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Nagolder Tagblall »Der Gesellschafter"

hört, nicht fehlen. Aber es ist nicht so leicht, einen Grasen Brockdorff-Rantzau zu ersetzen, vollends jetzt, wo (mit Mitte November) die deutsch russischen Handelsvertrasverhandlungen, die letztes Frühjahr wegen der häßlichen Donez-Afäre abgebrochen werden mußten, wieder ausgenommen werden.

Uns kann es nur recht sein, wenn wir mit unserem gro­ßen russischen Nachbarn wieder normale wirtschaftliche Be­ziehungen bekommen, vielleicht auch schon aus dem Grund, weil die neue, übrigens von England immer noch abgeleug- nete französisch-britische Entente Deutschland unwillkürlich wieder mehr nach Osten drängt. Noch mehr muß, so däucht es uns. Rußland an einem vernünftigen Wirtschaftsverkehr mit Deutschland gelegen sein. Denn Ruß­land ist, was man nicht oft genug betonen kann, ein Agrar­land.Auf den Schultern der Bauern ruht der ganze Staat" (Seidler). Nun behauptet zwar die Sowjetregierung, daß der diesjährige russische Ernteertrag um 4,9 Millionen Tonnen höher als im Vorjahr gewesen sei. Trotzdem geht es Heuer hart an einer Hungersnot herunter. Zwischen Getreideerzeuguna und Getreidebeschaffung ist eben ein großer Unterschied. Und in letzterer Hinsicht hapert es gewaltig im Sowjetstaat mit seinem kommunistischen Han­delsmonopol. So ist Heuer die Ernte in Sibirien, im Ural­gebirge und Kasakstan recht gut ausgefallen. Bis aber das Getreide von dorther in die südlichen Gegenden der Sowjet­union, z. B. in die von großer Dürre heimgesuchte Ukraine gelangt, vergehen Wochen und Monate. Kein Wunder, daß es in weiten Gegenden Rußlands heute fast trostlos aussieht. Man sieht in Moskau heute wieder die berüchtigtenSchlangen" vor den Lebensmittelgeschäften. Innerhalb von 4 Wochen ist der Preis von Nahrungs­mitteln in Moskau um 20 Prozent gestiegen. Selbstverständ­lich bedingt, wie überall, solche Preissteigerung entsprechende Lohnerhöhungen.

Lohnerhöhungen aber habe« eine bedenkliche Wirkung auf die Unternehmungen. Das erfahren wir heute ganz besonders schmerzlich und beängstigend in dem gegenwärti­gen, so tief bedauerlichen nordwe st deutschen Eisen- konflikt. Es ist hier nicht der Ort, auf die Schuldfrage einzugehen. Nur aus die verheerenden Folgen dieses Lohn- kampfes sei hingewiesen, auf das unsagbare Unglück, das nun etwa 250 000 Arbeiter mit ihren Angehörigen betroffen Hai, vollends dann, wenn ihnen die siaatüche Arbeitsloser» Unterstützung aus gesetzlichen Gründen versagt werden mutz. Etwa 100 000 dieser Ausgesperrten sind nicht organisiert, Wunen also auch von den Gewerkschaften nicht unterstützt werden. Dazu kommt die Rückwirkung der Stillegung von Eisenwerken auf andere Betriebe. Von den 8,5 Millionen Tonnen Kohlen, die von einem Konzern monatlich gefördert werden, gehen allein 2 Millionen an jene Eisenwerke. Somit Kurzarbeit in den Zechen, wo man so wie so schon über die vielen Feierschichten klagt. Weiterhin die Tarifkündi- mingen in Hagen, Osnabrück, Peine, Bielefeld, Iserlohn, Velbert u. a. O. bis ins hannoverische Land hinein. Und das alles hart vor Weihnachten!

