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NUMMER 109

MONTAG, 16. JULI 1951

Aufgliederung der Verwaltung

Staatspräsident Dr. Müller auf dem CDU-Parteitag in Stuttgart

STUTTGART. Auf dem Landesparteitag der CDU von Nordwürttemberg vertrat Staatsprä­sident Dr. Gebhard Müller am Samstag er­neut die Ansicht, daß die Klage Badens vor dem Bundesverfassungsgericht gegen die Bun­desgesetze über die Volksabstimmung in Süd­westdeutschland sowie über die Verlängerung der Landtagsperioden in Württemberg-Hohen- zollem und Südbaden kein Hindernis für die auf den 16. September 1951 festgesetzte Volks­abstimmung sei.

Die Volksabstimmung könne die Klage Ba­dens in zwei Fällen bereits gegenstandslos machen: wenn nämlich in den Grenzen der al­ten Länder Baden und Württemberg jeweils eine Mehrheit für den Südweststaat sei, oder wenn sich eine Mehrheit für eine Wiederher­stellung der alten Länder ergebe. Da die Wahl der Richter des Bundesverfassungsgerichts auf 4. September verschoben sei, könne die Klage Südbadens nicht mehr vor dem Abstimmungs­termin entschieden werden.

Für den Fall, daß das Bundesverfassungs­gericht den von Baden angegriffenen Abstim­mungsmodus Mehrheit der Stimmen im Ge­samtgebiet und in mindestens drei Landes­bezirken als unvereinbar mit dem Grund­gesetz erklären sollte, werde eine Gegenklage gegen den badischen Vorschlag Abstimmung und Mehrheit in den Grenzen der alten Län­der wegen Verstoßes gegen das Grundgesetz erfolgen. Bei einer Entscheidung gegen den jetzigen Abstimmungsmodus müsse Abstim­mung und Auszählung im Gesamtgebiet der drei Länder stattfinden, was am ehesten Ar­tikel 118 des Grundgesetzes nahe käme.

Dr. Gebhard Müller bekannte sich erneut nachdrücklich zum Südweststaat, wobei er seine persönlichen Vorstellungen auf die For­mel brachte: ein Staat, eine Führung, ein Parlament, aber weitgehende Aufgliederung der Verwaltung in Gebieten mit eigenen ge­wählten Vertretungen. Als dringend erforder­lich bezeichnete er es, daß in einem kommen­den Südweststaat bei der zentralen Staatsfüh­rung lediglich die Aufgaben der Gesetzgebung und Aufsicht verblieben. Die Ministerien soll-

Bemerkungen zum Tage

Die Schraube dreht sich

hs. Nach wochenlangen Geheimverhandlun­gen hinter polizeilich bewachten Parlaments­türenbeglückte Österreichs Regierung die Bevölkerung durch eine fünfte, mit Wirt­schaft, Parteien und Gewerkschaften ausge­handelte allgemeine Lohn- und Preiserhöhung. Der Grund zu dieser neuerlichenRegulie­rung, die von den Kommunisten jetzt als Vorwand zumGeneralstreik benutzt wor­den wäre, ist die Weigerung der amerikani­schen ERP-Behörde, ihre Hilfsgelder weiter­hin zur Stützung der österreichischen Einfuhr­preise herzugeben. Da Österreichs Staatssäckel aus eigener Kraft dazu nicht fähig ist, muß­ten daher jetzt alle bisherigen Subventionen für Lebensmittel und wichtige Grundgüter ge­strichen und im Gefolge die Preise der mei­sten Lebensmittel und Verbrauchsartikel des täglichen Lebens und der Dienstleistungen um 40 bis 60 Prozent erhöht werden.

Die bittere Pille soll der arbeitenden Bevöl­kerung eine neuerliche zehnprozentige Lohn-, Gehalts- und Pensionserhöhung versüßen. Nach der viermaligen Erfahrung der öster­reichischen Lohn- und Gehaltsempfänger aber wird wieder ein großer Gehaltserhöhungsteil in den Finanzämtern landen und damit die echt erhöhten Preise abermals höher legen, als dieunecht erhöhten Löhne.

