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6. Februar 1929
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trdem Werktage. - Verbreitetst« Zeitung im i O.-L.-Bezirk Nagold. — Schriftleitung, Druck und ^ Verlag v. G W. Zaiser (Karl Zaiser) Nagold
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Ar. 33
Gegründet 1827
Freitag, den 8. Februar 1V2S
Feruspreche r Nr. 2»
103. Jahrgang
' Tagesspiesel
Guerards Rücktritt genehmigt
Halbamtlich wird von bayerischer Serke erklärt: Alan steht in Bayern auf dem Standpunkt, daß die von der bayerischen Skaatsregierung verliehenen Titel der Vorschrift de« Artikels 199 Abs. 4 der Reichsverfassung nicht wider- tprechen. well fie stets mit Beziehung zu einem Amt oder einem Beruf verliehen worden sind. Bei der Wiedereinführung der Titel ist seinerzeit diese bayerische Auffassung der Reichsregierung amtlich zur Kenntnis gebracht worden. Die Reichsregierung hat dagegen keinen Einspruch erhoben.
Ans Po«, wird gemeldet, datz die zwischen der italienischen Reg^ , und dem Vatikan getroffene Vereinbarung über die römische Frage am kröaungstag des Papste» Pins XI. (12. Februar) veröffentlicht werden soll.
Aus Moskau wird gemeldet: In den Zeitunqsredaktio- nen laufen zahlreiche Zuschriften aus Arbeiterkreisen ein. in denen betont wird, -atz es notwendig sei, den Brotverkauf angesichts der Entwicklung der Vrotspeknlation zu normieren. In Leningrad wurden bereits Brokeinkaussbüchlcia eingeführt.
Neueste Nachrichten
Klage des Reichs gegen Payern
Berlin, 7. Febr. Nach amtlicher Mitteilung hat das ReichskMnett beschlossen, gegen die Verleihung von Titeln durch die bayerische Regierung einzuschreiten. Reichs'mnenmlnister Severrng hat demzufolge beim Staatsgerichtshos beantragt, die seit Jahren von der bayerischen Staaksregierung zur Auszeichnung beamteter und nichtbeamteter Personen vorgenommene Verleihung von Ehrentiteln auf Gerichtsentscheid als unvereinbar init der Aeichsverfassung (Art. 109, Abs. 4) zu erklären.
Zu dem Antrag der Reichsregierung wird noch mit- gekeilt, daß der Beschluß schon vor 14 Tagen, und zwar gegen die Stimme des Reichspostministers Schätzet (Bayer. Vvlkspartei) gefaßt worden sei.
Man wird im Zweifel sein können, ob für das Vorgehen der Reichsregierung gegen Bayern der gegenwärtige Augenblick der Regierungskrise und der Spannung zwischen Bayern und Preußen g'ücklich gewählt ist. In Bayern wir- man den Schritt wahrscheinlich als eine neue „Herausforderung" betrachten, um so mehr, als die Titeiverlethung, wie der Antrag selbst sagt, in Bayern seit Jahren, unbeanstandet vom Reich, geübt worden ist.
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Die Aussöhnung zwischen Vakikaa und Ouirinal
Rom, 7. Febr. Kardinalstaatssekretär Gasparri hat heute die beim Vatikan beglaubigten Diplomaten in einer Besprechung im Vatikan amtlich von der endgültigen Aussöhnung des Heiligen Stuhls mit Italien durch die Lösung der römischen Frage in Kenntnis gesetzt.
Die Abfindung des Vatikans besteht in der Ueberlaisung eines kleinen Gebiets in und bei Rom sowie in der Auszahlung eines vereinbarten Kapitals. Vom Kardinalskollegium waren gegen die Vereinbarung Bedenken erhoben worden, weil sie ungenügend sei.
Am Gottesdienst in St. Peter am Jahrestag der Krönung des Packktes am 12. Februir wird zum erstenmal seit 1870 das italienische Königspaar wieder die Pe- lerskirche betreten. Rechts vom Hochaltar wird für die Königsfamilie eine Tribüne erstellt werden. Die königliche Familie wird in feierlichem Zug vom Königsschloß (Quiri- nal) zum Vatikan fahren. Eine Folge der Aussöhnung wird es u. a. sein, daß der Papst künftig nicht mehr als der frei willige Gefangene im Vatikan eilcheint, sondern reisen kann, »vohin es ihm beliebt.
