Die Lappo-Bewegung als Symptom
Unaufhörliches Anwachsen der anükommunistischen Strömung in Finnland Wirtschaftliche und politische Hintergründe einer echten Volksbewegung
Von Dr. Karl Brennert
Im kleinen Finnland, das heute in nächster Nähe seines weltrevolutionär gesinnten großen russischen Nachbarn einen heroischen Kampf um seine bürgerliche Freiheit ausficht, ist der Reichstag aufgelöst wie bei uns, gähnen leere Staatssäckel wie bei uns, sind die Neuwahlen zum Herbst ausgeschrieben und erbitterte Wahlkämpfe auszutragen wie bet uns, nur daß im Lande der Tausend Seen der Kampf um die politische Macht im Gegensatz zu Deutschland von bürgerlichbäurischer Seite unter Zusammenfassung aller den Nationalstaat bejahenden Kräfte und dem Leitstern einer wirklich volkhaften Idee geführt wird. Hier känrpft tatsächlich eine aus allen Klaffen und Ständen zusammengeschweißte Volksgemeinschaft, die sich nach außen hin hinter der unscheinbaren Bezeichnung Lappo-Bewegung verbirgt, um den Schutz und die Erhaltung höchster nationaler Güter. Ein radikaler Kampf gegen den Kommunismus jeglicher Form hat hier begonnen, wie er bisher wohl nirgends seinesgleichen in der europäischen Geschichte der Nachkriegszeit fand. In Deutschland werden Kirchen von kommunistischer Bubenhand beschmutzt, ziehen aufgelöste Rotefrontkämpfer- verbände unter dem Schutz der Kommunistischen Partei brüllend und randalierend durch die Straßen der Städte, während in Finnland die Führer dieses staatszersetzenden, weltrevolutivnären Kommunismus scharenweise ihre Anhängerschaft im Stiche lassen und ins Ausland flüchten, weil ihnen der finnische Boden zu heiß geworden. Eins ist schon heute ersichtlich: Die Neuwahlen im Oktober werden 'in ganz Finnland ausschlaggebend im Zeichen der volksnationalen Lappo-Bewegung vor sich gehen. Kein kommunistischer Abgeordneter wird im Herbst in de« finnischen Reichstag einztehen. Unter der Benennung „Finnlands Sozialistische Arbeiterpartei* waren die Kommunisten -um ersten Maal mit 27 Abgeordneten in dem im Juli 1922 gewählten Reichstag vertreten, nachdem sie sich vorher von den finnischen Soziademokraten getrennt hatten. Es ereignete sich dann in der Folgezeit der einzigartige Vorfall, daß diese kommunistische Reichstagsgruppe infolge eines gegen die Gesamtpartei eingeleiteten Prozesses wegen Landesverrats vollzählig in Untersuchungshaft genommen wurde. 1925 wurde die Partei als Ganzes im Lande verboten, 1925 löste die Regierung die inzwischen organisierten kommunistischen Jugendbünde auf. Beide Organisationen tauchten aber unter anderem Namen wieder auf und zwar als „Partei der Arbeiter und Kleinbauern" (seit 1927 nannte diese sich deutlicher „Sozialistische Partei der Arbeiter und Kleinbauern") bzw. „Studienzirkel junger Arbeiter". Dank
der Gleichgültigkeit großer bürgerlicher Kreise und der Passivität der die Kommunisten nur aus taktischen Gründen bekämpfenden finnischen Sozialdemokraten begann nun in den Städten und noch intensiver auf dem Lande eine bolschewistische Wühlarbeit, die sehr bald völlig unhaltbare soziale und politische Zustände im ganzen Lande heraufbeschwor. Die Kerntruppen dieser Kommunisten setzten sich aus geflohenen ehemaligen Angehörigen der berüchtigten „Roten Armee" Finnlands zusammen und wüteten im Lande wie während Ser Schreckenszeit der Revolutionsjahre 1917/18. Unter dem Eindruck dieses Terrors entstand allmählich die Lappo-Bewegung. Bürger, Bauern und Arbeiter strömten in Hellen Haufen zu dieser antikommunistischen Organisation, die in aller Stille zu jener lawinenhaften Stärke anschwoll, die sie heute besitzt.
