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Nr. 82

Diensta g, den 8. April l 930

3ahrgan§ 103

Das Agrarprogramm im Reichskabinett

Grundsätzliche Einigung über die Schutzmaßnahmen

TU. Berlin, 8. April. Amtlich wird mitgeteilt: Das Neichskabinett befaßte sich in seiner gestrigen, «uter dem Borsitz des Reichskanzlers Dr. Brüning stattgehabten Sitzung aus Grund einer Vorlage des Reichsministers für Ernährung und Landwirtschaft über einGesetz znm SchntzderLandwirtschaft" mit den Agrarfragen. Die mehrstündige Aussprache führte zu einer grundsätz­lichen Einigung. Eine abschließende KabmettSsitzurrg wird heute nachmittag stattsinden.

Ueber die Vorschläge des Reichsernährungsministers für dasGesetz zum Schutz der Laudnlirtschaft" erfährt die Deutsche Tageszeitung" folgendes: Kernpunkt der Vorschläge ist die Forderung eines Ermächtigungs­gesetzes für den Reichs minister für Ernäh- rungunüLandwirtschaft, die Zölle für Getreide und Hülsenfrüchte entsprechend der wirtschaftlichen Lage herauf- und herabznsetzen. Die in den bisherigen Zollgesetzcn vor­gesehenen Höchst- und Mindestgrenzen sollen also fallen. Auch die Festsetzung des Werts der Einfuhrscheine soll in Zukunft dem Reichscrnährungsminister obliegen. Die bisherige Bin­dung des Einfuhrscheinwerts an die Zollhöhe soll fallen. Die Festsetzung des Einfuhrscheinmerts erfolgt im Einverständ­nis mit dem Reichsfinanzministe'r. Das Einfuhrscheinsystem soll ferner auf sämtliche Arten von Vieh, Fleisch und Kar- toffclerzengntsse ausgedehnt werden. Ferner wird für Mahl­erzeugnisse und alle Produkte aus Mahlerzeugnissen von Weizen ein Beimahlungszwang von deutschem Roggen ge­fordert. Der Reichsernährungsminister soll ermächtigt wer­den, die entsprechenden Ausführuugsbestimmungen zu er­lassen. Zum Schutz der deutschen Viehwirtschaft wird Auf­hebung des Gesetzes über zollfreie Einfuhr von Gefrierfleisch gefordert. "Ferner wird ab 1. Juli Wiedereinführung des Paragraphen 43 des Fleischbeschaugesetzes verlangt, wodurch eine Gefrierfleischcinfuhr praktisch unmöglich werden würde.

Dt« Vorschläge des NeichFernährungsministerS sehen ferner eine Reihe von Zollerhöhungen vor, so für Mehl und Müllcreiprodukte, Stärke, Sago, Milch, Kalk und Eier. Soweit diese Zollsätze durch Handelsverträge gebunden sind, sollen unverzüglich entsprechende Verhandlungen ein- geleitct werden. Der bisherige Zollsatz für Wein zur Schaum- wetnbereitung soll aufgehoben und der Rcichsernährungs- minister ermächtigt werden, den Zollsatz entsprechend der Wirtschaftslage festzusetzen. Die aus dem Ma-ismonopol und der Zollregelung für Gerste einkommenden Mittel sollen dem Reichscrnährungsminister zur Marktstützung und Markt- bereinigung sowie zur Förderung des Absatzes landwirt­schaftlicher Erzeugnisse zur Verfügung gestellt werden. Der Neichsernährungsminister hat dem Neichsrat und einem Ausschuß des Reichstags über die Verwendung dieser Mittel Bericht zu erstatten.

Fühlungnahme zwischen Zentrum und Sozialdemokratie?

