DIENSTAG, 16. DEZEMBER 1952

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DIE MEÜNUINCi ÜEK AINDEKM

Die Karlsruher Begründung

Die deutsche Verfassungskrise werde wei­ter andauern. schreibt der liberaleM au­ch e st e r Guardian zu der Begründung des Karlsruher Gerichtshofes für seine Ent­scheidung im Falle desHeuß-Gutachtens und fährt fort:

Die Begründung wiederholt die Tatsache, daß das Gericht beabsichtigt was auch über politi­schen Einfluß geredet werden mag rein rich­terliche Entscheidungen zu fällen. Es wird für die Regierung schwer sein, eine Antwort auf die Begründung zu finden. Denn die Regierung hat keine bekannten Mittel und Wege, die Behaup­tungen zu untermauern daß das Gericht politisch beeinflußt ist. noch hat sie Möglichkeiten, ihr of­fenkundiges Mißtrauen zu rechtfertigen Einige deutsche Zeitungen haben sich auf den Stand­punkt gestellt, daß Dr. Adenauer in der ganzen Angelegenheit einen klaren Sieg davongetragen habe. Das ist nicht der Fall. Nach wie vor be­steht die Möglichkeit einer Entscheidung des Ge­richts. daß die Verträge eine Revision des Grund­gesetzes erfordern ... Unabhängige Beobachter rechnen zunehmend mit der Möglichkeit, daß Dr. Adenauer zur Ausrufung allgemeiner Wahlen im Frühjahr gezwungen sein könnte. Und bei einer solchen Wahl wären die beiden Verträge die Hauptfrage

Gedämpfter Optimismus

Der Beginn der Pariser Atlantikratstagung wird von den britischen Montapsblättern un­ter Hinweis auf mehrere Schwächevunkte in sehr gedämvftem Optimismus kommentiert. Unter dem TitelWo die Nato schwach ist " fordert dieTimes automatische Beratun­gen zwischen den Nato-Mitgliedern über alle Fragen von gemeinsamem Interesse. Das Blatt schreibt:

Fast jede militärische Entscheidung der vier­zehn souveränen Staaten schließt politische Er­wägungen ein Aber gerade in ihrer Maschinerie zur politischen Zusammenarbeit ist die Nato ge­genwärtig am schwächsten. Und solange die poli­tischen Bindungen schwächer s ! nd als die militä­rischen und wirtschaftlichen, wird auch die ge­meinsame Verteidigung unvollständig bleiben.

A denauer-Interv'ew

Gemeinsame Außen- und Verteidigungspolitik

PARIS. Bundeskanzler Dr. Adenauer er­klärte in einem am Montag vom konservativen F'garo veröffentlichten interview, eine ge­meinsame Verteidigung der sechs europäischen Union-Staaten sei ohne eine gemeinsame Au­ßenpolitik unmöglich.

Der Bundeskanzler antwortete damit auf die schriftliche Anfrage der Zeitung, weshalb er kürzlich in einer Erklärung den Vorschlag auf Konstituierung eines Rates der Regierungs­chefs der sechs Staaten bzw. auf Konferenzen dieser Regierungschefs in regelmäßigen Ab­ständen gemacht habe.

Fine Verfassung für Europa

PARIS. Der Europäische Verfassungsaus­schuß. dessen Aufgab die Ausarbeitung eines Verfassungsentwurfs für eine europäische po­litische Gemeinschaft ist. traf am Montagnach- nrttag in Paris zusammen. Der 2flkönflge Aus­schuß wird sich unter seinem Vorsitzenden Dr. Heinrich von Brentano mit Teilent­würfen seiner vier Unterkommissionen für eine europäische Verfassung beschäftigen und sie zu einem Gesamtentwurf zusammenfassen.

