MONTAG, 2 8. APRIL 1952

Dr. Maier: Regierungsbildung korrekt

Fortsetzung von Seite l

Bonner Koalitionspartnern der SPD-FDP hef­tige Reaktionen ausgelöst.

Bundeskanzler Adenauer erörterte noch am Freitag mit Vertretern der drei Koalitions­parteien CDU-FDP und DP die Lage im Süd­weststaat. Dabei kam auch die Frage der neuen Mehrheitsverhältnisse im Bundesrat zur Sprache. Der Vorsitzende der CDU-Bundes- tagsfraktion, v. Brentano, bezeichnete die FDP im Südweststaat alsSteigbügelhalter der SPD. Die CDU werde aus dieser Haltung die Aonsequenzen ziehen müssen. Die Unterstüt­zung von FDP-Kandidaten bei irgendwelchen Wahlen werde sich in Zukunftwohl ohne weiteres verbieten. Für die Regierungspolitik in Bonn ergebe sich eine neue Lage, da die bisherige Mehrheit im Bundesrat für die Poli­tik der Bundesregierung nicht mehr vorhan­den sei. Von seiten der Deutschen Partei (DP) wurde erklärt, die DVP habe siehwie häufig auch in der Vergangenheit, als ein verlänger­ter Arm der Sozialdemokratie erwiesen. Die Regierungsbildung im Südweststaat entspreche nicht dem klar geäußerten Willen der Wähler­schaft, die sich für die Politik der Bonner Koa­lition ausgesprochen habe.

Bonn: Tischtuch nicht zerschnitten

Maßgebliche CDU-Kreise stellten am Sams­tag in Bonn fest, daß durch die Bildung der SPD-DVP-Koalitionsregierung in Stuttgart das Tischtuch zwischen CDU und FDP auf Bundesebene nicht zerschnitten sei. Es komme jetzt darauf an, die staatsrechtlichen Zusam­menhänge im Hinblick auf die Stuttgarter Re­gierungsbildung durch den neugewählten Mi­nisterpräsidenten des Südweststaats, Dr. Rein­hold Maier, zu prüfen.

Der zweite FDP-Vorsitzende und Vizepräsi­dent des Bundestags, Dr. Hermann Schäfer, wandte sich am Samstag gegenvoreilige Pro­phezeiungen über die Haltung der neugeform­ten Südweststaatregierung und ihren Einfluß auf die Mehrheitsverhältnisse im Bundesrat. Er empfahl zunächst einmal abzuwarten.Ein Übergewicht landespolitischer Erwägungen, die sich weitgehend von der Erfahrungswelt in Bonn unterscheiden, habe die DVP/FDP veranlaßt, im neuen Bundesland eine kleine Koalition mit der SPD einzugehen. Bei der auffallenden Dramatisierung und Kritisierung dieses landespolitischen Vorganges müsse be­

dacht werden, daß vorausgegangene ähnliche Vorgänge in anderen Ländern,bei denen sich die FDP ihrerseits mehrfach schroffsten Af­fronts seitens einer Bonner Partei ausge­setzt sah, unerwähnt blieben. Er selbst habe noch am Donnerstag der DVP-Fraktion in Stuttgart dieBesorgnisse und schwerwiegen­den Bedenken des Bundesvorstandes der FDP zum Ausdruck gebracht.

Das Vorstandsmitglied der SPD, Fritz Heine, meinte, ausschlaggebend für die jetzige Lö­sung sei dieSturheit der CDU in der Kultur­politik gewesen. Hoffentlich werde sich die CDU jetzt der Verschiebung des Stimmenver­hältnisses bei den letzten Landtagswahlen be­wußt.Wir glauben, daß mit der jetzt gefun­denen Lösung die Voraussetzung für eine wirt­schaftliche und politische Gesundung dieses Gebietes gegeben ist. Gleichzeitig sei zu ver­

muten, daß sich die Stellung der SPD im Bun­desrat verstärken werde.