Me neuen amerikanischen Einwandernngsbestimmungen
Washington. 7. Febr. Der Einwanderungsausschuß des Senats begann gestern seine öffentlichen Sitzungen zur Anhörung von Gründen für und gegen den Aufschub des Inkrafttretens der .1t r s p r u n g s k la u s e l". Falls der Aufschub vom Ausschuß nicht bewilligt wird, würden von Deutschland stall 51 227 ab 1. Juli nur 24 908, von England und Nordirlanü dagegen statt 34 007 künftig 65 894 Personen jährlich einwandern dürfen. In der Sitzung bezeich- neken zwei Antragsteller die .Ursprungsklausel' als eine gegen Nordeuropa gerichtete Ausnahmebestimmung, während die Vertreterin der patriotischen Fr a u e n ver e i n e für die alsbaldige Einführung der neuen Berhältniszahlen eMtrot, die auch von Senator Reed als der ursprünglichen Zusammensetzung der Bevölkerung
Nordamerikas entsprechend bezeichnet wurde. Er meinte, es sei unbillig, daß man, wie es jetzt geschehe, mehr Deutsche als Engländer hereinlasse. Weitere Vernehmungen finden am Samstag und wahrscheinlich auch in der nächsten Woche statt.
Was beabsichtigt das Zentrum? Das erste Kabinett im parlamentarische« Deutschland
ohne Zentrumspartei
Die Koalition gescheiten
Berlin. 7. Febr. Die Zentrumsfraktion hat gestern nachmittag die letzten Einigungsvorschläge des Reichskanzlers Müller (daß das Zentrum vorläufig im Reichskabinett > zwei und. wenn die Koalition auch in Preußen zustande gekommen kein würde, drei Ministerien erhalten solle) als un- besriedigend ab gelehnt. Die Vorschläge bedeuten eine Verschlechterung der früheren Vorschläge und seien für das Zentrum unannehmbar. Es lehne die Gleichzeitigkeit der Koalition im Reichstag und für Preußen aus zwingenden Gründen ab. Die drei Ministerien müßten sofort bewilligt werden. Unter dieser Voraussetzung könnten vom Zentrum der Deutschen Volkspartei zwei Ministerien zugestanden werden. Dr. Stresemann und Dr. Scholz erklärten dem Reichskanzler, daß ein Eingehen auf die Bedingungen des Zentrums für die Deutsche Volkspartei nickt in Fraae komme. Auf diesen Bescheid reichte Verkehrsmiiftster von Eerard, wie bereits gestern gemeldet, beim Reichskanzler sein Rücktrittsgsuch ein.
Der Reichskanzler wurde heute vom Reichspräsidenten empfange»», um über die Lage Bericht zu erstatten.
Die sozialdemokratische Reichstagsfraktion erklärt, daß der Reichskanzler und die übrigen Mitglieder des Kabinetts ftn Amt bleiben werden, solange sie im Reichstag eine »nenn auch noch so kleine Mehrheit haben.
Seit dem nunmehr zchnjühigen Bestehen <6. Februar) der parlamentarischen Regierung in Deutschland ist es das erste Mal, daß die Z e n tr u m sp a r t c i nicht i m Reichskabinett vertreten ist. Auch die Verbin düng von Sozialdemokratie, Demokratie und Deutscher Volkspartej für sich allein ist noch nicht dagewesen. Die Bayerische Vvlkspartei ist zwar im Kabinett noch durch den Reichspostminister Schätze! vertreten, allein diese Verbindung muß man ebenfalls als sehr locker bezeichnen. Erst vor kurzem stand ja auch die Zurückziehung Schübels durch die Partei in Frage, als das Reichskabmett
Deutscher Reichstag
Berlin, 7. Februir.
Es folgt« die zweite Beratung des deutsch-litauischen Handels- und Schiffahtsoertrags.
