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FREITAG, 2 4. AUGUST 1051

Afrikanische Verteidigung

Koordinierung des Transports

NAIROBI (Kenia). Die gegenwärtig in Nai­robi tagende afrikanische Verteidigungskon- ferenz hat eine Tagesordnung angenommen und eine Reihe von Unterausschüssen, solche für Luft-, Land- und Seeverkehr, sowie für Post- und Nachrichtenverbindungen gebildet Die von Großbritannien und der Südafrikani­schen Union angeregte Konferenz wurde am Dienstag durch den Gouverneur von Kenia, Sir Philipp Mitchell, eröffnet. An ihr neh­men außer den genannten Ländern Frank­reich, Italien, Portugal, Belgien, Abessinien und Südrhodesien teil. Nur Ägypten hat als einziges afrikanisches Land die Einladung ab­gelehnt..

Aufgabe der Konferenz ist die Ausarbeitung eines gemeinsamen Transport- und Nachrich­tensystems für den Kriegsfall. Strategische Fragen sollen nicht erörtert werden. Lissa- boner politische Kreise rechnen damit, daß ein Afrikanischer Verteidigungsrat gebildet wird.

Indien nach San Franzisko

Peking nimmt den Mund voll

WASHINGTON. Indien werde an der am 4. September in San Franzisko beginnenden Konferenz über den Friedensvertrag mit Ja­pan teilnehmen, verlautete am Mittwoch aus Kreisen der Vereinten Nationen. Der indische Botschafter in den Vereinigten Staaten, Neh- rus Schwester Vijayalakshmi Pandit, wird wahrscheinlich die indische Delegation führen. Kreise der indischen UN-Delegation betonen jedoch, daß die Teilnahme an der Konferenz nicht eine Änderung des indischen Standpunk­tes zu dem Vertragsentwurf bedeute.

Der Sender Peking verbreitete am Mittwoch einen offenen Brief an das japanische Volk, in dem darauf hingewiesen wird, daß die Miß­achtung der Sowjetunion und der chinesischen Volksrepublik beim Abschluß des Japanver­trags einer Kriegserklärung an beide Länder durch Japan gleichkomme. Das Zentralorgan der tschechoslowakischen KP,Rüde Pravo, bemerkte,der amerikanische Vorschlag zum Friedensvertrag mit Japan stellt eine grobe Verletzung der Kairoer Erklärung sowie der ebenfalls von den USA Unterzeichneten Ab­kommen von Jalta und Potsdam dar. Die Ziele der amerikanischen Vorschläge sind klar, Dul- les und seine Herren wollen zu den uneinge­schränkten Herrschern Japans und seiner frü­heren Besitzungen werden.

Proteste gegen Kerenskij

Das Schicksal sowjetischer Deserteure

MÜNCHEN. Vertreter russischer Emigran­tenorganisationen kündigten am Mittwoch in München öffentliche Proteste gegen die Bil­dung desBefreiungsrats der Völker Ruß­lands durch den ehemaligen russischen Mini­sterpräsidenten Alexander Kerenskij an. Kerenskij habe die Mehrzahl der Emigranten überhaupt nicht gefragt und nur kleine Grup­pen in Stuttgart zu Rate gezogen. Hinter den fünf Gruppen desBefreiungsrats ständen nicht mehr als hundert Mitglieder. Bezeich­nend sei, daß sich Kerenskij in München, der Metropole der russischen Emigration, nicht an die Öffentlichkeit gewagt habe. In Stutt­gart hättenzwölf Leute Geschichte machen wollen.

Zahlreiche Angehörige der Roten Armee hätten schon seit langem mit dem Kommunis­mus gebrochen, würden aber von der Flucht nach dem Westen abgehalten, weil sie keine Möglichkeit sehen, in der freien Welt Fuß zu fassen, erklärte der ehemalige Major in der Sowjetischen Militäradministration in Karls­horst, Grigory Klimow, am Mittwoch in einer Pressekonferenz in Westberlin. Zum Teil seien Flüchtlinge der Roten Armee von den westlichen Besatzungsbehörden wieder an die Sowjets ausgeliefert und nach zuverlässigen Berichten vor den Augen ihrer Kameraden erschossen worden, führte Klimow, der

J etzt Vorsitzender der Vereinigung sowjetischer 'lüchtlinge der Nachkriegszeit ist, weiter aus.