Wohieb: Letztes Wort noch nicht gesprochen

Staatspräsident Leo W o h 1 e b stellte am Samstag in Stuttgart fest, daß der Grundge­setzartikel 29 den Badenern noch eine Chance zur Wiederauflösung des neuen südwestdeut- schen Bundeslandes biete:Wir müssen aber schon vorher bestimmte Forderungen bezüg­lich der Verfassung stellen, wenn wir auch da­mit rechnen müssen, daß wir überstimmt wer­den. Vielleicht siege doch noch die Vernunft, nachdem die persönlichen Aspirationen befrie­digt seien. Die südbadische Regierung werde jedenfalls noch solange regieren, bis die neue Stuttgarter Regierung einen gesetzlichen Bo­den unter den Füßen habe. In Waldshut äußerte Wohieb am Freitag, er hoffe, daß auf lange Sicht gesehen das letzte Wort noch nicht gesprochen sei. Das badische Volkwerde auf­merksam verfolgen, was in Stuttgart vor sich gehe.

1952 - Jahr des deutschen Mittelstandes

Nahprogramm des Handwerkertages / Adenauer: Förderung des Handwerks

DÜSSELDORF. Der Präsident des Zentral­verbandes des deutschen Handwerks, Richard Uhlemeyer, hat gestern ein 11 Punkte um­fassendesNahprogramm 1952 verkündet, das die dringendsten Forderungen enthält, die rund 3,5 Millionen westdeutsche Handwerker an die Bundesbehörden stellen. Uhlemeyer sprach auf einer Großkundgebung in der überfüllten Düs­seldorfer Rheinhalle, die den ersten deutschen Handwerkertag nach 14 Jahren abschloß. Zn den 6000 Gästen zählten auch Bundeskanzler Dr. Adenauer, Bundesinnenminister Lehr, Bundesernährungsminister Niklas sowie Ministerpräsident Arnold.

Uhlemeyer verlangte in dem Programm, das Jahr 1952 müsse das erste Jahr des deutschen Mittelstandes werden. Das Hauptanliegen sei­nes Berufsstandes sei, daß der Bundestag mög- ichst bald eine einheitliche Handwerksordnung verabschiede, die den Großen Befähigungs­nachweis und die Abschaffung der unbe­schränkten Gewerbefreiheit in der amerikani­

schen Zone enthalte. Nachdrücklich setzte er sich dafür ein, daß die Bundesregierung jähr­lich 6 Millionen DM als Zuschüsse für die För­derung der Rationalisierung und der Ausfuhr handwerklicher Produkte bereitstelle. Weiter verlangte er eine stärkere Bekämpfung der Schwarzarbeit.

In einer Rede, in der er auf die kommenden Verträge mit dem Westen einging, betonte Bundeskanzler Dr. Adenauer, daß die Bundes­regierung das Handwerk und den Mittelstand nicht im Stich lassen werde. Er versprach eine nachdrückliche Unterstützung des Hand­werks durch die Bundesbehörden in der Kre­dit- und Rohstoffbeschaffung. Vorher hatte Bundesinnenminister Lehr ausgeführt, daß das Handwerk und der Mittelstand diebeste Ga­rantie gegen eine Radikalisierung des deut­schen Volkes seien. Die Bundesrepublik brauche heute einekontinuierliche Politik, die nicht von Hasardeuren und Abenteurern, son­dern von Menschen gemacht wird, die wirt­schaftlich denken.

Kleine Weltchronik

Sofortige Viererkonferenz

Forderung der europäischen Sozialisten BONN. Führende Sozialisten Englands, Frank­reichs und der Bundesrepublik haben sich ge­stern abend nach einer ganztägigen Tagung für die sofortige Abhaltung, einer Viererkon­ferenz mit der Sowjetunion über die Einheit Deutschlands ausgesprochen.

Der Vorsitzende des Parteivorstandes der Labourpartei, Hugh D a 11 o n, und der Gene­ralsekretär der französischen Sozialisten, Guy M o 11 e t, erklärten übereinstimmend auf einer Pressekonferenz, daß die letzten Sowjet­notensehr ernst zu nehmen seien. Dalton fügte hinzu, er bedauere, daßso viele Zeit be­reits nutzlos verstrichen sei. Allerdings erwi­derte er später auf die Frage, ob die Labour­partei mit einer gesamtdeutschen Regierung mit voller Entscheidungsfreiheit einverstan­den sei:Wir wären nicht sehr glücklich dar­über.

Die Konferenz wurde im Hauptquartier des SPD-Parteivorstandes in Bonn, unter Vorsitz des zweiten Parteivorsitzenden Erich Ollen- h a u e r, abgehalten.

Gefahr für den Südweststaat

Tübingen. Staatspräsident Dr. Gebhard Müller spricht heute abend ln Tübingen im Rittersaal des Schlosses Hohentübingen über das ThemaGefahr für den Südweststaat.

