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SCHWÄBISCHES TAGBLATT

5. Januar 1949

Dunkle Wolken über Finnland

Holland gebaut wurden. Was der von Sach­verständigenkreisen befürchtete Ausfall von annähernd einem Drittel des deutschen Fischfanges bedeuten würde, braucht nicht näher ausgeführt zu werden. Ebenso bedarf es keines weiteren Kommentars, wenn man erfährt, daß allein im Land Nordrhein-West­falen rund 5000 Werkzeugmaschinen von Re­stitutionsansprüchen bedroht werden. Es muß noch darauf hingewiesen werden, daß diese jetzt drohenden Kapazitätsverluste bei der Aufstellung der Industriepläne nicht in Rech­nung gestellt worden waren.

Es bleibe dahingestellt, ob es wirklich, wie man oft hört, das Konkurrenzinteresse war, das, auf eine «stille Verringerung des deut­schen Industriepotentials abzielend, die be­sonders in der britischen Zone auffallende Verschärfung in der Restitutionspraxis der letzten Zeit herbeigeführt hat. Daß aber hier nicht nur der gesunde Menschenverstand, son­dern auch das Rechtsgefühl des Deutschen und damit sein guter Wille in Frage gestellt wird, das allerdings steht außer Zweifel.

Bericht der Sachverständigen fertig

PARTS. Die neutralen Sachverständigen, die tm Aufträge des Sicherheitsrates einen Vor­schlag zur Regelung der Währungsfrage in Berlin und zur Beendigung der Blockade ein­gesetzt worden sind, haben ihren Bericht fer­tiggestellt. Er wird jetzt den Vertretern der vier Großmächte übergeben werden und bei den kommenden Beratungen des Sicherheits­rates in Lake Succeß als Grundlage dienen.

Untersuchung der Staatsausgaben

PARIS. Das französische Kabinett hat be­schlossen, über die Verwendung von Staats­geldern in verschiedenen Ministerien Unter­suchungen anstellen zu lassen, nachdem einige französische Zeitungen behauptet hatten, die Gelder würden inskandalöser Weise aus­gegeben. Die Nationalversammlung ordnete schon zuvor auf Grund des Berichtes eines Prü­fers für die Jahre 1946 und 1947 eine Unter­suchung an.

Je näher der Zeitpunkt für den Besuch Au­ßenminister Schumans in London heran­rückt vorgesehen sind der 13. und 14. Januar , desto mehr Vermutungen werden laut über die Tagesordnung der Besprechungen, an denen Bovin, Cripps und Schuman teilnehmen sollen. Es wird angenommen, daß die Deutschland­frage, insbesondere das Besatzungsstatut, eine bessere Koordinierung der Wirtschafts- und Industriepläne Englands und Frankreichs, der bereits vorliegende Entwurf eines Atlantik­pakts und-die Frage der italienischen Kolonien im Vordergrund stehen. Auch der Beschluß Bevins, eine Verschiebung der Pariser Sitzung des Unterausschusses für Fragen der euro­päischen Einheit zu beantragen, wird darauf zurückgeführt, daß der englische Außenmini- «ter zuerst einmal mit Schuman das gesamte Problem der europäischen Einheit besprechen möchte.

Für politische Reformen

NFW YÖRi-'. Der amerikanische Verband für staatsbürgerliche Freiheiten will die Schaf­fung einer deutschen Körperschaft zur Ver­fechtung dieser Ziele unterstützen, gab der vor kurzem zurückgekehrte Direktor des Ver­bandes. Roger B a d w i n. in einer Pressekon­ferenz bekannt. In einem Fünfpunkteprogramm werden als entscheidende politische Reformen in den drei Westzonen Deutschlands die Ab­schaffung der bestehenden Beschränkungen einer Kritik an den Besatzungsmächten, Er­leichterung der Auslandsreisebeschränkungen für Deutsche, Beschränkung der Tätigkeit des Spionageab" vehrkorps der amerikanischen Ar­mee (CiC), daseine Quelle beträchtlicher Ge­fahren für die bürgerlichen Freiheiten durch die Beschäftigung einer großen Anzahl be­zahlter Zuträger darstelle, die Bereitstel­lung von Mitteln für den Ankauf ausländi­scher Bücher und Zeitschriften und die Schaf­fung einer trizonalen Körperschaft der Deut­schen zum Studium der Schwächen der deut­schen Demokratie genannt.