Kühn und entschlossen kämpft seitdem das nationalbewußte Finnland für seine bürgerliche Freiheit als kleines, aber von stärkstem Verteiüigungswillen beseeltes Bollwerk gegen die rote Springflut des Ostens. Zwölf Jahre inner- I politischer Lethargie liegen hinter der bürgerlichen Bevöl- ! kerung dieses Landes, das sich seine Souveränität mit Sem Blut seiner besten und edelsten Söhne wider barbarische Horden des Bolschewismus erstreiten mußte. Marxistische Experimente wirtschaftlicher und politischer Art stürzten Staat und Wirtschaft wiederholt im Laufe der letzten Jahre in Krisen, aus denen Finnland immer geschwächter hervorging und die überall im Lande den Wunsch wachriefen, den zweifelhaften „Segnungen" marxistischer Volksbeglücker mit kräftiger Faust ein Ende zu bereiten.
Man hat im Auslande die Lappo-Bewegung als „faschistisch" abstempeln wollen; aber sie ist wie jede echte Volksströmung keine von ehrgeizigen Führern erklügelte Kopie des Auslands, sondern nur der tatgewordene Wille einer selbstbewußten elementaren Volkskraft. Das Beispiel Finnlands sollte auch uns Deutschen ernstlich zu denken geben. Es zeigt, wie selbst die festgeschmiedetsten Ketten des Marxismus von einem Volke mit Leichtigkeit gesprengt werden können, das sich auf seinen inneren Wert, seine eigene Kraft besinnt und seine Stunde kennt. Noch nie ward der Kommunismus wirkungsvoller zu Boden geschlagen als jetzt in Finnland.
Seine Macht zerschellte vor den Heugabeln einiger unerschrockener finnischer Bauern, die ihr Leben einsetzten für ihre Heimat und deren Marsch nach Helsingfors einem Triumphzuge gleichkam.
Zentrum gegen gemeinsamen Wahlaufruf l
TU. Berlin, 2. Aug. Zu der Erklärung der Deutschen Staatspartei, daß sie einen gemeinsamen Wahlaufruf zur Unterstützung der Regierung in der Finanzreform und zur Bildung einer Fraktionsgemeinschaft nur unterschreiben wolle, wenn auch Zentrum und Bayerische Bolkspartei zur Mituuterzeichnung bereit feien, bemerkt die „Germania": Diese Antwort der Deutschen Staatspartei möchte also auch uns in eine Angelegenheit verwickeln, in der uns nicht einmal Herr Scholz bemüht hat. Für die Bayerische Volkspartei können wir wicht antworten. Soweit aber bas Zentrum in Frage kommt, sind wir der Meinung, daß sich das Zentrum an einem Wahlaufruf von Parteien nicht beteilige« wird, deren politisch-geistige Grundlage mit der beS Zentrums nicht übereinstimmt. Daß das Zentrum hinter Brü- »tvg und seinen Maßnahmen steht, ist klar. Wir halten es nicht für nötig, daß sich das Zentrum Aufrufen anderer Gruppen anschlösse. Im übrigen können wir uns nicht verhehlen, daß der Wunsch der Deutschen Staatspartei, LaS Zentrum zur Mitunterzeichnung aufzufordern, nur taktische« Erwägungen entspringt._
Auch Bayern
beschreibt den Weg der Notverordnung
TU. München, 31. Juli. Die Entscheidung über das bayerische Ftnanzgesetz ist am Donnerstag abend im HauShalts- auSschuß deS bayerischen Landtags zunächst gefallen. Der Ftnanzmtnister Dr. Schmelzle richtete eine förmliche Be- schwörnng an den Landtag, dem Staat die notwendigen Einnahme« zur Verfügung zu stellen. Sollte das Gegenteil aber Wirklichkeit werben, dann werbe die Regternng dem bayerische« Volk, dessen Volksvertretung versagt habe, seine« Bolksstaat retten. Die Regierung sei entschlossen, alle Kol- gernnge« »ns sich zu nehmen, «m da» notwendige Ziel anf Grnnd der für einen StaatSnotstan- in der Verfass««- vorgesehene« Bestimmungen zu erreiche«.
I» der Abstimmung wurde dann aber trotzdem die Ermächtig«»« -nr Einführung der Schlachtsteuer mit 15 gegen 1Z Stimme« abgelehnt. Für die Genehmigung der Ermächtigung hatten nur die bayerische volkspartet «nd die De«tsch«attonalen gestimmt. In der Gesamtabstimmumg »«rde da» Kinanzgesetz ohne die Ermächtigung zur Einführung der Echlachtsteuer angenommen gegen die Stimme« der Sozialdemokraten und der Nationalsozialisten.