Der Gesamtentwurf wird dann als Vorschlag des Verfassungsausschusces an das erweiterte Montanparlament in Straßburg weitergeleitet werden, das den Auftrag zur Ausarbeitung einer Europa-Verfassung hat. Die Tagung in Paris wird bis zum 2(1 Dezember dauern.

Innerhalb der Unterausschüsse besteht be­reits Einigkeit über gewisse Grundlinien der geplanten Europaverfassung. Es wurde vor­geschlagen. ein europäisches Parlament mit zwei Kammern zu schaffen, eine direkt ge­wählte Völkervertretung und einen Länder­senat.

Manteuffel: 100 Divisionen sind nötig

Der General über die Verteidigung Europas / Kampfin der Tiefe wäre sinnlos

NEUSS. Hundert mit den modernsten Waf­fen ausgerüstete Divisionen sind erforderlich, um die Front des Westens von Lübeck bis zur Adria bei einem sowjetischen Angriff auf Westeuropa erfolgreich zu verteidigen, er­klärte der frühere Panzergeneral Hasso von Manteuffel in einem Interview mit der Associated Press.

Manteuffel nach Ansicht von Militärex­perten einer der fähigsten Kommandeure der ehemaligen Wehrmacht betonte, daß die ge­planten 50 Nato-Divisionen nicht ausreichen, um Westeuropa gegen eine überraschende Aggression der Sowjets zu schützen.Der We­sten darf im Falle eines Krieges in Europa keinen Fuß breit Boden in der Bundesrepu­blik preisgeben. Das Gerede von der Verteidi­gung in der Tiefe ist angesichts unserer ex­ponierten Lage sinnlos.

Manteuffel versicherte, daß die genügende Zahl von Divisionen nur aufgestellt werden könne, wenn alle die europäischen Staaten, dieguten Willens sind, sich gegen den Bol­schewismus zu verteidigen dazu gehören auch Spanien und Jugoslawien größere An­strengungen machen als bisher.

Die geplanten 12 deutschen Divisionen für die Europaarmee reichen nach Manteuffels Ansichtnie und nimmer aus. Er bedauerte

überhaupt, daß der Plan für die Europaarmee von Politikern entworfen worden sei. Die Mi­litärs hätten dabei nur eine untergeordnete Rolle gespielt. Der. jetzige Plan seikeine ver­nünftige Lösung des militärischen Zusam­menschlusses in Westeuropa. Am besteh wäre es gewesen, wenn manrassereine Armeen nebeneinander gestellt hätte. Die Mindestfor­derung sei jedoch das nationale Korps.

Es dürfe niemals so weit kommen, daß grö­ßere Teile der Bundesrepublik aufgegeben würden.Die Angstpsychose und die Panik wären unvorstellbar. Die gesamten militäri­schen Operationen würden dadaurch behin­dert. Manteuffel betonte, daß von deutscher Seite zurzeit keine detaillierten Vorschläge zur Verteidigungsstrategie des Westens ge­macht werden.

Immer wieder forderte der Exgeneral eine Einigung in Westeuropa und die Schlichtung der Streitigkeiten zwischen den einzelnen Na­tionalstaaten, bei deneneinem manchmal übel werden kann". Er vertraue darauf, daß Präsident Eisenhower hierein Macht­wort reden werde. Er hoffe, daß Eisenhower im kommenden Frühiahr nach Europa komme, um ein für allemal den europäischen Zanke­reien ein Ende zu setzen.

Lobnstreik befoelesft

Erhöhung des Ecklohnes um acht Pfennig

FRANKFURT. Der Lohnstreik zwischen den Sozialpartnern des graphischen Gewerbes ist am Montagmorgen beigelegt worden. Es wurde ein bis zum 31. Dezember 1953 geltendes Ab­kommen über eine Erhöhung des tariflichen Lohnes um 4,7 Prozent vereinbart. Danach wird der Ecklohn künftig um rund acht Pfen­nig höher liegen als bisher. Die Gewerkschaft hatte 10 Pfennig gefordert. Die Hilfsarbeiter­

