Leite 3 Nr. 14g

Nagolder TagblattDer Gesellschafter"

Freitag. 28. Juni 1929

England über die kommende Konferenz

London. 27. Juni.Times" stellt fest, daß die britische Regierung in Paris und Berlin um eine Aeußerung der betressenden Regierungen hinsichtlich ihrer Ansichten über die Organisation der kommenden Reparationskonserenz er­sucht und' gleichzeitig daraus hinge wiesen hat, daß die Mit­glieder der eben erst ans Ruder gekommenen englischen Ne­gierung nur unter Schwierigkeiten es möglich machen könnten, London längere Zeit zu verlassen, weshalb nach ihrer Ansicht die englische Hauptstadt der geeignete Platz für die Konferenz sei. Die belgische und die italienische Re­gierung hinten 'n-r eichartige Mitteilung erhalten.

Von dr . Seite liege eine Antwort

vor und zwar in dem Sinne, daß die Argumente zugunsten Londons ats konserenzort nicht leicht beiseite geschoben werden könnten.

Die Antwort Frankreichs werde für heute oder morgen er­wartet. Nach derTimes" ist die englische Regierung ge­willt, den Sachocrständigenplan zu ratifizieren, beabsichtigt aber, auf der Konferenz die Frage der V e r t e i l u n g d e r von Deutschland eingehenden Summen sowie dis Frage der Sachtieserungen anzuschneiden, hinsichtlich deren man beispielsweise in England der Ansicht je:, daß die Lie­ferung von Repnrationskohle an Italien euren ungerecht­fertigten Wettbewerb mit der englischen Kohle darstelle. In einem Leitartikel zu demselben Thema vertritt das Platt die Ansicht, daß die Beratung über den Sachverstän­digenbericht nicht lediglich eine Formalität sein inerde, sondern daß es über gewisse Fragen zu hartnäckigen und langwierigen Verhandlungen komm >n werde. Bei Begründung dieser Auffassung ns,ch>ikt!g! sich

das Blatt sehr eingehend mit den beiden Reden des Reichs­ministers Dr. Stresemann im Reichstag und polemisiert so­wohl gegen die Aeußerungen Dr. Stresemanns über die britischen Verschmelzungspläne in Ostafrika wie gegen di« von Dr. Stresemann ausgesprochene Annahme, daß Deutsch­land schließlich einen aktiven Anteil am Mandatssystem des Völkerbundes nehmen werde.Times" bestreitet,, daß die Vorschläge der Hilton-Noung-Kommission mit dem Charak­ter des ostafrikanischen Äölkerbundsmandates unvereinbar seien. Stresemann, der sich mit einer gewissen Begeisterung über Kontinuität der britischen Außenpolitik geäußert habe, könne gewiß sein, daß diese Kontinuität auch in der Politik der gegenwärtigen englischen Regierung sich zeigen werde, und daß, solange nicht die Mandatskommission die Ver­waltung des Tanganyikagebietes wegen Verstoßes gegen der Grundsätze des Völkerbunds verurteile, kein Anlaß für die Uebertragung dieses besonderen Mandates in andere Hände gegeben sei.

Schließlich beschäftigt sichTimes" mit den Aeußerungen Dr. Stresemanns zur Saarfrage und glaubt, die Ver­bindung der Forderung auf Räumung des Rheinlandes mit der auf Rückgabe des Saargebietes als bedauerlich und als eine Belastung des Programms der kommenden Kon­ferenz hinstellen zu müssen. Hinsichtlich einös vorzeitigen Aufhörens der französischen Rechte im Saargebiet sei im Versailler Vertrag jedoch nichts vorgesehen, eine Aende- rung in dieser Hinsicht bedeute eine Äenderung des Ver­trages von Versailles, für die voraussichtlich die Zustim­mung aller seiner Unterzeichner notwendig sein würde. Eine Aufwerfung dieser Frage auf der kommenden Kon- ieren, müsse daher ihre Arbeit übermäßig kompliziert ge­stalten.

Len cmrichtete? Das Sanatorium T i v o l i wurde durch einen Erdrutsch teilweise verschüttet. Die Patienten stürm­ten panikartig die Treppe hinunter, von der ein Teil bereits mit Erdmassen und Wasser bedeckt war. In der allgemei­nen Verwirrung stürzten einige zu Boden und zogen sich leichte Verletzungen zu. Das Erdgeschoß und die beiden Stockwerke sind mit der Inneneinrichtung stark beschädigt u:ü> di: Fußböden mit Lehm bedeckt.

