es neben einigen ordentlichen Leuten von Abenteurern, Gangstern. geldgierigen Beamten und Politikern. „Matin" fragt, weshalb dem König nicht das übliche Ehrengeleit in Form einer Schwadron berittener Truppen gegeben worden sei, was die Ausführung des Anschlags erschwert hätte.
Paris, 11. Okt. Der Nationalverband ehemaliger Frontkämpfer (URL.) veröffentlicht angesichts des Anschlages von Marseille einen Aufruf, in dem er seinen Schmerz und seinen Zorn zum Ausdruck bringt über dieFehler derer, die es nicht verstanden hätten, für den Schutz eines hohen Gastes zu sorgen. Frankreich, das traditionelle Land der Gastfreundschaft, dürfe nicht zum Zufluchtsort der Verschwörer der ganzen Welt oder gar der Schauplatz ihrer Tätigkeit sein.
Ein Denkmal für König Alexander in Marseille
Marseille, 11. Okt. Die Marseiller Presse erläßt eine Aufforderung an die Bevölkerung der Stadt, eine Sammlung zur Errichtung eines Denkmals zur Erinnerung an das Verbrechen zu veranstalten, dem König Alexander zum Opfer fiel. Das aus Granit oder Marmor auszuführende Denkmal soll an der Stelle, an der der königliche East unter den Kugeln des Mörders fiel, seinen Platz finden.
Ehrung des toten Königs Alexander
Belgrad, 11. Okt. Die Nationalversammlung hat in außerordentlicher Sitzung beschlossen, dem toten König den Titel „Ale- xander der I. Einiger und Held" zu geben. Die Versammlung sandte ferner ein Beileidstelegramm an König Peter II-
ZllllienfeindUche Kundgebungen in Laibach?
London, 11. Okt. Nach einer Reuter-Meldung aus der süd> slawischen Stadt Laibach ist es dort zu italienfeindlichen Kund- gebungen gekommen. Die Menge hatte versucht, das italienn sche Konsulat anzugreifen, doch sei sofort Polizei eingeschritter und habe Uebergriffe verhindert. Die Kundgebungen, berichte.' Reuter weiter, ereigneten sich nach einer Protestversammlung in der die Redner behaupteten, daß sämtliche Anschläge gegen das Leben des Königs Alexander auch derjenige vom letzter März in Agram, von Italien finanziert und vorbereitet worden seien. Wahrscheinlich, so folgerten die Redner, sei auch bei Mörder Kalemen von der selben Seite angestiftet worden.
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Vorführung des Filmstreifens von den Ereignissen in Marseille in Deutschland verbalen
Berlin, 11. Okt. Der Reichsminister für Volksaufklärung uni Propaganda hat die Vorführung des Filmstreifens von der Ermordung des jugoslawischen Königs und des französischen Außenministers Varthou für ganz Deutschland verboten.
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Der ermordete König von Jugoslawien
Die Königinwitwe Maria
mit de-m Thronfolger (links) und dem jüngsten Prinzen.
Dus Btstvden des Generals Georges
Paris, 11. Okt Das Befinden des bei dem Marseiller Anschlag schwerverletzten Generals Georges soll zufriedenstellend sein, obwohl die Aerzte sich erst in zwei bis drei Tage endgültig werden äußern können, da immer noch mit einer plötzlichen inneren Blutung gerechnet werden muß. Der General hat einen Lungenschuß erhallen. Außerdem sind ihm beide Arme von einer Kugel durchschlagen worden. Auch eine Rippe ist durch e-nen Streifschuß verletzt. Das in der Lunge befindliche Geschoß hat noch nicht entfernt werden können.
Zwei Verdächtige festgenommen
Paris, 11. Okt. Havas meldet aus Annemasse, etwa 8 Kilometer östlich von Genf an der Grenze auf französischem Gebiet, daß von der dortigen Sicherheitspolizei zwei Personen festgenommen worden sind, die in dem dringenden Verdacht stehen, die Helfershelfer des Marseiller Täters zu sein.