löhne sollen von bisher 80 auf 82.5 Prozent dos Facharbeiterlohnes heraufgesetzt werden. Bis zum 1. April nächsten Jahres soll auch die Ortsklasseneinteilung neu geregelt werden. Soweit Sondervereinbarungen zwischen Be­trieben des graphischen Gewerbes und den Gewerkschaften abgeschlossen wurden, die der ursDrün glichen Gewerkschaftsforderung nä­herkommen, sollen sie durch das neue Tarif­abkommen nicht berührt werden. Das Abkom­men tritt rückwirkend mit dem 13. Dezember in Kraft.

Kleine Weltchronik

Falsche Zehn-Mark-Scheine. Frankfurt. Die Bank deutscher Länder warnt vor falschen Zehn- Mark-Scheinen, die ln letzter Zeit in mehreren Bundesländern aufgetaucht sind. Die falschen Banknoten haben einen roten Nummernaufdruck. Ihr Papier ist weicher als das der echten Scheine.

Spezialwagen für die Einschienen-Bahn. Köln.

Die Entwicklung neuer Spezialfahrzeuge für die Einschienen-Bahn. die in der Lage sein sol­len, auf dem Laufbalken der Alweg-Bahn eben­so wie auf dem bisherigen Doppeigleis und auf der Straße zu fahren, hat der Leiter der Ver­kehrsbahn-Studiengesellschaft in Köln, Dr. Josef Hinsken, angekündigt.

Menzel stellt Strafantrag gegen Dehler. Bonn.

Der SPD-Bundestagsabgeordnete Dr. Menzel hat Strafantrag gegen Bundesjustizminister Dr. Dehler wegen Beleidigung gestellt. Dr. Dehler hatte dem Abgeordneten gegen Ende der zweiten Lesung der Vertrags werke im BundestagSie Schuft zugerufen. Der Justizmin ster hatte je­doch später erklärt, es habe ihm ferngelegen, die Ehre Dr. Menzels zu verletzen.

Ri ta-Hay worth-Gastspiel. Hamburg. Die amerikanischen Filmschauspieler Rita Hayworth, Bing Grosby und Bob Hope werden im Sommer kommenden Jahres nach den Londoner Krö­nungsfeierlichkeiten zu einer Wohltätigkeitsver­anstaltung in Hamburg erwartet.

Schiff brach im Sturm entzwei. Livorno. Ein Versorgungsschiff der amerikanischen Armee ist in einem schweren Sturm im Mittelmeer bei Li­vorno auf Grund gelaufen und in der Mitte aus­einandergebrochen. Von der 40köpfigen Besatzung konnte noch niemand an die Küste gebracht wer­den, da der Sturm bis jetzt alle Rettungsversuche unmöglich machte.

Streik in Island dauert an. Reykjavik. Der größte Streik, den Island je erlebt hat, scheint auch diese Woche noch anzudauem. Seit 14 Ta­gen liegen die Schiffe unbeladen in den Häfen und der Flughafen ist nach wie vor für Trans- atlantik-Flugzeuge gesperrt. Etwa 20 000 Arbeiter

sind im Ausstand, um eine löprozentige Lohn­erhöhung durchzusetzen.

Russell hat wieder geheiratet. London. Der britische Philosoph Bertrand Russell hat am Montag die amerikanische Schriftstellerin und Lehrerin Edith Finch geheiratet. Es ist die vierte Ehe des 80jährigen, die erste seiner 52jährigen Braut.

Arabische Protestnoten. Kairo. Die arabischen Staaten protestierten am Montag in gleichlauten­den Noten an Großbritannien dagegen, daß die britische UN-Delegation für die im Politischen Ausschuß der UN angenommene Palästina-Reso­lution gestimmt hat. In der Resolution werden die arabischen Staaten und Israel aufgefordert, direkte Verhandlungen zum Abschluß eines Frie­dens aufzunehmen.

