Zu den Bombenaltentaten in Holstein
Die Bombenwerfer vor Gericht
Am 26. August begann in Altona der große Prozeß gegen die Holsteiner Bombenwerfer, durch den nicht weniger als 23 Angeklagte der gerichtlichen Sühne überantwortet werden sollen. Die Gerichtsakten zählen 13 Straftaten an verschiedenen Orten auf, von denen 4 noch im Winter 1928, die anderen 9 im Laufe des Jahres 1929 erfolgt sind. Der Hintergrund der Bombenanschläge ist die Not, die man im Dithmarschen seit den Dänenkriegen nicht mehr kannte. Bor dem Kriege war der Dithmarsche reich, sein Vieh das beste in Deutschland und sein Hof der schönste. Heute befindet sich das Land in Not, denn der Nachbar im Norden führt einen erbitterten Wirtschaftskrieg und unterbietet alle Handelspreise. Die Dithmarschen griffen zur Notwehr, und heute haben sie sich wegen Uebertretung des Sprengstoffgesetzes zu verantworten.
Unser Bild zeigt oben die drei Hauptangeklagten» und zwar ganz links den Landvolkführer Hamkens, in der Mitte den Kaufmann Johnsen und rechts den Schriftleiter des „Landvolks" Bruno v. Salomon. Links unten sieht man eine von den Angeklagten benutzte Höllenmaschine, rechts die Wirkungen eines ihrer Anschläge, und zwar die Zerstörungen am Rathaus zu Lüneburg.
Die Ursache der Landvolkbewegung
Eine wichtige Anssage.
In der Verhandlung wurde einleitend auf die Einzelheiten der Vorgeschichte der Sprengstoffanschläge eingegan- gen. Besonders bemerkenswert ist dabei die Aussage des Angeklagten Volck. Dieser führte aus: Er sei 1927 auf einer vaterländischen Vortragsreise nach Holstein gekommen und später lange Monate dort tätig gewesen. Bei dieser Gelegenheit habe er auch mit den Träger» der Landvolkbewegung Verbindung bekommen. Das Ziel dieser Bewegung sei die innere und äußere Befreiung Deutschlands. Der Steuerbolschewismus richte den Bauernstand, die Urquelle des Volkes, zugrunde. Mit gesetzlichen Mitteln habe sich eine Befreiung nicht mehr durchführen lassen. In Abwehr kommunistischer Gefahren, die nicht gering waren, sei die Wachvereinigung für Stadt und Land entstanden, in der sich deutsche Männer überparteiisch zusammengefunden Hütten. Da die Unzufriedenheit immer mehr gewachsen sei, hätten sich auch die Bauern gegen die sogenannte kalte Enteignung gesträubt. Hunderte von Höfen seien gepfändet worden. Nun habe es gegolten, die Scholle zu verteidigen. In Vei- denfleth habe sich der Volkswille ganz spontan aufgclehnt und es sei der Satz geprägt worden: „Unser Weg zur Freiheit geht durch die Gefängnisse." Die Kämpfer seien reine Idealisten, alle hätten aufgerttttelt werden müssen, und daher sei der Gedanke entstanden, demonstrative Akte zu veranstalten. Er, Volck, habe sich dafür sofort zur Verfügung gestellt und die Knallpakete an bestimmte Orte bringen lassen. Ueber ihre Zahl verweigert er die Auskunft. Gebäudeschäden sollten nicht angerichtet, Menschenleben nicht gefährdet werden
Die Notlage des Handwerks und ihre Ursachen
Das Handwerk, das in früheren Krisenzeiten der Wirtschaft zähe Widerstandskraft bewies, ist von der letzten breiten und tiefen Absturzwelle der Konjunktur mitgerissen worben. Die Absatzstockung hat diesmal auch das Handwerk oder wenigstens den größten Teil der Handwerksberufe in Mitleidenschaft gezogen. Zweifellos gibt es in einigen Städten noch Handwerke, die gute Verdienstmöglichkeiten besitzen, sie sind aber an den Fingern abzuzählen. Auch bei ihnen beginnt sich überall eine starke Uebersetzung in der Anzahl der Betriebe bemerkbar zu machen. Die weit verbreitete Ansicht, -aß es dem Handwerk noch verhältnismäßig gut gehe, stützt sich auf die Verdienste in diesen wenigen Berufen. In allen anderen Handwerkszweigen aber gibt es nur noch eine geringe Anzahl von Meistern, die eine selbständige Existenz fristen können,' die anderen vermehren in zunehmendem Maße das Heer der Arbeitslosen. Das zeigt sich nicht nur in der Gewerbesteuerstatistik, sondern auch in der Bcrufs- statistik der Wohlfahrtsämter. Die Zahl der ehemals selbständigen Handwerksmeister, die heute Wohlfahrtsunterstützungen in Anspruch nehmen müssen, wächst ständig an.