Noch etwas! Bekanntlich hatte der jetzige Arbeits­minister Wissell (Soz.) auf den 16. Oktober eine aus Arbeitgebern und Arbeitnehmern paritätisch zusammen­gesetzte Schlichtungskonferenz berufen. Man wollte untersuchen, ob und wieweit die Schlichtun gs- ordnung vom 30. Oktober 1923 oder eigentlich ihre mit diesem Gesetz nicht übereinstimmende Handhabung verbessert werden könne. Hat doch selbst Stegerwald noch vor nicht langer Zeit im Reichstag erklärt, daß das gegenwärtige Schlichtungsverfahren den wirklichen Bedürfnissen nicht ge­recht werde. Tatsache ist, daß unsere gegenwärtige Schlich­tungspolitik wieder versagt hat. Allerdings, wie will man das besser machen? Auch dieses überaus schwierige Gebiet steht unter jenem zu wahren Spruch:Allen Leuten recht getan, tst eine Kunst, die niemand kann." H.

Württemberg

Stuttgart, 9. Nov. Vom Rathaus. Der Gsmsinde- rat bewilligte gegen die Stimmen der Deutschnationalen und der Deutschen Volkspartei eine weitere Million aus Anleihe­mitteln für Grundstückskäufe durch die Stadt. Zuvor war schon eine Million bewilligt worden. Angekauft wurden bis jetzt bebaute Grundstücke für 286 000 Mark, unbebaute Grundstücke für 947 000 Mark und Wegeflächen für 195 000 Mark.

Das Inselbad in Untertürkheim wurde Heuer von 25 000 Personen im Tag besucht. Das Bad ist für die Zukunft zu klein. Es wurde daher vom Gemeinderat be­schlossen, für den weiteren Ausbau nach dem Plan Bonatz im Jahr 1929 500 000 Mark zu bewilligen und mit der Be­arbeitung des Projekts Professor Bonatz zu betrauen. Es sollen ein Frauenbad und eine Frauengarderobe, ein In- oalidenbad, ein Brausegebäude usw. errichtet werden.

Dom Landtag. Der Finanzausschuß hat die Erwerbung des Mathildenhofs in Ludwigsburg für Zwecke des dor­tigen Amtsgerichts zum Preis von 65 000 Mark mit 9 ge­gen 5 Stimmen genehmigt.

Stuttgarter Lichtschau. Es sei nochmals darauf hinge­wiesen. daß die Stuttgarter Lichtschau für das große Publi­kum am Samstag, 10. November, und Sonntag um 6 Uhr abends mit drei großen Feuerwerken auf dem Kriegsberg (hinter dem Postdörfle), auf der Uhlandshöhe und auf der Erhebung zwischen Bopser und Villa Weißenburg eingeleitet wird. Um 7 Uhr wird die Lichttechnische Ausstellung in der König-Karls-Halle im Landesgewerbemuseum eröffnet. 8.30 Uhr Militärkonzert im Schloßhof. Am Sonntag finden Festvorstellungen statt (Großes Haus 5.30, Kleines Haus 35 Uhr): 5 Uhr Militärkonzert im Sckloßhof, 7 Uhr Fackel­zug der Turnerschaft von der Großen Infanteriekaserne zur Stadthalle. Montag 7.30 Uhr Promenadekonzert auf dem Schloßplatz. Die elektrische.Beleuchtung in der Stadt dauert an allen drei Tagen jeweilig bis 12 Uhr nachts. Zu der amtlichen Eröffnungsfeier im Rathaussaal am Samstag nachmittag 5 Uhr haben nur geladene Gäste Zutritt.

Eine Verhaftung wegen des Raubmords in Stetten. Auf Grund des Ausschreibens der Kriminalpolizei wurde gestern in Pforzheim der von der Stuttgarter Staatsanwaltschaft schon länger gesuchte, auch des Raubmords in Stetten ver­dächtige Woern aus Wimpfen verhaftet. Woern steht im Verdacht, schon mehrere ähnliche Raubüberfälle ausgeführt zu haben, doch muß die weitere Untersuchung abgewartet werden, ob der Verhaftete mit dem Stettener Raubmörder identisch ist.