STOCKHOLM, im Januar 1949

Das politische Klima in Finnland hat sich wieder verschlechtert Regierung und Volk werden in gewissen Abständen unsanft daran erinnert, daß ihr Land nicht ungestraft nahe dem Bereich desEisernen Vorhangs liegt. Mit dem mächtigen Nachbarn ist Finnland durch offizielle Traktate freundschaftlich ver­bunden, und außerdem wacht die Volksdemo­kratische Partei und ihr gefürchtetes Zei­tungsorganVapaa Sana darüber, daß keine Verstöße gegen die Spielregeln erfolgen.

Ein formell literarisch-künstlerischer Be­triebsunfall hat nun jedoch genügt, dem dro­henden Murren der finnischen Kommunisten das Erscheinen des sowjetischen Geschäfts­trägers auf der lebhaft bewegten Bildfläche folgen zu lassen. Seltsamerweise entschloß sich das Finnische Nationaltheater dazu, das Experiment zu wagen und Sartres politisch- psychologisch-dramatische StudieLes mains sales aufzuführen. Dies ging etwa fünf Wo­chen lang gut, trotz volksdemokratischen Pro­testen, aber als Blitz vom allerdings auch vor­her kaum heiteren Himmel in Helsingfors fand sich schließlich der offizielle russische diplo­matische Protest ein: der Geschäftsträger hat bei der finnischen Regierung gegen die Auf­führung des Sartreschen Stückes protestiert.

Dieser Betriebsunfall war jedoch nur so schien es zunächst grollender Theaterdon­ner Schlimmeres Unwetter folgte diesem auf dem Fuße: Die bekannte und vielzitierte rus­sische StaatszeitungNovoje Vremja kriti­sierte die finnische Politik und beschuldigte sie der Empfänglichkeit für Propaganda sei­tens derDollarknechte mit welcher lie­benswürdigen Bezeichnung die Marshall-Län- der gemeint sind. Das russische Blatt be­gnügte sich nicht mit dieser Kritik. Finnland so hieß es hier weiter fühle sich sträf­licherweise von der At' atik-Pakt-Politik angezogen.Novoje Vremja sah sich daher dazu veranlaßt, die Finnen daran zu erinnern, daß sie sich zweimal innerhalb einer Gene­ration am Rande des Unterganges befunden hätten. Finnlands hitlerfreundliche Politik ist natürlich unvergessen, und daß gerade in diesem unglückseligen Moment einer der Hauptverantwortlichen für die antirussische, d. h. großdeutscheRealpolitik Finnlands zur Zeit der Hitlerkonjunktur, der Sozial­demokrat Vainö Tanner, nach einigen Ge­fängnisjahren die Freiheit wiedererlangt hat, hat die Laune der Russen nicht verbessert.

Nachrichten

FREIBURG. Die meisten Untersuchungsaus­schüsse und Spruchkammerabteilungen im Lande Baden sind nach Erledigung ihrer Aufgaben auf­gelöst worden. ~

FRANKFURT. Beim Versuch, ein deutsches Mädchen aus einem Wachlokal zu befreien, wurde ein amerikanischer Negersoldat von einem deutschen Polizisten erschossen. Einer der Wäch­ter wurde durch Messerstiche verletzt.

FRANKFURT. Am 4. Januar ist in Deutsch­land die erste private amerikanische Zeitung erschienen, die in englischer Sprache gedruckt ist und für Deutsche 20 Pfennig kostet.

DÜSSELDORF. Bei dem heftigen Sturm, der über das Wochenende in Westdeutschland tobte, wurden mehrere Personen durch herabstürzende Dachziegel getötet. Beim Einsturz von Häuser­ruinen wurden zahlreiche Personen verletzt.

HAMBURG. Den ehemaligen Generälfeldmar- schällen v. Rundstedt und v. Manstein wurde die Anklageschrift für den voraussichtlich im März gegen sie beginnenden Kriegsverbrecher­prozeß zugestellt.

BERLIN. Im US-Sektor wurde in einer Woh­nung ein deutsches Mädchen und ein Beamter der amerikanischen Militärregierung tot aufge­funden. Eine Gasleitung war undicht geworden.

BERLIN. Anläßlich des 30. Todestages Karl Liebknechts und Rosa Luxemburgs wird die Postverwaltung der Sowjetzone Briefmarken im Werte von 24 Pfennig herausgeben.

LONDON. Der Chef des Empire-Generalsta­bes, General Slim, wurde zum Feldmarschall befördert.

