mutzen, evenjo töricht wie gesäyrirch. Gerade m einer Zeit wirtschaftlicher Nöte und Sorgen ist es wichtig, allen Menschen klarzumachen, daß eine Nation nicht in gegenseitigem wirtschaftlichem Egoismus aufgehen darf, sondern daß ihr auch noch höhere Aufgaben zur Lösung gestellt sind.
Anschließend erstattete der Generalsekretär im holländischen Ministerium für Volksbildung, Professor van Poel je, den Schlußbericht des Kongresses. Er beschäftigte sich zunächst mit einer Reihe organisatorischer Fragen, die sich besonders auf die Auswertung der Ergebnisse des Kongresses bezogen. Er bezeichnet« die moderne Gemeinde als eine Kulturgemeinde in dem Sinne, als auf den verschiedenen Gebieten dem kulturellen Element fortgesetzt besondere Aufmerksamkeit gewidmet werden müsse. Wenn auch eins Einheit in der Zielsetzung sich allmählich herausschäle, weise doch die wirklich vorhandene Organisation in den einzelnen Ländern eine so große Verschiedenheit auf, daß ein zusammenfassendes Bild gar nicht bezw. kaum ermittelt werden könne. Ein Vergleich der verschiedenen Länder ergebe jedenfalls so viel, daß die Gemeinde den einzelnen kulturellen Maßnahmen große Aufmerksamkeit und Pflege widmet.
Zum Schluß erklärte Professor Dr. van Poelje, daß er und die anderen Kongreßteilnehmer aus dem Auslande auch außerhalb des Kongresses in Deutschland wertvolle Eindrücke bekommen hätten. Sie hätten in früheren Jahren sehr viel von den deutschen Kommunalpolitikern, vor allem von denen, die die Wohnungspolitik der deutschen Gemeinde schufen, ferner von den Gründern der alten „Städtezeitung", der Vorgängerin der .Leitschrift für kommunale Wissenschaft", und den Schöpfern des Handbuches der kommunalen Wissenschaft gelernt. Er fühle sich in mancher Hinsicht als ein Schüler und erinnere sich an dieser Stelle gern dieser seiner Lehrmeister in Dankbarkeit und Verehrung.
Der französische Minister für Volksgesundheitspflege, Celli er, äußerte die Meinung, daß die Kultur in ihrem Ursprung tatsächlich örtlich bedingt ist und daß es richtig ist, daß die nationale Kultur in ihrer Eigenart gefördert und erhalten wird, wie das auch hier in München geschieht. Die Pflege der nationalen Kultur sei aber auch von internationaler Bedeutung. Die nationalen Kulturgüter müßten erhalten bleiben, damit sie auch anderen Nutzen bringen. Der Redner ging dann über zur Frage der Freizeit und erklärte dazu, daß sie besonders jetzt ausgestaltet werden könne, da — wie der Minister ankündigte — beim Internationalen Arbeitsamt in Genf die Eiv'^hrung der 40- Stunden-Woche befürwortet werden wird. L nn dies durch- gesührt sei, würden die Arbeiter viel F.eizeit und bezahlten Urlaub haben. Diese Errungenschaft habe aber keinen Zweck, wenn nicht gleichzeitig dafür gesorgt werde, daß diese Freizeit für die kulturelle Förderung der Bevölkerung ausgenutzt werde.
Oberbürgermeister Fiehler sprach zum Schluß in seiner Eigenschaft als Oberbürgermeister der Hauptstadt der Bewegung u«d als Vorsitzender des Deutschen Gemeindetages den Vertretern aller der Kulturstaaten der Welt, die zum Kongreß erschienen waren, den Dank für ihre Teilnahme aus. Er hoffe, daß dieser Kongreß den Teilnehmern viel gegeben habe, und daß die weitere Auswertung des Materials ihnen noch weitere Einblicke vermitteln werde. Ganz besonders zollte der Oberbürgermeister dem Präsidenten des Kongresses, Harris, im Namen des Deutschen Gemeindetages für seine vorzügliche Leitung der Verhandlungen, sowie allen Vertretern der Nationen die hier und in Berlin gesprochen haben, Dank. Sein Dank galt in erster Linie ihrer so überaus objektiven Beurteilung der Verhältnisse in Deutschland. Er hoffe, daß dieser Kongreß über die Gemeinden hinweg zu einer Verständigung der Nationen unter sich führen möge.
In seiner Schlußansprache stellte Präsident Harris fest, daß der Kongreß eine Tagung der internationalen Verständigung gewesen sei. Diese internationale Verständigung bedeute den Frieden, den alle suchten.
