Kostspielige Auslandsvertretungen
Der Haushaltsausschuß des Reichstages begann mit der Beratung des Haushalts des Auswärtigen Amtes. Der Berichterstatter, der deutschnationale Abgeordnete von Freytag-Loringhoven, wies darauf hin, daß eine gewisse Stabilisierung der Ausgaben des Auswärtigen Amtes festzustellen sei.
Bei einem Vergleich der Ausgaben des deutschen Auswärtigen Amtes mit den entsprechenden Haushalten des Auslandes ergebe sich aber ein Mißverhältnis,!«» der deutsche Haushalt die Ausgaben einzelner ausländischer übersteige. Der deutsche Haushalt mit insgesamt 63 Millionen Rm. Ausgaben betrage beispielsweise 12« vorn Hundert des englischen und 175 vom Hundert des französischen Haushaltes. Noch erschreckender werde das Mißverhältnis, wenn man Italien und Spanien heranziehe, mit denen im Grunde ein Vergleich angebrachter märe.
Die Größe der Gesamtsumme in Deutschland erkläre sich vor allem aus der übermäßigen Zahl der Beamten. Die Zahl der Diplomaten vom Botschafter bis zum Sekretär betrage in Frankreich 123, in England 126, bei uns aber 1S2. Entsprechend seien auch die Kosten unserer Missionen erheblich höher. Bei der jetzt geforderten Umwandlung unserer Gesandten in Argentinien, Brasilien und Chile in Botschaften habe das Auswärtige Amt Voranschläge aufgestellt, dt« die englischen Kosten iveit überträfen. Zu niedrig seien dagegen unsere Ausgaben zur Pflege kultureller Beziehungen und des deutschen Schulwesens im Ausland.
Der zweite Berichterstatter, der sozialdemokratische Abgeordnete Dr. Breitscheid, hielt den der deutschen Liga für Völkerbund gewährten Zuschuß von 126 000 Mark für reichlich hoch. Die meisten Redner hielten Ersparnisse beim Auswärtigen Amt für möglich. Dr. Hoetzsch wies darauf hin, daß der deutsche auswärtige Dienst in großem Maße heute auch Aufgaben des Ausfuhrhandels und der Ausfuhrindustrie erfüllen müsse.
Der Kurs der demokratischen Partei
— Halle a. G„ 27. Mai. Bor dem Pavteiausschuß der Deutschen Demokratischen Partei hielt der Parteivorsitzende Minister a. D. Koch-Weser eine Rede, in der er u. a. ausführte: Jeder Tag beweist mehr, wie recht die Partei gehabt hat, sich von der Sozialdemokratie zu lösen, so lange sie an ihrer starren Haltung in der Arbeitslosenversicherung festhält. Die Schwierigkeit, e>ne Koalition rechts von der Sozialdemokratie z» bilde«, ist unverkennbar. Je schwächer die Mitte ist, «m so weiter muß sie nach rechts greife«. Nnr eine Stärkung der Mitte kann hier helfe«. Nicht aber ein Beiseitestehen. Die Deutsche Demokratische Partei hat durch ihre Beteiligung an der Regierung den Plan des Panzerkreuzers scheitern lassen, hat verhindert, daß die Agrarpolitik die Bahn Dietrichs verlassen hat. Mit Zusammenschlußpläneu hat die Beteiligung der Fraktion an der Regierung Brüning nicht das geringste zu tun. Worauf es heute, wo der Staat in Gesahr ist, znsam- menznbreche«, ankommt, ist» daß die Republik die Erstarrung überwindet, die keine einzige lebenswichtige Reform über Gerede und Geschreibe hinanSkomm-en läßt. Man soll sich einigen über eine Wahl re form, die die Persönltch- keitswerte nicht so verhängnisvoll zerstört wie das heutige Wahlgesetz. Man soll sich einigen über eine Bildungsreform, die das undemokrattsche Privileg einer langdauernden, kostspieligen und der Praxis abgewanbten Vorbildung durch weitgehende Fortbildungsmöglichkeiten ersetzt und damit eine Kluft im deutschen Volke schließt, die verhängnisvoller zu werden droht, als jemals eine andere zuvor. Wenn sich eine neue Partei auf solchen Grundsätzen zusammenfinden würde, würde wohl niemand von uns sich ihrer Bildung wibersetzen. Ich halte es für «nmöglich, mit de« Gedanke» der Zerschlagung der Demokratische« Partei z» spiele«, solange nicht die Sicherheit für eine größere Neubildung t« dem »orgezeichneten Ginne geschaffen ist.
