einfassen." Richtig gehorchte der Knabe: der Vater aber goß hübsch Wasser über den von Bienen ein­gehüllten Kopf des Knaben, bog letzteren etwas nach vorn und strich mit einem Federwisch die ganze Gesellschaft in einen untergehaltenen Strohiorb. Der Knabe hatte keinen Stich erhalten.