Araber überfielen französischen Vorposten. Tu­nis. Bewaffnete Araber überfielen am Montag einen französischen Vorposten in der Nähe der libyschen Grenze. In einem heftigen Gefecht wur­den elf der Angreifer von französischen Soldaten getötet.

Streik um Frühstückspause. Khartum. Der gesamte Eisenbahnverkehr des Sudan ist stillge­legt, da 20 000 Eisenbahnarbeiter in einen drei­tägigen Streik getreten sind, um ihrer Forderung nach einer längeren Frühstückspause Nachdruck zu verleihen.

Kämpfe in Pakistan. Neu-Delhi. Der afgha­nische Boschafter in Neu-Delhi berichtete am Montag, daß im Nordwesten Pakistans schwere KämDfe zwischen pakistanischen Truppen und dem Stamm der Pachtunistani um einen Flugplatz im Gange seien. Die Aufständischen wollen einen unabhängigen Staat Pachtunistan gründen und werden in ihren Bestrebungen von Afghanistan unterstützt.

Die Stadt der Telefone. New York. Die Acht- Millionen-Stadt New York hat zurzeit 3 549323 Telefonanschlüsse, das sind mehr als in ganz Frankreich oder auf dem gesamten asiatischen Kontinent.

WIRTSCHA^l

DerSilberne Sonntag

Lebhafter Betrieb, große Umsätze

HAMBURG. Nach Meldungen aus den größe­ren Städten der Bundesrepublik war der Betrieb in den weihnachtlich geschmückten Geschäftsstra­ßen amSilbernen Sonntag noch größer als am vergangenen verkaufsoffenen Sonntag. Die Ge­schäftsleute sprechen übereinstimmend von gro­ßen Umsätzen, besonders in Bekleidung. Spiel- zeufe und Lederwaren. Aus Frankfurt wird be­richtet. daß der schwere Sturm, der am Samstag in der Frankfurter Innenstadt die verschwende­rische Weihnachtsdekoration bis auf bescheidene Reste weggefegt hatte, den verheißungsvollen Anlauf nicht hemmen konnte, den das Weih­nachtsgeschäft am Vorsonntag genommen hatte.

Gekauft wurden nicht nur die kleinen Artikel, sondern in den Textilhäusern auch sehr viel Großkonfektion wie Herren- und Damenmän­tel Anzüge und Kleider. Allgemein dürften die Umsätze die des vorjährigenSilbernen Sonn­tags" übertreffen.

Konsumgüterproduktion gestiegen

Umsatzerwartungen im November nicht erfüllt

MÜNCHEN. Die Produktion der Verbrauchsgü­terindustrie in der Bundesrepublik hat im No­vember einen Höchststand erreicht, meldet das IFO-Institutauf Grund einer Konjunkturtestbefra­gung der westdeutschen Industrie. Die Nachfrage habe in den vom Weihnachtsgeschäft besonders abhängigen Gruppen, mit Ausnahme der lederer­zeugenden und der Schuhindustrie, jedoch stark nachgelassen. Während im Leder- und Schuhsek­tor die Preise im ganzen steigende Tendenz auf­wiesen, herrschten in den übrigen Gruppen der Verbrauchsgüterindustrie stabile Preise.

Die Hoffnungen des Einzelhandels auf eine kräftige Umsatzsteigerung im November hätten sich nur zum kleinsten Teil erfüllt, be­richtet das Institut. Es wird angenommen, daß der Umsatzindex, der im Oktober auf 127 (1P49 = 100) stand, sich kaum veränderte. Im Inve­st i t i o n s güterbereich halte die unbefriedigen­de Nachfrage an. Einige Betriebe hätten deshalb bereits ihre Produktion einschränken oder eine Einschränkung vorsehen müssen