Österreichs Fremdenverkehrsleute sehen in dem neuen Abkommen einenSchlag gegen den diesjährigen Sommer-Fremdenverkehr, Österreichs Industrie Nr. 1, da es alle Kal­kulationen hinfällig mache, die Werbung von Auslandsgästen jedoch langfristige Preisoffer­ten fordere.

ten bewußt klein gehalen werden, das Schwer­gewicht der Verwaltung in den vier Landes­bezirken und den Kreisen liegen. Diese hätten in weitgehendem Maße Aufgaben zu überneh­men wie z. B. Jugendpflege, Straßenbau, Natur­schutz, Landschaftspflege, Meliorationen, Giro­wesen, landwirtschaftliche Berufsgenossen­schaften und wohl auch das Volksschulwesen. Dem modernen Gedanken der Selbstverwal­tung müsse, ohne in Partikularismus zu ver­fallen, Rechnung getragen werden. Da es sich nur um die Übertragung von Aufgaben, nicht um eine Neuschaffung handele, könnten auch

keine Kosten entstehen. Besonders wichtig sei, daß zentrale Behörden des neuen Staates auf mehrere Städte verteilt würden. Dabei dürfe besonders Karlsruhe nicht vergessen werden.

In einer einstimmig angenommenen Ent­schließung billigte die Landesversammlung der CDU Nordwürttemberg die Grundsätze des Staatspräsidenten von Württemberg-Hohen- zollem über eine dezentralisierte Verwaltung des erstrebten Südweststaats.

Der Fraktionsvorsitzende der CDU von Württemberg-Hohenzollern, Franz G o g , er­klärte in seiner Begrüßungsansprache als Ver­treter Hohenzollerns, Hohenzollern wolle in erster Linie den Südweststaat und habe nicht das größere Interesse daran, mit dem würt- tembergischen Landesteil vereinigt zu wer­den.

Um das Investitionsgesetj

Erst nach den Ferien / Wachsende Gegensätze Von unserer Bonner Redaktion

BONN. Am 9. Juli hat der Finanzminister Schäffer dasGesetz über die Investitionshilfe der deutschen gewerblichen Wirtschaft zur ersten Beratung des Bundestags eingebracht. Unter Anerkennung des größten Teils der be­reits vom Bundesrat vorgeschlagenen Ände­rungen hatte Schäffer u. a. erklärt, daß ohne dieses Gesetzdie weitere Aufwärtsentwick­lung der von den Grundstoffindustrien ja ab­hängigen Produktions- und Konsumgüter­industrie in Frage gestellt sei. Im übrigen müßte, wenn nicht unverzüglich Hilfe gelei­stet werde, mit der Möglichkeit sehr großer Schwierigkeiten, insbesondere auch auf dem Gebiet der Kohlenversorgung gerechnet wer­den. Durch Investitionen in den Grundstoff­industrien müßten die Engpässe in der deut­schen Produktion beseitigt werden das da­für notwendige Kapital könne eben nur durch Belastung der anderen Industrien zugunsten der Grundstoffindustrien erreicht werden. Seit den Monaten nach dem Jahreswechsel 1950/51 steht diese Ansicht und die Bereitschaft der gewerblichen Wirtschaft, eine Milliarde aufzu­bringen, fest. Die Regierung ließ sich jedoch mit dem entsprechenden Gesetzentwurf zu­viel Zeit. So viel, daß die große Mehrheit im Bundestag nicht mehr bereit ist, das Gesetz während der Parlamentsferien zu verabschie­den. Das bedeutet, es wird erst nach den Par­lamentsferien dazu kommen.

Das ist um so schwerwiegender, als sich an

der Dringlichkeit einer raschen Unterstützung der Grundstoffindustrien nichts geändert hat. Die vorgesehene eine Milliarde ist überdies nur ein Minimum. Gerade darum stößt das auf einen Entwurf der Industrie zurück­gehende Gesetz auf so starke Kritik. Dr. Schumacher meint, auf dem Weg einer Zwangsanleihe könnten fünf Milliarden her­ausgeholt werden. Das gute Geschäft, das die gewerbliche Wirtschaft dadurch habe, daß sie mit der Hilfeleistung an den zu unterstüt­zenden Betrieben auch noch beteiligt würde, sei vollends unverantwortlich. Juristisch sei das Gesetz so schlecht, daß dagegen die Entwürfe der Ministerialbürokraten noch vollkommen wären.