Das Handwerksbestreben, das wir heute erleben, liegt nicht in der Untüchtigkeit des einzelnen,- daß sie hier und da mitspricht, braucht nicht besonders betont zu werben. Es ist auch nicht auf die Rückständigkeit des Handwerks gegenüber dem industriellen Betriebe zurückzuführen. Dieser Standpunkt hat sich schon seit langer Zeit als falsch erwiesen. Das Handwerk ist an sich nicht nur lebensfähig, sondern es hat auch Lebensberechtigung. Das Wort „Handwerkskultur" sagt aus, baß die Arbeit und Gesinnung des Handwerks eine wichtige Grundlage unseres geistigen Lebens ist und daß im Handwerk Werte lebendig sind, die erhalten und gepflegt werden müssen, wenn man an eine neue Entfaltung Deutschlands denkt und überzeugt ist, daß ihre Pole Kultur- und Wirtschaftsleben sein müssen. Im Brennpunkt der Arbeit vieler kultureller Verbände Deutschlands, dort, wo kulturelle und wirtschaftliche Fragen sich treffen, vereinigt sich auch hanü- werkspolittsche Gesinnung, auch wo es noch nicht erkannt ist. Ist die Tätigkeit dieser Verbände nicht aus der Sorge über das Zerstören der Kulturwerte des Dorfes und der Kleinstadt hervorgegangen? Ein Volk, das produktiv mit Hand und Kopf arbeiten will, braucht den täglichen Umgang mit Werken, die dadurch, daß sie schöpferischen Geist und handwerkliche Ehrlichkeit in sich haben, auch Kraft des Volkstums ausstrahlen. Aber auch das wirtschaftliche Leben braucht die enge Verbindung mit den kulturellen Werten des Handwerks. Die typisierende klare Formgebung, die einzelne Industrien für ihre Erzeugnisse anstreben, steht auf der Grundlage handwerklichen Gestaltens. Zwischen Kunst und Handwerk bestehen innige Wechselbeziehungen,- es ist kein Zufall, daß die größten Kunstwerke in einer Zeit entstanden sind, in der das handwerkliche Schaffen in Blüte stand. Den heutigen Bestrebungen der Wirtschaft, mit der Kunst wieder in engere Verbindung zu kommen, liegt ein tieferer Sinn zugrunde. Die Wirtschaft braucht den schöpferischen Geist, der Kunst und echter Handwerksarbeit innewohnt.
Die kritische Lage des Handwerks hat keine andere Ursache als die, von der heute auch Industrie und Handel betroffen werden. Der größte Teil der Hanbwerksberufe leidet aber aus vielerlei Gründen schwerer unter der Absatzstok- kung. Das Handwerk kann sich zwar schneller den veränderten Verhältnissen anpassen, es ist aber dafür auch schneller am Ende der Etnschränkungsmöglichkeiten. Die allgemeine Vertrauenskrifis hat seine Kreditfähigkeit stärker herabgesetzt, als es in Handel und Industrie der Fall ist. Die Kreditgenossenschaften des Handwerks sind der gegenwärtigen Wirtschaftslage nicht gewachsen. Das vielleicht vorhanden gewesene kleine Eigenkapital ist aufgezehrt. Der alte Krebsschaden des Handwerks, das Borgsystem, fügt ihm heute ungeheure Verluste zu, denn es wird auch von den Kunden ausgenutzt, die den monatelangen Kredit des wirtschaftlich schwächeren Handwerkers nicht auszubeuten brauchten. Viele Handwerksberufe sind dadurch in die Abhängigkeit ihrer Lieferanten geraten. Diese sind in großem Umfange dazu übergegangen, die Aufträge, die sonst der Handwerker unmittelbar vom Auftraggeber erhielt, hereinzuholen und noch extra daran auf Kosten der Verdtenstspanne des Handwerkers zu verdienen. Hier liegt eine der größten Gefahren für
das Handwerk. Dem Handwerk ist es nur in seltenen Fällen möglich, sich durch einen Zahlungsvergleich mit seinen Gläubigern zu sanieren, obwohl es gerade durch diese moderne — höchst bedenkliche — Art, sich der Schuldnerverpflichtungen zu entledigen, am meisten leidet. Die Verluste des Handwerks bei den vielen Zusammenbrüchen großer und kleiner Firmen sind außerordentlich hoch. Während die Banken und großen Lieferanten ihre Kredite durch reale Sicherheiten und Uebereignungen zum guten Teil decken, fällt die handwerkliche Arbeit meistens ganz aus.