Reutlingen, 9. Pov. DieKatzeimKassenschrank. Ausgangs voriger Woche entdeckte ein hiesiger Geschäfts­mann beim Oestnen des Kasienschranks ein Kätzchen im

Innern des eisernen Kolosses. Seinen Hunger versuchte es an den aufgespeicherten Geldscheinen zu stillen und so fanden sich von verschiedenen größeren Noten nur noch Bruchstücke vor. Die Reichsbank konnte durch Umtausch den angerichteten Schaden beheben.

Tübingen, 9. Nov. Von der Universität. Dem Assistenten am mathematischen Seminar an der Universität Tübingen, Dr. Karl M ayrhofer, bisher Privatdozent an der Technischen Hochschule in Wien, ist die Lehrberechtigung für Mathematik an der naturwissenschaftlichen Fakultät der Universität Tübingen erteilt worden.

Deggingen OA. Geislingen, 9. Nov. Prielter­mangel. Infolge des Priestermangels in der Diözese soll laut Mitteilung des Bischöfl. Ordinariats die Wohlfahrts» kirche bis auf weiteres geschlossen werden.

Ehrenstein OA. Ulm, 9. Nov. Tolle Lausbuben­streiche. 3n letzter Zeit machen junge Leute im Alter von 1417 Jahren tolle Lausbubenstreiche. Am Rathaus wurde der Aushängekasten entfernt und in die Blau ge­worfen. Neben dem Rathaus im Garten von Schultheiß Mäuerle sind alle Blumen abgeschnitken worden. Dem Gipsermeisker Doll aus Klingenslein, der an dem Neubau Friefinger den Außenverputz anbringk, wurde in der Nacht ein großes Farbenfaß entlert. Im Lagerschuppen der Firma Hummel Söhne wurden über 100 Fensterscheiben eingeworfen. Der Höhepunkt der Lausbuberei wurde er­reicht durch die Entfernung des Hebels an der Signalweiche »on der Bahn zwischen EhrensteinKlingenstein.

Roßberg OA Waldsee, 9. Nov. Raub. Biehhändser Binder von Haidgau, der vorgestern abend von Stuttgart hier ankam, soll, nach seiner Aussage, im Walde gegen Memmisweiler von zwei Strolchen rücklings überfallen und seiner Eeldmappe mit etwa 3000 Inhalt beraubt worden sein.

Bom bayerischen Allgäu, 9. Nov. Ein Schüler­selbstmord. Gestern früh nach 7 Uhr wurde in der Nähe von Kempten in einer Kiesgrube von Arbeitern die Leiche des 19 I. a. Schülers der 7. Klasse des Humanistischen Gymnasiums Kempten, Max 6 cheppach, ausgefunden. In einem hinkerlassenen Brief an seine Eitern, dis in Neuburg bei Krumbach wohnen, spricht der Unglückliche diesen seinen Dank aus für alles und fügte die Bemerkung bei, daß bas Schicksal ihn in den Tod getrieben habe.

Aus Stadt und Land

Nagold, 10. November 1928

Vertrauen ist die einzige gesunde Basis jeder Gemeinschaft.

Abgründe und Heilquellen

Es ist ein Zeichen unserer krisenhaften Zeit, daß ihr Blick für die Abgründe, die im menschlichen Seelenleben ver­borgen liegen, in einer fast unheimlichen Weise geschärft worden ist. Die heutige, wissenschaftliche Seelenforschung anerkennt und kennt mehr als frühere Geschlechter die Macht des Unbewußten und die Last der Schuld. Sie hat entdeckt, daß längst vergessene Kindheitseindrücke die ganze Ein­stellung des Menschen zum Leben und zur Gesellschaft, ja sogar sein körperliches Befinden entscheidend beeinflussen und den Grund bilden können für rätselhaftes Benehmen, für seltsame Verbiegungen der Wesensart, für sprunghafte Handlungen und für bisher unbesiegbare Lebensangst. Auch in der Literatur herrscht keineswegs mehr der ungebrochene Glaube der Aufklärung an den unversehrten Wesenskern des Menschen. Man schildert unbarmherzig die Zersetzung, die Hohlheit, die Heuchelei der Gesellschaft.