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IM NECKARTAL

Bin fröhlicher Roman von Else Jung

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Copyright by Verlag Bechthold

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Thilos verträumtes Märchenspiel hatte ihr anfänglich gefallen, später hatte es sie nach­denklich und an seiner ernsthaften Zuneigung zweifeln gemacht. Sie hatte ihn auf die Probe stellen wollen, und aus diesem Grunde war Sie heimlich ausgekniffen.

Wenn er mich liebt, dann soll er mich suchen.

Verrückt so etwas I

Es war gewöhnlich nicht Isas Art, erhaltene Briefe umgehend zu beantworten.

Heute tat sie es.

Es war notwendig, den niedergedrückten Bruder auf andere Gedanken zu bringen. Er sollte erst einmal Zusehen, daß er in seinem Beruf weiterkäme! Er sollte in seiner Freizeit nicht soviel an Imma denken, sondern sich hinsetzen und arbeiten. Weben sollte er ler­nen, und das gründlich, von der Pike auf.

Isa erinnerte sich, daß Thilo während sei­ner Ausbildungszeit auf allen Gebieten des Kunsthandwerks praktisch gearbeitet hatte. Br hatte sich für den Beruf des Kunstge­werblers verhältnismäßig spät entschlossen, nachdem er fünf Semester Kunstgeschichte und Archäologie studiert hatte. Des Vaters plötzlicher Tod und die Notwendigkeit, rasch ln eine bezahlte Stellung hineinzukommen, hatte seine ursprünglichen Pläne umgestoßen. Pie erste, und nicht gerade die beste Gelegen­heit, sich sein Brot selber zu verdienen, hatte Gin die Stellung bei Hoppe & Borrmann an­nehmen lassen. Sie war ihm immer zuwider gewesen, und seine Tätigkeit bei Wörth &

Adenauer: Gleichberechtigung bis 1952

Zuversichtliche Rundfunkrede des Kanzlers / Währung bleibt stabil

BONN. Bundeskanzler Dr. Adenauer sprach über den bayrischen Rundfunk die Hoffnung aus, daß die deutsche Gleichberech­tigung in allen lebenswichtigen Fragen im Laufe des Herbstes und Winters herbeige­führt werde.Ich glaube, daß das nächste halbe Jahr uns auf allen innen- und außen­politischen Gebieten ein erhebliches Stück wei­terbringen wird."

In einem Überblick über die außenpolitische Entwicklung sagte Dr. Adenauer, die Vorver­handlungen über die Ablösung des Besat­zungsstatuts durch neue zweiseitige Verträge seien schon weit gediehen und die ursprüng­lich vorhandenen Gegensätze über einen deut­schen Verteidigungsbeitrag weitgehend über­brückt. Er setzte sich erneut für eine schnelle Ratifizierung des Schumanplanes ein, der die Bundesrepublik von den Bindungen freima­chen werde, die ihr die Ruhrbehörde noch auferlege. Bei den Besatzungskosten werde seiner Meinung nach eine für beide Seiten tragbare Form gefunden werden. Die Alliier­ten müßten anerkennen, daß die Erfüllung der sozialen Verpflichtungen durch die Bun­desrepublik ebenso wie ein Verteidigungsbei­trag eine wesentliche Leistung zur Erhaltung des Friedens darstelle.

Der Kanzler betonte, daß die bestehende Bonner Regierungskoalition zwischen CDU/ CSU, FDP und DP nicht zerfallen werde. Er bedauerte die erneute Ablehnung des SPD- Vorsitzenden Dr. Schumacher, mit der Bundesregierung in außenpolitischen Fragen zusammenzuwirken. Diese Ablehnung belaste die deutsche Politik. Adenauer versicherte, daß die Bundesregierung die Stabilität der deut­schen Währung unter allen Umständen halten und auch um die Stabilität der Preise und Löhne bemüht sein werde. Dafür sei eine gute Zusammenarbeit mit den großen Wirt­schaftsorganisationen, zu denen selbstver­ständlich auch die Gewerkschaften gehörten, notwendig.

