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Nr. S
Gegründet 1827
Freitag, den 11. Januar 1S2S
Fernsprecher Nr. 2S
103. Jahrgang
!
Tasesspiegel
I« Proben soll die hauszinssteuer ein welkeres Jahr laug, bis 31. März 1930, erhoben werden.
Der Direktor der Reichsakademie für Leibesübrinaen in Berlin. Dr. Diem, ist infolge der Zerwürfnisse mit den Studierenden zurückgekreten.
Don 1200 Schülern der Technischen Skaakslekiranstasten in Hamburg sind am Donnerskag nur 470 dem Ankerrichk fern, geblieben. ,
Dos dänische ßöniaspaar wird im Februar den vorjährigen Besuch des Königs Alfons von Spanien erwidern.
Die neue Regierung in Südslawien hat den Verwaltunas- beamten jede parteipolitische Betätigung untersagt. Zwei führende Parteiblätter in Belgrad, die serbisch-radikale „Samouprava" und der demokratische „Odijk" haben ihr ! Erscheinen eingestellt, da es kein parteipolitisches Leben mehr gebe. Zwischen Rialschek (kroatische Bauernpartei) und Pribikschewitsch (Demofrai) sollen scharfe Meinungsverschiedenheiten cingelreleu sein.
Arbeitsmarkt und Wirtschaftlage
Kein Ausstieg
In seinem Bericht über Arbeitsmarkt und Wirtschaftslage schreibt das Landesarbeitsamt Rheinland:
Von ISO? bis 1925 hat-fich der deutsche Arbeitsmarkt um 6,86 Millionen Erwerbstätige, das find rund 27,3 v. H., auf rund 32 Millionen vermehrt. Es ist zu fragen, ob die deutsche Wirtschaft und die Gütererzeugung eine gleiche oder« größere Zunahme aufzuweisen haben. Wenn 100 Maurer eine 100 Meter lange Mauer bauen, so beträgt die Leistung je Kops ein Meter. Stellt man 127 Maurer, das sind 27 v. H. mehr, ein, so bleibt die Leistung je Kopf dann gleich, wenn die Mauer um ein entsprechendes Stück, um 27 Meter, verlängert wird. Von einer Entwicklung und von einem Aufstieg einer Wirtschaft kann man eigentlich nur sprechen, wenn die Leistung je Kopf steigt. In der deutschen Volkswirtschaft sind fast 7 Millionen Erwerbstätige, rund 27.3 v. H. mehr eingestellt worden. Die Leistung se Kops wäre nur dann gleichgeblieben, wenn die Gütererzeugung in demselben Maß zugenommen batte. Das ist abxr nicht der Fall, sondern das Gegenteil. An manchen S^'en d»r deutschen Wirtschaft dürste die Leistung je Koxs,gesiieg«n >ein, das wird aber durch Minderleistungen aus der anderen Seite reicblick' ausgewogen.
Damit fällt auch die Behauptung des „Aufstiegs" in sich zusammen. Daß der Arbeitsmarkt die Vermehrung der Erwerbstätigen ausgenommen hat, ist kein Beweis für den Ausstieg. Im Vergleich zur Vorkriegszeit hat der Arbeits- Markt seine Aufnahmefähigkeit weniger durch Zunahme der Gütererzeugung als durch Arbeits st reckung erhalten. Die Reparationszahlungen setzen entweder eine Erhöhung der Leistung je Kops oder eine Senkung der Lebensbältung. des Verbrauchs je Kopf voraus, wenn sie nicht mit Ausländsanleihen bezahlt werden können. Ein Veraleich der deutschen mit der ausländischen Wirtschaft zeigt, daß z. B. die englische Maschinenindustrie gegenüber der Vorkriegszeit ihre Belegschaft um die Hälfte vermehren konnte, während die Belegschaft der deutschen Maschinen- mdustrie sieb nicht vermehrte. Der Wert der erzeugten Maschinen hat sich in den Vereinigten Staaten und in England verdoppelt, in Deutschland nur wenig gehoben. Der Ver- gleich mit dem Ausland läßt den sogenannten „Aufstieg" der deutschen Wirtschaft in einem andern Licht erscheinen.