2m Cpiel mit keri Weüen

Schissbruch Paul Millers

Neuyork, 27. Juni. Die abenteuerliche Seereise des Deut­sch, u Paul Miller, der in einem winzigen Boot allein die Reise von Han: bürg nach Neuyork unternahm und dabei, wie erinnerlich, trotz vieler gefährlicher Aben­teuer glücklich in Florida dos amerikanische Festland er­reichte, hat, wenn die neuesten aus Charleston in Süd- "karoliim kommenden Nachrichten zutiesseu, nun doch noch, ehe Neuyork erreicht war mit einem Schisfbruch geendet. Paul Miller soll aus der Fahr! nach Neuyork kurz hinter­einander in zwei schwere Stürme geraten sein, in deren Verlaus seine sämtlichen Segel zersetzt wurden.

Ans Stadt und Land

Nagold» den 28. Juni 1929.

Keine Nation hatte je einen so schlechten Nachbar wie Deutschland während der letzten vierhundert Jahre an Frankreich, schlecht in allen Beziehungen: unver­schämt raubgierig nicht zu beschwichtigen und stets auf den Angriff ausst' Thomas Carlyle, engl. Geschichts­schreiber am 11. 11. 1870.

Dienftnachrichten.

Durch Entschließung des Stellvertreters des Kirchen­präsidenten sind die 2. Stadtpfarrstelle in Bad Liebenzell, Dek. Calw dem Pfarrer Schilling in Heldenfingen, Dek. Heidenheim und Hochdorf, Dek. Nagold, dem Pfarr- verweser Dr. Kurt Häring daselbst übertragen worden.

Der Herr Staatspräsident hat den Gewerbeschulassessor Albert Wöhr an der Gewerbeschule Calw zum Ge­werbeschulrat ernannt.

Stoffmalerei.

Der im Anzeigenteil angekündigte Kurs in Stofsma­lerei beginnt am 1. Juli, abends 8 Uhr, im Eewerbe- schulgebäude. Es ist anzunehmen, daß eine große An- > zahl von Frauen und Mädchen sich daran beteiligen wird. In Altensteig mußte ein Doppelkurs gehalten werden.

Calw, 27. Juni. Reichsbahninspektor Haasts gestor­ben. Nach kurzer Krankheit ist in Bad L i ebenzell der Vorstand der Bahnstation, Reichsbahnhofinspektor Haa- s i s, verstorben. Mit ihm ist ein Mann dahingegangen, der in treuer Pflichterfüllung den Inhalt seines Lebens sah. Mit Aufopferung versah er während der Kriegsjahre und der für die Reichsbahn so schwierigen Nachkriegszeit seinen Dienst, der besonders auch während der durch die Besetzung Offenburgs erfolgten Zugsumleitung auf die Nagöldbahn hohe Anforderungen an die Beamten stellte. Für die Hebung und Unterstützung des Fremdenverkehrs hatte er volles Verständnis und unterstützte alle dahin­gehenden Bestrebungen nach bester Möglichkeit. Bei der gestrigen Trauerfeier erwies ihm ein großer Teil der Ein­wohnerschaft die letzte Ehre und die Nachrufe des Vor­standes des Kriegervereins, der Vorgesetzten, Kollegen und Untergebenen, wie auch die Ansprache des Geistlichen zeugten von der Beliebtheit, die sich der Verstorbene wäh­rend seiner elfjährigen hiesigen Tätigkeit durch sein all­zeit freundliches und gefälliges Wesen erworben hatte.

Letzte Nachrichten

Die Verlängerung des Republik­schutzgesetzes Abgelehnt

Berlin, 28. Juni. Im Reichstag kam es am Donners­tag abend bei der Abstimmung über die Verlängerung des Republikschutzgesctzes zu stürmischen Zwischenfällen. Für die Verlängerung des Gesetzes wurden 263, dagegen 166 Stimmen abgegeben.Unter Beifallsklatschen der Kom­munisten, Deutschnationalen und Nationalsozialisten stellte Vizepräsident Eraef fest, daß die erforderliche Zweidrittelmehrheit nicht erreicht und das Gesetz abge- lchnt worden sei. Das Republilschutzgesetz tritt danach am 22. Juli außer Kraft.

