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Nagolder TagülattDer Gesellschafter

den'Bereich des'staatlichen Straßennetzes und damit auch die Entschädigung für das von privater Seite an dieser Straße Geleistete abgelehnt.

Diese Darstellung entspricht dem wirk­lichen Sachverhalt nicht. Von der 22,3 Kilometer langen Solitude-Strecke steht eine 9,4 Kilometer lange Strecke, also nahezu die Hälfte, als Staatsstraße von jeher ausschließlich in der Unterhaltung des Staats. Diese staat - liche Strecke befindet sich in einem guten, auch für Renn­zwecke geeigneten Zustand. In den Jahren 19251927 hat der Staat für die Unterhaltung und Teerung dieser Strecke nicht weniger als 100 000 R M. ausgegeben und von der Solitudegesellschaft lediglich den Betrag von rund 10 400 RM. für einige von der Renngesellschaft ausdrücklich geforderte Verbesserungen (Kurvenabflachungen) verlangt. Diese hohen Aufwendungen des Staats sind zu einem sehr erheblichen Teil eine Folge der starken Inanspruchnahme der Straße durch die Rennen selbst und die vielen Uebungs- fahrten der Rennfahrer, die sich beinahe über das ganze Jahr erstrecken.

Was den weiteren Ausbau der Rennstrecke anlangt, bei dem es sich vor allem um eine Erbreiterung der ganzen Strecke auf 89 Meter handelt, so hat sich auch in dieser Hinsicht das Innenministerium keineswegs ableh­nend verhalten, wenn es auch auf dem Standpunkt steht, daß es außerhalb des bisherigen staatlichen Aufgabenkreifes läge, wenn der Staat allein oder in Verbindung mit an­deren Kreisen als Unternehmer für den Bau und den Betrieb einer den Bedürfnissen internationaler Rennen genügenden Straßenstrecke für Kraftfahrzeuge auftreten würde, zumal dadurch ander-owichtigeAufgabenauf dem Gebiet des Straßenbaus zurückgesetzt werden müßten. Das Ministerium hat sich vielmehr für den Fall, daß von anderen Kreisen der Ausbau der Rennstrecke, mit Zustimmung der beteiligten Inhaber der Straßen, unternommen werden wollte, die Würdigung der Frage ob und in welchem Um­fang es ein solckes einen Aufwand von mindestens 2 Millionen RM. erforderndes Unternehmen fördern könnte, Vorbehalten.

Stuttgart. 22. April.

Todesfall. Präsident a. D. Karl o Fischer, der im Jahr 1913 an die Spitze des württ Steuerkollegiums be­rufen wurde, ist hier im Alter von 76 Jahren gestorben. Als Vortragender Rat im Finanzministerium hatte er gro­ßen Anteil an der württ. Steuerreform. Der überarw tüch­tige Beamte wirkte unter 6 Finanzministern, von Renner bis zu Liesching. Als im Jahre 1919 die Steuerverwaltung -in die Hand des Reiches überging, schied er aus dem Amte aus. Bis vor kurzem gehörte er noch dem Vorstand der Württ. Landessparkasse an.

Eine neue Schächtmethode. Am Donnerstag nachmittag wurde im Stuttgarter Vieh- und Schlachthof einem engeren Kreise von Sachverständigen eine neue Schächtmethode vor- 'geführt. bei der die Tiere erst nach vorausgegangener Be­täubung geschlichtet werden sollen. Eine Hupferplatte wird auf den Rücken des Tiers gelegt, mit dessen Kopf leitend verbunden. Nach 35 Sekunden ist völlige Betäubung er­folgt und nun wird geschachtet. Bei dieser Methode kann sowohl den Forderungen des Tierschutzes, wie auch der israelitischen Religionsgemeinschaft entsprochen werden.

Wegen Vergehens gegen die Religion wurden die Schrifk- leiker der .Süddeutschen Arbeiterzeitung", Lämmlezu 250, Zanus und Hammer zu je 200 Mk. Geldstrafe verur­teilt. Sie hatten in Zeitungsartikeln die Kirche eine .An­stalt zur Volksverdummung" genannt.