Nichts Neues über Sprengstoffattentäter. Mün­chen. Die Sonderkommission der Münchner Kriminalpolizei unter Leitung des Bonner Kri­minalrats Dr. Josef Ochs hat bisher rund 100 Verdächtige und über 1000 Mitteilungen aus al­len Kreisen der Bevölkerung überprüft, ohne in ihren Ermittlungen nach dem Täter des An­schlags auf den Bundeskanzler vom 27. März wesentlich vorangekommen zu sein.

Verfahren gegen Sprengstofflieferant. Verden. Die erste Große Strafkammer des Verdener Landgerichts hat das Verfahren gegen den Sprengmeister Kocy aus Nienburg eröffnet, der den Attentäter Halacz den Sprengstoff für die drei Bombenpakete gegeben haben soll. Kocy hat sich wegen Vergehens gegen das Spreng­stoffgesetz zu verantworten.

Tillmanns Vorsitzender der Berliner CDU. Berlin. Zum 1. Vorsitzenden der Berliner CDU wurde gestern auf dem Berliner CDU-Landes- parteitag Dr. Robert Tillmanns mit 110 gegen 5 Stimmen bei 7 Stimmenthaltungen gewählt.

Pinay kürzt Ausgaben. Paris. Die französi­sche Regierung hat mit den im Haushaltsplan vorgesehenen Einsparungen begonnen. Sie kürzte am Samstag die nichtmilitärischen Staatsausga­ben um rund 1,33 Milliarden DM. Die militäri­schen Ausgaben, die 35 Prozent des Gesamthaus­halts ausmachen, bleiben unberührt.

Eisenhower auf Abschieds tour. Luxemburg. General Eisenhower machte gestern seinen Ab­schiedsbesuch in Luxemburg. Er besichtigte 200 der insgesamt 2400 luxemburgischen Soldaten.

Neofaschisten in Italien. Rom. Die größte faschistische Kundgebung seit den Tagen Mus­

solinis hat gestern unter Beteiligung von etwa 50 000 Menschen in Rom stattgefunden, wo die Italienische Sozialbewegung (M.S.I.) der Re­gierung de Gasperi und den Kommunisten schärfsten Kampf ansagte. Parole warVertrei­bung der Vandalen vom Capitol.

Hochwasser im Po-Gebiet. Turin. Der seit drei Tagen anhaltende Regen im oberen Po-Ge­biet hat wieder die Gefahr von Überschwem­mungen heraufbeschworen. Der Po ist in seinem Oberlauf streckenweise zwei Meter über den Normalstand gestiegen.

Mussolinis Enkelin heiratet. Capri. Gräfin Edde Ciano, die Tochter Mussolinis, teilte am Wochenende mit, daß ihre 19jährige Tochter Rai- munda und der 23jährige Sandro Giunta aus Brasilien im Oktober heiraten und dann nach Brasilien übersiedeln werden. Giunta ist durch seine Mutter weitläufig mit der Familie Napo­leons verwandt.

Eritreas erstes Parlament. Asmara/Eritrea. In dem ehemaligen italienischen Gouverneurs­palast in Asmara wird heute das erste Parla­ment Eritreas zu seiner Eröffnungssitzung zu­sammentreten. Eritrea, einst italienische Kolonie, soll auf Beschluß der Vereinten Nationen als autonomer Staat bis zum 15. September 1952 eine Union mit Abessinien eingehen.

Hungersnot in Madras. Neu-Dehli. Der in­dische Staat Madras wird zurzeit von einer Hun­gersnot heimgesucht, unter der mindestens 10 Millionen Menschen zu leiden haben. Nach fünf­jährigem Ausbleiben der Sommermonsun-Regen liegen über 25 000 Quadratkilometer von Reis- und Getreidefeldern völlig brach.

Nicht von heute auf morgen

Prof. Erhard zur 40-Stunden-Woche

KÖLN. Die Forderung des DGB, die 40-Stun- den-Woche einzuführen, könnenicht von heut« auf morgen verwirklicht werden, erklärte Bun­deswirtschaftsminister Prof. Erhard am Sams­tag in seiner Eröffnungsrede derInternationa­len Photo- und Kino-Ausstellung 1952 (Photo- kina) in Köln.