Nach demTag" hat in der letzten Zeit eine erste Füh­lungnahme zwischen Zentrum und Sozialdemokratie statt­gefunden mit dem Ziel, die Sozialdemokratie wieder in die Regierungskoalition «inzubeziehen, nachdem die für diese Partei unangenehmen Steuergesetze mit Hilfe der Rechten oder des Artikels 48 angenommen feien. Man hoffe, die Hilfsmaßnahme» für de» Oste« und Kr die Landwirtschaft so verzögern zn können, daß die Rechte erst gezwungen werde, die Finanzgesetze anzunehme», «m die Agrargesetze nicht z« gefährden. Die Tendenz gehe weiter dahin, zwar die Agrar­gesetze in einer infolge der starken Widerstände bei Zentrnm und Demokraten verwässerten Form durch die Rechte an- nehme« zu lasse«, die Ausführung der Gesetze aber späterhin, soweit sie nicht schon in Preußen sabotiert würden, in die Hand eines Eruährungsmiuisters der Große« Koalition »« lege«.

Keine Verschiebung des Räumungstermins

Tardieus Entfestigungsforderungen

Die Berliner amtliche Auffassung.

TU. Berlin, 8. April. In Berliner amtlichen Kreisen ist man nicht geneigt, den aufsehenerregenden Aeußerungen Tardieus hinsichtlich der deutschen Abrüstung und der Räu­mungsfristen besondere Bedeutung bcizumcssen. Ein« tele­phonische Rückfrage bei der zuständigen deutschen Stelle in Paris ahabe ergeben, daß die Ackerungen Tardieus in der Hitze der Aussprache auf drängende Anfragen verschiedener Senatsmitglieder gefallen seien. Ans dem Verlauf der Aus­sprache in der Kammer habe man jedenfalls nicht de» Ein­druck gewinnen könne«, als ob eine ncne Entwassnnngs- aktion gegen Deutschland geplant sei. Vielmehr handle es sich bei den Feststellungen Tardieus lediglich um eine weniger wichtige Angelegenheit, die in Berlin längst bekannt sei und der nur formale Bedeutung zukomme. Tardieu habe eine Beschleunigung der Arbeiten bei der Schleifung von Fe­stungsanlagen und Beseitigung von Verladerampen ge­fordert und mitgeteilt, daß in de« nächsten Tage« eine ent­sprechende Note an die Neichsregiernng abgchc« werde. Von einet derartigen Note ist an amtlicher Stelle in Berlin vor­läufig noch nichts bekannt.

Zu dem Teil der Rede Tardieus, der die Schleifung von deutschen Festungsanlagen betrifft, wird von zuständiger Stelle mitgeteilt, daß es sich in der Hauptsache um folgende Punkte handle:

1. um gewisse kleinere Festungsanlagen bei Kehl, deren Zerstörung nur noch geraume Zeit in Anspruch nehmen werde;

3. um Kasematten in der Nähe von Mainz, die in einem Zeitraum von etwa 3 Monaten niederzulcgen seien;

8. um vier Munitionsbepots, von denen ein Teil nach der noch nicht erfolgten Freigabe zerstört werden müsse. Bei einem anderen Teil dieser Munitionsbepots soll von deutscher Seite versucht werden, sie privaten Zwecken znzuführen.

4. Die seinerzeit bereits aufgeworfene Frage der Un­brauchbarmachung des Flugplatzes bei Griesheim. Bekanntlich soll auch hier zunächst der Versuch gemacht werben, die Flugplatzanlagen privaten Zwecken dienstbar zu machen, widrigenfalls innerhalb von drei Jahren die Zerstörung dnrchzuführen sei.

Was die Darlegungen Tardieus zur Frage der Räu- mungssristen angeht, so wird an zuständiger Stelle in Berlin darauf hingewiescn, daß an dem Endtermin dcS erste» Juli unter keinen Umständen zn rütteln sei und daß aus dem in Berlin obliegenden amtliche» Wortlaut eine französische Ab- , sicht an diese» Vereinbarungen nicht festznhalten, nicht her« ivoraehe.

Frankreich «nd die RänmnugSfrage.