Kleine politische Nachrichten
Mussolini wieder in Rom. Mussolini ist von seiner Mailänder Reise nach Rom zurückgekehrt. Die Präfektur von Mailand dementiert die in der ausländischen Presse verbreiteten Meldungen, wonach anläßlich der Anwesenheit Mussolinis in Mailand 2800 Personen verhaftet worden seien und stellt fest, daß in Wirklichkeit in der Stadt und der ganzen Provinz Mailand nur ISO Verhaftungen vorgenommen wurden.
Neues schweres Blutvergießen in Indien. In Utadi ist der frühere Präsident der gesetzgebenden Versammlung, Patel, der die Führung der Angriffe auf das Salzlager von Dharasana übernommen hatte, verhaftet »vorder». Bei den letzten Angriffen auf bas Salzlager von Wadala kam es zu Zusammenstößen »wischen den Freiwilligen und der Polizei. Als die Polizei mit Steinen beworfen wurde, gab sie eine Salve auf die Freiwilligen ab. Fünf Polizisten wurden zum Teil schwer verletzt. Die Zahl der verletzten Inder wird auf 60 geschätzt. Insgesamt konnten die Freiwilligen 80 Pfund Salz in ihren Besitz bringen. Auch in Multan kam es zu blutigen Zusammenstößen zwischen der Polizei und Freiwilligen. Bet einer Bombenexplosion wurden 20 Personen verletzt, darunter einige Kinder.
Versicherungsbetrug?
TU. Berlin, 27. Mai. Nach einer Meldung aus Hannover ist am Samstag in Uslar bei Göttingen der Sohn des Industriellen Kommerzienrats Löwenher» unter dem Verdacht des Versicherungsbetrugs verhaftet worden. Löwenher- hat in der Nacht »um Montag im GerichtsgefSugnts einen Selbstmordversuch unternommen, indem er sich die Pulsadern aufschnttt. Ueber die Vorgeschichte der Verhaftung »vird berichtet: Vor etwa einem Jahr entstand in einem Gebäude des Löwenherzschen Besitztums ein Brand, -er einen Schaden von etwa 20 000 Mark verursachte und von der Versicherung ohne Anstand bezahlt wurde, da einwandfrei Kurzschluß als Vrandursache festgestellt worden .war. Eines Tages erhielt der junge Löwenher» ans Hol»-
Das Banditen-Unwesen in China
Der Untergang von Dang Po — Die wahnsinnige Banditengeneraim Kommunisten. Marodeure und andere Räuber
Von E r n st H e r b e r t P e t r i.
Rach Kiangsu und Schantung war noch vor wenigen Jahren Honan die volkreichste aller chinesischen Provinzen. Ein Gebiet, nur halb so groß wie Preußen, gab dreißig Millionen Menschen Arbeit und Brot. Heute fristen kaum noch fünfundzwanzig Millionen ein erbärmliches Leben zwischen' den Trümmern einst blühender Städte und Dörfer, auf verwüstetem und brach liegendem Kulturboden, und eine halbe Million Banditen aller Kategorien kann ungestraft über die Provinz herrschen.
Von verschiedenen Städten steht kein Haus mehr. /Ein paar rauchgeMvärzte Ruinen allein zeugen vom Kampf, der hier zwischen Räuberhorden und den nur selten bewaffneten Einwohnern stattfand. Wohl kein Ort, der nicht irn Verlaufe der letzten fünf Jahre mindestens einmal von einer Banditenschar heimgesucht wurde oder — was für ihn vielleicht noch härter war — den „Schutz" eines Generals erkaufen mußte. Das Schicksal der kleinen Stadt Ifang Po zeigt, was von diesen „Beschützern" zu halten ist. Bis vor kurzem war der Ort der einzige in der ganzen Provinz, der sich sowohl die Räuberhorden als auch die unersättliche Soldateska vom Halse zu halten verstanden hatte. Die Leute von Jang Po durften auf ihre alten Stadtmauern stolz sein, die sie als wirksamstes Schutzmittel in bestem Zustand erhielten. Außerdem kauften sie jedem desertierten Soldaten, der ihre Stadt betrat, die Waffen ab, so daß die 2000 Einwohner über rund 300 moderne Gewehre und über eine Anzahl von Feldgeschützen und Maschinengewehren verfügten. Diese und ihre Mauern erlaubten ihnen, selbst die Angriffe von Räuberhorden, die zahlreicher waren als die ganze Bevölkerung des Ortes, abzuweisen. Im Laufe der letzten Jahre des Bürgerkrieges hatte Jang Po rund hundert Ueberfällen organisierter Banditen widerstanden, während benachbarte Städte, die sich den „Schutz" der Regierungstrnppen^ erkaufen mußten, verschiedentlich geplündert worden waren.