In dem von den fünf beteiligten Ausschüssen federführenden Bundestagsausschuß für Wirt­schaftspolitik sind nun auch andere Zweifel aufgekommen. Relativ einig ist man sich, daß die Verwendung der 1 Milliarde auf Kohle, Ei­sen, Stahl und Energie begrenzt sein soll. Dann beginnen die Gegensätze. Wer soll unter die Aufbringungspflicht fallen? Völlig unklar ist im Grunde auch noch die Bemessungsgrund­lage und die Höhe des Aufbringungsansatzes. Das sind in der Tat Probleme. Es überrascht daher nicht, wenn Bundeskanzler Adenauer, der jetzt erst einmal zur Erholung auf den Bürgenstock in die Schweiz fährt, den Gedan­ken einer Sondersitzung anscheinend fallenge­lassen hat.

Kleine Weltchrohik

BONN. Der Bundestagabgeordnete Wolfgang Hedler, gegen den gegenwärtig vor dem Landge­richt Kiel ein Prozeß wegen Beleidigung der Wi­derstandskämpfer läuft, ist ohne Angabe von Gründen aus der Deutschen Reichspartei ausge­schlossen worden.

BONN. Auf einem Treffen des Verbandes Deutscher Studentenschaften konnte unter den Vertretern der Korporationen und Vereinigungen keine Einigung über die Frage der Mensur er­zielt werden.

WIESBADEN. Der erste Vorsitzende des Deutschen Saarbundes, Pastor Bungarten, rief am Samstag alle in der Bundesrepublik leben­den Saarländer auf, sich aktiv am Kampf um die Wiedervereinigung des Saargebietes mit Deutschland zu beteiligen.

OSNABRÜCK. Auf Anordnung des Polizeidezer­nenten für den Polizeibezirk Osnabrück wurden am Samstagabend das Vorstandsmitglied der SRP, Otto Ernst Remer und der SRP-Landtagskandi- dat für die Grafschaft Bentheim, Engels, zur Ab­wendung künftiger Gefahren und Unruhen in Verwahrungshaft genommen, weil sie trotz Rede­verbots für Remer Versammlungen angekündigt hatten. Verschiedene SRP-Versammlungen in die­sem Raum wurden durch die Polizei aufgelöst.

BREMEN. Der bekannte deutsche Flugzeugkon­strukteur Prof. Kurt Tank, der zurzeit am Auf­bau einer Flugzeugindustrie in Argentinien be­auftragt ist, traf am vergangenen Wochenende in Bremen ein, wo er von 1932 bis zum Kriegsende als Chefkonstrukteur der Focke-Wulf-Werke tätig

Der verschlossene MUND

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Roman von Doris Eicke

Alle Rechte Verlegthau» Reutlingen

Im gedämpften Licht des Saales, in der Hut ungezählter beobachtenderAugenpaare, hatte sie zählter beobachtender Augenpaare, hatte sie sich dem unwiderstehlichen Zauber dieses Er­lebnisses ungehindert hingegeben, jetzt aber, wie sie mit Tillmann allein war, zeigte sie Neigung, die Flamme zu leugnen, die sie in Ihm und er in ihr entzündet hatte. Sie wurde ganz klein und hilflos aus Angst vor dem Kommenden. Er sollte sie schonen, wie er sie heute Nachmittag geschont hatte, das Unge­heuerliche, daß sie sich ihm auslieferte, durfte nicht geschehen. In ihrem tiefsten Inneren aber, dort, wo jeder Selbstbetrug ein Ende nimmt, wußte sie, daß es unabwendbar war.

Hellhörig, wie Liebende sind, fühlte Till­mann instinktiv ihr Zurückweichen. Die Vor­stellung, daß sie ihm wieder entgleiten könnte, raubte ihm alle bisher gezeigte, kluge Zurückhaltung. Mit festem Druck umspannte er ihren Oberarm und führte sie vom hellen Strandweg hinweg in den anderen, dunklen, lindenumsäumten, der in einem sanften Bogen ebenfalls ihr Hotel passierte. Er durfte sie jetzt nicht zur Besinnung kommen lassen, eine innere Stimme warnte ihn davor. Nutzte er diese Stunde nicht, so würde die Gelegen­heit vielleicht niemals wiederkehren. Ihre Angst, ihre plötzliche Zaghaftigkeit trieben ihn zum Handeln. Sie näherte sich bereits be­denklich jenem Augenblick, in dem bei klugen Frauen das Denken das Gefühl erkältend zu überschatten beginnt.