Der Volkswagenkonstruktionsprozeß

Landgericht Stuttgart zuständig

STUTTGART. Im Prozeß um die geistige Ur­heberschaft für die Anordnung des Triebwerks im Volkswagen hat sich das Landgericht Stutt­gart am Samstag für zuständig erklärt. Im Pro­zeß verlangt der Ingenieur Bela B a r e n y i. daß Horst M o e n n i c h die in seinem Buch .,Die Autostadt" auf gestellte Behauptung. Porsche selbst habe die Triebwerkanordnung im Volkswagen als erster konstruiert, in einer Reihe von füh­renden deutschen Motor- und Tageszeituneen widerrufen werde. Barenyi will in dem Verfah­ren bekanntlich den Beweis erbringen, daß er die im Volkswagen verwendete Anordnung des Triebwerkes schon Jahre vor Porsche entworfen habe: Moennich hatte die Zuständigkeit des Land­gerichts Stuttgart angezweifelt

Firmen und Unternehmungen STUTTGART. Daimler-Benz: Weder Kleinwagen noch neue Karosserieformen. Auf Anfrage teüt der Vorstand der Daimler-Benz AG. mit, daß die gegenwärtig umlaufenden Gerüchte über das baldige Erscheinen einer neuen Personenwagentype l, cd über neue KarosseWe^ormen nicht zutreffen ind jeder Grundlage entbehren. Das Unternehmen Wert darauf, zu erklären, daß es weder jetzt noch in naher Zukunft beabsichtige, mit einem Mer^e- des-Benz-Kleinwagen herauszukommen, daß auf der Internationalen Automobilausstellung 1953 in Frank­furt das heutige Pkw- und Lkw-Typenprog'-amm erscheinen wird, und daß selbstverständlich ein Haus vom Rang der Daimler-Benz AG. an de" Wei­terentwicklung seiner Fahrzeuge ständig arbeite.

Zur Information

Die Steinkohlenförderung behauptet ihren hohen Stand: in der Woche vom 8. bis 14. 12. wurden 2 593 033 t gegenüber 2 596 038 t in der Vor­woche gefördert; der arbeitstägliche Förderdurch­schnitt blieb mit 432 172 t nur geringfügig hinter dem Ergebnis der Vorwoche (432 673 t) zurück.

Die Weltbrotgetreideernte im Wirt- schaftsiahr 1952/53 wird vom US-Landwirtschaftsmi- nisterium auf 261 Mill. Shorttons (1 Shortton gleich 907.19 kg) veranschlagt: die letzte Rekordernte von 1936/39 erbrachte 248 Mill. Shorttons.

Die Kraftfahrzeugproduktion im No­vember wurde bei 24 Arbeitstagen mit 36 449 Einhei­ten (Vormonat 41 936 bei 27 Arbeitstagen) arbeits­täglich gehalten: nach der Stückzahl berechnet ist jedoch die Produktion um 13,1 Prozent zurückge­gangen.

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BNLVSrioeR ROMAN VON HANS V/AlTERSHAUStN.

Copyright by Vertag v. Oraberg & Görg, Wiesbaden (26. Fortsetzung)

Sie haben dabei ein Bild vorgezeigt, eine Aufnahme des fraglichen Indianers mit Fräu­lein Winter. Arm in Arm. Wie kamen Sie dazu?

Das Bild hat unser Sohn geschickt.

Der es von Fräulein Winter selbst erhalten hat. Zur Erinnerung an ein gemeinsam ver­brachtes Künstlerfest, an dem Fräulein Win­ter mit ihrer Freundin teilnahm. Der India­ner auf dem Bild ist die Freundin, die das seihst bestätigt hat.

So? Ja wissen's Herr Direktor, i bin vom Land, von so Sachen versteh' l nix. Aber ich sag' mir halt, wenn ein anständiges Fräulein als Indianer herumspringt, na, da denk i mir halt was

So? Es wäre aber besser gewesen, Sie hätten sich seinerzeit lieber etwas gedacht, statt die harmlose Angelegenheit eines Fa­schingsscherzes als gegebene Tatsache in die­ser entstellenden Weise weiter zu verbreiten.