Die Abgründe werden entdeckt, aber auch die Heil­quellen? Nur deren Auffindung verheißt eine Zeitwende statt des Untergangs des Abendlands. Daß andere die Not des Gefährdeten sehen, der in den Abgrund zu gleiten be­ginnt, kann für ihn eine Hoffnung sein, aber nur dann, wenn sie willens und imstande sind, ihm zu helfen. Menschen, denen die Schilderung seelischer Abgründe nur ein Pro­blem oder nur eine Sensation ist, sind um kein Haar besser als die verfemten Splitterrichter. Und wer von sich nur weiß, daß er im selben Spital krank ist wie alle andern, kann zwar mit ihnen um sie und um sich selber trauern, ist aber kein Helfer. Ein führender moderner Arzt hat erklärt, daß seelische Genesung auf einer neuen Einstellung zum Unbedingten, also auf religiösem Grund beruhe. Gibt es nicht eine viel verkannte, unerschöpfte Botschaft von einem Retter, der alle Gefahrzonen des Seelenlebens glücklich passiert hat und in den tiefsten Schlund menschlicher Ver­worfenheit freiwillig und unbefleckt hinabgestiegen ist, damit an seiner Hand und in seinen Spuren die Bedrohten und Gesunkenen die Entlastung und den Aufstieg finden? Wer diese Heilquelle erprobt und den andern namhaft macht, tut unserer Zeit einen besseren Dienst, als wer in ihren Wun­den wühlt. H. Pf.

Dienstnachrichten.

Bei der Prüfung für den mittleren Justizdienst haben mit 59 weiteren Kandidaten u. a. bestanden und sind zu Notariatspraktikanten bestellt: Alfred Bühl er, Herren­berg, Karl Sch leite, Hirsau, Eugen Seiz, Calw, und Gustav Züffle, Bäiersbronn.

Aus der Tätigkeit des Christlichen Vereins junger Männer Nagold

Man schreibt uns: Es ist ein untrügliches Kenn­zeichen innerlich lebendiger und zukunftsooller Arbeit an unserer Heranwachsenden Jungmännerwelt, daß ein sol­ches Jugendwerk sich immer von neuem Rechenschaft über die Fruchtbarkeit seiner Methode, über erreichte und un­erreichte Ziele zu geben sucht. Es ist nicht unsere Aufgabe, uns mit liebevoller Freude staunend vor den Punkten un­serer Arbeit aufzustellen, an denen sie unverkennbare Fort­schritte macht, die wirklichen Schwierigkeiten werden uns vielmehr den meisten Anlaß zum Durchdenken und Durch­dringen der großen Fragen geben. Niemals wird die Zeit kommen, in der wir aufhören dürften, neue Wege zu suchen. Das Fundament besteht aber darin, daß dieses Jugendwerk geboren ist aus dem Evangelium, daran wird festgehalten, daraus neue Kraft geschöpft! Dabei wird versucht, auch auf wissenschaftlichem Gebiet Lehr­reiches den Mitgliedern zu bieten. So gestaltete sich allein in den letzten Wochen und Monaten das Programm man­