Das Zusammenwirken der staatstragenden Kräfte sei auch zur Überwindung des zum Teil künstlich inszenierten Rechtsradikalis­mus erforderlich. Dr. Adenauer nannte als neue rechtsradikale Gruppe neben der soziali­stischen Reichspartei von Remer das kürzlich in Hamburg gegründete sogenannteFrei­korps Deutschland, das sich offen zum 25- Punkte-Programm der Nationalsozialisten be­kenne. Die Bundesregierung sei fest entschlos­sen, Bestrebungen dieser Art nicht aufkom- men zu lassen.

Bundesrepublik war kompromißbereit

Blücher begründet seinen Austritt aus der Ruhrbehörde

BONN. Vizekanzler Franz Blücher ver­wahrte sich am Mittwoch scharf gegen Vor­würfe der ausländischen Presse, in denen zum Ausdruck kam, daß ein Kompromiß der Ruhr­behördeauf der Basis einer Exportquote von 5,7 Millionen Tonnen an seinem Wider­stand und an seinerAlles-oder-Nichts-Hal- tung gescheitert sei.

Bei den Verhandlungen über den Kohlen­export für das dritte Quartal, sagte Blücher, habe er auf eigene Verantwortung angeboten, den deutschen Antrag zu ändern, der eine Sen­kung der Exportquote um eine Million Tonnen zum Ziele hatte. In dem Wunsch zu einer ein­stimmigen Lösung zu kommen, habe die deut­sche Delegation auch bei der Festsetzung der Exportquote für das vierte Quartal unter Auf­rechterhaltung ihrer grundsätzlichen Ziele

5,7 Millionen t vorgeschlagen und dabei er­klärt, daß sie für 6 Millionen t nicht stimmen könne. Die Entscheidung der Ruhrbehörde sei daraufhin mit 6,2 Millionen t gegen die Stim­men der Bundesrepublik getroffen worden.

Blücher wandte sich auch gegen die Vor­würfe, nach denen dem deutschen Volk ver­schwiegen werde, daß auch in anderen Län­dern Kohlenknapphet bestehe. Der Vizekanz­ler betonte, er habe immer wieder vor der deutschen Öffentlichkeit darauf hingewiesen, daß die gegenwärtige Kohlenknappheit ein europäisches Problem sei. Aus dieser Einstel­lung habe er auch der Ruhrbehörde Möglich­keiten für die Lösung des Mengen-, Sorten-, Preis- und Transportproblems vorgeschlagen, das durch den Import amerikanischer Kohle nach Europa entstanden sei.

Kleine Weltchronik

STUTTGART. In letzter Minute ist am Mitt­woch die Streikgefahr in der Milchwirtschaft Nord- und Südwürttembergs beigelegt worden. Beide Tarifpartner vereinbarten bis zum 30. Sep­tember eine Ubergangsregelung. Nach ihr soll bis zum 15. Oktober eine tarifliche Neuordnung angestrebt werden.

STUTTGART. Der Finanzausschuß des würt­temberg-badischen Landtags genehmigte einen Beschluß der Landesregierung, nach der das Land vorerst 25 Prozent seines Aufkommens der Ein­kommen- und Körperschaftssteuer an den Bund abführen wird.

MÜNCHEN. Nach mehrstündiger hitziger De­batte stimmte der Kulturpolitische Ausschuß des bayerischen Landtags mit 14 gegen 13 Stimmen bei einer Enthaltung für die Beibehaltung der körperlichen Züchtigung an bayerischen Schulen. SPD, FDP und BHE stimmten für die Abschaf­fung, während sich die CSU und Bayern-Partei für die Beibehaltung aussprachen.

BONN. Der französische Hohe Kommissar Fran- gois-Poncet fuhr gestern nach Paris, um Außen­minister Robert Schuman über sein Gespräch mit Bundeskanzler Dr. Adenauer zu berichten. Am Mittwoch empfing der Bundeskanzler den französischen Hohen Kommissar und unterhielt sich mit ihm über laufende deutsch-französische Probleme.