Angetreuer Orksvorsteher. Bel einer unvermuteten Kas- ,enprüfung wurde festgestellt, daß der 33jährige Schultheiß Emil Schanbacher in Hofen am Neckar der von ihm verwal­teten Gebührenkasse 1394 Mark entnommen und für sich ver- braucht hat. Das Schöffengericht verurteilte ihn zu vier Mo- naten Gefängnis.

Marbach a. 1k.. 22. April. Noch ein Schul streik. Hier wurde von einigen Schülern der 8. Klasse am ersten Tag des neuen Schuljahrs gestreikt. Außerdem hat eine Ab­ordnung auf dem Stadtschultheißenamt bittere Vorwürfe gemacht und die Aushebung des Gemeinderatsbeschlus­ses betr. Einführung des 8. Schuljahres verlangt. Der Schulstreik ist zwar wieder abgebrochen worden, doch soll er wieder ausgenommen werden, falls der Beschluß des Gemeknderats in den nächsten Tagen nicht zurückgenommen wird. Es ist darauf hinzuweisen, daß von den vielen beim Kultmknisterium eingebrachten Befreiungsgesuchen keine Oberamtsstadt berücksichtigt wurde.

Tübingen. 22. April. DonderUniversität. Die außerordentliche Professur für Kirchengeschichte an der «vang.-theol. Fakultät der Universität Tübingen ist dem Privatdozenten Dr. theol. Ernst Stracke in Heidelberg übertragen worden.

Meßstetten OA. Balingen, 21. April. Das Boten» am eile. Marie Gerstenacker vollendete ihr 80. Lebens­jahr. DasBotenameile" versieht seit 47 Jahren den Boten­dienst zwischen Mehstetten und Ebingen und wandert heute noch alle Samstag von dem hochgelegenen Ort in die Stadt hinunter, um dort die ihr aufgetragenen Besorgungen zu erledigen. Um die 40 OM Kilometer sind es, die sie in dieser langen Zeit zu Fuß zurückgelegt hat.

Aitshausen OA. Saulgau, 22. April. Ein guter Fang. In den letzten Tagen haben sich in einer hiesigen Wirtschaft 2 fremde Männer mit einer Frauensperson aus Oesterreich aufgehalten, die teils im Ort herumgebettelt und teils gezecht haben. Am Dienstag abend entstanden zwischen den angetrunkenen Männern Streitigkeiten, wobei der eine, ein aus Preußen stammender 30 I. a. Mann, den andern und die Frauensperson geschlagen hat. so daß der dienst­tuende Schutzmann eingreifen mußte. Bei der Untersuchung wurde festgestellt, daß der Täter beim Betteln in einem hiesigen Schuhladen ein Paar neue Herrenschnürschuhe ge­stohlen hatte, die er in seinem Quartier verwahrte. Auch ein Stempel eines Schultheißenamts im Oberamt Waldsee wurde bei ihm vorgefunden, den er letzten Sonntag in der betr. Ortschaft beim Betteln entwendet haben will. Bei sei­nem Genossen fand man einen Privatstempel eines landw. Gutsaufsehers. Die beiden Stempel sollten künftig zur Aus­stellung von falschen Legitimationspapieren, Arbeitszeug­nissen usw. verwendet werden. Die drei Personen wurden dem Amtsgericht Saulqau eingeliefert.

Waldsee. 22. April. Ein gutes Geschäft. Ein gutes Geschäft scheinen die Bärentreiber zu machen, die kürzlich, auch durch unsere Stadt kamen. Auf der hiesigen Oberamts­sparkasse haben sie 1400 Mark Kleingeld eingewechselt und auch auf der Gewerbebank eine größere Summe, nachdem sie in Biberach sich schon in gleicher Weise den Geldtrans­port vereinfacht hotten.