Ja mei, da hab i mir nix dabei gedacht.

Vielleicht haben Sie aber dabei darauf spekuliert, daß sieb Frau Winter etwas den­ken soll?"

I hab - net spekuliert, verteidigte Frau Polz sich erregt.

Aber Sie haben die Gelegenheit wahrge­nommen. Ihre Tochter bei dieser Gelegen­heit herauszustreichen und in ein ungleich besseres Licht zu setzen, bemerkte der Rich­ter in immer noch mildem Tonfall.

Und warum net? Erstens ist sie meine Tochter, und zweitens hab ichs die Tante grad merken lassen, weil meine Vroni nie was bei ihr gegolten hat

So? Sie waren also von jeher nicht gut auf Fräulein Winter zu sprechen?

Ja mei, dös wird wohl auf Gegenseitigkeit beruhen

Sie sollen sie gelegentlich als alte Jung­fer bezeichnet haben?

Na. is sie das vielleicht net?

Fräulein Winter ist sechsundzwanzig Jahre alt. Wie alt waren Sie, Frau Polz, als Sie heirateten

Dös is lang her, dös weiß i nimmer.

So. Nehmen Sie bitte Platz.

Schnaufend ließ sich Frau Philomena nieder.

Weiter wurde die Köchin Theres vernom­men, die aus ihrem Herzen keine Mörder­grube machte Sie bekundete, daß die Ver­storbene jedesmalAch du lieber Gott!" ge­sagt habe, wenn die Polzsche Verwandtschaft angerückt sei, daß sie hingegen immer das Beste aus der Küche bestellt habe, wenn Fräulein Franzi zu Besuch gekommen sei. Und die Fräulein Franzi sei auch gleich am ersten Tage nach der Beerdigung gekommen und habe geweint; aber die Frau Polz habe sich Zeit gelassen und habe dann nur ein scheinheiliges Geschwätz vollführt.

Als sie darauf neben Frau Polz zu sitzen kam, rückte die scheinheilige Schwätzerin em­pört von ihr weg.

Der Arzt schließlich, über den Zustand der Verstorbenen zu fraglicher Zeit um Aeuße- rung gebeten hielt neben gesteigerter Emp­findlichkeit. geschwächter Urteilskraft und allgemeiner Schwäche auch eine zeitweilige Verstandestrübung für durchaus möglich. Das Urteil, das daraufhin gefällt wurde, über­raschte niemand mehr, nicht einmal Frau Polz, obwohl es sie schlimmer traf als Heinz.

Die Hand in der Hosentasche, die Akten unter den Arm geklemmt, verließ Doktor Thurner schmunzelnd den Saal.

Fräulein Mägerlein verschwand sehr schnell. Auch Theres drückte sich rasch, denn Frau Polz schwoll beängstigend rot an.

So! sagte sie zu Heinz.Da schaugens her! Wo nix is, kommt nix dazu, und wo schon a Haufen is. wirds noch draufgehäuft!

Heinz zuckte die SchulternEs war so schön gewesen, es hat nicht sollen sein.

Sagen S: wars denn net selber da, die Franzi, das Fräulein Franziska Winter Nein, sie hat sich entschuldigen lassen So. Natürlich, sie is zu vornehm, um sich auf dem Gericht herumzustreiten. Aber das Geld nimmt sie natürlich Und Sie? Was tun Sie jetzt

Oh sagte Heinz sehr gleichgültig,ich ziehe mich jetzt auf meine Güter zurück Ah machte Frau Polz voll ehrfürchtigem Staunen. Und plötzlich sah sie einen neuen Weg: Vroni als Gutsherrin 1

Also gelten S. Herr Walthari. beeilte sie sich zu versichernwir bleiben doch die alten? Besuchen S uns recht bald amal. gelt? Wir sind ja nur einfache Land'eute. aber wenn es thnen bei uns gefällt, sind Sie jeder­zeit herzlich willkommen. Besonders was meine Vroni betrifft Sie spricht halt alleweil von dem lieben Herrn Walthari und wies immer so lustig war.