In einem anscheinend von höherer Pariser Stelle inspi­rierten Artikel gibt das Journal einen Ueberblick über die Fräge der Inkraftsetzung des Doungplancs und der da­mit verbundenen Nhetnlandräumung. Das Blatt schreibt u. a. nach dem auf der ersten Haager Konferenz getroffenen Abkommen fei di« NheinlandrLumnng der Inkraftsetzung des Nvnngplanes untergeordnet. Sie müsse in einem Zeitraum von 9 Monaten vor sich gehen, der auf keinen Fall den 30. 30. Juni 1930 überschreiten dürfe. Es stehe schon jetzt fest, daß alle noch z« behandelnden Fragen im Laufe des Monats Mai vollkommen in Ordunng ginge«. Die Rhetnlandräu- mung werde also am 30. Juni beendet sein, wenn nicht un­vorhergesehene Umstände dazwischen kämen, die diese Räu­mung verzögerten.

Auch London durch Tardieus Aentzernnge« überrascht.

Die neuen französischen Forderungen an Deutschland vor der Räumung der dritten Nheinlandzone durch die französi­schen Truppen sind auch für die politischen Kreise Englands etwas überraschend gekommen. Die Worte Tardieus, daß die Zerstörung der bedeutsamen Festungsanlagen, worunter der Brückenkopf von Kehl verstanden wird,vollständig und nicht nur scheinbar sein müsse", werden nach Ansicht des kon­servativenEvening Standard" in Deutschland Erregung Hervorrufen. Die Deutschen seien zwar zur Zerstörung die­ser Anlagen bereit, würden sich aber nicht der Entscheidung des Untersuchungsausschusses unterwerfen. Eine Lösungs­möglichkeit sieht das Blatt darin, daß der Völkerbund ein­geladen wird, zu bestätigen, daß die Zerstörung bona fide durchgeführt wurde.

Französische Verschleppungstaktik in den Saarverhandlungen

Paris, 8. April. In den Saarverhandlungen ist eins Krise cingetreten, die vor den Osterfeiertagen nicht über­wunden werden dürfte. Es ist damit zu rechnen, daß die deutsche Saardclegation vor dem Beginn der Osterferien der französischen Delegation eine Denkschrift überreichen wird, in der der deutsche Standpunkt in der Frage des Kohlen­besitzes klar Umrissen werden soll. Die französischen Sach­verständigen zeigen für die deutschen Ansprüche so geringes Verständnis", daß es notwendig sein wird, sie etwas deut­licher an den Stand der Dinge zn erinnerm Die Berschlcp- pungsmauöver auf der anderen Seite beginnen offenkundig zu werden.

Eine Unterredung v. HocschS mit Br'and.

Don amtlicher deutscher Seite in Paris wird mitgeteilt: Der deutsche Botschafter von Hoesch hatte am Montag eine Unterredung mit dem frauz. Außenminister Brtaud.

Tages-Spiegel

Das Neichskabinett beschäftigte sich gestern mit dem Agrar» Programm des Ernährungsministers Schiele. Es imnd« innerhalb des Kabinetts eine grundsätzlich« Einigung über die Schutzmaßnahme« erzielt.

*

Der Stenerausschuß des Reichstags hat die Eiuzclberatnng der Steuervorlage« in Angriff genommen.

»

An Berliner zuständiger Stelle wirb darauf hingewiese«. daß die Entfestignngssorderungen Tardicns im Senat kei­ne« Borwand biete» könnte», «m den Nänmungstermin hinanszuschiebe«.

Die Saarverhandlnngen sind wegen Frankreichs Ansprüche» ans de« Kohlenbesitz dieses Gebietes ins Stocke« geraten

*

In London ist ma« der Auffassung, daß die Entscheidung über das Schicksal der Flottenkonferenz jetzt in Paris liegt, wo die Sicherheitsformel entweder angenommen oder abge, lehnt werden muß.

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Die Schweiz hat mit großer Mehrheit durch Volksabstim» mnng die Ausdehnung des Alkoholmonopols genehmigt.

Die Sleuervorlagen

Weiterberatung <m Stenerausschuß.