Kein Wunder deshalb, wenn die Stadtväter von Jang Po kürzlich die Aufforderung eines der Untergeneräle des Marschalls Fena Juhsiang, Aogaben für den Unterhalt seiner „Schutztruppen" zu leisten, mit einer höflichen Weigerung beantworteten: „Wir würden es als höchste Gnade betrachten, dürften wir den Schutz des großen Generals in Anspruch nehmen, doch wir sind seiner leider nicht würdig!" Was in Umgangsdeutsch übersetzt soviel heißen sollte wie: „Scher' Dich zum Teufel!" Der General gab sich damit nicht zufrieden, sondern verlangte nun das Doppelte der ursprünglich geforderten Summe als Schutzgeld. Die Angelegenheit kam »m Stadtrat zur Sprache, und verschiedene meinten, es sei vielleicht besser, auf die Wünsche des Generals einzugehen. Doch der Hinweis auf die Tatsache, daß eine Reche von Städten, die sich dem „Schutze" des Kriegers unterstellt hatten, zerstört worden war, weil kein Soldat sich blicken ließ, als ein Raubüberfall erfolgte, genügte, um das Rückgrat der Stadtväter zu steifen.
Der General tobte. Er führte sofort seine Division zum Angriff gegen Jang Po vor. Vier Tage lang wehrte sich die Bevölkerung hinter ihren Wällen, Gewehren und Geschützen verzweifelt. Fünfhundert Regierungsbanditen mußten ms Gras beißen. Doch schließlich ging den Verteidigern die Munition aus, und die Verbrecherdivision stürmte die Wälle. Ein paar Stunden später war das Städtchen ein rauchender Trümmerhaufen, die Bevölkerung in alle Winde versprengt und verkauft oder getötet. Die Regierung nahm den Vorfall zur Kenntnis und schwieg. Sie verfügt ja über keine wirksamen Mittel, um gegen derartige verbrecherische Unterführer vorzugehen.
Der einzige Wider«»,.,, den diese Soldateska findet, geht non den Räuberbanden aus, deren Führer rasch eine Schin-
minben einen anonymen Brief, in dem er aufgefordevt wurde, 7000 Mark an eine bestimmte Adresse zu senden, andernfalls werde der Absender zur Sprache bringen,-daß der Brand vorsätzlich gelegt worden sei. Löwenher» übergab den Brief der Polizei, die als Vriefschreiber einen Elektromonteur ermittelte. Der Monteur behauptete, die elektrische Anlage sei von vornherein derart gebaut worden, baß eines Tags Kurzschluß entstehen mußte und behauptete, den Wahrheitsbeweis antreten zu können. Die Polizet sah sich darauf veranlaßt, unvermittelt die Verhaftung des jungen Mannes vorzunehmen. _
Der Düsseldorfer Mörder
Nachdem man schon fast die Hoffnung aufgegeben hatte, den Düsseldorfer Massenmörder überhaupt noch -« fassen und all dte Tausende von Spuren, die im Laufe der zwei Jahre eingegangen, waren, immer wieder im Sande verlaufen waren, ist jetzt der Düsseldorfer Kriminalpolizei nun doch der große Schlag geglückt. Sie hat den 47jährtgen stellungslosen Arbeiter Peter Kürten verhaftet, der bereits eine Anzahl -er in Düsseldorf begangenen Lustmorde etngestan- den hat. Die Nachprüfung seiner Angaben hat erbracht, daß mau hier tatsächlich jenen Unhold gefaßt hat, der jahrelang über ganz Düsseldorf Furcht und Schrecken verbreitete.
Unsere Bilder zeigen:
AaS ist der Mörder; Peter Kürte«.
MM!
derhannes-Popularität erwerben. Da ist besonders die „Witwe Schang", die viel von sich rede» macht. Sie steht an der Spitze einer rund fünftausend Mann zählenden Räu-i berbande und terrorisiert das westliche Honan. Eine Anzahl! von Regierungsgenerälen hat den Versuch unternommen, dre Konkurrenz dieser streitbaren Dame zu beseitigen, doch bis jetzt keinen Erfolg erzielt. Die „Witwe Schang" genießt nämlich bei der großen Masse eine gewisse Beliebtheit und Unterstützung, weil das Gerücht geht, sie vergreife sich nur am Vermögen der Reichen, um es den Armen zu geben. Angeblich verfügt die Banditenfnhrerin nicht mehr über ihren, vollen Verstand. Sie soll die Witwe eines reichen Kaufmanns sein, der verschiedentlich durch Räuber und Soldaten ausgeplündert und schließlich getötet wurde. Der Schicksalsschlag traf die Witwe so schwer, baß sie beinahe wahnsinnig wurde, ein Paar andere Verzweifelte um sich sanimelte und allen Soldaten und anderen Räubern Rache schwur.