Ein Helfershelfer des Marseiller Mörders entkommen
Paris, 11. Okt. Ein Helfershelfer oder Mitwisser des Marseiller Mörders soll in einer Villa am Fontainebleau Unterschlupf gesucht haben. Als sich am Donnerstag früh Polizei in der Villa einfand, flüchtete ein Unbekannter. Er konnte trotz vieler von den Polizisten abgegebener Reoolverschüsse in den Wald von Fontainebleau entkommen. Die Verfolgung ist aufgenommen worden. Wie der „Jntransigeant" behauptet, handelt es sich um jenen unter dem Namen Lhalny in einem Pariser Hotel eingetragenen Begleiter des Mörders, der am 30. September in dessen Begleitung und einer anderen Person in Paris eingetroffen war.
BlMhoug Leiche nach Paris übergefühkt
Paris, 11. Okt Am Donnerstag vormittag ist in Paris der Sonderzug mit der Leiche Barthous eingetroffen. Mit demselben Zug kamen KöniginMaria von Südslawien und und der Präsident der Republik, Lebrun, mit seinem Gefolge in der französischen Hauptstadt an. Am Bahnhof hatte sich eine gewaltige Menschenmenge eingefunden. Die polizeilichen Sicherheitsmaßnahmen waren so streng, daß der Vahnhofplatz in weitem Bogen abgesperrt und das Betreten des Bahnhofsgebäudes selbst den Vertretern der Presse untersagt war. Auf dem Bahnsteig warteten die Königinmutter Maria von Rumänien und viele französische und südslawische Würdenträger auf die Ankunft des Zuges. Das diplomatische Corps, darunter der deutsche Geschäftsträger, Botschaftsrat Förster, war vollzählig versammelt. Wie verlautet, wird Königin Maria von Südslawien noch heute abend nach Belgrad abreisen. Der Sarg mit der sterblichen Hülle Barthous wurde nach dem Außenministerium am Quai d'Orsay übergeführt und dort aufgebahrt.
Paris, 11. Okt. Die Polizei von Annemasse hat zwei Helfershelfer des Marseiller Mörders verhaftet, die am Vorabend in Annemasse eingetrosfen waren. Die beiden Verhafteten waren im Besitz von Ausweispapieren, die auf den Namen Benesch und Novak lauteten, und sollen am Mittwoch aus Paris angekommen sein. Man fand bei ihnen verschiedene Gegenstände, die aus demselben Kaufhaus stammen, von dem auch der Marseiller Mörder, seine Kleider bezogen hatte.
Wie Havas zu berichten weiß, ist bisher aus dem Verhör hervorgegangen, daß die Verhafteten ebenso wie der Haupttäter einer Terroristengruppe angehören und im übrigen nicht die einzigen Mittäter seien. Sie sollen erklärt haben, daß sie im Falle des Mißlingens des Marseiller Anschlages den Auftrag ^ hatten, in Paris einen neuen Anschlag gegen König Alexander zu unternehmen. Das Verhör wird fortgesetzt.
Das Kabirlejl UzunoMklsch von der Regentschaft kestStigi
Belgrad, 11. Okt. Der südslawische Ministerpräsident Uzuno- - witsch hat sämtliche Aemter seines Kabinetts der Regentschaft zur Verfügung gestellt. Die Regentschaft beschloß darauf, daß di, : jetzige Regierung Uzunowitsch im Amte bleibt.
Vereidigung des 'RegeniMisrares
Belgrad, 11. Okt. Der Senat und die Skuptschina traten am - Donnerstag nachmittag zu einer gemeinsamen Sitzung zusammen, um den durch die Verfassung vorgeschriebenen Eid auf König Peter den Zweiten abzulegen. Der Sitzungssaal der Skuptschina sowie die Wandelhallen waren mit schwarzem Tuch l ausgeschlagen. Sämtliche Senatoren und Abgeordnete, sowie das diplomatische Corps waren anwesend. Die Galerien waren bis auf den letzten Platz gefüllt.