Neueste Nachrichten
Die Große Koalition
Berlin, 10. Jan. Die Nachricht des B.D.Z., daß das Zentrum der Großen Koalition im Reichstag zustimme, wenn es zwei weitere Ministerposten (für W>rth und Stegerwald) erhalte, wird von der Zentrumspartei als auf haltlosen Kombinationen beruhend erklärt.
Die Entschädig? ngskommisslon wieder in Tätigkeit
Paris, 10. Jan. Die Entschädigungskommission ist heute vormittag zusammengetreten, um die Befugnisse des Sachoerständigen-Ausschusfes für die Reparationskonferenz schriftlich festzusetzen. Nachmittags wurden die Sachverständigen für Frankreich, England, Belgien, Italien und Japan ernannr.
Die Entschädigungskommission wollte auch die Sachverständigen für die Vereinigten Staaten ernennen, wie eine Havasmeldung erkennen läßt. Es scheint aber, daß von Washington der Kommission deutlich gesagt wurde, daß d-es Sache der amerikanischen Regierung sei. Poin-are möchte mich durchsetzen, daß der Direktor des Büros der Pariser Sntschädigungskommission das „Büro der Sachverständigen"
Aeber 2'/- Milliarden kommunale Wohlfahrtslasten
Die soeben vom Statistischen Rsichsamt veröffentlichte FinaNosiatistik der Gemeinde n und Gemeindeverbände stellt gegenüber der Vorkriegszeit ein außerordentliches Anwachsen der öffentlichen Lasten für die Wohlfahrtspflege fest. Danach sind von 1913/14 bis 1925 26 die kommunalen Ausgaben für die wirtschaftliche Fürsorge auf den Gebieten der Reichssürsorgevsrordu.mg, d. h> für Arme, Kriegsbeschädigte, Kriegshinterbliebene, Sozialrentner, Kleinrentner usw. von 206 Millionen Reichsmark auf 855,5 Millionen Reichsmark gestiegen; der Zu- schußdedars stieg von 158 auf 715,6 Millionen Reichsmark. In der Jugendwohlsahr t, dem Gesundheitswesen und bei den Leibesübungen stiegen die Ausgaben» obwohl hier bestimmte Deckung aus Benutzungsgebühren bei den Krankenanstalten varlag, von 302 aus 597 Millionen Reichsmark und der Zuschußbedarf von 125 auf 251 Millionen Reichsmark. In der Erwerbslosenfürsorge erhoben sich die Ausgaoen von 3 auf 168 Millionen Reichsmark und der Zuschußbedarf von rund 2 auf rund 112,5 Millionen Reichsmark. Im Wohnungswesen wuchsen die Ausgaben von rund 20 auf 721.6 Millionen
Reichsmark und der Zuschußbedarf von 2,5 auf 450,6 Millionen Reichsmark.
Insgesamt stiegen im Rechnungsjahr 1925/26 gegenüber dem Rechnungsjahr 1913/14 die Wohlfahrtsausgaben der Gemeinden und Cemeindevsrbände mit 2 34 Milliarden Reichsmark um 1,8 Milliarden Reichsmark: der Zuschußbedarf erhöhte sich mit 1,53 Milliarden Reichsmark um 1,A Milliarden Reichsmark. Der Anteil der gesamten Wvhl- fahrtslasten am Zuschußbedarf der Gemeinden überhaupt stieg von 16,4 Prozent in der Vorkriegszeit aus 40,2 Prozent in der Nachkriegszeit.
Diese Steig-rung verteilt sich jedoch nicht gleichmäßig aus olle Größenklassen der GHneinden. Je Kops der Bevölkerung betrug in den Großstädten 192AP6 der Züsch u ß b e d a r f für die wirtschaftliche Fürsorge 21,20 RM., für Jugendwohlfahrtspflege und Gesundheitswesen 8.17 Reichsmark, für das Wohnungswesen .14,93 RM., in den Mittelstädten 15 Reichsmark bezw. 4,54 Reichsmark bezw. 9,77 Reichsmark. Insgesamt betrug er für das Woh> fahrtswesen 25 Reichsmark je Kopf der Bevölkerung Die Wohlfahrtslasten der Gemeinden sind also erheblich mehr gestiegen als die Ausgaben der Sozialversicherung.