Damit war der 6. Internationale Eemeindekongreß geschlossen.
Die Stimmung in Pnrk ruhiger
Paris, 13. Juni. Die Pariser Presse aller politischen Richtungen stellt mit Befriedigung eine Entspannung fest. Dies bezieht sich allerdings weniger auf die tatsächliche Streiklage, als auf die Streikstimmung. Die Nervosität, die am Donnerstag in der französischen Hauptstadt und auch in der Kammer herrschte, ist schnell geschwunden, nachdem die Regierung sehr deutliche Erklärungen über ihren Willen abgegeben hatte, die öffentliche Ordnung und Sicherheit aufrechtzuerhalten. Die praktische Folge zeigte iick im Pariser Straßenbild. Man sab keine Umzüge mehr
von Streikenden in den Straßen, dafür aber zahlreiche Kräfte aus Polizei und Republikanischer Garde, vor allem im Zentrum und in den westlichen Teilen der Stadt. Diese Demonstration hat ihre Wirkung weder auf die Bevölkerung noch aus solche Elemente verfehlt, die gern Unruhe um jeden Preis stiften möchten.
Die Streiklage selbst weist keine wesentlichen Aender ungen auf. Wenn auf der einen Seite Einigungen und Wiederaufnahmen der Arbeit gemeldet werden, so stehen dem auf der anderen Seite immer neue Streiks gegenüber. Die aus der Provinz einlaufenden Meldungen beider Art halten sich ungefähr die Waage.
In Paris selbst ist die Streikbewgung im ganzen rückläufig. In Ser Metallindustrie ist es endlich zu einer Einigung gekommen. Die Besetzung der Betriebe wird sofort eingestellt und die Arbeit am Montag wieder ausgenommen. Im Baugewerbe ist der Streik bis auf einige Gruppen ebenfalls b e - endet. Die Schlächtereien wurden wieder geöffnet, nachdem eine Einigung mit den Schlächtergesellen erzielt worden ist.
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Bedenken zur 4ü-Stnnden-Woche
Paris, 13. Juni. Das am Freitag von der Kammer angenommene Gesetz über die Einführung der 40-Stunden-Woche gibt den Blättern weiter Anlaß zu Betrachtungen über die Auswirkungen dieser Maßnahmen. Das „Echo de Paris" erinnert daran, daß es in der ganzen Welt kein Land gebe, in dem man der Industrie zur Bekämpfung der Krise neue Lasten der Art einer praktischen Lohnerhöhung in Höhe von 35 v. H. auferlege. Das Experiment der 40-Stunden-Woche sei im übrigen nicht neu. Hoover habe versucht, es durchzuführen und sei gescheitert. Man unternehme daher ein gefährliches Experiment. Wenn der Berichterstatter in der Kammer im ganzen nur eine Preissteigerung von 8 v. H. im Großhandel und von 5 v. H. im Kleinhandel vorsah, so müsse man in Wirklichkeit je nach den Industrien eme Preissteigerung von 10 bis 18 v. H. erwarten.
„Journee Industrielle" glaubt ebenfalls, daß die tatsächliche Entwicklung eine andere sein werde, als vom Berichterstatter nr der Kammer angenommen. Die Verteuerung der Erzeugung würde mehr als 6 bis 8 v. H. betragen. Weiter werde die Verteuerung der französischen Waren zu neuen französischen Zollschranken und als Gegenwirkung zu Verlusten weiterer Absatzmärkte führen. Alle Arbeiten für Rechnung des Staates würden teurer. Das würde so eine Erhöhung der Steuern bedingen, und letzten Endes würdh die französische Erzeugung wie immer die Kosten zu tragen haben. Der jetzt von Frankreich eingeschlagene Weg führe zu einer Kreditinflation, das heiße, er führe bald zu einer Inflation schlechthin.
Der „Figaro" meint, die sich aus der 40-Stunden-Woche ergebenden höheren Gestehungskosten würden nur tragbar sein, wenn sie sich auf einen erhöhten Verbrauch verteilten. Andernfalls werde das gesamte Lebensniveau sinken. Der Verband französischer Erzeuger nimmt in einer Veröffentlichung zu der in manchen Zeitungen verbreiteten Auffassung Stellung, als ob der Erzeugerverband in den Verhandlungen am 7. Juni den Grundsatz der 40-Stunden-Woche angenommen habe. Der Verband erklärt, seine Vertreter hätten in der Verhandlung ihre grundsätzliche Zustimmung zum Einheitsrahmenvertrag nnd für den bezahlten Urlaub gegeben. Die Frage der 40-Stunden- Woche sei jedoch nur in einer sehr unbestimmten Art angeschnitten worden. Die Erzeugervertreter hätten dem Ministerpräsidenten und den Arbeitervertretern nicht verhehlt, daß die Einführung der 40-Stunden-Woche noch ernstere Folgen haben werde, als die Lohnerhöhungen. Sie hätten hinzugefügt, daß die Industriellen einem Gesetz über die 40-Stunden-Woche loyalerweiss folgen müßten, daß aber die Verantwortung für dieses Experiment der öffentlichen Gewalt zufalle.