Aus Stadt und Land

Nur wer den Menschen liebt, wird ihn verstehen

Wer ihn verachtet, ihn nicht einmal sehn.

Morgenstern.

Dienstnachrichten

Die Mnnfterialabteilung für Bezirks- und Körperschaftsverwal­tung hat die Wahl des Oberlandjägers Karl Walter in Besen­feld, Oberamts Freudenstadt, zum Ortsoorsteher der ^Gemeinde Göttelfingen, Oberamts Freudenstadt, bestätigt.

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Vom Sonntag

Wieder war es ein Sonntag, der, wenn er auch nicht eitel Sonnenschein, so doch Stunden brachte, die jeder seinem Ich entsprechend verleben durfte und ein Hochgefühl ihn ihm auslöste: Sonntag, diese Stunden gehören dir! Dieses Hochgefühl kennt glücklicherweise auch nur der, der sonst ... arbeitet. Die anderen, die Alten und Kranken und vielleicht z. Zt. wirtschaftlich Bedrängten ausgenom­men, wären dieser Wonne auch gar nicht wert. So standen wir auf, der eine früh, der ander spät, den einen führten die Wege dorthin, den andern Hierhin. Viele fanden auf jeden Fall den Weg zum Standkonzert der Stadtkapelle, die nach langem kleben während der Wintermonate er­freuliches Können zeigte, wenigstens bei diesen zu Gehör gebrachten Vorträgen. Wir wollen hoffen, daß es nicht bei diesem bleibt und Konzertmeister Cortschewsky uns Heuer mehr denn sonst mit einem reichen Programm und recht oft erfreuen kann. Sicherlich wird die Kapelle der Unterstützung weiter Kreise der Bevölkerung und der Stadt allerdings nur unter dieser Voraussetzung nicht ent­behren. Der Nachmittag und Abend war wieder mit so mancherlei ausgefüllt: Wahlversammlung, Wettspiele, Familienfeier und so manches andere, was nicht geschrieben steht und worüber wir auch logischerweise nicht berichten können. Und sonst? Ob der Frühling noch nicht end­gültig seinen Einzug hält? Ja. die neu angefahrenen Kohlenhaufen vor den Häusern sind noch so verdächtig groß und erinnern, daß man neben der Küchenfeuerung auch noch mit kalten -Tagen in warmer Stube rechnet.