LONDON. Britische Wissenschaftler haben ein Flugzeug konstruiert, das ohne Bemannung mit

Finnlands sozialdemokratischer Staatsmini­ster Fagerholm ist den Russen seit langem ein Dorn im Auge, dieser hat sich aber jetzt veranlaßt gesehen, den Beschuldigungen in Novoje Vremja auf das lebhafteste entge­genzutreten. Er hat die russischen Behaup­tungen einer indirekten finnischen Unterstüt­zung schwedischer Atlantikpaktpolitik als völ­lig 1 aus der Luft gegriffen und unrichtig zu­rückgewiesen und gleichzeitig energisch be­tont, daß Finnland aus naheliegenden Grün­den zu Skandinaviens und besonders Schwe­dens eventuellen Anschluß an den einen oder anderen Großmächteblock überhaupt keine Stellung bezogen hat. Jedenfalls verfolgt Finn­lands Regierung die bestimmte Politik, sich aus jeder militärpolitischen Debatte heraus­zuhalten, hat Fagerholm kategorisch festge­stellt.

Bereits zu einer früheren Gelegenheit hat ja der finnische Staatspräsident Paasikivi ein ähnlichesKeuschheitsgelübde (dies die et­was sarkastische Bezeichnung der großen schwedischen liberalen ZeitungDagens Ny- heter) abgelegt, wozu man in Schweden na­türlich die Ohren spitzt. Die Frage ist, inwie­weit Rußland sich, damit zufrieden gibt.

In einem Leitartikel zur neuerlichen rus­sisch-finnischen Unruhe stellt das BlattDa­gens Nyheter vom Stockholmer Horizont aus folgendes fest:Es ist allgemein bekannt, daß Finnland ängstlich darum bemüht ist, alles zu vermeiden, was den Verdacht nähren könnte, daß man hier selbständige Außen­politik im Anschluß an skandinavische Be­strebungen zur Errichtung eines Defensiv­walles gegen russische Aggressivität betreiben wolle. Aber was hilft das alles, wenn die Rus­sen mißtrauisch sein wollen, und wenn ver­räterische Elemente in Finnland ihnen dazu fälsche Situationsschilderungen am laufenden Band liefern. Der erfolgreiche Kampf, den die Regierung Fagerholm gegen kommuni­stische Aufwiegler und Verleumder führt, war natürlich ein besonderes Irritationsmoment, und die finnischen kommunistischen Blätter haben russisches Eingreifen förmlich herbei­beschworen, in der Absicht, die Regierung für ihre Verwegenheit zu bestrafen, mit,der sie unerschrocken die Volksmeinung vertritt und demokratische Methoden sowohl auf dem Ar- bentsmarkt wie im Reichstag verteidigt. Die neuerlichen russischen Aeußerungen sind eine Art Antwort auf die eindringlichen Appelle der finnischen Kommunisten. G. Dallmann

aus aller Welt

Ueberschallgeschwindigkeit in niedrigen Höhen fliegen kann und während des Fluges auf drahtlosem Wege genaue Einzelheiten über die Vorgänge beim Ueberschreiten der Schallge­schwindigkeit - mitteilt.

RENNES. Am Sonntagabend stürzte ein Auto­bus, in dem sich zwei Fußballmannschaften be­fanden, in einen Teich. Bisher, wurden 17 Lei­then geborgen.

DIJON. In der Nähe von Dijon starb im Alter von 107 Jahren die älteste Französin.

ST. GALLEN. Im Bahnhof St. Margrethen traf ein Zisternenwagen ein, der 7500 Liter Ti­rolerwein enthalten sollte, aber leer war, da der Wein unterwegs aus dem undicht geworde­nen Verschluß ausgelaufen war.

WASHINGTON. Die während des zweiten Weltkrieges gefallenen amerikanischen Soldaten sollen in 14 großen Militärfriedhöfen in Europa, Afrika und auf den Philippinen beigesetzt wer­den, soweit sie nicht in die USA überführt werden.

WASHINGTON. Zum Vorsitzenden des Partei­vorstandes des Republikanischen Partei wurde wieder der Senator Robert Taft gewählt.

WASHINGTON. Während einige amerikanische Staaten von schweren Schneestürmen heimgesucht wurden, raste über andere Gebiete ein Tornado hinweg. In der Stadt Warren (Arkansas) wurden 30 Häuser zerstört, aus deren Trümmer bereits 44 Tote geborgen wurden. Bei der Stadt Kansas wurden durch Hagelstürme mehrere Bauernhäu­ser zerstört.