Erhard betonte, daß es auch dasFernziel" seiner Wirtschaftspolitik sei, mit dem Aufwand von weniger Arbeitsleistung ein größeres Maß von Lebensfreiheit zu erreichen. Zum gegenwär­tigen Zeitpunkt gebe es aber nur einen Weg, um für die deutsche Bevölkerung einen höheren Lebensstandard zu ermöglichen: rationellere und intensive Arbeit.

Der Bundeswirtschaftsminister appellierte an die deutsche Wirtschaft,Mut zur Freiheit und auch zur Konjunktur aufzubringen und betonte, mit dem freien Wettbewerb, der Freiheit des Verbrauchs und der freien Konsumwahl stehe oder falle das Prinzip der Freiheit in einem de­mokratischen Staat überhaupt.Glücklicher­weise, saate Erhard, seien in der Bundesrepu­blik die Pläne gescheitert, den gehobenen Be­darf zu besteuern.

DieInternationale Photo- und Kinoausstel­lung 1952 in Köln bietet auf etwa 33 000 qm ge­decktem Messeraum einen umfassenden Überblick über den heutigen Stand der Photo- und Kino­technik in aller Welt. Insgesamt 335 Firmen sind mit einer Auswahl ihrer verschiedenartigsten Spitzenprodukte und Neuentwicklungen auf dem Gebiete der Photographie und den verwandten Zweigen vertreten, unter ihnen sämtliche deut­schen Weltfirmen und 67 namhafte ausländische Unternehmen, davon allein 37 aus den USA.

Europäischer Wirtschaftsraum

Blücher eröffnet technische Messe

HANNOVER. Vizekanzler Franz Blücher eröffnete am Sonntag ln Hannover die technische Messe als zweiten Teil derDeutschen Industrie­messe Hannover 1952. Der Vizekanzler setzte sich nachdrücklich für eineneinheitlichen Wirt­schaftsraum Europa als wesentliche Vorausset­zung für die Gesundung der Wirtschaft ein. In diesem Sinne sei die Messe ein Instrument zur Steigerung des gegenseitigen Verständnisses und der gegenseitigen Bereicherung.

Es sei falsch, sagte Blücher, in den deutschen Exportbemühungen eine Art Wirtschaftsimperia- lismus sehen zu wollen. Durch den Verlust sei­ner agrarischen Ostgebiete und durch den Zu­wachs an Heimatvertriebenen sei Deutschland zu einem vermehrten Import gezwungen und müsse folgerichtig auch einen höheren Export treiben. Außerdem sei es eine dringende Auf­gabe Deutschlands, seine verlorenen Märkte im Osten wieder zu erschließen. Eine der wichtig­sten Voraussetzungen für eine gesunde Entwick­lung der Wirtschaft ist nach Ansicht Blüchers die Liberalisierung.Ich bin mir aber mit meinem Kollegen Erhard völlig darin einig, saete der Vizekanzler,daß auf die Dauer die Liberali­sierung im europäischen Raum nicht genügt. Am Ende aller Bemühungen müsse d ; e freie Kon­vertibilität der Währungen als wirkliches Heil­mittel stehen.

Nach der Eröffnungsfeier überzeugte sich der Vizekanzler persönlich auf dem Messegeländ« von der Leistung der einzelnen Aussteller. Di« Messe ist von 2636 Ausstellern beschickt, davon sind 150 ausländische Firmen.

Zur Information

Der belgische Einzelhandels-Preisin­dex ist im April gegenüber dem Vormonat von 420,5 auf 416,4 gesunken. Der Preisindex beim Groß­handel fiel von 470 auf 457 in der gleichen Zeit.

Den Anschluß an die Weltmarkpreise für Wolle hat die deutsche Tuchindustrie nach Ansicht des Verbandes der Deutschen Tuch- und Kleider­stoffindustrie vollzogen.

Ein neues Handelsabkommen zwischen der Bundesrepublik und der Schweiz für die Zelt vom 1. April 1952 bis 31. März 1953 ist am Freitag unterzeichnet worden.

Der Produktionsindex der Industrie in der Bundesrepublik hat sich im März nach Cer win­terlichen Stagnation wieder etwas erhönt. Die In­dexziffer lag (1936 = 100) für März auf 137, gegen 131 Im Februar. Die Belebung Ist hauptsächlich dem Be­ginn der Bausaison zuzuschreiben.