Abg. von L in d e i n e r-Wildau (Dnat.) stimmt dem Vertrag zu, der geeignet sei, die wirtschaftlichen Grundlagen der staatlichen Selbständigkeit Litauens auszubauen. Die schikanöse Behandlung deutscher Staatsbürger in Memel müsse aufhören. Der Redner sprach die Hoffnung aus, daß der Vertrag die Grundlage sein werde für ein künftiges Zusammenwirken mit Litauen in den osteuropä'schen Fragen.
Abg. Lufft (Soz.) schloß sich der Hoffnung an, daß nunmehr eine gerechtere Behandlung der Deutschen durch , Litauen Platz greifen werde.
Abg. Koll Witz (Komm.) lehnte den Vertrag ab. 50 litauische Emigranten wurden jetzt aus Ostpreußen ausgewiesen, um sie dem litauischen Henker Woldemaras auszuliefern. (Unruhe.) Vom Präsidenten Lobe zur Sache gemahnt, ruft Kottewitz: „Sie haben natürlich die Aufgabe, den Henker Woldemaras zu verteidigen!" Der Präsident fordert Kotzwitz auf. den Saal zu verlassen (Beifall bei der Mehrheit, großer Lärm bei den Kommunisten, von denen besonders der Abg. Hörnle den Sozialdemokraten Schmähworte zurief.) Präsident Löbe: Herr Abgeordneter Hörnle, Sie haben gegen Abgeordnete des Hauses Beschimpfungen, wie „Hunde" usw. gebraucht, daß ich Sie gleichfalls auffordere, den Saal zu verlassen. (Erneuter Beifall bei der Mehrheit.) Im ganzen Haus herrscht große Unruhe. Abg. Hörnle bleibt im Saal. Da auch eine zweite Aufforderung an Hörnle wirkungslos bleibt, wird die Sitzung für 5 Minuten unterbrochen.
Aach Wiedereröffnung der Sitzung keilte Präsident Loebe mit, daß der Abgeordnete Hörnle für 8 Tage von den SitzungendesRejch stagsausgeschlossen sei. Der Abgeordnete Kollwitz, der den Saal verlassen habe, ist für heute ausgeschlossen.
Abg. T o r g l e r (Komm.) fragt in dauernden Zwischenrufen den Präsidenten, warum die .Immertreu'-Rufer nicht zur Ordnung gerufen worden seien. Der Abgeordnete Torg- ler erhielt einen Ordnungsruf. Dem Abgeordneten Ja da sch (Komm.) wurden zwei Ordnungsrufe erteilt. Der Präsident, von den Kommunisten m t dauernden lärmenden Zwischenrufen unterbrochen, rief den Kommunisten zu: Schon durch Ihr Gebaren während meiner Erklärung zeigen Sie, wie wenig Sie die Ordnung des Hauses achten. Ich werde gegen Abgeordnete jeder Partei, von denen mir glaubhaft gemacht wird, daß sie beschimpfende Worte gegen andere Herren anwenden, dieselben Maßnahmen anwenden. Der Abgeordnete Torgler erhielt wegen dauernder Zurufe einen zweiten Ordnungsruf, ebenso der Abgeordnete
nach Hllserdings Vorschlag der Erhöhung der Bier steuer gegen die Stimme Schätzels rustinrmte. Wenn dieser Vorschlag auch im Reichsrat und Reichstag durchdringen sollte, so wäre vielleicht die Krise wieder da. Daß die Große Koalition für Preußen vorläufig nicht mehr in Frage kommt, ist bei der nunmehr bestehenden starken Verstimmung Mischen Zentrum und Deutscher Vvlkspartei ein leuchtend.
Der sozialdemokratische Pressedienst schreibt: Wir nehmen an, daß der Schritt des Zentrums keine Gesamtkrisis des Reichskabinetts heraufbeschwören wird. Das Zentrum hat es in der Hand, das Kabinett Müller bei irgendeiner ihm günstig erscheinenden Gelegenheit zu stürzen. Trachret es nach diesem Ziel, oder was sind sonst seine Absichten?
Die Blätter erinnern gleichzeitig an die Erklärung des Grafen Westarp im Reichstag vor einigen Wochen, die Deutschnationalen werden dem gegenwärtigen Reichskabinett nicht aus seinen sicher zu erwartenden Schwierigkeiten heraushelfen.