BUENOS AIRES. In Rio de la Plata ertran­ken 12 Personen, als eine ungewöhnlich starke Strömung die Badegäste am Strand überraschte.

Sudetendeutsche erwünscht?

JK. Das dem Quai dOrsay nahestehende Pa­riser BlattLe Monde beschäftigte sich zur Jahreswende in einem Bericht mit den Schwie­rigkeiten der tschechoslowakischen Wirtschaft. Neben dem Mangel an Devisen und Rohstof­fen wird dabei die Ausweisung der Sudeten­deutschen als die entscheidende Ursache da­für bezeichnet, daß die tschechische Regierung sechs Monate nach der Bildung der Volksdemo­kratie zugeben mußte, der Zwei jahresplan sei gescheitert, und daß sie gezwungen war, sich an das Ausland zu wenden: sie mußte nach Moskau gehen.

Selbst wenn die Prager Regierung nun im Ausland die notwendigen Rohstoffe bekom­men könnte, würde so meintLe Monde durch den Mangel an Arbeitskräften alles in Frage gestellt. Mit der Ausweisung von'2,5 Millionen Sudetendeutschen in den Jahren 1945M6 habe Böhmen einen großen Teil seiner Facharbeiter eingebüßt, und die Industrie liege in dem sudetendeutschen Gebiet. Die Tsche­chen könnten zurzeit noch nicht die Sudeten-* deutschen Techniker, Werkmeister und Spe­zialarbeiter ersetzen; bei diesem Stand der Dinge könne es nicht sehr überraschen, daß man sich anläßlich des Besuches des Mini­sterpräsidenten Zapotocki in Moskau anfangs Dezember auch über die Rückholung deutscher Facharbeiter unterhalten habe. Sowjetische Po­litiker hätten diese Forderung gestellt, damit die tschechische Industrie wieder ihre alte Bedeutung erlange, wobeikeine Rücksicht auf den nationalen Stolz der Tschechen ge­übt worden sei.

Es werde auch schon gemeldet, daß sude­tendeutsche Facharbeiter aus der sowjetischen Besatzungszone nach Böhmen zurückgekehrt seien, um dort ihre alte Tätigkeit aufzuneh­men. So werde eines Tages wieLe Monde 1 abschließend kommentiert die Frage der Sudetendeutschen, die 1946 als gelöst bezeich­net worden sei, auf Veranlassung Moskaus er­neut wieder gestellt werden; die kommunisti­sche Partei der Tschechoslowakei werde hier­für wohl nur ungern die Verantwortung über­nehmen.

SoweitLe Monde. Für uns Deutsche ist die Frage müßig, ob die KP der Tschechoslo­wakei einer auf realpolitischen Ueberlegungen beruhenden Weisung Moskaus gern oder un­gern Folge leistet. Uns scheint das Problem aus ganz anderen Gründen bemerkenswert. Wir erinnern uns mit Bitterkeit daran, daß bei der jahrelang geübten Ausweisungspraxis der tschechoslowakischen Behörden, von der Mil­lionen deutscher Handwerker- und Arbeiter­familien betroffen wurden, mit unerbittlicher Härte verfahren worden ist. Diese Familien verloren ihre Heimat, obwohl sie kaum aus­nahmslos Hitleranhänger waren. Daß in der letzten Phase dieses Vorgangs primitivsten hu­manitären Forderungen Rechnung getragen wurde, will im tragischen Gesamtbild wenig besagen. Wer aber wird von diesen Sudeten­deutschen nach solchen Erfahrungen und bei aller Unsicherheit der möglichen politischen Entwicklungen freiwillig in die Tschechoslo­wakei zurückkehren? Wer wird sich unge­zwungen in den Machtbereich eines autoritä­ren Regimes zurückbegeben, nachdem ihn die Schuld eines anderen autoritären Regimes die Heimat gekostet hat, die er und seine Vor­fahren seit Generationen bewohnten?

Bliebe also nur der Zwang, um Fehler zu korrigieren, die unter den Augen der Welt und ohne daß sich eine Stimme dagegen er­hoben hat, begangen wurden. Die Deportation in die alte Heimat also, die ihr politisches Ant­litz unterdessen bis zur Unkenntlichkeit ver­ändert hat. Wahrscheinlich dann aber nicht die Rückführung der ganzen Familien, son­dern, wie wir fürchten, die Verschickung ein­zelner besonders Fähiger und Arbeitstüchtiger in großer Zahl.