BONN. Die zwischen dem Bundeskanzler und dem Vorstand des Deutschen Gewerkschaftsbun­des auf dem Bürgenstock begonnenen Bespre­chungen sollen ln der kommenden Woche in

Bonn fortgesetzt werden, wie aus Regierungs­kreisen verlautet.

LÜNEBURG. Der zweite Senat des niedersäch­sischen Oberverwaltungsgerichtes bezeichnet am Mittwoch in einer Entscheidung' die alliierten Kriegsverbrecherurteile als für Deutschland nicht rechtsverbindlich, wenn in ihnen die deutsche Rechtsauffassung und die Grundsätze des deut­schen Rechts nicht beachtet worden seien.

BREMEN. Wie der Fraktionsführer der Deut­schen Partei in Bremen, Herbert Schneider, an­kündigte, wird seine Partei demnächst in allen Länderparlamenten einen Gesetzesentwurf ein- bringen, der die Wiederherstellung aller Rechte der durch die Entnazifizierung benachteiligten Personen sowie die Vernichtung aller Entnazifl- zierungsakten festlegen soll.

BERLIN. Die in Berlin tagende Delegierten­konferenz des Verbandes deutscher Studenten­schaften beschloß, auch die letzten fachlichen und sportlichen Beziehungen mit den Universitäten der Sowjetzone abzubrechen. Unbeeinflußt von diesem Beschluß sollen freiheitlich gesinnte Stu­denten und Professoren in Ostdeutschland wie bisher unterstützt werden.

WASHINGTON. Außenminister Acheson gab auf einer Pressekonferenz bekannt, daß der ita­lienische Ministerpräsident de Gasperi eine Ein­ladung der amerikanischen Regierung angenom­men hat, nach der Konferenz von Ottawa zu Be­sprechungen über die Revision des italienischen Friedensvertrags nach Washington zu kommen.

Co. in Darmstadt würde ihn auch nicht lange befriedigen.

Isa schrieb sich alles, was sie so dachte, vom Herzen und riet Thilo, sich unter der Hand nach einer anderen Stellung umzu­schauen.

Sieh zu, daß du sie findest, und nütze un­terdessen jede sich bietende Möglichkeit aus, dich praktisch weiterzubilden, ermahnte sie ihn schwesterlich.Imma hat mir einmal ge­sagt, sie sei überzeugt, daß der Webstuhl das gegebene Instrument für dich sei. Probiere es doch einmal, lieber Junge! Schließlich muß Imma es ja wissen, da sie selber an einem Webstuhl sitzt.

Fertig!

So viel durfte sie, ohne Gewissensbisse ha­ben zu müssen, von Immas Geheimnis ver­raten. Es würde Thilo ein Ansporn sein.

*

In der Messestadt Leipzig kribbelte es wie in einem Ameisenhaufen. Reklameschilder wehten über allen Straßen und schrien bunt und grell von den Häuserfronten. Reklame­männer, sonderbar verkleidet und vermummt, riesengroße Schilder tragend, marschierten durch die Stadt. Die Menschen stießen und drängten sich, und in den hohen Messehallen war kaum durchzukommen.

Jeden Abend, wenn der Strom der Schau­lustigen verebbte, wenn die Stände von den einkaufenden Kunden verlassen wurden und es sich auch am Ausstellungsstand der Nek- kartaler Kunsthandwerkstätten lichtete, sank Imma todmüde auf das kleine Sofa im Hin­tergrund der von drei Wänden umgebenen Box. Daß Muschi nach einem solchen Tag noch fähig war, einen vernünftigen Gedan­ken zu fassen oder ein Wort zu sprechen, war ihr unbegreiflich.

Die Mutter schüttelte den Kopf.

Sie spürte keine Müdigkeit. Ihre Gedanken arbeiteten präzise wie ein Uhrwerk, und wenn die Füße vom langen Stehen ein wenig brann­

ten und schmerzten, so war das kein Wunder. Es hatte sich wenigstens gelohnt, und die Schinderei, wie Imma es nannte, hatte eine erfreulich große Menge guter Bestellungen aus dem In- und Auslande eingetragen. Es gab für den Betrieb wieder Arbeit in Fülle.

