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SAMSTAG, 7. NOVEMBER 1953
Das Telefon auf dem Motorrad
Keine technische Spielerei mehr / Über UKW Fernsprechverbindung Autobahn - Patis
Es gibt Motorradfahrer aus Passion und aus Beruf, die ihre Maschinen mit allen technischen Schikanen fahren. Der Unterschied liegt nur in dem Grad der Begeisterung und in der Art der Bezahlung. Dem Motorrad ist es gleich, wer den technischen Behang finanziert. In Indonesien werden es beispielsweise binnen kurzem die Polizisten sein, die auf deutschen Motorrädern ein Kesseltreiben auf die Sünder wider das Gesetz mit Hilfe eines UK W-Funksprechgerätes veranstalten können, das in der Tübinger Himmelwerk AG erdacht und durchkonstruiert worden ist. Was die Amerikaner schon lange und neuerdings auch die Deutschen in den Großstädten mit ihren mit UKW-Geräten ausgerüsteten Funkstreifenwagen machen, ist jetzt also auch mit dem Motorrad möglich: Der Telefonverkehr von Fahrzeug zu Fahrzeug. Ein kleiner Kasten auf dem Soziussitz beinhaltet Sender und Em- fänger. Eine kurze Antenne ermöglicht Sendung und Empfang. Auf dem Benzintank sind Mikrofon, Lautsprecher und Lautstärkenregler befestigt. Das ganze Gerät hat eine so geringe Strom- •lufnahme, daß die normale Batterie des Motorrades gut ausreicht und der Fahrer keine Sorge haben muß, am Abend etwa ohne Licht auf der Strecke zu bleiben.
Keine Spielerei Das Telefonieren vom Motorrad aus ist also keine technische Spielerei mehr. Was sich heute die indonesische Polizei leisten kann, hat morgen der Liebhaber mit dem prallen Geldbeutel. Und sobald die Bundespost in Deutschland die Hauptverkehrsstrek- ken mit Relaisstationen ausgerüstet hat, kann der Motorrad- und Autofahrer, wann er will, mit Frankfurt, Paris oder London sprechen. Diese Zeit liegt greifbar vor uns. In einzelnen Zügen der Bundesbahn kann heute schon telefoniert werden. Die Post erprobt die erste Versuchsstrecke auf der Autobahn bei Frankfurt. Technisch ist das Problem gelöst. Einer schnellen
Ein betrunkener Fußgänger wurde vom Schöffengericht Leer (Ostfriesland) wegen Verkehrsgefährdung zu zwei Wochen Gefängnis verurteilt.
Ein fünf Tage altes Baby is< gestern in Paris von einem jungen Wolfshund aus der Wiege gerisseife-und getötet worden.
Der schwarze Perserkater Tommy ■war für Fräulein Smith in Eigin (USA) ein Glücksbringer. Sie hatte um Überlassung des Tieres gebeten, als seine Herrin, eine 70jährige Witwe gestorben war. Bei der Testamentseröffnung stellte sich heraus, daß die alte Dame ihrem Kater ein Legat von 2000 Dollar (8400 DM) ausgesetzt hatte, dessen Ertrag nun der Pflegerin von Tommy zufällt.
Verwirklichung steht zunächst allerdings die finanzielle Seite entgegen. So ein Funksprechgerät ist teuer. Es kostet halb soviel wie ein Auto. Eifersüchtige Frauen werden sich also noch eine gute Weile gedulden müssen, bis sie sich davon vergewissern können, ob ihr geschäftsreisender Mann eine hübsche Begleiterin auf der Autobahn aufgelesen hat oder allein reist. Es sei denn, sie ist Verwalterin einer ausgedehnten Wohlhabenheit!
Eigene Frequenzen Denn: postunabhängige, auf- eigenen Frequenzen (Wellenlängen) arbeitende UKW - Funksprechverbindungen zwi-
Das Motorrad der Zukunft: Anstatt der Soziusfahrer in das UKW-Gerät
sehen Fahrzeugen untereinander oder mit einer Feststation sind heute nicht mehr selten. Das handliche „FuG 200“ der Himmelwerk AG kann beispielsweise bequem unter der vorderen Haube des Volkswagens untergebracht werden. Entsprechend auch in allen anderen vierrädrigen Fahrzeugen. Die wirtschaftlichen Vorteile des „fahrbaren Telefons“ lassen sich am besten an einer Taxizentrale einer Großstadt demonstrieren. Ein Wagen hat Fahrgäste in den südlichen Vorort einer Großstadt gebracht. Gleichzeitig liegt ein neuer Auftrag aus einer benachbarten Straße in dem Vorort vor. Während bisher die Zentrale in der Stadtmitte entweder ein anderes Taxi dorthin beordern mußte, genügt jetzt eine kurze Anweisung über UKW an das erstere, und viel Zeit und noch mehr teuere Leerkilometer werden gespart.