Herausgeber und Chefredakteure: W. H. Hebsacker. Dr Ernst Müller und Alfred Schwenger

Mitglieder der Redaktion: Gudrun Boden. Dr. Wil­helm Gail Dr. Otto Haendle, Dr. Helmut Kiecza. Joseph Klingelhöfer und Franz Josef Mayer

Monatlicher Bezugspreis einschi. Trägerlohn 2.- DM. durch die Post 2.27 DM. Einzelverkaufspreis 20 Pf.

Vom neuen Jahr zum Dreikönigstag

Wie alle Festzeiten im Jahreslauf ist auch die erste Zeit im neuen Jahr reich an alten Sitten und Gewohnheiten Sie alle stehen im Zeichen der Erwartung des kommenden Früh­jahrs und äußern sich auch in Wetterregeln und Bauernweisheiten.

Am Weihnachtstage wächst der Tag, soweit ein Mucken gähnen mag; am Neujahrstage wächst der Tag, soweit ein Haushahn schreiten mag; am Dreikönigstage wächst der Tag soweit ein Hirschlein springen mag.

sagt ein alter Spruch. Ein anderer meint;

Am Neujahr einen Hahnenschritt, am Heilig Drei König einen Hirsehensprung, am Sebastian (20. 1.) um eine ganze Stund, am Lichtmeß merkt man erst darum.

Besondere Gebäckformen, wie dasNeu­jährchen undKommheromchen in den Rhein­landen und die Kuchenmänner und Brezeln wie e Schieredoor werden den Kindern von Eltern und Paten geschenkt. Abschluß dieser Festzeit bildet der Dreikönigstag mit den Um­zügen derStemsinger. In Reimen und Lie­dern sangen ärmere Leute das neue Jahr an und verbanden damit ihre Glückwünsche. Auch im Schwarzwaldgebiet wurde früher das neue Jahr angesungen. Die jungen Sänger holten sich am folgenden Sonntag ihre Belohnung ab. Dabei wurde mancherorts das alte Jahr in Ge­stalt eines Strohmannes, desBantli, begraben oder verbrannt. Am ersten Werktag des neuen Jahres gossen die jungen Mädchen Blei und ließen von kundigen Frauen aus der Gestalt des erstarrenden Metalls den Beruf des künf­tigen Mannes deuten.Bleigießen und Bowle gehörten ja in früheren Zeiten auch in der Stadt zu einer zünftigen Silvesterfeier.

Auch in unserer engeren Heimat lebt heute der alte Brauch wieder auf, die letzte Stunde des scheidenden Jahres mit alten frommen Lie­dern eines Posaunenchores vom Kirchturm herab zu verschönen und das neue Jahr damit

zu beginnen. Dieser Brauch, das neue Jahr an­zublasen oder anzusingen, ist alt, ebenso das gegenseitige Beschenken. Die Sitte der Neu­jahrsgeschenke geht vermutlich auf römische Zeit zurück und wurde auf Weihnachten ver­legt, als der Neujahrstag auf den Geburtstag Christi (25. Dezember) verschoben wurde. Im Allgäu schenkt man noch heute den Taufpaten zum guten Jahr. Meist bestand das Geschenk aus Brotgebäck (Zopf oder Kranz), Kaffeeboh­nen usw. Von Weihnachtsgeschenken wußte man in vielen Gegenden des Schwarzwaldes gegen Ende des 19. Jahrhunderts noch wenig.

Neujahrsfest und Heilige Drei Könige stan­den also noch in nicht allzuferner Vergangen­heit im Mittelpunkt der hohen Festzeit des Jahres. Auch im französischen Nachbarvolk finden wir eine Reihe ähnlicher Bräuche zu dieser Zeit. Im Gebiet von Loiret ließ man die Kühe zwischen 11 Uhr und Mitternacht wäh­rend der Messe trinken, damit sie leichter fett werden sollten. In Carcassonne wurde jeden 31. Dezember auf den I. Januar dasZaun­königsfest begangen. Nach altem Glauben ha­ben die Tiere und Fabelwesen, Bäume und Sträucher an den Wundem der Neujahrsnacht Anteil. So sagt man in der Hochbretagne, daß während dieser Nacht in jedem Haselstrauch ein Zweig sei, der sich in eitel Gold verwandle

Mit dem Dreikönigstag geht die Zeit der heiligen Nächte zu Ende. Alltag greift wieder um sich. Alles Söhnen gilt nun wieder in be­sonderem Maße der Zukunft, dem Frühjahr, von dessen Wirken ja die erwartete Jahres- emte stark abhängig ist. Montanus

Ist Schlaf ersetzbar?