Mussolini für Bertragsrevision
Mastand, 10. Zan. Der ,Corrierc Hella Sera' mbt -ine Anicrrednng Musselins mir einem amerikanischen k-c r- ncüisten wieder, in dem der italienische Regierungschef seine außenpolitischen Zukunstsziele näher umschreibt und besonder«- auf der Notwendigkeit einer Aendernng der Friede nsvertrStze behorrt.- Sein HaLpr.si.cl sei ein starkes Italien, das sich in der Welt Achtung und willige Anerkennung verschaffen könne. Italiens Ansdehnungsbedürims zwinge die italienische Regierung zur Bereitschaft, die aber keine Beunruhigung Hervorrufen dürfe. „Unser Ziel ist nicht der Krieg,' sagte Mussolini, «ich glaube, daß bis zum Jahr 1935 einige Umstände eintreken, die eine Äende- rung der gegenwärtigen Ordnung Europas nötig machen werden. Die Friedensverträge sind mangelhaft. Die durch den Krieg und im Frieden entstandenen Fragen werden eine Regelung finden müssen, nid ich bin sicher, daß das mit der Zeit geschieht. Es gibt Nationen, die nicht in ihrem iekiaen Zustonde bleiben können, wie
z. Ä. Ungar». Das Los der Ungarn muß erleichtert werden.'
Quirinai und Balkan
Rom, 10. Jan. Wie United Preß aus veriäß'icher Onelle erfährt, ist der Papst zur Zeit mit der Prüfung des Mrkragsentwiirfs zur. Lösung' der römischen Frage beschäftigt. Die ikalienstckw Regierung würde bei Zustandekont- men dieses Abkommens dem Vatikan ein Gebiet mit 1100V bis 15 000 Einwohnern überlassen, über welches der Heilige Skubl allerdings nur die nominelle Souveränität erhalte» würde, während die tatsächliche Oberhoheit in den Hände» der italienischen Regierung verbliebe. Die italienische Regierung ist mit dem Vertragsentwurf einver,canden m»h hak es dem Papst überlassen, sowohl den Zeitpunkt als auch die Form der offiziellen Bekanntgabe des Abkommens zu bestimmen.
leite, damit auch äußerlich zum Ausdruck komme, daß die Sachverständigenverhandlungen eine Angelegenheit der Ent- schädigungskommission sei und in deren Auftrag gerührt werden. Dies bedeutet also eine neue Herabwürdigung Deutschlands.
Gedenkfeier für die im Mär; 1919 gefallenen Sudekcn- deukschen
Prag, 10. Jan. Die deutsche Nationalpartei und die Deutsche Nationalsozialistische Partei beabsichtigen, anläßlich der zehnten Wiederkehr des Tags, an dem zahlreiche Su- detendeutiche bei den Kundgebungen gegen die Tschechoslowakei im März 1919 gefallen sind, eine große Feier zu veranstalten.
Aman Allahs Verzicht auf die allaemeine Wehrpflicht
London, 10. Jan. Wie aus Peschawar gemeldet wird, bat König Aman Ullah aus die Einführung der allgemeinen Wehrpflicht in Afghanistan verzichtet und gleichzeitig das Einwanderungsverbot für ausländische Priester ausgehoben.
Anruhen in Lahore
Lahors» 10. Jan. Zn ersten Zusammenstößen ist es hier in der Umgebung des Gouverneurpalastes gekommen, als eine Menge von über 3000 verabschiedeten indischen Soldaten mit ihren Frauen und Kindern versuchten, sich Zu- tritt zum Eouverneurpaiast zu verschaffen und Arbeit zu erhalten. Die Polizei erschien in beträchtlicher Stärke, hatte aber große Mühe, die Knndgeber zurückzutreiben, die schließlich auf den Straßen Barrikaden bauten und
diese die ganze Nacht hindurch besetzt hielten. Die Erregung ist im Wachsen begriffen, so daß mit weitern Ausschreitungen gerechnet werden muß.