Reichsinnenminister Severins meldete sich sofort zum Wort und erklärte, daß durch die Ablehnung eine Lücke entstanden sei, die auszufiillen angesichts der Eesamtlage in Deutschland unerläßlich sei. Er werde bei Wiederzu, sam mentritt des Reichstags eine neue Vorlage ciubriu- gen. Von den Kommunisten und Nationalsozialisten wuü den die Ausführungen des Ministers mit tosendem Lärm beantwortet. Zahlreiche Beschimpfungen wurden dem Minister zugerufen, namentlich von den Nationalsoziali­sten. Es drohte sich ein Handgemenge zu entwickeln. Un- Präsident Eraef die Sitzung.

Severing verweist auf Art 48.

Berlin, 28. Juni. Nach Wiedereröffnung der' Sitzung wies Reichsinnenminister Severing darauf hin, daß auch die Wirtschaftspartei, die jetzt das Gesetz zum Scheitern gebracht habe, ihn in seiner Eigenschaft als preußischen Innenminister ersucht habe, in unruhigen Zeiten für den Schutz des Mittelstandes einzutreten. Die Reichsregierung, werde auch künftig dem Treiben der Kommunisten und Nationalsozialisten nicht tatenlos zusehen. Wenn die Waffe dieses Spezialgesetzes vorübergehend aus der Hand geschlagen sei, werde sie sich daran erinnern, daß auch die Verfassung noch Waffen biete und im Augenblick der Ge­fahr auf den Art. 48 zurückgreifen. Von den Sozialdemo­kraten wurde diese Erklärung mit stürmischem Beifall und Händeklatschen ausgenommen, während die Kommunisten Nieder" undRot Front" riefen.

Der Reichstag geht in die Ferien. Der Haushalt ange­nommen. Protest gegen die Kriegsschuldlüge.

Berlin, 28. Juni. Der Reichstag schloß in einer Nacht- sitzung auf Freitag seine Verhandlungen ab und ging in die Sommerferien. Die Gesetzentwürfe über den Vermah­lungszwang und die Ermächtigung zur Inkraftsetzung einer deutsch-französischen Vereinbarung wegen des Mehl­zolls wurde auch in dritter Lesung und der Schlußabstim­mung angenommen. Ebenso wurde der Etat mit 243 ge­gen 152 Stimmen bei 1 Enthaltung endgültig verabschie­det. Präsident Löbe schloß die Tagung des Reichstags mit einer Kundgebung zur Erinnerung an das vor 16 Jah­ren beschlossene Versailler Friedensdiktat. Der Protest, so klärte er, den vor 16 Jahren die deutsche Regierung gegen die Beschuldigung von der Alleinschuld Deutschlands am Krieg erhoben habe, bestehe auch heute noch fort. Auch sonst mehrten sich in der ganzen Welt die Stimmen, die sich gegen die Beschuldigung wenden. Der Präsident gab der Hoffnung Ausdruck, daß es der weiteren Aufklärung gelingen möge, recht bald die Beseitigung dieser Beschul­digung zu bringen. Die Abgeordneten hatten sich wäh­rend der Erklärung von den Plätzen erhoben, während die Kommunisten den Saal verließen. Der Präsident er­hielt am Schluß der Sitzung, die ununterbrochen fünf­zehn Stunden bis 1 Uhr morgens gedauert hatte, die Er­mächtigung, den Reichstag für eine Spätsommertagung, deren Termin noch nicht feststeht, einzuberufen.

Besatzungssorgen. Tägliches Hissen der Trikolore auf Fort Asterstein.

Ehrenbreitstein, 28. Juni. Die auf dem Fort Aster­stein gelegene kleine Gruppe des Ausbildungskommandos für franz. Offiziere ist abtransportiert worden. Mit dem Abtransport dieses Truppenkörpers ist der Asterstein von Besatzung befreit. In der Stadt Ehrenbreitstein selbst befinden sich nur noch 6 Besatzungssoldaten, die morgens die Trikolore auf der Festung zu hissen und abends wieder einzuholen haben.

Im befehlen Gebiet sind auch die Trauergokkesdienfk« l» den Kirchen verboten worden.

Der würkkembergische Landtag Kriegsschuldlüge demonstrieren.

wird heute gegen die

Ministerialdirektor Dr. Rilker ist henke vormittag in Brüssel eingekroffen und hak die Besprechungen mit dem belgischen Delegieren Gull über die Frage der in Belchen ausgegebenen Markbanknoken am Nachmittag wieder auf. genommen.

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