Vauarbetterftreik in Gdingen
Warschau, 13. Juni. Nach der Verhaftung des Streikkomitees der Bauarbeiter in Edingen infolge der kürzlichen Zusammenstöße der Streikenden mit der Polizei dauert der Streik der Bauarbeiter fort. „Dziennik Narodowy" weist darauf hin, daß bei der in den letzten Monaten zu beobachtenden verstärkten kommunistischen Agitation, die zu Unruhen in Krakau, Lemberg, Chrza- now und Edingen führte, ein erheblicher Teil der verhafteten kommunistischen Agitatoren Juden gewesen seien.
Unter der Maske der Demokratie
Moskau, 13. Juni. Amtlich wrrd der Entwurf der neuen Sow- jetverfassung bekannt gegeben, der nach einem Vortrag Stalins
I von dem Zentralvollzugsausschuß angenommen wurde. Der Ber- 1 fassungsentwurf ist, wie es in der amtlichen Mitteilung heißt, „den Werktätigen zur Begutachtung vorgelegt worden" und srlll nunmehr vom Nätekongreß beraten werden, der zu diesem Zweck auf den 25. November dieses Jahres einberufen wurde.
Der Verfassungsentwurf besteht aus 12 Kapiteln und 1-46 Paragraphen. Der erste Teil behandelt den Staatsaufbau und die Grundlagen des staatlichen Lebens. Im Kapitel „Die höchsten Organe der Staatsgewalt" ist vorgesehen, daß anstelle der bisherigen Körperschaften, die die höchste gesetzgebende und vollziehende Gewalt ausübten, und zwar des Rätekongresfes und des Zentralvollzugsausschusses, der ober st e Rat der Sowjetunion tritt, der nach der neuen Verfassung die einzige gesetzgebende Gewalt des Landes bildet, während sein Präsidium zugleich die höchste ausführende Gewalt besitzen soll. Der oberste Rat wird auf die Dauer von vier Jahren gewählt und zwar, wie es der Entwurf bestimmt, auf der „Grundlage des allgemeine, direkten und geheimen Wahlrechts". Jeder Bürger der Sowjetunion vom 18. Jahre ab soll das aktive und passive Wahlrecht besitzen. Diese demokratische Maske, mit der sich die bolschewistische Partei bekleidet, um im Sinne einer Verschärfung der Volksfrontbewegungen im Auslande propagandistisch zu werben, wird aber wieder in dem Artikel gelüftet, in dem es heißt, daß das Recht der Aufstellung von Kandidaten außer der kommunistischen Partei nur noch die Gewerkschaften, die Jugendverbände, Genossenschaften und kulturellen, d. h. ebenfalls kommunistische Organisationen besitzen. Wenn also Stalin sich in diesem Entwurf auch zu einem gewissen Teil die westlichen Wahlmethoden zu eigen gemacht hat, so ist andererseits Vorsorge getroffen, daß der kommunistische Geist unverfälscht aufrechterhalten bleibt und die Macht der kommuni st ischen Diktatur nicht etwa Einbuße erleidet. Als Spiegelfechterei muß es anmuten, wenn man in dem neuen Verfassungsentwurf liest, daß die sogenannten „bürgerlichen Freiheiten" dem Sowjetbürger gewährleistet werden. Zur Tarnung seiner Negierungsmethoden kann Stalin sich unbedenklich die im Westen üblichen Schlagworte zu eigen machen, da der ganze Unterbau seines Staates durch die ausschließliche Beherrschung des Apparates in kommunistischem Sinne gesichert erscheint. Das gleiche ist hinsichtlich der angeblichen „Duldung jeder Religion" zu sagen. Dieser Satz erscheint besonders heuchlerisch, zumal in dem gleichen Artikel auch die Freiheit der antreligiösen Propaganda ausdrücklich festgestellt wird.