Der Präsident des Senats. Tornas chitsch, eröffnete'die- Sitzung mit einer kurzen Trauerrede für den ermordeten König Alexander, dessen außerordentliche Taten im Krieg und Frieden er feierte. Bei der Erwähnung des neuen Königs Peter des Zweiten bereitete die Versammlung diesem stürmische Huldigungen. Tomaschitsch verlas sodann den Abgeordneten und Senatoren die Eidesformel, die diese stehend und mit zum Schwur erhobenem rechtem Arm nachsprachen. Nach der Vereidigung der Parlamentsmitglieder wurde Prinz Paul feierlich in den Saal geleitet. Er und die beiden anderen Mitglieder des Regentschaftsrates, sowie die drei Stellvertreter begaben sich zum Präsidium und legten in die Hände des Senatspräsidenten den verfassungsmäßigen Eid ab, demzufolge sie dem König Treue halten und auf Grund der Verfassung und der Staatsgesetze herrschen würden. Nach der Vereidigung sprach Prinz Paul einige Dankesworte für das Vertrauen, das man - ihm entgegenbringe. Als er darauf das Gebäude der Skuptschina ^ verließ, bereitete ihm die auf der Straße harrende Menge große
Huldigungen.
Louis Varthou,
der ebenfalls dem Attentat zum Opfer fiel. —/
Ws--
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Ein Roman vom neuen Deutschland von Paul Hain.
-1 RaLdmck o-rlotiN.
„Ursel", denkt er ganz tief.
Und dann rauschen Sommerabend und Sehnsucht durch ihn hin — unentrinnbar. —
Grete Lindström schmiegt sich in seine Umarmung und schlingt ihm die Arme um den Hals. Er preßt sie fest an sich. Ursel? Grete? Die Nacht duftet, die Erde reift.
Ein kleiner Seufzer —
Grete Lindström hebt den Kops flüchtig. Wo kam das her? Ein leichtes, zerftatterndes Geräusch. Ach — da mag im Schatten der Bäume noch so manches Paar stehen.
Sie schüttelt das Haar und hebt ihr junges, frohes Gesicht Heinz entgegen.
„Du — Heinzelmann —"
Ihr Mund blüht aus. Er beugt sich darüber — findet ihn — fühlt die warme, frohe Zärtlichkeit ihrer Lippen und versinkt in dem Rausch dieser Stunde, in der sein Herz glaubt, Ursel zu küssen in einem letzten, verzweifelten Abschiedskuß, der voll von Leidenschaft ist.
„Lieber — lieber Heinz —"
Sie sehen in ihrer Umarmung nicht den Schatten, der in einiger Entfernung an ihnen vorübergleitet und dem lebendigen, lärmvollen Hin und Her des Gartens zustrebt wie ein Fliehender.
Als sie sich voneinander lösen, hören sie gerade Krauses Stimme, der einen Kahn unweit von ihnen am User löst und vernehmlich flüstert:
„Nu mal schnell rin, Mieze. Ihr Mächens müßt sowieso bald nach Hause — da is keene Zeit zu verlieren, wenn wir noch 'n bihken Mondzauber genießen wolln. Hoppla, Kleene —"
Der Kahn stößt ab.
Heinz streicht sich über die Stirn und lächelt.
„Der Kraus« natürlich. Der ist glücklich —"
„Du etwa nicht?" fragt das Mädchen neben ihm und lacht leise. Er hält noch den Arm um sie.