Wahlversammlung der Wirtschaftspartei des deutschen

Mittelstandes

Am gestrigen Nachmittag hatte die Wirtschaftspartei d. d. M. zu einer Wahlversammlung in dieTarube" ein­geladen. Dem Ruf dieser neuen Partei wenigstens für Württ., denn im Reich besteht sie seit einig. Jahren wa­ren... 17 (!!!) Interessenten einschließlich Opposition ge­folgt. Auf was man wegen dieses schwachen Besuches schließen soll, auf die skeptische Haltung einer neuen Partei gegenüber oder auf eine sich breit-zu-machen drohende all­gemeine Wahlmüdigkeit, wird man erst die kommende Zeit beweisen lassen müssen. Die Tagung eröffnete Herr Kauf­mann Otto Schwarz aus Schopfloch, der betonte, daß die Geschäftswelt bisher keine politische Heimat und keinen Rückhalt bei anderen Parteien trotz der vielen Versprechun­gen gehabt und deshalb sich in der Wirtschaftspartei zu­sammen gefunden habe. Herr Schmiedemeister Proß aus Cannstatt richtete als früherer Nagolder Begrüßungswortc an die Versammlung und sprach von dem Sumpf, in den der Mittelstand seit Jahren hineingekommen sei und be­zeichnet die Wirtschaftspakte! als diejenige, der es auf Grund ihrer Zusammensetzung möglich sei, Besserung zu schaffen und die Belange des Mittelstandes an maßgeben­der Stelle zu vertreten. Hierauf verlieft der württem- bergische Spitzenkandidat der Partei für den Reichstag, Herr Kaufmann Franz aus Biberach das Wirtschafts­programm seiner Partei und vergißt nicht zu erwähnen, daß ihre Partei keine bezahlten Agitatoren hinausschicken könne, um Propaganda zu machen, sondern ihre Arbeit durch Männer geschaffen werden müsse, die aus Liebe zu einem Stand für ihre Ideen sich hingeben. Er führt dabei ungefähr folgendes aus: Der Wert des Mittelstandes ist wohl nicht zu bestreiten, denn nie hätten wir in früheren Jahrzehnten einen solchen wirtschaftlichen Aufschwung ge­nommen, wenn der Mittelstand nicht gewesen wäre. Früher hat man Gesetze gehabt und geschaffen, die den Belangen des Mittelstandes gerecht wurden, heute bestehen nur sol­che, die geeignet sind, ihn durch ihre Maßnahmen zu Grunde zu richten. Die Arbeitnehmer haben in der S. P. D. ihre politische Einheitsfront gefunden und der selbstän­dige Gewerbe- und Handeltreibende muß sie in der Wirt­schaftspartei finden. Erst dann werden wir eine Besserung in diesen Kreisen zu spüren bekommen. Der öffentliche Einfluß des Mittelstandes wird immer geringer und der­jenige, der heute noch der Interessenvertretung seines Standes sich fernhält, mutz sich mit als Vernichter des Mit­telstandes bezeichnen. Der Redner weiß dann in dring­lichen Worten die Not seiende und werdende des Mittel­standes besonders auch in steuerlicher Hinsicht zu schildern. Weiter führt er aus:In Nord- und Mitteldeutschland hat sich die Partei schon über 60 Mandate erobert und auch Württemberg soll dieses Mal nicht hintan stehen. Als Kandidaten sind entsprechend der Wählerschaft Mittel­ständler aus Handel und Gewerbe, Handwerk und Land­wirtschaft, Hausbesitz usw. ausgestellt. Das Parteipro­gramm umfaßt in seinen Erundzügen: Sofortige Aufhe­bung der Zwangswirtschaft in jeder Form. / Sofortiger Abbau der ungerechten Besitz- und Sondersteuern, die den kleinen und mittleren Besitz naturgemäß am härtesten treffen, weil er nicht das Einkommen hat, den Abgang zu ersetzen. Die bedeuten für ihn nach den Jnflationsver- lusten Proletarisierung seines Nachwuchses und die Not im Alter. / Gerechte Besteuerung nach dem Einkommen. / Aeußerste Vereinfachung des aufgeblasenen Verwaltungs­apparates und die planmäßige Ueberführung der frei­werdenden Kräfte in die produktive Erwerbstätigkeit. / Rücksichtslose Bekämpfung der Verschleuderung von Steu­ern und Staatsgeldern. Energische Förderung des Sied­lungswesens für den bäuerlichen Nachwuchs, Rückkehr zur Solidität und Sparsamkeit in Staat und Gemeinde, Aus­gabenbewilligung nur im Rahmen der zur Verfügung stehenden Mitteln. In kultureller Hinsicht Bekämpfung der Verflachung von Sitte und Charakter, um damit alles zu tun, um das Volk wieder auf eine moralische Höhe zu bringen. Wenn den rastlos strebenden Menschen des Mittelstandes weiterhin solche Entbehrungen auferlegt werden und die kommenden Jahre sich nicht von den ver­gangenen unterscheiden, so werden wir Menschen vom Mittelstand alle besitzlos und bettelarm. Das Jahr 1928 als Wahljahr wird für den Mittelstand ein Schicksalsjahr werden, in dem es selbst sein Los zu bestimmen haben wird. Wir wollen keine Hilfe aus Staatsmitteln, wir wollen aber auch nicht, daß uns der Weg zur Selbsthilfe versperrt wird. Wir kämpfen gegen den marxistischen Sozialismus und