Andrea zitterte wie ein junger Baum im Sturm unter seinen beinahe herrischen Küs­

sen. Noch stammelte ihr zuckender Mund, kaum, daß er ihn freiließ, ein beschwörendes, flehendesNein, bis auch das unter seinen glühenden Bitten verstummte.

Einige Stunden später, in der fahlen Mor­gendämmerung, erwachte Andrea und dachte in jähem, panischem Schrecken an das Ge­schehene. Als sie später Tillmann traf, waren ihre Glieder immer noch wie erstarrt vor Entsetzen. Er hatte sich auf diese Begegnung vorbereitet, und es war genau so, wie er es erwartet hatte.

Liebste, ich bitte Dich, keine Reue! sagte er leise.Es ist nur geschehen, was geschehen mußte. Sei nun stark und habe den Mut, mit mir glücklich zu sein!

O Rainer, stammelte sie,wie kann man glücklich sein mit einem so unbarmherzig mahnenden Gewissen?

Du mußt den Dingen mutig ins Auge schauen und Dich mit ihnen auseinanderset­zen. In Deiner ersten Grömitzer Woche warst Du völlig abweisend zu mir, und selbst als wir uns, sicher ohne Dein Zutun, näherkamen, warst Du sichtlich entschlossen, Deinem Mann treu zu bleiben. Die erste Zärtlichkeit schon hat Dich so erschreckt, daß Du von mir weg und zu ihm flohst. Du hast damit alles ge­tan, was eine gute Ehefrau in einer solchen Situation tun kann. Als Du dann aber aus Berlin zurückkamst, war auf einmal alles ver­ändert. Es muß dort etwas geschehen sein, was alle Deine treulich gehüteten Grundsätze ins Wanken brachte, aber was? Du müßtest mir das erzählen; wenn ich Dir helfen soll.

Helfen? wiederholte Andrea mit einem bitteren, kleinen Auflachen.Die Lage ist so verfahren, daß niemand mir mehr helfen kann.

Du verstehst mich falsch. Natürlich liegt es außerhalb meiner Macht, irgendwelche Dif­ferenzen zwischen Dir und Deinem Mann zu bereinigen. Das Einzige, was ich vielleicht für Dich tun kann, ist, Dir Dein Recht auf das,

war. Tank will in Deutschland die Verbindung mit ihm bekannten Flugzeugkonstrukteuren auf­nehmen.

ST. WENDEL. Prinz Hubertus zu Löwenstein, der durch dieAktion Helgoland bekannt wurde, ist am Sonntagabend in St. Wendel (Saar) von der Polizei verhaftet worden, nachdem er auf dem dortigen Marktplatz vor rund 400 Zuschauern eine Volksabstimmung im Saargebiet über die Frage einer Rückkehr der Saar zu Deutschland vorgeschlagen hatte.

STOCKHOLM. Ein vor kurzem aus Pariser Emigrantenkreisen gemeldeter Anschlag auf den Oberbefehlshaber der polnischen Streitkräfte, Marschall Rokossowski, der bei ddese r Gelegen­heit wenig gefährlich verletzt worden sein soll, scheint sich nach schwedischen Zeitungsmeldun­gen zu bestätigen. Der Täter sei ein polnischer Major gewesen.

WIEN. In der von den westlichen Besatzungs­mächten in Wien eingerichteten Paßstelle für die Bundesrepublik warten die Österreicher seit Be­ginn der Reisezeit in Schlangen auf die Erteilung von Sichtvermerken für die Einreise nach West­deutschland. Zur reibungslosen Abwicklung des Geschäftsganges mußte Polizei eingesetzt werden.

MADRID. Der spanische Staatschef, General Franco, will in dieser Woche eine Umbildung sei­ner Regierung vornehmen, um die Beziehungen Spaniens zu den westlichen Demokratien zu festi­gen. Außerdem erwartet man Konzessionen an die öffentliche Meinung und insbesondere eine größere Freiheit der Presse.

was du tatest, so deutlich zu zeigen, daß Du aufhörst, darunter zu leiden. Daß es ein sol­ches Recht gibt, sagt mir mein Instinkt. Ach, Rainer, wie sehr muß die Welt auf dem Kopf stehen, daß aus Unrecht Recht wer­den kann! Ich habe meinen Mann betrogen, gibt es etwas, was diese ungeheuerliche Tat­sache imgeschehen machen kann?

Nein, dagegen etwas, was sie begreiflich oder sogar notwendig machte, und Du weißt das besser als ich.

Ja ja, das ist wahr, sagte Andrea finster.