Die „Witwe Schang" ist auch sonst kein gewöhnlicher; Bandit. Beabsichtigt sie die wohlhabende Bevölkerung einer. Stadt zu brandschatzen, so schickt sie erst ihre Propaganda-! abteilung ins zukünftige Operationsgebiet, und diese sorgt! dafür, daß nächtlicherweile Hunderte von Plakaten ange-, schlagen werden, mit freundlichen Aufforderungen wie:j „Plündert die Reichen!" oder „Unterstützt die Witwe Schang,! den Rettnngsstern der Armen!" Sie kann dann überzeugt! sein, daß ihr die Stadt keinen ernsthaften Widerstand leisten! wird, und nimmt den Verlust, der ihr durch die schleunige! Flucht mancher ihrer auserwählten Opfer entsteht, gern m> Kauf. Die Regierung hat der „Witwe Schang" verschiedentlich eine Stellung als General in der regulären Armee an-! geboten, wenn sic nur mit der Bande zu ihr übergehen wollte.s Doch der weibliche Karl Moor zieht es vor, sein eigener Herr, zu bleiben. -
Im allgemeinen lassen sich die rund 500 000 Banditen von Honan in fünf Kategorien einteilen. Vertreter der beiden ersten haben wir in dem General, der Jang Po zerstörte, und in der „Witwe Schang" kennen gelernt. „Soldaten- banditen" nennen die Chinesen die erste Klasse, die offiziell in Regierungsdiensten steht, gelegentlich von ihren Generälen gegen die Bevölkerung geführt wird und nachts ohne ihre Offiziere auf eigene Faust raubt und plündert. Als „Kom- iniluistenbanditen" werden die Leute vom Schlage der „Witwe Schang" bezeichnet, die entweder wirklich oder nnr vorgeblich die Wohlhabenden berauben und die Armen in Ruhe lassen. Sie stehen meistens durch Agenten mit den Sowjets in Verbindung, von denen sie auch manche Einrichtung übernommen haben. Zur dritten Kategorie gehören die „ehrlichen" Banditen. Sie geben unumwunden zu, daß sie gar nichts anderes sein wollen als Räuber, die alles nehmen, was ihnen in die Hände gerät. Meistens haben schon ihre Vorfahren den löblichen Banditenberuf ausgeübt, und sie selbst hasse« bitter die Konkurrenz, die ihnen nun von „unbefugter" Seite gemacht wird. Die vierte Klasse setzt sich aus oen Marcüre- brüdern zusammen, also entweder versprengteil Soldaten einer geschlagenen Truppe oder gleich ihren Vorgängern ans dem Dreißigjährigen Kriege Deserteuren nnd Nachzüglern, die mit, Uniform und Waffe flüchteten, weil sie sich der ohnehin schlaffen Mannszucht nicht fügen wollten. Unter irgend" > einem selbstgewählten Führer finden sie sich wieder zujam»! s men und bilden nun die gefährlichsten aller Banditen, weil! > sie am besten bewaffnet sind. Die tragischste Figur gebe«! oie „Rote-Speer-Banoiten" ab, die früher Selbstschutzorgani-' ^ sationen der Landbevölkerung angchörten. Schließlich war» ' oen sie aber selbst zu Räubern, weil die verwüstete enge« ! Heimat sie nicht mehr ernähren konnte. /
Der ihn zur Strecke brachte: Kriminalrat H. Momberg, der Lhef der Dnsseldorwr Mordinspektion.
Unglückssall eines «indes in Düsseldorf.
In Düsseldorf wand ein Kind, während die Mutter sich in der Waschküche befand, sich im Spiel einen Schal um den Hals. Hierbei hatte es den Schal scheinbar zu fest ungezogen. Bei dem Versuch, ihn zu lockern, muß es ihn »och fester zu- gezogen haben, sodaß es dte Besinnung verlor und zu Bode» fiel. Es wurde ungefähr eine halbe Stunde später bereit« tot aufgefunden. _
Bootsunlergang in Finnland
DU. Helsingfors, 27. Mai. Auf dem Ladogasee in Firn», kand ereignete sich tn der Nähe von Sordevalla ein schwerer Unglückssall, der zwei Menschenleben forderte, «l» der BankLirektor WtgeliuS mit seiner große» Motorjacht auf den See hinaussahrcn wollte, explodierte kurz nach dem Start der Motor. Auch der große Beuztnvorat entzündete sich, sodaß dte Jacht tm Augenblick tn Hellen Flammen stand. Frau WtgeliuS und ihre 16jährige Tochter verbrannte» in der Kajüte, Bankdtrektor WigeltnS konnte sich und sein« übrigen drei Sinder in Sicherheit bringen. Alle vier hatte« sich Brandwunden zugezoge» und muhte« tnö Kran*erch«M -überführt werden. H