Hinsichtlich der staatlichen Verwaltung zeigt der neue Entwurf der Verfassung eher die Tendenz einer Verstärkung der zentralen Gewalt, da verschiedentlich in den Beziehungen der Moskauer Zentrale zu den Bundesrepubliken deren Befugnisse verschiedentlich auf Kosten der Republiken weitgehend erweitert werden. So wird nicht nur das Justizwesen und zum Teil auch das Bankwesen endgültig zentral geregelt, sondern es wird nunmehr auch verfassungsmäßig festgelegt. daß der gesamte Zuständigkeitsbereich des Kommissariats für Schwerindustrie und somit die industrielle Grundlage der Kriegswirtschaft (Kohle, Eisen, Naphtha usw.j der Zuständigkeit der Bundesrepubliken entzogen bleibt und allein Moskau untersteht.
London contra Roofevelt
Amerikas Parteimaschine an der Arbeit
Der große Nationalkonvent der republikanischen Partei, der in Cleveland im Mittelwesten tagte, hat diesmal mit bemerkenswerter Raschheit gearbeitet. Die Person des Präsidentschaftskandidaten, der gegen Roosevelt in die Arena treten soll, ist schon im ersten Stimmgang festgestellt worden. Das Schlagwort „London gegen Roosevelt" rast nun auf Tausenden von Papierschlangen durch die amerikanischen Rotationsmaschinen. Die örtlichen Wahlämter aber toben auf den Propagandatrommeln. Die Parteientrusts der Republikaner und Demokraten bringen ihren Riesenapparat im Kampf um die Seele des Wählers zum ersten Mal auf Hochtouren.
Wenn man Roosevelts vergnügtem Lächeln beim Bekanntwerden des Gegenkandidaten glauben soll, so scheint er der Schilderhebung von Cleveland nicht allzu große Bedeutung zuzumessen. Trotzdem werden manche Worte, die dort gesprochen wurden, im Weißen Haus nicht gerade angenehm berührt haben. Besonders Expräsident Hoover hat seiner alten Verbitterung noch einmal Luft gemacht und die Kennzeichnung der Anhänger des „New Deal" als „von Zwangsvorstellungen besessene Kinder" gehört ja gewiß zu den Liebenswürdigkeiten, die selbst für einen Wahlkampf massiv klingen und allerhand von den nächsten Monaten erwarten lassen. Auch das mit großer Schnelligkeit festgestellte Varteivroaramm des revublikanii^-n
K. Eine Feriengeschichte aus der Ktnderlandverfchickung der NSV.
„Ganz recht!" sagt der Bauer, „dat nimm di man vörl"
Steppke war froh, daß er es nun gesagt hatte, und beschloß, den Onkel Grothc bei nächster Gelegenheit zu fragen, wie er es anzustellen habe, um auch ein Bauer -u werden.
Am Nachmittage aber setzte sich Steppke hin und schrieb einen Brief:
.Liebe Eltern!
Ich bin noch kreuzfidehl! Mir geht es ser gut! Ich Hab schon ganz rote Backen und trinke fiel Milch und esse Eier und Wurst und Schinken! Heute hat es Backhänel gegeben und Pudding! Da Hab ich mich so toll und vollgegessen, bis ich nicht mehr konnte. Heute nachmittag giebt es Kirschkuchen zum Kaffe. Heide und ich können ser fein zusammen spielen! Wir haben siel zu tun gehabt im Heu damit die Kühe im Winter was zu fressen haben. Jetzt sind die Kühe aber auf der Weibe. Der Hos ist ser schön und wenn ich groß bin will ich auch aufs Land und ein Bauer werden. Onkel und Tante Grothe sind ser nett zu mir und die alte Ohma Grothe ist auch nett. Die -ist schon alt und hat ganz weiße Haare. Darum sitzt sie auch imer und strickt. Dir will sie auch Strümpfe stricken, sagt sie. Das ist fein. Heide heißt eigentlich Adelheid, aber sie sagen alle Heide. Der kleine Bruder von Heide Heißt Christian. Christel «nü Bubt
sagen wir. Die eine Kuh heißt Lotte und die anderen haben auch alle Nahmen. Der Hund heißt Fiffi. Bubi wird nächste Woche zwei. Dann feiern wir Geburztag. Es ist ser lustig hier. Wir hatten auch ein Gewitter, das war aber nicht schön. Fiffi hatte auch Ankst, er hat den Schwans eingekniffen und ist unter den Ofen gekrochen.
Onkel und Tante und Ohma Grothe lassen grüßen. Auch von Heide einen schönen Gruß. Nun weis ich nichts mehr!