Willst Du mir nicht alles erzählen, An­drea? Ich bin sicher, daß es Dir gut tun wird. Oder hast Du kein Vertrauen zu mir? Doch, sagte Andrea zögernd,ich fürchte nur, daß ich die Wahrheit nicht über die Lippen bringe. Eine Frau mit Selbstachtung mit einem Rest von Selbstachtung, berich­tigte sie sich bitter,kann über derlei mit einem Mann nicht reden.

Du vergißt, daß ich durch meinen Beruf an derartige Beichten gewöhnt bin. Ich werde Dir zuhören, als ob Du eine Klientin wärst, die mir ihren Fall vortrüge.

Andrea neigte den dunklen Kopf. Noch zauderte sie, zwischen Scham und dem Ver­langen nach Rechtfertigung schwankend. Till- mann drängte sie mit keinem Wort, er wußte zu gut, daß sie sprechen mußte. Sie schaute noch einmal zu ihm herüber, als müsse sie sich ein letztes Mal vergewissern, ob er ihres Vertrauens würdig sei. Als sie seinem ernst teilnehmenden Blick begegnete, begann sie mit leiser, gehemmter Stimme ihren knapp gefaßten Bericht.

Niels und ich haben uns vor sechs Jahren aus reiner Liebe geheiratet. Unser Gefühl für­einander war so zwingend, daß wir bereits wenige Stunden nach unserem Kennenlemen den Entschluß faßten, für immer zusammen­zubleiben. Wir hatten die gleichen Neigungen, dieselbe Geschmacksrichtung, sehr ähnliche

Neuiegelung desKohienmarkfes

Vorstoß der deutschen Ruhrbehörde-Delegation

DÜSSELDORF. Die durch den Vorstoß der deutschen Delegation bei der Ruhrbehörde ein­geleiteten Verhandlungen über eine Neuregelung des europäischen Kohlenmarktes sind außerhalb der offiziellen Sitzungen der Ruhrbehörde am vergangenen Wochenende aufgenommen worden. Bei den mehrstündigen Verhandlungen waren sämtliche Delegationen anwesend. Die deutschen Vertreter wollen vor allem erreichen, daß an Stelle der einseitigen Beanspruchung der deut­schen Kohle eine planvolle Belieferung der deutschen Länder mit deutscher, amerikanischer und Kohle anderer Länder tritt. Deutscherseits war man sich im klaren, daß die Ruhrbehörde nach ihren Statuten nur für die Ruhrkohle zu­ständig ist, vertrat aber die Auffassung, die politische und wirtschaftliche Situation hätte sich seit der Bildung der Ruhrbehörde derart verän­dert. daß die Voraussetzungen nicht mehr ge­geben seien. Bisher haben die Verhandlungen noch zu keinem befriedigenden Ergebnis ge­führt.

Gebührenpflichtige Zollgrenzkontrolle Gegen illegalen Interzonenhandel

BONN. Die Bundesregierung hat am Samstag zur Unterbindung des illegalen Interzonenhan- dels eine Verordnung in Kraft gesetzt, die den gesamten Warenverkehr und den Verkehr mit Zahlungsmitteln und Wertpapieren zwischen der Bundesrepublik einschließlich Westberlins und der Sowjetzonenrepublik einschließlich Ostberlins einer weitgehenden gebührenpflichtigen Zoll- grenzkontrolle unterwirft. Ein zehn Kilometer breiter Streifen entlang der Zonengrenze wurde zumZonengrenzbezirk erklärt, indem die Zoll­behörden weitreichende Grenzvollmachten erhal­ten. Die Verordnung schafft die Rechtsgrundlage für eine scharfe Überwachung der Zonengrenze zur Unterbindung des illegalen Warenverkehrs. Die Zonengrenze wird damit jedoch nicht zur Zollgrenze. Die Gebührenpflicht ergibt sich aus derbesonderen Inanspruchnahme der Zollbehör­den, die Zollgrenzkontrolle besteht in der Ab­fertigung an den Übergangsstellen und bei den Zollstellen innerhalb des Bundesgebiets. Aus­drücklich einbezogen sind alle Postsendungen, so­fern sie dem Anschein nach Ware enthalten.