Ein bekannter Philosoph sagte einst;Der Schlaf ist für den ganzen Menschen, was das A-oziphen die Uhr.

Medizinisch übersetzt heißt das: der Schlaf ist ein periodisch wiederkehrender Zustand der Großhirnrinde und dient dem Zwecke des Wiederaufbaues abgenützter Gewebe odei dem Neuaufbau derselben. So ist es leicht ver­

ständlich, daß das Schlafbedürfnis eine indi­viduelle Größe sein muß, deren Erfüllung durch eine ausreichende Menge an Schlaf, so­wohl bezüglich der Schlafdauer als auch der Schlaftiefe, meßbar ist am subjektiven Wohl­befinden und an der Leistungsfähigkeit.

Das Maximum an Schlaf erreicht der Em­bryo, der praktisch 24 Stunden schläft, noch beim Neugeborenen wird der Schlaf nur durch die Mahlzeiten unterbrochen. Mit steigender körperlicher Ausbildung sinkt das Bedürfnis ab. Beim Erwachsenen fordern wir durch­schnittlich dann nur noch eine Zeit von 89 Stunden. Es bedarf also die Ausbildung von etwas Neuem mehr der Ruhe als der Ersatz von Abgenütztem.

Sicherlich ist es zu wenig, wenn ein altes lateinisches Sprichwort behauptet: sechs bis sieben Stunden seien ausreichend für Schul­kinder. Auch damals schon sah man wohl, wie es heute noch ebenso unberechtigt ge­schieht, in dem geringeren Schlafbedürfnis ein Zeichen höherer, geistiger Qualität. Das sub­jektive Schlafbedürfnis hängt auch heute noch mit sehr vielen unbekannten Faktoren zusam­men. Vor allem -spielen Körperbau und Dis­position eine Rolle: elastische, rosige Men­schen brauchen weniger Schlaf als blutarme, blasse oder aufgeschwemmte. Man kann sich auch nicht selbst betrügen um den Schlaf durch reichliche Nahrungsaufnahme. Der Man­gel macht sich lediglich weniger einschneidend bemerkbar

An dieser Stelle ist es angebracht, den heute so oft zur Parole gemachten Kurzschlaf unter die Lupe zu nehmen. Was versteht man dar­unter? Nicht etwa, daß man kurz aber fest schlafen müsse und dadurch einige Stunden gewönne. Wohl spielt der Schlaftyp eine Rolle durch die Untersuchungen der experimen­tellen Psychologie, die Weckreize verschiede­ner Stärke auf verschiedene Schläfer einwir­ken ließ, wissen wir, daß es zwei Schläferty­pen gibt: a)Abendschläfer wachen morgens erfrischt auf, gegen Abend nimmt ihre Lei-

Spaziergang

Wie lag der Wald so friedlich stille, und durch der Wolken zarten Schleier sah wie ein Licht zu später Feier des Mondes runde Fülle.

Wie glitzerte im harten Schnee sein Widerschein so weich und mild!

Wie spiegelte sein silbern Bild im Eise auf dem See!

Wie war der Blick mir da so klar!

Wie ist das Herz so froh erwacht!

Die Welt versank, und durch die Nacht schritt ich ins neue Jahr!

Jürgen Klein

stungsfähigkeit wieder ab. Sie schlafen rasch ein, ihre Schlaftiefe erreicht bald das Maxi­mum, hält sich einige Stunden und flacht langsam wieder ab b)Morgenschläfer der beste Schlaf wird dann erreicht, wenn man aufstehen sollte. Im Laufe des Tages wird die Leistungsfähigkeit immer mehr gesteigert. Aus diesem Erregungsstadium kann sich der Mensch nur allmählich in den Ruhezustand des Schlafes versenken. Er erreicht die größte Schlaftiefe erst gegen Morgen. In beiden Fäl­len ist jedoch die Einhaltung einer gewissen Stundenzahl wichtig, in der sich die Gewebe erholen. Dabei muß man wissen, daß der Nachmittagsschlaf vollwertig neben dem Nachtschlaf rangiert.

Zusammenfassend muß die Anfangsfraga verneint werden. Schlaf kann weder ersetzt werden noch ist dauernder Schlafentzug mit dem Leben vereinbar, wie eine dadurch noch heute - in China geübte Art der Todesstrafe beweist. __ Dr. B.

In Hechingen ist der ln ganz Schwaben und weit darüber hinaus bekannte Komponist und Dirigent Georg Rathgeber Im 80. Lebens­jahr gestorben.