Der mexikanische llnterstaatssekretär Parres ermordet
Mexiko, 10. Jan. Der Unterstaatssekretär für Ackerbau. Dr. Parres. der sich um den Gouoerneurposten !m Staate Hidalgo bewarb, wurde in Atotonilco el Alto bei einem Zusammenstoß mit politischen Gegnern getötet. Auch zwei seiner Anhänger kamen dabei ums Leben.
VürNemberg
Stuttgart, 10. Jan. Bom Landtag. Das Staatsministerium hat die Bildung eines Ausschusses zur Regelung der Verkekrsverdältnilie in der Umaebuna Stuttaarts an-
geregr. Der Vmanzausicyutz oeilycoy gematz einem Antrag des Äbg. Ulrich (Soz.), in diesen Ausschuß zehn Abgeordnete zu entsenden und fünf Vertreter der Gewerkschaften bei- zuzlehen.
Dienstjubilaum. Der Direktor des pathologischen Instituts am Katharinenhospital, Obermedizinalral Dr. Walz, konnte Anfang Januar 1929 auf eine 25jährige Tätigkeit als Prosektor zurückblicken.
Mietwucher. Wie die Württ. Mieterzeitung mitteilt, wurde der Kaufmann Karl Frank, der bei der letzten Ge- meinderatsmayl Kandidat der Wirtfchaftspartei war, auf Grund des Z 49 des Mieterschutzgesetzes zu 4000 Mark Geldstrafe verurteilt, weil er in verschiedenen Fällen eine übermäßig hohe Miete in dem ihm gehörenden Gebäude Poststraße 15/17 verlanat bat.
Stuttgart, 10. Jan. Verleihung der Rettungsmedaille. Der Staatspräsident hat dem Buchdrucker Christian Wurst in Gaildorf die Retttmgsmedaiile verliehen.
Die neue Bosch-Fabrik. In diesem Frühjahr soll mit dem Bau der neuen Bosch-Fabrik in der Seidenstraße von der Forst- bis zur Rosenbergstraße und bis zum Hoppenlau- friedhof begonnen werden. Das Gelände erhielt die Firma Bosch im Jahr 1927 von der Stadt im Tausch gegen dar frühere Eisenmannsche Fabrikgelände in der Heideklinge und einige andere Grundstücke. Bei dem Wettbewerb der Bauentwürfe wurde demjenigen des Baudirektors Hans Hert - lein, Berlin (Siemens-Bauunion), der erste Preis (500V Mark zuerkannt. Weitere Preise von 3500 bis 1000 Mark fielen auf Entwürfe von Regierungsbaumeister Stahl, Stuttgart, Prof. Bonatz und Architekt Schober, Stuttgart. Baudireklor Abel und Architekt Lohringer, Stuttgart. Jeder Bewerber erhält außerdem eine Vergütung von 3000 Mark. Die Robert Bosch AG. wird die durch die Entwürfe gewonnenen Gedanken in einem neuen Entwurf verarbeiten.
3m MSnnerheim der Heilsarmee in Stuttgart-Berg wur- den im vergangenen (zweiten) Betrievsjahr gegen billige Bezahlung 25 058, gegen Arbeitsleistung und unentgeltlich 8425 Nachth-rbergen. und gegen Bezahlung 63 700, gegen Arbeitsleistung oder unentgeltlich 31921 Portionen Essen verabreich:. Das Heim hat 105 Betten zur Verfügung.
Grimmige Kälte. Der Donnerstag war her bisher KN teste Tag in diesem Winter. Auf der Alb gab es Temperaturen von 16 Grad unter Rull in Reutlingen und 14 Grab unter Null in Ebingen, im Schwarzwald (Fieudenstadl) 18 Grad Kälte, Kirchheim u. T. minus 12 Grad, °° ' ' ' "