Am wirtschaftlichen Niedergang des Handwerks tragen auch die Behörden einen guten Teil der Schuld. Die Behörden geben heute ihre Aufträge lieber an große Firmen, die, wenn auch nicht billiger arbeiten, bei der Vergebung aber wenig Arbeit verursachen. Die Klagen aus Handwerkerkrei- sen, die durchaus leistungsfähig sind, daß sie z. B. von der Post und der Reichsbahn ständig übergangen werden, brechen nicht ab. Gelingt es ihnen, einige kleine Aufträge zu erhalten, so werden sie in der Preisstellung gedrückt,- es soll ihnen anscheinend der Appetit auf Aufträge der öffentlichen Hand verdorben werden. Dabei ist es bekannt, daß viele große Firmen, die sich der besonderen Obhut öffentlicher Auftraggeber erfreuen, zur Ausführung der Arbeit Handwerksbetriebe heranziehen. Bricht nun eine solche Firma zusammen, was im letzten Jahre sehr häufig vorgekommen ist, dann erleiden die Handwerker, welche die öffentlichen Aufträge ausgeftthrt haben, erfahrungsgemäß die größten Verluste. So ist z. B. in der Vauwirtschaft, die ja zum großen Teil aus öffentlichen Mitteln gespeist wird, ein Handwerkerlegen eingerissen, das an die schlimmste Zeit der Bauspekulation in den neunziger Jahren des vorigen Jahrhunderts erinnert.
Der Staat und auch die Wirtschaft beginnen die kulturelle und staatspolitische Bedeutung des Handwerks schärfer als in den letzten Jahren zu erkennen. Diese Erkenntnis muß auch in die untergeordneten Behörden cindringen und auch in deren Anftragspolitik zum Ausdruck kommen. Die Gewerkschaften haben verlangt, daß die Millionenaufträge, die
Erinnerungen
Skizze von W. v. Bosenstein.
St. Petersburg, die junge Residenz des unter Führung seines genialen Herrschers erwachenden russischen Reiches, befand sich gewissermaßen noch in den Kinderschuhen. Anstelle der einstigen kleinen Festung Neanschanz (Neuschanze) wuchtete fast einsam der Granitkoloß der Peter-Pauls-Festung. Noch war die prächtige Isaakskathedrale nicht erbaut — nur die St. Annenkirche, zu der, kaum ein halbes Jahr nach Erbauung seiner Festungskirche, Zar Peter selbst den Grundstein gelegt, rief mit Hellem Geläut die zahlreichen Deutschen und deutschen Balten, die Peter ins Land geholt hatte.
Im Nordwesten, dicht vor der Schwelle der Residenz, befand sich das finnische Dorf Lachta, eine kleine, selbst für damalige Zeiten unbedeutende Fischersiedlung an den Usern der sumpfigen Kamenka, nach Süden zu von den Wellen des Finnischen Meerbusens umspült.
Noch war der Vormarsch der zäheren Fichte, die vom Norden kommend die Eichen unaufhaltsam verdrängte, nicht hierher gelangt. Noch dehnten sich als nördlichste Ausläufer dieses herrlichen Baumes am Meeresgestade knorrige Eichenwälder, in denen Elche, Bären, Wölfe und Füchse das Regiment führten. —
Es war ein heißer Sommertag des Jahres 1705. Die agd hatte soeben ihr Ende gefunden. Lustig erschollen die örner, als in schlichtem, blauem Waffenrock, die Hetzpeitsche in der Hand, der Kaiser die Strecke abschritt.
Im nahen Gutshause der Grafen von Stenbock gedachte er mit seinem Gefolge Quartier zu nehmen, um sich wohlverdienter Ruhe und Atzung zu erfreuen. Doch schon als noch die letzten Hörner klangen, hatte sich, von Westen kommend, drohend eine dunkle Wand am Himmel zusammen geballt. Schwarz und tief schienen einige Wolkenfetzen das Meer zu streifen.
Mit hastigen Ruderschlägen eilte ein finnisches Fischerboot dem flachen Strande zu. Schnell sprang die Mannschaft ins seichte Wasser und schob den Nachen möglichst hoch auf den Strand. Gewaltig kramten schon die Donner, und hell leuchteten die flammenden Blitze. Dann setzte ein für jene Gegend charakteristischer, nur mit den Tropenregen vergleichbarer Guß ein.
So rasch ihre Füße sie irrigen, eilten die Fischer Schutz suchend unter das breit ausladende Blätterdach einer statt- licqen Eiche. Eng an den Stamm gedrückt, sahen sie mit heimlichem Banoen dem Toben der Elemente iu.
zur Belebung des Wirtschaftslebens aus öffentlichen Finanzmitteln bereitgestellt werden, nach sozialpolitischen Gesichtspunkten vergeben werden sollen. Es bedeutet keine sonderlich große Arbeitsvermehrung für die auftraggebenden Behörden, wenn sie auch dem Handwerk gewisse Sicherheiten gewähren. Das kann auf zweierlei Art geschehen: Einmal durch größere Auftragserteilung, zum anderen durch die direkte Bezahlung der am Aufträge beschäftigten Handwerker durch die öffentliche Stelle, auch wenn der gesamte Auftrag an eine größere Firma vergeben worden ist. Der beste Weg bleibt der, die Arbeiten eines Auftrages, an dem verschiedene Handwerker arbeiten müssen, einzeln zu vergeben.