TU. Berlin, 8. April. Der Stenerausschuß des Reichs­tages begann am Montag die Einzelberatung der Deckungs­vorlagen. Er beriet zunächst den Gesetzentwurf über die Zoll­vorlage« Kr Benzin «nd Benzol. Der Vertreter des Fi­nanzministeriums bezifferte den Mehrertrag ans 65 M'll^ von dene« 4g M'll. a» die Länder überwiesen werden sollen, di« verpflichtet find, die Beträge für die Wegeunterhaltung z« verwende«. Der Ausgleich st euersatz für die innere Erzeugung soll nach den Vorschlägen der Negierung 4 80 «s betragen. Demgegenüber haben die Regierungs­

parteien eine Herabsetzung auf 3,80 ^ beantragt. Der Ne­gierungsvertreter empfahl aber der Netchsregierung nicht nur eine Ermächtigung zur Herabsetzung, sondern auch zur Erhöhung dieses Steuersatzes zu erteilen. Der Redner der Deutschnattonalen, Abg. Dr. Rademacher, behielt sich die Stellungnahme seiner Fraktion noch vor. Ein sozialdemo­kratischer Antrag, wonach Petroleum von der Zollerhöhung fretgelassen wird, wurde gleichfalls angenommen. Die Ans- gleichsstener Kr die inländische Produktion wurde auf An­trag der Regierungsparteien auf 8 89 <s festgesetzt. Die

Regierung wurde ermächtigt, den Steuersatz zu erhöhen oder zn ermäßigen, wenn wirtschaftliche Belange es erfordern. Der Zuschlag znr Krastfahrzeugstcucr soll für 1939 auf 19 vom Hundert herabgesetzt werden. Für Kraftdroschken wird überhaupt kein Zuschlag erhoben. Die Ausgleichssteuer soll am 1. Mai in Kraft treten, die übrigen Bestimmungen am 15. April. Der Ausschuß begann dann noch die Beratung der Novelle zum Tabak- und Zuckersteuergesetz.

Wie aus dem Reichstag gemeldet wird, ist -er Gesetzent­wurf znr Vorbereitung der Finanzreform gestern dem Reichstag zügegangen. Entsprechend den Ankündigungen dcS Finanzministers ist die Vorlage in der ursprünglichen Fassung gehalten, sieht also bei der Arbeitslosenversicherung auch eine Beitragserhöhung bis zu 4 v. H. vor. Das Kom­promiß -er letzten Regierungsparteien, wonach eine Bei­tragserhöhung zunächst nicht stattfinden sollte, muß erst durch Anträge in die Vorlage ausgenommen werden. Ferner ent­hält die Vorlage die Bestimmungen über die Steuersenkun­gen und Ausgabenersparnisse.

Absturz eines deutschen Frachtflugzeugs

In» Nebel über England verunglückt.

TU. London, 8. April. Das am Montag früh von Croy- den nach Berlin ausgestiegene deutsche Frachtflugzeug D.161S ist bet Linpsfield Common in der Grafschaft Surrey abge­stürzt und verbrannt. Der Führer und der Mechaniker, die beiden einzigen Insassen, wurden getötet. Der größte Teil der Ladung ist zerstört worden.

Der Flugzeugführer hat vermutlich in dichtem Nebel ver­sucht, nach Croyden zurückzukehren und ist dabei mit der Maschine zu nahe an den Boden gekommen und mit dem einen Flügel gegen die Erde gestoßen. Das Feuer, das den Apparat zerstörte, ist erst nach dem Anprall ans den Boden ausgebrochen. Dies ist der dritte Unfall innerhalb 3 Wochen, der sich in derselben Gegend unter nahezu denselben Um­ständen abspiclte.

Eisenbahnunglück in Japan

TU. London, 8. April. Nach Meldungen aus Tokio er­eignete sich bei Oitakyushu ein schweres Eisenbahnunglück. 17 Personen wurden getötet. Die Zahl der Verletzten ist groß.