„Ja, natürlich", murmelt er, „natürlich — kleine Grete
-Sein Blick geht zurück zu den bunten Lampions und den Hellen Lichtern des Gartens. Vielleicht sieht er die eilende Gestalt, die da den Weg entlangläust? Vielleicht irrt ein dunkles, seltsames Ahnen in diesem Augenblick durch seine Seele, so daß gerade jetzt sein Arm heruntersinkt und Grete Lindström ihn etwas verwundert von der Seite anblickt!
'Wer kennt die geheimnisvollen Ströme, die verwandte Seelen magisch verbinden.
Aber da taucht jene Gestalt schon im Gewühl der Menschen unter. Ein Heller, flatternder Schatten. Und Grete Lindström hakt den Arm bei Heinz ein und flüstert bittend:
„So bleib doch, Liebster, es ist dunkel hier und so schön!"
Herr von Stumm und Doktor Schweidnitz vom Arbeitslager der Mädchen gehen nebeneinander. Sie kommen aus dem Drägerschen Gasthaus, wo es ihnen zu laut geworden ist, in den Garten, um frische Lust zu schnappen. Sie sind bester Laune. Sowohl wegen des gutgelungenen Festes als wegen der zwei Pullen Rotwein, die sie im Laufe des Abends getrunken haben.
„Nanu?" sagt Hauptmann von Stumm mit einemmal und streckt die Arme aus.
Kurz vor ihm taumelt eine Mädchengestalt. Das Helle Kleid flattert schmeterlingshaft, sinkt ein wenig zusammen — da fängt es der Hauptmann gerade noch aus.
Ein blasses Gesicht schaut ihn an. Große Augen, die einen matten, gehetzten Glanz haben. Ein Gesicht 'dessen schöne Züge von einem ungeheuerlichen Leid überschattet zu sein scheinen. Eine zitternde, verwehende Stimme:
„Ich muß — weiter —"
„Aber Sie fallen ja um, Verehrteste", sagt Herr von Siumm und ist einen Augenblick lang erschüttert von dem tragischen Ausdruck im Gesicht dieses jungen Mädchens, das
er da in den Armen hält. Doktor Schweidnitz will sie stützen, aber sie richtet sich schon selbst auf. Heftig und voll zuckender Energie.
„Verzeihen Sie", flüstert der blasse Mund, „eine klein« Schwäche. Die schwüle Luft —"
Sie löst sich aus den Armen Herrn von Stumms.
„Ich — ich danke Ihnen —"
Ehe jene noch etwas sagen können, eilt sie an ihnen vorbei und entschwindet seitlich vom Gasthaus, wo das Gartentor auf die Chaussee führt.
„Kannten Sie das Mädchen?" fragte HauptmaV Stumm Doktor Schweidnitz. Der schüttelt den Kopf.
„Keine Ahnung. Vielleicht ein Sommergast —"
„Sie sah bildhübsch aus".
Die beiden gehen weiter. Eben intoniert die Kapelle
das Lagerlied. '
„Ein Volk tritt an! Wer bliebe da zu Hause?
Ein Volk baut aus, mit Muskelkraft und Hirn!
Heraus aus jeder allzu engen Klause. .
Jetzt endlich hebt sich stolz und frei die Stirn!" —
Ueberall singen sie es mit — im Garten, im Saal in Len Gastzimmern, in den efeuuMsponnenen Lauben, die » hier und da im Garten als besondere Attraktionen des Drägerschen Betriebs stehen. '
„Millionen Kameraden sind wir alle, ^
Wer abseits steht, ihn reiht der Strom doch mit.
Daß selbst der Letzte noch mit Sang und Schalle , Nun mitmarschiert im gleichen Schritt und Tritt.
Und lachend geht's von Mann zu Mann:
.Grüß Gott, Kamerad, !
Ein Volk tritt an!'
Ein Volk weiß wieder, daß es nur sich selber Vertrauen kann und seiner eignen Kraft,
'Und daß ein Faustdruck von Millionen Fäusten Sich selber Brot und Freiheit neu erschafft." — ,
(Fortsetzung folgt.)