Großfeuer
Wie aus Koblenz berichtet wird, entstand in den städtischen Wohnbaracken in Ehrenbreitstein ein Feuer, das in kurzer Zeit die Baracken in ein Flammenmeer hüllte. Nur notdürftig bekleidet konnten sich die Bewohner in Sicherheit bringen. Die Feuerwehr mußte sich darauf beschränken, ein Uebergreifen der Flammen auf benachbarte Häuser zu verhindern. Die Wohnbaracken sind bis auf die Grundmauern niedergebrannt. Alles Hab und Gut der Bewohner wurde ein Raub der Flammen. Zahlreiche Personen sind obdachlos geworden. Befreundete Familien nahmen sich so- fort der Geschädigten an und gaben ihnen ein Notheim.
In Berlin brach ein Großfeucr in der Augsburger Straße Ecke Lutherstraße in dem Gebändekomplex, in dem sich das Varietetheater Scala befindet, aus. Die Feuerwehr hatte außerordentlich schwierige Arbeit zu leisten. Als die Löschzüge auf dritten Alarm hin an der Brandstelle ankamen, stand der Dachstuhl des modernen vierstöckigen Wohnhauses mit fast allen Bodenkammern in Hellen Flammen. Das Flammenmeer hatte sehr reiche Nahrung gefunden und bedrohte auch die Scala. Mächtige Rauchschwaden mit Flammen vermischt wälzten sich über die angrenzenden Straßen bis zum Nollenborfplatz. Die Feuerwehr griff von allen Seiten über mechanische Leitern und die schon verqualmten Aufgänge mit 5 Schlauchleitungen wirkungsvoll an.
Lwcy ne waren nicht allein. Auch der Zar, der sich mit seinem Gefolge verspätet hatte, kam durch die dichte Regenwand daher geschritten.
Er sah das Unglückshäufchen unter dem Baume und erkannte die furchtbare Gefahr, in der es schwebte. Hastig eilte er herbei, und da er des Schwedischen nicht mächtig war, rief er ihnen in seinem wunderlichen Gemisch von Niederdeutsch ' nd Holländisch zu, schleunigst ihren wenig geeigneten Unterschlupf zu verlassen. Die Fischer wußten Nicht, wen sie vor sich hatten, und mochten Wohl auch nur wenig oder nichts verstanden haben. Außerdem verbot ihnen der dem Finnen eigene Trotz, den herrischen Worten und Gebärden Folge zu leisten.
Da rannte Peter wie ein Berserker auf sie los. Seinen fünf Kilo schweren, einundeinhalb Meter langen Stock mit dem Goldknauf schwingend, half er ihnen recht unsanft auf die Beine.
Kaum hatten sich alle ein Dutzend Schritte entfernt, zischte auch schon wieder jach ein greller Blitz auf. Zugleich krachte ein kurzer Donner, als würden hundert schwere Geschütze gelöst, und tausendfach kam das Echo aus den Wäldern zurück.
Alle, auch der riesenhafte Zar, waren von dem ungeheue- , ren Luftdruck zu Boden geschleudert worden. Wie eine gigan«
I tische Fackel aber loderte die eben noch grüne Eiche...
Erst nach geraumer Zeit erlosch das Feuer im strömend den Regen.
Noch immer vor Schrecken bebend, dankten die Fischer ihrem Lebensretter, der sie — mit freundlicher Drohung um künftiger Fälle willen — gnädig entließ. ^ ^ ,
Zum Gedächtnis der sichtbarlichen göttlichen Gnade ließ der Zar bald darauf an dem toten Stamme ein Heiligenbild anbrmgen. —
Von Sonne, Regen, Frost und Schnee braun gebeizt, stand die Baumruine noch, als ich ein Knabe war. Längst hatte das Nadelholz die Eichen besiegt, und nur jene eine abgestorbene ragte als einsames Denkmal aus vergangene« Zeiten in die Gegenwart hinein.
Um 1895 herum wurde dann noch eine Erinnerungskapelle erbaut, ein kleines, schmuckes Gotteshaus.
Die Zeiten «singen dahin. Bitter hat sich vieles in der alten Kaiserstadt und ihrer entzückenden Umgebung verändert. Der Eichenstamm, der so lange allen Wettern stand hielt, ist verschwunden — mit ibm das altersgeschwärzte Heiligenbild.
. Die Kapejle sieht... sie ist ein Abort. ,