Ja, Frau Polz. das ist mir auch unvergeß­lich

Frau Philomena strahlte über dieses bedeu­tungsvolle Geständnis und wunderte sich nicht im geringsten, daß sich Heinz daraufhin so eilig verabschiedete.

Heinz stiefelte trübselig durch die Stadt Prozeß verloren, kein Brief von ihr. der Dreißigste auf dem Kalender. Frau Hänptl ln Erwartung d^s Geldes, das man nicht besitzt Ult'mo auf der ganzen Linie. Schicksals­wendung en gros. Krise im Dauerzustand Aber warum hier herumschleichen? Ich werde nach Hause gehen und mit Frau HäuptI sprechen Sie ist zwar rauh, aber sie hat Ge­müt. sie wird mit sich reden lassen. Und Fräulein Throta wird schreiben, vielleicht hat sich die Angelegenheit nur verzögert. Morgen, womöglich noch heute, kommt sicher ein Brief, denn ich sollte ja morgen schon meinen Posten antreten Auf. nach Hause'

Als Heinz an das Haus kam. schwang sich gerade ein Depeschenbote auf das Rad und fuhr davon.

Sollte er? dachte Heinz Und von Hoffnung neu belebt, sprang er die Treppen hinauf.

Herr Walthari, rief ihm Frau HäuptI schon entgegen,ein Telegramm '

Ach. machte Heinz,endlich!

Ihm war plötzlich viel leichter.

Es war ein ungewöhnlich schwerwiegendes Telegramm Er riß es au f Eine telegraphische Anweisung auf hundert Mark nebst der Mit­teilung:Sofort kommen Cafä Seeblick Frau HäuptI. rief er lachend,ich ziehe aus 1

Was Frau Häuptli durchaus nicht zum Lachen fand.

.Sie gefallen mir! Und die Rechnung? Wird bezahlt Gleich hole ich das Geld von de- Post. Ich habe eine Anstellung!

.Jessas! So ein Glück! Na ja. wenns schon so is. aber leid tut mirs. daß Sie von mir Weg­gehen

Schon stürmte Heinz die Treppen hinunter. Zur Post. Zur Bahn Nach Hause, gepackt Schnaufend und lachend, pfeifend und be­geistert

Ein Anfang, ein neues Leben Eine Zukunft vielleicht ein Glück Das Glück 1 In ihrer Nähe zu sein, in ihrer allernächsten Nähe! Oh. das ist Glück, das ist d a s Glück'

Vielleicht sehe ich sie heute noch? I möchte ihr danken ihr die Hand drücken und sie gar nicht mehr loslassen Und Blumen werde ich ihr bringen. Rosen, die schönsten, die es gibt Eigentlich sollte Ich ja nie mehr Rosen verschenken, denn man weiß nie. wa» daraus entstehen kann' Aber was wird hier wohl Schlimmes zu erwarten sein Höchstens Schönes. Ersehntes das Schönste!

Und nun? Alles gepackt? Leb wohl, du Sor- genkammer, leb wohl, du armseliges Seifen­blättchen. du nützliches Lexikon, du aus- getrocknete Eau-de-Cologne-Flasche!

Leben Sie wohl Frau Haupt! treue Seele, rauhbauziges HausmOtterchen' Besuchen S!« mich einmal. Sie sollen einen Extra-Doppel" mokka bekommen'

Was Nein, nicht in Froschhausen, um Gottes willen' Ritte sehr ich bin jetzt Betriebs­leiter. Innenarchitekt. Außenarchitekt Orga­nisator und Geschäftsführer Auf Wieder­

sehen!?

(Schluß folgt)