___ Montag, 23. Apr il 1828

gegen das internationale Großkapital für einen gefunden, lebensfähigen Mittelstand." Ein Diskussionsredner der Nationalsozialisten bemängelt u. a. die neue Partei als ausgesprochene Vertretung einer einzigen Wirt­schaftsgruppe, die nichts für den Arbeiter, überhaupt Ar­beitnehmer und auch nichts für den bodenständigen Indu­striellen übrige habe und nur ihre eigensten Interessen ver­folge und dadurch niemals zu einer Macht als Vertreterin einer ganzen Volksgemeinschaft wie z. V. die N. S. D. A. P. werden könne. Von sozialdemokratischer Seite wird die Gründung einer neuen Partei, in diesem Fall in Württemberg, insofern begrüßt, als sie zur weiteren Zersplitterung der bürgerlichen Parteien und zur Stär­kung der Linkssront dienen werde. Im übrigen könne man kein besonderes Urteil darüber abgeben, da keinerlei po­litischen Hochziele vorhanden seien, bzw. keine an dieser Stelle durch den Spitzenkandidaten ausgesprochen wurden. Mit dem Wunsche der Herren Schwarz und Proß, daß sich recht viele Wähler in der Wirtschaftspartei zusammen­finden möchten, konnte die Versammlung um 5 Uhr ge­schlossen werden.

Familienabend des Sportvereins von 1811 e. B., Nagold

Nicht nur durch Leichtathletik und Gymnastik, durch Uebungs- u. Wettspiele allr Art verfolgt der Sportv. seine Ziele, er will nebenbei seine Mitglieder und Freunde auch durch gesellschaftliche Zusammenkünfte zu einer großen Fa- malie zusammenführen und beieinanderhalten. So veran­staltete er gestern im immer wieder von neuem anheimeln­denTrauben"-Saal einen sehr zahlreich besuchten, zu voll­ster Zufriedenheit verlaufenen Familienabend, der haupt­sächlich durch eine theatralische Aufführung ausgefüllt war. Anschließend an die Eröffnungsworte des 1. Vereinsvor­sitzenden sah man sehr gelungene, einheitlich stramm durch­geführte gymnastische Uebungen einer Gruppe Aktiver (Martin Hiller, Kern, Erwin und Walter Schlecht, Schittenhelm, Weidelich). Hierauf trug ein Mit­glied der gestern zu einem Freundschaftsspiel hier anwe­send gewesenen Sp.-Vgg. Oberndorf unter allgemeinem Beifall ein vaterländisches GedichtDer deutsche Rhein" vor, das ausklang in einem Appell an die deutsche Jugend zur Wiederaufbauarbeit am Zerschlagenen;ein Volk, ein Gott, ein Vaterland", das ist sicher auch unser aller Wunsch. Das Glück vom Riedhof", so heißt der Titel des nun zur Aufführung gekommenen volkstümlichen Dreiakters, gab den Spielenden eine harte Nuß zu knacken. Das Wagnis gelang aber (vollends wenn man bedenkt, daß die Spie­ler größtenteils zum ersten Male auf den Brettern sich zeigten) dank der verständnisvollen Hingabe aller Mit­wirkenden glänzend; der Beifall der Zuhörer belohnte und bewies dies in jeder Weise. Die Schwierigkeit, selbst dramatische Szenen richtig darzustellen, wurde recht gut ge­meistert. Sämtlichen Spielern, die so manche Stunde ge­opfert, dabei aber einem guten Zweck gedient haben, ins­besondere auch allen mitwirkenden Damen, nicht zuletzt aber dem Spielleiter Eugen Kern, unseren herzlichsten Dank. Eugen Kern ist unbedingt ein Spielleiter und Meister der Regie, der sich überall sehen lassen kann und gestern um nur eines herauszugreifen durch die Wiedergabe des Blitzes und des Donners in seinen ver­schiedenen Gewalten und durch die durch die Fenster ein­fallende Morgensonne von neuem sein talentvolles; von künstlerischem Geschmack zeugenden Können bewies. >Kurz Umrissen war der Inhalt der Handlungen folgender: Im ersten Akt wird eine Gerichtsverhandlung gezeigt, u. a. enthaltend einerseits die urwüchsig-ehrliche Art. einiger Bauern (Hermann Schüle, Eugen Stikel, Otto Waidelich), die Einfalt zweier Zeugen (Frl. Haißt und Erwin Schlecht), den derb-humoristischen, seiner großen Aufgabe bewußten Gerichtsdiener (Eugen Kern) und den die Nöte des Lebens voll erfassenden Richter (Willy Bernhardt), andererseits aber die redegewandte herzlose, herrschsüchtige, protzige Riedhofbäuerin (Fräulein Emmy Hauser), deren bis dahin nur dem Namen nach als Herr seines Hofes bekannten Ehemann (Ernst Schit­tenhelm) und eine wegen geringfügigen Diebstahls angeklagte, vom Leben schwer geprüfte Kriegerwitwe (Frl. Rosa Busch). Der zweite Akt bringt dramatisch die Fol­gen der für die Riedhofbäuerin ganz belastend ausge­gangenen Gerichtsverhandlung, zeigt den Einfluß der Bäuerin aus ihren Liebhaber, den Oberknecht des Ried­hofes (Eugen Pfohmann), führt zwei weitere Dienst­leute (Frl. Berta Hörmann und Eugen Kehle) in ihrer einnehmenden Art, insbesondere auch den Gerichts­diener als Pantoffelhelden mit seiner energischen Frau (Frl. Martha Lutz) äußerst humoristisch vor und endigt mit dem während eines Gewitters auf den Oberknecht hereingebrochenen Strafgericht. Der dritte Akt atmet viel Sonnenschein, aber auch Humor, und enthält in der Haupt­sache die Schilderung des auf dem Riedhof nach dem Tode der Bäuerin und nach Ueberwindung kleiner Hemmungen einkehrenden Glücks. Den Abschluß des Familien-Abends bildete bei bester Musik eine Reihe von Tänzen, zu denen stets ein drückender Andrang erfolgte.