Angelika Lorentzen hatte mit Kunden und Vertretern verhandelt, und die hübsche, tem­peramentvolle Frau mit den dunklen Augen und Haaren hatte die Huldigungen der Män­ner mit der Miene einer gnadenausteilenden Königin entgegengenommen. Sie verstand es meisterhaft, das Geschäftliche mit dem Reiz ihrer in sich gefestigten Persönlichkeit zu ver­binden, und Imma hatte sehr oft Gelegen­heit gehabt, die Macht der Bezauberung an­zustaunen, die von der Mutter ausstrahlte, und der jeder verfiel, der den Messestand be­trat. Daß es auch Frauen waren, die ihrer herzgewinnenden Art erlagen, wunderte Im­ma am meisten.

Während die Mutter, leise vor sich hin­summend, aufräumte: Decken, Vorhänge und Kissen zusammenlegte, die Schmuckgegen­stände in eine Kassette schloß, die Bücher mit den schönen Lederrücken und Einbänden ln ihre Schutzhüllen steckte, die Töpferwaren, Keramikvasen und -schalen auf den Borden neu ordnete, dachte Imma an den Berliner Vertreter, der heute, wie an allen Tagen, mehrere Stunden in Muschis Nähe zugebracht hatte. Hier, auf dem Sofa, hatte er gesessen, und seine ernsten klugen Augen waren An­gelika Lorentzen überallhin gefolgt.

Ob Muschi noch nicht gemerkt hatte, wie es um Herrn Arnulf stand?

Sie konnte es nicht glauben. Muschi merkte doch alles, wenn auch die achtungsvolle Zu­rückhaltung, die Herr Arnulf übte, es einer Frau nicht gerade leicht machte, den Ernst und die Eindringlichkeit seiner stillen Wer­bung zu erraten.

Vielleicht wollte die Mutter es nicht mer­ken?

USA-Auslandshufe gekürzt

Auf 7,5 Milliarden

WASHINGTON. Der Außenpolitische und der Militärausschuß des USA-Senats stimmten am Mittwoch auf einer Geheimsitzung für die Kürzung des von Präsident T r u m a n gefor­derten Auslandshilfsprogrammes von 8,5 Mil­liarden Dollar um etwa eine Milliarde. Einer der teilnehmenden Senatoren berichtete, die Ausschüsse hätte sich für eine Kürzung der Wirtschaftshilfe um 660 Millionen und der Militärhilfe um 350 Millionen Dollar ausge­sprochen.

Klärung in Washington

Der deutsche Verteidigungsbeitrag

WASHINGTON. Außenminister Acheson hofft, schon auf der für den 10. September geplanten Außenministerkonferenz in Washing­ton ein Dreimächte-Abkommen über den deut­schen Verteidigungsbeitrag mit Frankreich und England zu erzielen, um dieses der unmittel­bar anschließenden Atlantikpaktkonferenz in Ottawa vorlegen zu können, wird aus der ame­rikanischen Hauptstadt bekannt.

Acheson hat vorgeschlagen, die alliierten Hohen Kommissare in Deutschland zu den Verhandlungen nach Washington zu berufen. Hauptverhandlungspunkt wird die zahlen­mäßige Größe der deutschen militärischen Verbände sein. Als nächstwichtiges Verhand­lungsthema wird dieGewährung größerer Freiheit für die Bundesrepublik in allgemei­nen politischen und außenpolitischen Ange­legenheiten genannt.

Deutsche Fremdenlegionäre

Intervention der Bundesregierung

BONN. Die Bundesregierung hat bei der Alliierten Hohen Kommission gegen die Ver­haftung von vier deutschen Fremdenlegionä­ren in Westberlin interveniert. Am 22. und 23. Juni wurden auf Ersuchen der französischen Behörden im britischen Sektor Berlins durch Westberliner Polizei vier deutsche Fremden­legionäre verhaftet, die bei den Kämpfen in Indochina in Gefangenschaft der Kommuni­sten geraten und in die Sowjetzone gebracht worden sind, von wo sie nach Westberlin flo­hen. Nach ihrer Einlieferung in das französi­sche Militärgefängnis Landau (Pfalz) wurden sie wegen Fahnenflucht zu Freiheitsstrafen verurteilt und stehen jetzt vor dem erneuten Abtransport nach Afrika.