Gegen die erste Investitionshllfezah- 1 u n g , die auf 2. Mai festgesetzt Is t, ha t der Deut­sche Industrie- und Handelstag (DIHT) Bedenken geäußert. Der DIHT tritt für Erleichterungen der Zahlungsbedingungen ein.

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16. Fortsetzung Nachdruck verboten.

Schade! bedauert Lux.Ich hätte so gern erlebt, wies weitergeht... daß sich ein Kon­sortium bildet, um dir Stunden geben zu lassen, daß dir einer vorgemacht, wie du singen sollst! Du hättest dich totgelacht. Wenn ich du gewesen wär... aber bei mix kommt leider keiner auf die Idee... und dann könnt* ich die Leut* nicht so herrlich hineinlegen wie du... bei mir war* es ja wirklich nötig! Hach! Sie stößt einen herz­zerbrechenden Seufzer aus.

Was war* nötig?

Daß mich einer entdeckt und mir unent­geltlich ein Studium ermöglicht.

Was für ein Studium?

Singen möcht* ich halt lernen... Wirklich? Donate horcht überrascht aut Ja, bist du denn musikalisch?

Ich weiß doch nicht? Lux zuckt verzwei­felt die Achseln.In der Schule und in der Kirche hab* ich mitgeplärrt, so laut ich konnte... ich fand es himmlisch... aber aonst... ich hab' doch keine Gelegenheit. Ja... jetzt fällt mir ein... der Franzi hat mir schon erzählt... komm doch mal mit.

Donate öffnet die Tür zu dem Zimmer, wo sie früher als halbwüchsiges Mädchen an dem großen Flügel saß und ihren Vater zu seinem Geigenspiel begleitete. Sie kommt nicht auf den Gedanken, daß in diesem Hause irgend etwas verändert sein könnte.

Aber statt des großen schwarzen Flügels stehen da nur sonderbare riesige Kisten.

Wo steht denn das Klavier jetzt? fragt sie mit einem suchenden Blick.

Das mögen die Götter wssen! sagt Lux dumpf und pathetischHier brütet Bine ihre Kücken und jungen Enten aus Das ist wich­tiger und einträglicher als Musik.

,Ist der Flügel... weg?

Ja... Lux macht eine große Geste.Den Weg alles Fleisches. . Sie lacht schon wie­der.Obgleich man das ja besser von dem Geflügel sagen kann als von dem Flügel. Er ist verkauft verschachert versilbert vertauscht in Brutkisten. Er war überflüssig.

Ach.., das ist aber schade... ein so schö­nes Instrument. Donate macht ein etwas rat­los verlegenes Gesicht Ja, schau, es hat doch keiner darauf ge­spielt Die Großen haben noch Klavierstunde gehabt weil es so dazu gehörte... aber sie mochten nicht üben, für sie war es nur eine Strafe... und mich hat kein Mensch gefragt ... und ich war auch noch zu klein um einen Willen zu äußern. Ich hab* geheult als der Flügel aus dem Haus kam, denn ich weiß heute noch, wie Ihr hier musiziert habt dein Vater und du, und ich hab ganz still in einer Ecke gehockt und die Töne über mich hin­brausen lassen wie eine warme Dusche. Das war eine so wundervolle Kindheitserinnerung für mich ... aber auch nicht mehr. Stunde hab Ich nie gehabt weils bei den drei andern doch so vergebene Liebesmüh war... Ich habe mich auch nicht danach gedrängt... und als ich so vernünftig war, daß es mir leid tat da war das Klavier halt schon fort

Dann müssen wir es eben so versuchen! entscheidet Donate. Komm! Sing mir mal nach. Sie gibt den Ton an. Dann Terz, die Quinte, die Oktave.

Die Lux singt ihr nach. Sauber und richtig, aber sie hält den Atem ein. Man hört den flatternden Herzschlag in dem zitternden Ton. Donate hat Geduld. Sie versucht es immer wieder, ohne viel dazwischen zu reden, bis die junge Stimme fester und stärker wird.

Was macht ihr denn hier? Der Franzi steckt den Kopf durch den TürspaltWollt ihr den jungen Enten das Singen beibringen? Wir wollen einen Schwan aus dem Entlein machen, lacht Donate.Auch wenn es nun nicht gerade ein häßliches junges Entlein ist! Du, weißt du eigentlich, daß deine kleine Schwester eine sehr, sehr nette Stimme hat?