Errichtung von Niederlassungen

BONN. Die Alliierte Hohe Kommission hat die Bundesregierung ermächtigt. Genehmigungen zur Errichtung von Niederlassungen deutscher Firmen im Ausland und zum Erwerb von Betei­ligungen an ausländischen Firmen zu erteilen, beschränkt allerdings auf Fälle, in denen nach­gewiesen werden kann, daß die Ausgaben hier­für eine Steigerung der Ausfuhr zur Folge haben.

Außerdem hat die Hohe Kommission beschlos­sen, die Kontrolle über 42 kleinere deutsche Koh­lenbergwerke aufzuheben.

Für Fortsetzung der Tarifgespräche

DÜSSELDORF. Die außerordentliche Haupt­versammlung des Deutschen Journalistenverban­des (DJV) beauftragte am Wochenende in Düs­seldorf den Vorstand, unabhängig von den noch offenen Tarifverhandlungen mit den Verleger­verbänden informatorische Gespräche mit den Gewerkschaften zu führen. Die Tarifkommission des Journalistenverbandes wurde beauftragt, die Verhandlungentrotz des für die Journalisten" unannehmbaren Vorschlags der Verleger fort­zusetzen.

BONN. Der Vorstand des Gemeinschaftsaus­schusses der deutschen gewerblichen Wirtschaft warnte in einer Erklärung zur Lohn- und Preis­frage vor einer neuen Lohnbewegung, die un­fehlbar zur Arbeitslosigkeit oder zur Inflation führen müsse. Die Spitzenverbände der Unter­nehmer hätten deshalb den angeschlossenen Mit­gliedern dringend nahegelegt, neuen Lohnforde­rungen nicht zu entsprechen. Die Unternehmer würden bemüht sein, die ohnehin auf dem Welt- und Binnenmarkt vorhandenen preissenkenden Tendenzen zu unterstützen und damit des Real­einkommen zu erhalten.

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BONN. Nach Angaben des Bundeswirtschafts­ministeriums ist mit Stromeinsparungsmaßnah­men in der Bundesrepublik im Gegensatz zum vergangenen Jahr in absehbarer Zeit nicht zu rechnen.

WIEN. Österreich hat nach dem vorläufigen Ergebnis seiner Volkszählung vom 1. Juli 6,9 Millionen Einwohner.

Interessen und meinten, daß wir eigens für­einander geschaffen seien. Das Glück unserer Ehe gab uns recht. Nach zwei Jahren wurde Detlev geboren. Zu jener Zeit war Niels be­reits in schwerer Sorge, infolge der allge­meinen wirtschaftlichen Lage seine Stellung zu verlieren. Wir waren ehrgeizig, wir woll­ten vorwärtskommen und nicht im drohenden Arbeitlosenelend alle unsere Hoffnungen be­graben. Ein Zufall führte uns mit einem Rus­sen zusammen, der für sein'Vaterland deut­sche Techniker anwarb. Der gebotene Ver­dienst war für unsere Begriffe hoch, dod mußten sich die Angeworbenen für drei Jahre verflichten. Diese Bedingung war ein bittere: Tropfen; wollten wir oben schwimmen, sc mußten wir sie in Kauf nehmen. Wir waren jung, das ganze Leben lang noch vor uns, da meinten wir, diese drei Jahre Gemeinsamkeit als einen Bruchteil des Ganzen wohl entbeh­ren zu können. Detlev war noch ganz klein, als Niels abreiste.

Erst nach einem Jahr begann ich ganz zu begreifen, was für ein fürchterliches Opfer diese Trennung war, und ich hielt nur durch, indem ich zuletzt in meinen alten Beruf zu­rückkehrte. Ich war unglücklich und verbittert gegen Niels, weil er diese ganze Quälerei für mich als tragbar angesehen hatte. Endlich kam er zurück, abgemagert, elend, stark ge­altert, ein Schatten seiner selbst. Erst all­mählich begann er sich unter meiner Pflege wieder zu kräftigen. Niels war früher ein Bild von einem Menschen gewesen, und es fiel mir nicht leicht, mich mit dieser Veränderung ab­zufinden. Nach und nach aber merkte ich, daß die äußerliche weniger schwer wog, als die innere. Niels war weiterhin liebevoll und gü­tig zu mir, aber seit seiner Rückkehr hat er mir nie mehr eine Zärtlichkeit erwiesen, je­denfalls keine, die ins Gewicht fällt. Wir leben wie Bruder und Schwester miteinander, ohne daß Niels mir jemals eine Erklärung für sein unbegreifliches Verhalten gab. (Forts, folgt)