Rangierfunk
Vielseitig sind die Verwendungsmöglichkeiten der Funksprechstellen. So ist die Bundesbahn dabei, ihren Rangierverkehr schrittweise ganz auf Funksprechbasis umzustellen. Innerhalb eines Stellwerkbereiches gibt der Rangiermeister seine „drahtlosen Anweisungen“ an die einzelnen Loks, die dadurch nicht mehr wie bisher vor jedem Rangieren eines Wagens zum Stellwerk dampfen müssen. Auf mitt
leren und großen Bahnhöfen bedeutet diese Neuerung die Einsparung einer Lokomotive. Außerdem werden Betriebsstunden und Personal weniger benötigt und die Sicherheit des Rangierverkehrs erheblich erhöht, da ja alle Lokführer jederzeit die Gesamtbewegungen im Stellwerkbereich mitverfolgen können.
Wechselsprechen Die Rangierfunkgeräte der Himmelwerk AG sind für das Wechselsprechen eingerichtet worden. Es kann also vom Stellwerk zu den Loks wechselseitig gesprochen oder gehört werden. Je nach der Größe des Bahnhofsbereiches können ein bis drei Stationen für die Stellwerke und drei bis fünfzehn auf den Rangigrloks montiert werden. Die Geräte selbst können maximal auf sechs verschiedene Frequenzen (Kanäle) geschaltet werden. Kommt eine
Lok in den Bereich eines anderen Stellwerkes, muß der Lokführer auf dessen Kanal umschalten. Die Reichweite beträgt bis zu 15 km. Ja selbst durch Tunnels sind gute Ergebnisse erzielt worden. Selbstverständlich können die Geräte auch für Gegensprechen wie beim gewohnten Telefon geliefert werden.
Im F1 i eß ba ndr hy t hm us
Sicher haben sie bei ihrem Tischler schon gesehen, wie Tische und Stühle verleimt werden. Im Schraubstöcke gepreßt, stehen die Gestelle stundenlang herum, bis sie ganz ausgetrocknet sind und der Leim abgebunden ist. Eine umständliche Sache, die bald der Vergangenheit angehören wird. In der Tübinger Himmelwerk AG sind Hochfrequenzgeneratoren entwickelt worden, die aus einer Stunden- eine Sekundenarbeit machen. Die zu verleimende Stelle wird einfach zwischen ein Hochfrequenzfeld, das vom Generator erzeugt wird, geschoben und die in diesem Feld gewonnene Hitze bewerkstelligt den Verleimungsvorgang innerhalb
Bonbons als Zahlungsmittel
HAMMELBURG. Wenn auch immer wieder Kupferpfennige geprägt werden, immer wieder wundern sich die Geschäftsleute, daß sie kein Kupfergeld zum Herausgeben haben. Auch die Kunden ärgern sich, denn an Stelle der Pfennige erhalten sie von ihrem Kaufmann Bonbons oder Suppenwürfel. Ein Verbraucher in Hammelburg hat jetzt ausgerechnet, was er an Stelle der Pfennige als Ersatz innerhalb eines Jahres bekommen hat. 1211 Brühwürfel zu je 4 Pfennig, 170 Bonbons zu je 3 Pfennig, 523 Bonbons zu je 2 Pfennig und 964 Bonbons zu je 1 Pfennig. Das entspricht genau einem Geldwert von 90.14 DM. Eine etwas komische Statistik, aber sie stimmt.
von Sekunden. Mit Hilfe dieser Generatoren kann beispielsweise die Verleimung von Kartonverpackungen aller Art dem modernen Fließbandrhythmus angepaßt werden. Ferner kann in Sekundenschnelle Stahl und Eisen jeder Art für die Verformung geglüht oder geschmolzen werden.
Besuch im Gavhaus „Zum Dritten Mann“
Anton Karas beginnt wieder von vorn
Von drei Millionen Scliallplaiten erhielt er keinen Schilling / Seine Zither hörte die ganze Welt
„Ich würde meine kleine Wirtschaft in Sievering nicht gegen einen New Yorker Nachtklub eintauschen“, sagt der unter der Laterne vor dem Eingang „Zum Dritten Mann“ stehende Wirt und Zitherspieler Anton Karas, der wie kaum ein anderer Mensch Glück und Niedergang des Tagesruhmes am eigenen Leib erfahren hat. Fünf Jahre sind es fast auf den Tag her, daß der Sohn Anton des Metallarbeiters Karas aus der Wiener Karl-Marx-Stadt als Zitherspieler beim Heurigen in der Wirtschaft von Martinkowicz für eine kleine Gruppe von Ausländern spielte, einen Hundert-Schilling-Schein bekam und dachte, damit sei der Abend gut gelohnt worden. Daß es der Anfang einer atemberaubenden kurzen Karriere sein würde, ahnte der Mann mit der dik- ken Brille nicht. Doch einer der Zuhörer war der Filmregisseur Carol Reed, der just in Wien die Aufnahmen „Zum Dritten Mann“ fertiggestellt hatte. Es fehlte nur noch die untermalende Musik, sie sollte von Anton Karas gemacht werden.