Ach nein, wirklich? antwortete die Lux für ihn, außer Atem und mit einem glühenden Gesicht

Eine kräftige Stimme hat sie immer ge­habt! nickt der Franzi anerkennend.Darum hab Ich meine Schularbeiten so schlecht ge­macht weil sie Tag und Nacht gebrüllt hat kaum daß sie auf der Welt war.

Ach schwätz doch nicht... sag mir doch Im Ernst, meine liebste, beste einzige Donate ... glaubst du wirklich ... hab ich eine Stim­me? Kann man etwas damit anfangen? Du mußt es doch wissen 1 Ich will... Ich möchte ... Tag und Nacht will Ich arbeiten... wenn ich nur wüßte... ach, es wird ja doch nix. Sie fiebert, sie zittert Begeisterung und Enttäu­schung wechseln blitzschnell in dem lebendi­gen Gesicht

Wenn du ernstlich willst dann muß etwas daraus werden! sagt Donate.Gehör ist da, Stimme ist da... Sie lächelt etwas,und Temperament wird ja wohl auch genügend vorhanden sein... das Ist viel und es ist wenig. Es kommt darauf an, ob du die Kraft hast durchzuhalten. Ganz leicht ist es nicht Ich habe jahrelang nur für mein Studium gelebt Keinen Gedanken an etwas anderes verschwendet Enttäuschung gehabt Rück­schläge, verzweifelt bin ich manchmal fast Aber aufgegeben hab ichs nicht. Siehst du Anlagen gabs mehr als man denkt. Viele kom­men nicht zur geringsten Ausbildung. Aber fast noch mehr bleiben auf halbem Wege liegen. Einesteils weil man vorher nie genau sagen kann, wie weit eine Stimme entwick­lungsfähig ist... aber andernteils auch, weils nicht schnell genug geht, weil die Arbeit zu streng ist, weil die Studierenden die Lust verlieren.

Nein! Die Lux schüttelt heftig den Kopt Dafür kann ich einstehen! Da gibts nix. Blöde Liebesgeschichten etwa ... oder sonst was. Hat gar keinen Reiz für mich!

Schau mal an! Eine Sekunde schließt Do­nate lächelnd die Augen.Und das weißt du so bestimmt? Du glückliches Kind! Aber was

machen wir denn nun mit dir? Wir müssen einen Familienrat einberufen I

Der Familienrat äußert sich auf sehr ver­schiedene Weise zu der aufregenden Eröff­nung.

Die Mammina ist begeistert, erschüttert, beseligt. Ihre schönen dunklen Augen strahlen so wundergläubig wie nur je.

Das Kind soll eine Stimme haben? Oh Do­nate, glaubst du das wirklich? Sie wird Sän­gerin werden... ich habe meinen Kindern so viel gute Wünsche mitgegeben... so leiden­schaftlich gewünscht, daß eines ein ganz gro­ßes Genie werden möchte... sie waren alle nur lieb und klug und schön.

Mammina, Mammina! warnt Bine.Über­treibst du nicht ein bissei? - Ach nein, das waren sie. Aber von einer großen Begabung war nichts zu spüren. Und nun doch! Oh, sie muß ausgebildet werdenl Ich habe noch einigen Schmuck... die Ohr­ringe mit den Saphiren von meiner Mama ... wißt ihr? Wir werden sie verkaufen.

Wir verkaufen alles! schlägt der Franzi vor.Alles, was nicht niet- und nagelfest ist... und das Niet- und Nagelfeste natürlich auch. Und dann ziehen wir mit unsrer großen Sängerin durch die Welt Mich engagierst du als Chauffeur, gelt? Ich kann auch Silber putzen und mit weißen Handschuhen servie­ren. Die Bine führt deinen Haushalt die Mammina wird Kammerfrau oder machen wir sie besser zum Reklamechef? Sie hat ent­schiedene Begabung dafür Die Annie reprä­sentiert bei deinen Empfängen .

Mach keine Witze! sagt die Bine ärger­lich.Du sagst so etwas im Scherz, aber es steckt ein Funken Ernst dahinter und die Mammina redet schon vom Verkaufen! Baut bloß nicht schon wieder Luftschlösser bitte, bitte, red ihnen nix ein, Donerl, du kennst meine Kinder hier nicht! Sie sind imstand, einem Phantom nachzujagen und dafür alles aufs Spiel zu setzen alles oder das bissei, das man noch hat!

Fortsetzung folgt