Samstag, 10. November 1928

nigfaltig. Der vom 15.-20 März ds. Js. gehaltene Vibel- kurs von Vundessekr. Ru pp führte hinein in die hl Schrift. Ein festes Ziel war uns gesteckt durch eine Reihe von Vorträgen über Mission, Musik, Lebensbeschreibungen (Biographie) oder etwas ganz Neues:Die älteste Hand­schrift der Bibel gefunden". Von fachmännischer Seite wurden folgende Themen behandelt:Ein Krankheits­erreger" undVom Fichtenstamm zum Zeitungsblatt"' Bei letzterem bekam man den Eindruck, als ob wir ini papierenen Zeitalter lebten,' angeführte Beispiele warfen ein überraschendes Licht auf den Papierbedarf in der Gegenwart. Zwei wackere Nagolder unternahmen im August eine Studienreise in den kalten Norden (Lapland) Mit wunderbaren Naturaufnahmen und voll von oben teuerlichen Eindrücken sind sie heimgekehrt. Ihre Fahrt erläutert an Hand von Lichtbildern, ließen wir auf uns wirken und freuten uns dabei doch immer wieder neu an unserer schwäbischen Heimat mit ihren Tälern und Höhen mit Berg und Wald und Strom und Feld. Auch mit einem Vortrag über die Perle des Nagoldtals, unseremSchlok- berg«, der durch seinen herrlichen Laubwald die Fremden anzieht, wurde im C.V.j.M. kürzlich von einem treuen Heimatfreund ein Abend ausgefüllt. Unsere Gartenfeier die in Sang und Klang die Herzen empor hob und dann als Ausklang die Bedürfnisse von Geist, Seele und Leib in feiner Harmonie vereinigte, wird allen Teilnehmern un­vergessen sein. In einem Verein bekommt und emp­fängt man auch gern Besuche. Bundesdirektor und Bun- desturnwart erfreuten uns damit. Einen besonderen Tag erlebte die Jungschar anläßlich des hohen Besuches ihres Reichsonkel Dr. Hör ch. Jeder gab sich auch einen ordent­lichen Ruck, um wirklich seinen Mann zu stellen. Auch zu dem öffentlichen Werbeabend des C.V.j.M., welcher noch diesen Monat stattfindet, möge mancher junge Mann sich einen Anstoß geben: denn schon mancher hat in Er­fahrung gebracht, daß hinter dem Wollen auch die Kraft steht.

«Urwelt im Urwald"

Es ist kein Film im landesüblichen Sinne, mit dem uns die Schwäbische Bilderbühne aufwartet, auch kein so­gen. Naturfilm, der auf die Dauer zu langweilen anfängt sondern ein Naturfilm, der durch das Beobachtendürfeu der Tierwelt spannende Handlung besitzt und dadurch hoch interessant ist. Er führt uns in das Stromgebiet des Ama­zonas, in den Urwald und in die Campos, das heißt in die weiten, öden, Steppen, in denen die Vaqueiros mit ihren nach Tausenden zählenden Viehherden leben. Wir sehen, wie die Vaqueiros die wilden Pferde einfangen und em- reiten, die Geier, wie sie sich über ein gefallenes Tier Her­stürzen, unzählbare Scharen von Vögeln, wie Reiher, Störche, Möven und dergl., werfen einen Blick in die un­heimlichen Tiefen des Flußes, wo der gefährliche und ge­fräßige Piranhas lebt und wo die Krokodils zu Hunderten ein beschauliches Dasein führen und lasten es uns schon gruseln bei dem Zuschauen, wie die Expeditionsmitglieder im Urwald die großen giftigen Schlangen fangen. Fast ein ein ganzer Akt bringt einzigartige Aufnahmen aus dem Leben einer Ameisenart, den Blattschneidern, wir dürfen bewundern, wie sie mit rastloser Tätigkeit in einzigartiger Arbeitsteilung am Werke sind und sehen noch so viele an­dere Bilder, die uns durch die Schwierigkeit der Aufnah­men höchste Bewunderung abgewinnen müssen. Wir haben die Ueberzeugung, daß oft Tage und Nächte dazugehörig, um oft nur eine einzige Aufnahme glücklich gelingen zu lasten, Geduld und Mut auf die höchste Probe stellend. Ein Film von dieser Güte dürfte nur selten zu sehen sein und deshalb wollen wir es nicht versäumen, auf die heute abend 8 Uhr nochmals im Seminarfestsaal stattfindende Vorführung aufmerksam zu machen, (siehe Anzeigenteil.)