Me „Bossische Zeitung" glaubt zu wissen, daß die Äoa litionsverhandlungen für Preußen, soweit die Ausnahme der Deutschen Volkspartei in Frage komme, fortgesetzt werden.
Der Rücktritt Guerards genehmigt
Berlin. 7. Febr. Das Rcichskabinetl hat heute den Beschluß gefaßt, daß die innen- und außenpolitische Lage die Fortführung der Geschäfte auf der Grundlage der Erklärung der gegenwärtigen Regierung vom 3. Juni 1928 zur Pflicht mache.
Der Reichspräsident billigte diesen Beschluß und genehmigte den Rücktritt des Reichsverkehrsministers und beauftragte entsprechend dem Vorschlag des Reichskanzlers den
Reichspostminister Schätze! mit der Wahrnehmung der Geschäfte des Reichsoerkehrsministeriums und den Relchs- innenminister Severingmit der Wahrnehmung der Geschäfte für die besetzten Gebiete.
Miller- Hannover (Komm.). Als der Abgeordnete Stöcker (Komm.) dann dauernd das Wort zur Geschäftsordnung ver- langke, erklärt der Präsident unter lebhaftem Betfall der Mehrheit, während die Kommunisten lärmen, daß er jetzt das Wort zur Geschäftsordnung nicht erteile, lieber die Ord- nunasmaßnahmen des Präsidenten gebe es keine Debatte.
Nachdem die Ruhe wiederhergestellt war. wurde der deutsch-litauische Handelsvertrag in zweiter und dritter Beratung angenommen.
Im welkeren Verlauf erhälk Abg. Ende (Komm.) etne» Ordnungsruf und Torgler einen dritten.
Württemberg
Stuttgart. 7. Februar.
Kundgebung gegen die Kriegsschuldlüge. Der Württ. Kriegerbund, Bezirkskriegerverband Stuttgart, veranskakteke am Mittwoch abend im großen Saal des „Herzog Christoph" eine Kundgebung gegen die Kriegsschuldlüge. Die Veranstaltung war von den Angehörigen der Krieger-. Militär- und Regimentsvereine, des Württ. Offizierbunds und des Württ. Marineoereins gut besucht. Anwesend waren u. a. auch der Ehrenpräsident des Württ. Kriegerbundes. General der Infanterie a. D. Exz. v. Gerock, ferner Gen. d. Inf. a. D. Exz. Frhr. v. Soden. Generalleutnant a. D. Exz. v. Teichmonn, Oberst Wagner. Oberstleutnant v. Hol» denwang. Militärische Märsche leiteten den Abend ein, worauf der Bezirksobmann Landtagsoizepräsident hiller die Anwesenden herzlich begrüßte. Im Mittelpunkt de» Abends stand ein Dortrag von Oberlandesgerichtsrat Göz über die Kriegsschuldlüge. Der Redner erläuterte In seinen äußerst interessanten und lehrreichen Ausführungen den Sinn und Zweck des Kampfes gegen die Kriegsschuldlüge und kennzeichnet? die Schamlosigkeit der im Vettalller Vertrag enthaltenen Anschuldigungen gegen das deutsche Volk. Die Behauptung, Deutschland habe in den letzten SO Jahren den Krieg systematisch vorbereitet, ist auf Grund der Untersuchungen des amtlichen Materials widerlegt. Es ist vielmehr erwiesen, daß Deutschland von 1898 bis 1911 fünfmal unter günstigen Umständen einen Schutzkrieg hätte führen können, die Gelegenheit, loszuschlagen, aber nicht benützt hat. 1914 hat Deutschland erst zu allerletzt mobilisiert. Der Kampf gegen die Kriegsschuldlüge darf nicht mehr einschlafen. nicht nur wegen der wirtschaftlichen Belastungen, die die Schuldlüge zur Grundlage haben, sondern hauptsäcklich um unserer Ehre willen. Rach mehreren weiteren kernigen Ansprachen wurde die Versamm- lung geschloffen.
Verleihung der Ehren-Doklor-Dürde. Rektor und Senat, üer Technischen Hochschule Stuttaart Hoden dem Oskar M > o.