Mit vieler Mühe
Aber der gute Anton, der tags darauf im Hotel Astoria Vorspielen mußte, war kein Komponist sondern nur ein Zitherspieler, der ohne Noten die üblichen Wiener Lieder zupfen konnte. Er spielte zwei und gar drei Stunden, doch Carol Reed war enttäuscht. Er hatte sich Originelleres versprochen. Der Fall schien erledigt. Da klimperte der Anton jene paar Takte, die eine Weltsensation werden sollten: zehn Sekunden lang dauerte es, aber Mister Reed war außer sich vor Begeisterung.
Drei ganze Wochen saß er daran, die kleine Melodie wenigstens über fünf Minuten zu strecken. Carol Reed verlangte von ihm die zehnfache Verlän
gerung. Es mußte lockende, sentimentale und auch traurige Nuancen geben. Woche auf Woche verrann. Anton Karas war verzweifelt bis er endlich mit größter Mühe die Aufgabe bewältigte. Er bekam ein Stück Papier hingelegt, dann zählte man ihm Geld auf den Tisch und legte die Rückflugkarte nach Wien hinzu. Anton Karas fuhr nach Wien und der Fall schien abgetan. Mit dem Geld mietete er sich eine Dreizimmerwohnung. Daß in London der Film vom „Dritten Mann“ inzwischen eine Offenbarung geworden war, ahnte er nicht. Erst als der Empress Club ihn zu einem Gastspiel nach England holte, wurde der Anton wach. Wie, man hatte seine kleine Melodie auf Schallplatten aufgenommen? Da mußte doch auch Geld für ihn abfallen? Aber Anton Karas hatte ja dieses Papier damals unterschrieben, auf dem er bestätigte, daß alle Einnahmen durch Schallplatten an die Filmgesellschaft gingen. Innerhalb eines einzigen Monats wurden 300 000 Platten verkauft. Weitere 400 000 lagen auf den weihnachtlichen Gabentischen. New York setzte eine halbe Million Platten ab. Heute sind mehr als drei Millionen verkauft, doch Anton Karas hat keinen Schilling davon bekommen.
Aufstieg zum Star
Gut — so würde er eben in den großen Varietes auftreten. Er bekam unzählige Angebote, man riß sich um ihn. Aber schließlich konnte er ja nur allabendlich in einem Saal auftreten, wenn ihm auch der. englische König persönlich die Hand geschüttelt hatte, als er im Odeon auftrat. In 36 amerikanischen Staaten erklang die Zither des Wieners, der plötzlich ein Star erster Ordnung geworden zu sein schien. In einer einzigen Minute verdiente er mehr als ein Facharbeiter bei Ford im Monat. Doch
die Impresarioanteile waren schwindelerregend, die Steuern verschlangen den größten Teil der Gagen. Die Devisenbestimmungen taten das Ihre, der heimatliche Fiskus verlangte sein Recht. Und plötzlich kam etwas hinzu, womit Anton Karas niemals gerechnet hatte: seine beiden Melodien, das Harry- Lime-Thema und der Cafe-Mozart- Walzer waren zu oft gespielt, man hatte die beiden Weisen satt, niemand konn-
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te sie mehr hören; denn jeder Musikant, der auf den Hinterhöfen dudelte, hatte sie bereits in seinem Repertoir. Kein Varietemanager kam mehr. Anton konnte nach Hause fahren.
Mit dem letzten Geld
Und daheim sah es etwas anders aus als vor ein paar Jährchen. Man hatte sich ein etwas kostspieliges Leben angewöhnt, man war ja ein Star gewesen. Und nun sollte man wieder in der Wirtschaft beim Heurigen am Tisch sitzen und darauf warten, daß ein spendabler Gast eine Zehn-Schilling-Note in den Zitherkasten schob. Mit dem letzten Geld, das ihm blieb, begann Anton Karas den Bau einer kleinen Weinschenke in Sievering. Doch bald war das Kapital aufgezehrt, er mußte selber mit Hand anlegen, damit das Häuschen fertig wurde.
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