Die Westberliner Kampfgruppe gegen Un­menschlichkeit hat bei der Bundesregierung Rechtsschutz und einen Verteidiger auf Staats­kosten für die ehemaligen Fremdenlegionäre beantragt. Einer der Legionäre hatte noch nicht das vorgeschriebene 18. Lebensjahr er­reicht, als er seine Verpflichtung für die Frem­denlegion unterschrieb, bei einem anderen ist seine fünfjährige Verpflichtungsdauer im Fe­bruar abgelaufen. Die Legionäre hätten nicht nur als Deutsche, sondern auch als Menschen, die in den Wirren der Nachkriegszeit keinen anderen Ausweg als die Fremdenlegion zu sehen glaubten, ein moralisches Anrecht auf nationalen Schutz.

Der 12. September

Nationaler Gedenktag des Volkes

BONN. Der 12. September, der Tag der Wahl des Bundespräsidenten im Jahre 1949, ist nun­mehr endgültig zumNationalen Gedenktag des deutschen Volkes bestimmt worden. Durch eine besondere Veranstaltung im Plenarsaal des Bundestages werde die Bundesregierung derBedeutung der Wiederherstellung der de­mokratischen Ordnung durch das Grundge­setz gedenken, heißt es in einer Mitteilung aus Bonn. Abweichend vom Vorjahr soll die Ehrung der Kriegsopfer einer besonderen Feierstunde an einem anderen Tage Vorbehal­ten werden. Die Bundesregierung hat den In­nenministern der Länder empfohlen, den Na­tionalen Gedenktag durch entsprechende Ver­anstaltungen zu begehen und allgemeine Be- flaggung anzuordnen.

Imma seufzte.

Es war doch manchmal sehr schwer, mit Muschi zu reden, und das frühere vertraute Verhältnis, das Mutter und Tochter verbun­den hatte, war seit Immas Rückkehr zwischen ihnen noch nicht wiederhergestellt.

Wie gern hätte sie von Thilo gesprochen, aber sie fand einfach nicht den Mut dazu. Wenn sie nur wüßte, wie das weitergehen sollte? Es könnte doch sein, daß Thilo eines Tages käme und ahnungslos von der gemein­sam verlebten Ferienwoche am Rhein zu er­zählen begänne.

Als sie von Hause weggefahren waren, hatte Imma gehofft, während ihres Aufenthaltes in Leipzig der Mutter ihre Herzensnöte anver­trauen zu können, aber daraus war nichts ge­worden.

Angelikas Betriebsamkeit hatte sich in die­sen anstrengenden und sie ganz beanspruchen­den Tagen noch erhöht. Sie nahm sich kaum Zeit zu den in Hast hinuntergeschluckten Mahlzeiten, und am Abend besuchte sie in Begleitung ihrer Vertreter oder Kunden Theater, Kabaretts oder eine Bar. Zweimal war Imma mitgegangen, dann hatte sie ge­streikt.

Ich verstehe nicht, wie du das aushältst, Muschi, wann schläfst du eigentlich? hatte sie gefragt.

Ausschlafen könne sie daheim genug, war die lachende Antwort gewesen. Sie sei ja noch jung, oder glaube Imma etwa, daß sie kein Recht mehr habe, ihr Leben zu genießen?

O nein, gewiß nicht!

Muschi im großen Abendkleid und seiden­gefüttertem Cape strafte ihre fünfundvierzig Jahre Lügen. Ihre dunklen Augen blitzten vor Lebenslust, und ihr schöner, leicht rot gefärb­ter Mund lächelte verführerisch. Es war gu* und beruhigend, zu wissen, daß Herr Arnulf bei diesen abendlichen Ausgängen nicht von ihrer Seite wich.

(Fortsetzung folgt)