Heil Hitler und es giebt euch einen Kuß
euer Sohn Steppke.
Grüßt bitte Tante Quietschel und Papa Schimmeimann und Horst und Kurti und die anderen."
Steppke bekam rote Backen und sah gar nicht mehr so miesepetrig aus, wie Oma Grothe am Tage seiner Ankunft gesagt hatte.
Jeder Tag bringt ein neues Vergnügen. Steppke darf einmal mit den Bauersleuten in die nahe Kreisstadt zum Viehmarkt fahren, wo Ferkel gekauft werden sollen. Steppke hat nun schon von Jahrmarkt, von Kram und Christmarkt und auch von Postmarkt gehört, — aber einen Ferkelmarkt konnte er sich nicht recht vorstellen, und so war er sehr gespannt auf die Dinge, die da kommen sollten.
Auf dem Ferkelmarkt herrscht schon am frühen Morgen Hochbetrieb, und man muß zeitig zur Stelle sein. Da gucken aus langen Reihen strohgefüllter Kiste» kletve rosige
Schweinsschnauzen blinzelnd in die Sonne und weithin lassen JolantheS Nachkommen ihr lautes Gequieke ertönen. Mit prüfenden Augen gehen Bauer und Bäuerin von Stand zu Stand, von Kiste zu Kiste und mustern und überlegen, bekritteln und feilschen lange. Der Händler muß Tis: um Tier aus dem großen Vorrat, der unten aus der Erde in den Kisten wühlt, heraus- gretfen und vorzeigen. „Wollen wir wieder die Kurzen nehmen?" fragt der Bauer seine Frau. „Ja, die setzten gut Speck an, diese langrassigen haben mehr durchwachsenes Fleisch." Und wieder werden die kleinen, kaum sechs Wochen alten Jolanthes gestreichelt und betastet, ehe man handelseins wird. Dann schlägt der Bauer schließlich in die dargebotcne Hand des Händlers und damit ist der Kauf dann endgültig besiegelt, denn beim Ferkelkauf gilt wie in alten Zeiten noch immer der Handschlag als rechtsgültiger Kaufabschluß. Dann werden sechs kleine muntere Jolanthes, die ein so steinerweichendes Gequieke anstimmen, als ob sie an den Spieß gesteckt würden, auf den Wagen geladen, auf welchem der Bauer ein Bund Stroh auseinanderschüttelt. Vor dem Ausspann, wo schon viele Marktwagen halten, wird der Braune noch für eine Stunde in den Stall gezogen. Der Bauer hat noch einen Weg zum Finanzamt und die Bäuerin noch einige Einkäufe zu machen. So nimmt sie auch Steppke mit in die Stadt. Markttage sind für den Landmann zugleich Feiertage. So mitten in der schweren Erntezeit spannt man auch einmal aus und fährt zur Stadt. Von nah und fern treffen sich auf dem Markt Bekannte. Man tauscht so nebenbei seine Bauernsorgen aus. „Ist das Heu gut hereingekommen?" „Wie steht das Korn?" Und Steppke denkt: „Nein, es ist gar nicht so leicht und einfach, Bauer zu sein."
Er geht mit der Bäuerin in dieses und jenes Geschäft. Es gibt so vieles zu besorgen und die Bäuerin hat. urv nichts -u
vergessen, daheim schon ein langes Verzeichnis aufgestellt. Da ist vieles, was man» daheim im Dorf nicht haben kann, Watte» silier für die Zentrifuge, neue Gummiringe für die Weckgläser, Stoff und Knöpse und vieles mehr.
Auch für Steppke fallen bei diesen Einkäufen ein paar Kleinigkeiten ab. Die Bäuerin kauft ihm auch noch eine Mundharmonika und vor der Abfahrt wird rasch noch eine Tasse Kaffee getrunken, zu welcher Steppke einen Mohrenkopf bekommt.
Dann rumpelt das leichte Bauernwäglein wieder zur Stabt hinaus, eine kleine und altmodische Stadt, deren enge Straßen noch ein holpriges Kopfpflaster haben, aber von den schmucken Giebelhäusern grüßen Fuchsien und leuchtende Geranien aus freundlichen Fensterkästen. Im Vorüberfahren deutet der Bauer mit dem Peitschenstiel auf ein Plakat, deren, man mehrere in der Stadt gesehen:
„Kauft nicht beim Juden!"
„Recht so!" sagt der Bauer, „diese Hal8» abschneider haben manchem Bauerntölpe«
das Fell über die Ohren gezogen. Früher war jeder zweite Viehhändler ein Jude —