Tödlich gestürzt

Am Samstag Mittag war die 69 Jahre alte Frau Bäcker­meister Moser auf die Büh e gegangen, um dort irgend etwas zu erledigen und ist nachher beim Hinab steigen der sehr steilen Treppe unbemerkt hinuntergestürzt. Sie wurde später rot auf der Treppe mit dem Kopf nach umen liegend aufge- funden. Der Arzt stellte einen Wirbelsäulenbruch fest.

Oeschelbronn, 21. April. Geschleift. Der bei Landwirt Gottlieb Schäberle beschäftigte Dienstknecht Erwin Bühler war im Steinbruch mit Vorspannen beschäftigt. Als er am Waage aushängen wollte, scheuten die Pferde u. gingen durch. Bühler wurde geschleift, wobei ihm die Kleider buchstäblich vom Leibe gerissen wurden und er bedeutende Verletzungen erlitt, so daß er ins Bezirkskrankenhaus nach Herrenberg verbracht werden mußte.

Lalw, 22. April. Zum Tode des Reichsbahurats iugeu Thuma. Unerwartet rasch ist am Donnerstag abend er Vorstand des Eisenbahnbetriebsamtes Calw, Reichsbahnrat ihuma, im Alter von 62 Jahren gestorben. Schon vor lehreren Jahren hatte den kräftigen, stattlichen Mann em eimtückisches Leiden befallen, das nun nach einer Operation inen fchnellen Tod herbeigeführt hat. Der Verstorbene war ber 20 Jahre lang als Vorstand des umfangreichen Betriebs^ mies Calw tätig. Schon früher war er einige Jahre als mger Assistent hier angestellt gewesen. Nach seiner Verhei- rtung zog es ihn wieder hierher und so verlegte er semen on Heilbronn nach Calw. Er war ein äußerst tüchtiger u. msichtiger Beamter, der selbst an sich große Anforderunge ellte. Mit einer großen Arbeitskraft ausgerüstet fiel chm jem leruf, dem er sich vollständig hingab, leicht. Dabei zeichn