UnsereFeierstunden".

Wer einmal an Kassel vorbeifuhr oder die Stadt so­gar besucht hat, der wird das ehemalige Besitztum Kaiser Wilhelm's II., das pompöse Herkules-Denkmal nicht ver­gessen haben. Im neuen Staat hat man scheinbar zur Erhaltung von solchen Anlagen noch kein Geld gehabt und auch das Herkules-Denkmal droht, den Weg alles Irdi­schen zu gehen. Hoffentlich werden die nunmehr begonne­nen Jnstandsetzungsarbeiten von Erfolg sein. Weiter fin­den wir ein Stimmungsbild aus dem Hamburger Hafen, Aufnahmen von der Reichsfachschule für Schornsteinfeger, der ersten Arbeiter-Volkshochschule, von Whitechapel, dem Empfang der Zeppelinmannschaft in Amerika, sehen Jiu- Jitsu-Uebungen bei der Reichswehr, einen lenkbaren Fesselballon, die Südpolexpedition E. Byrd's u. a. m. Vor allem werden sich unsere Leser, besonders diejenigen aus Eültlingen und näheren Umgebung über das Bild auf der letzten Seite freuen,, wo sie ein bekanntes Gesicht finden werden.

Calw, 9. Nov. Der Geist ist willig, aber...! Der zirks-Handels- und Eewerbeverein hatte am letzten Mon­tag einenE r ö rterung s a b end anberaumt, wo die bevorstehenden Eemeinderatswahlen behandelt wurden. Der Verein ging davon aus, daß es wünschenswert sei, daß eine starke Vertretung des Gewerbestandes im Eemeinde- rat vorhanden sei und ein Wahlzettel aus sämtlichen Par­teien einschließlich der Sozialdemokratie aufgestellt werde. Gedacht wurde zunächst an einen einzigen Wahlzettel mit 10 Namen. Der Eewerbeverein verfolgte diesen Plan wei­ter und veranstaltete eine weitere Besprechung mit Ver­tretern der politischen Parteien, die gestern, abend stattfand. Die Aussprache führte zu keiner endgültigen Entscheidung, aber immerhin zu einer Klärung. Die Sozialdemokratie erklärte, daß es ihr unmöglich sei, mit der Deutschnationa­len Volkspartei zusammenzugehen und sie daher aus der gedachten Vereinigung ausscheide,' sie werde wie seither einen eigenen Wahlzettel aufstellen. Nachdem sich Ae Vertreter der Sozialdemokratie entfernt hatten, Hst" - es sich bei der Besprechung darum, ob es möglich sei, E Einheitsfront von drei bürgerlichen Parteien herMt^^ Der Wille zur Einigung war vorhanden, aber über oic Wege konnte man sich noch nicht einigen. Es tauchten zwei Vorschläge auf, der eine ging dahin, nur einen Wayizerrer mit Namen, der andere 2 Wahlzettel mit 20 Namen aus- zustellen. Als es sich dann um die Zahl der Kandidaten aus den einzelnen Parteien handelte, gingen die ANsilyren sehr stark auseinander. Die Gegensätze zwischen o Deutschnationalen und der Deutschen Volkspartei m mei Frage konnten zunächst nicht gelöst werden. In, >p" Stunde wurde dann der Beschluß gefaßt, die drei pa ­schen Parteien, Deutschnationale und Deutsche sowie die Deutsch-Demokratische Partei sollten ms «am, tag abend in ihren Parteien eine Entscheidung über G endgültigen Standpunkt herbeizuführen, suchen. Wenn