Die Saarverhandlungen
TU. Köln. 1. «ug. Die „Klinische Ztg." veröffentlicht t» ihrer Donnerstag-Abendausgabe Ausführungen des Füh- rer» der deutschen Saarabordnung von Stmson, die dieser über die Saarverhandlungen gemacht hat.
Simson führt n. a. aus, baß das bisherige Ergebnis der Pariser Verhandlungen unbefriedigend sei und -aß es für unsere Zugeständnisse eine Grenze gegeben habe. In der wichtigsten Frage, der Grubenfrage, hätten sich der französische Standpunkt, der eine Beteiligung Frankreichs am Be
trieb der Saargruben zum Ziel hatte, und der deutsche, wonach die Gruben ungeschmälert wieder an ihre früheren Besitzer, den preußischen und den bayerischen Staat, zurückfallen sollen, unvereinbar gegenübergestanden. Man könne in diesem Zusammenhang auch nicht von einer deutsch-französischen Zusammenarbeit sprechen, wenn diese nur darin bestehen sollte, daß lediglich der eine Partner dem anderen einen Anteil an seinem Besitz einräumt. Die deutsche Saar- aborönung hätte vor allem die Stellungnahme der Saarbevölkerung zu berücksichtigen gehabt und entscheidenden Wert darauf gelegt, in engster Uebereinstimmung mit der Saarbevölkerung zu bleiben. Auf die Frage der Volksabstimmung übergehend, erklärt v. Simson, es sei ihm auf französischer Seite wiederholt die Auffassung begegnet, daß die Saarbevölkerung sich vielleicht doch aus wirtschaftlichen Erwägungen heraus für die Aufrechterhaltung des gegenwärtigen Zustands aussprechen könnte. Das hieße aber die Bevölkerung recht gering einschätzen. Zum Schluß erklärt v. Simson, er gebe die Hoffnung nicht auf, daß die Verhandlungen auf einer neuen Grundlage wieder ausgenommen werden könnten. An dem deutsche« Standpunkt könne sich aber nichts ändern, und eine Einigung sei deshalb nur dann möglich, wenn in der französischen Auffassung ein grundlegender Wandel Platz greife.
Kleine politische Nachrichten
Der Deutsche Metallarbeiterverba«- hat das Arbeitszeit, ahkomme« gekündigt.
TU. Esse«, 1. Aug. Der Deutsche Metallarbeiterverband, der am Mittwoch den Vorschlag der Arbeitgeber abgelehnt hatte, hat am Donnerstag LaS ArbettSzettabkommen für die nordwestliche Truppe gekündigt. Der Deutsche Metallarbeiterverband fordert die achtstündige Arbeitszeit mit Sohn- auSgletch.
Der »««gierige polnische Konsul i« Esse«.
TU. SSl«, »1. Jnlt. Da» polnisch« Konsulat L« Esse« hat bei der Leitung de» deutschen Bundesschieben» angefragt, ob an dem deutsche« BuudeSschteßen auch Schütze« aus Polen mit polnischer Staatsangehörigkeit teilnehm««. Man wirb wohl nicht fehl gehe« in der Annahme, daß e» dem polnische» Konsulat darum ging, die Name» der frühere» Deutschen, jetzt polnische» Staatsangehörige« zu erfragen, «m ihnen nach ihrer Rückkehr Schwierigkeiten zu bereite«. Die Leitung de» Deutschen BundeSschleßeu» hat das Schreiben de» polnischen Konsulat» nicht beantwortet.
Ein Vergleich ,wische« „»ra, Zeppelin" »nd Fl 100".
TU. Londo«, »1. Juli. Di« letzten vom britische« Lustfahrtministerium verbreiteten Mitteilungen über die Fahrt de» „R 199" lauten weiter günstig. Dt« Hoffnungen, daß daS Luftschiff eine neue Höchstleistung für die Ost—West-Ueber- querung des Atlantischen OzvanS ausstellen würde, haben sich nicht erfüllt, da die 4590 Km. lange Strecke von der englischen Küste bis Bell« JSl« in 4S)l Stunden zurückgelegt wurde, während der „Graf Zeppelin" im Juni die 6390 Km. lange Strecke von Lakehurft nach Spanien in SSM Stunden zurücklegte
TeMarbeiterstreik in Frankreich
Der in Frankreich ausgebrvchene Textilarüeiterstrcik ver- schärft sich von Tag zu Tag. Wiederholt ist es zu großen Kundgebungen der Streikenden gekommen, die zu blutigen Zusammenstößen mit der Polizei geführt haben.
MWK
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Unser Bild zeigt eine Kundgebung der Streikenden vor dem Gebäude der Saint Clement-Werke in Rouen.
Vermischtes
Ein Erfolg und seine Lehre
Wir entnehmen dem „Zeitungsverlag":
Daß kein anderes Reklamemittel eine solche Wirrung hervorzurufen vermag, wie gerade das Inserat in der Tageszeitung, das kann man täglich mit praktischen Erlebnissen belegen. Dazu folgendes Beispiel:
In K., einer Großstadt Mitteldeutschlands, war im Februar eine große Rosenplantage in Konkurs geraten. Die Aktiven bestanden aus einigen hunderttausend Stück Stammrosen, von denen später die Blumen verkauft werden. Das wäre keine besondere Schwierigkeit. Es waren aber auch rund hunderttausend Buschrosen da, die als Stämmchen an Gartenbesitzer zu verkaufen sind. Haben die Buschrosen schon stark ausgeschlagen, dann können sie nicht mehr verpflanzt, also auch nicht verkauft werden. Die Zeit dazu läuft spätestens Ende April ab.
Gegen Ende März wurde die Verwertung der Plantage in einer Gläubigerversammlung nach allen Richtungen hi« durchgesprochen. Obwohl mehrere Gärtner und Rosenzüchter anwesend waren, wußte niemand einen Rat, wie man die noch immerhin erhebliche Menge von hunderttausend Stück Buschrosen an den Mann bringen sollte. Denn im regulären Betrieb hätte schon im März der größte Teil davon abgesetzt sein sollen. Schließlich machte der Konkursverwalter den Vorschlag, er wolle den Versuch machen, mit Inseraten in den Tageszeitungen am Platze Käufer dafür zu gewinnen. Die Gärtner erwiderten ihm, wenn er auch nur eine blasse Ahnung davon hätte, wie groß die Konkurrenz auf diesem Gebiete und wie schwierig es sei, schon im normalen Betrieb die Buschrosen abzusetze», bann würbe er von einem solchen aussichtslosen Versuch absehen und nicht unnötiges Geld aus der Konkursmasse daran hängen. Schließlich ging die Gläubigerversammlung auseinander, ohne daß dem Konkursverwalter ein Weg gezeigt oder ein Beschluß über die Verwertung der Buschrosen gefaßt wurde. Man überließ alles wettere dem Konkursverwalter und rechnete schon damit, -aß dieser Aktivposten verloren sei.
Ich war in der Versammlung anwesend und lud nach deren Beendigung den Konkursverwalter gleich ein, mitzugehen zur Geschäftsstelle einer Zeitung, um Inserate auszugeben. Ich riet ihm bringend, die letzte und, wie ich gleich betonte, beste Möglichkeit zur Verwertung der Rosen nicht unbedacht -u lassen. Einige Tage später erschienen dt« erste» Inserate, die von Ende März bis Ende April fortgesetzt wurden. Der Erfolg? Täglich wurden 3—4996 Stück verkauft, ohne daß die Preis« nennenswert ermäßigt worden wären. Bis Ende Apral war das ganze Hunderttausend an Buschrosen abgesetzt, rund 26909 Mark waren für die Gläubiger gerettet mit nur einige« hundert Mark an Inseratennnkoste». Nicht ein einziger Siosenstock blieb «nverkanst.
Sinnfälliger kann die durchschlagende Wirkung de» Zrt- tnngStnserateS wohl kaum gezeigt werden. Wer für seine» Wrrbefeldzug eine Lehr« daran» entnehme» kann, der tue e».
U. M. O
»
Da» berühmteste Weinglas i« Dentschlaub.
„Ein Glas, da» ist mein Lieben,
Scho« find «S zehne Jahr,
Daß e» mir tre« geblieben Voll Scharten, dennoch klar:
Biel Risse, Ehrenzeichen Die Fahne zeigt im Wind,
Den Riffen zu vergleiche»
Des Glases Scharten sind."
So besingt Justinus Kerner bas Weinglas, das ihm Nikolaus Lenau kurz vor seiner Amerikareise schenkte. Nachweislich hat Kerner aus diesem Glase vom Jahre 1834 bis 1861 24 009 Liter Wein getrunken, da er gewohnheit»- mäßig täglich 2>j Liter Wein trank, wie aus seine« Briefen hervorgeht. DaS Glas befindet sich heute in WeinSberg.