geführt, die in der letzten Zeit innerhalb des Kabinetts zutage getreten waren.

Oberst Adam, bisheriger Schriftleiter bei der christlich­sozialen Reichspost, ist zum Kommissar für Heimatdienst ernannt worden und übernimmt damit Aufgaben, die bisher von dem Bundeskommissariat der Propaganda ausgeführt wurden.

Eine amtliche österreichische Erklärung

Wien. 11. Juli. Amtlich wird mitgeteilt: Der Bundespräfident hat die Umbildung des Kabinetts genehmigt. Wie die politische Korrespondenz erfährt, ist der politische Grund für die Regie­rungsumbildung vor allem in der Tatsache zu suchen, daß Bundes­kanzler Dr. Dollfuß die für die Innen- und Außenpolitik der Bundesregierung besonders wichtigen Ressorts übernimmt und i persönlich führt. Dadurch sollen die letzten Reste staatsfeindlicher Bewegungen in Oesterreich endgültig beseitigt werden. Der Rück­tritt der Bundesminister E n d e r und S ch m i tz ist auf die neue Bundesverfassung zurllckzusllhren, nach der die Funktionen eines Landeshauptmanns mit denen eines aktiven Bundesministers unvereinbar sind. Zn der Berufung des bisherigen österreichi­schen Gesandten m Berlin, Tauschitz. zum Staatssekretär für aus­wärtige Angelegenheiten liegt keinerlei Aenderung in der Ziel­setzung der Art der Politik Oesterreichs. Mit besonderem Be­dauern wird der Rücktritt des Bundesministers für Landesver­teidigung, Schönburg-Hartenstein, ausgenommen, der eine der hervorragendsten Persönlichkeiten der österreichischen Armee ist. Sein Rücktritt soll aus familiären Rücksichten erfolgt sein. Die persönlichen freundschaftlichen Beziehungen Schönburg-Harten­steins zu Bundeskanzler Dollfuß sind allgemein bekannt, und nur die von dem Minister vorgebrachlen Gründe konnten den Bundes­präsidenten und den Bundeskanzler bewegen, seinem Rücktritts­gesuch Folge zu leisten.

Icr Arbeitrmrki

Arbeit und Arbeitslosigkeit im Landesarbeitsamtsbeztrk Süd- westveutschland im Monat Juni 1834 Die Arbeitsschlacht in Südwestdeutschland stand im Juni im Zeichen des neuen Gesetzes zur Regelung des Arbeitseinsatzes in Stadl und Land, das den Kampf gegen die Arbeitslosigkeit in den Großstädten und Sie Behebung des Landarbeitermangels zum Ziele hat. In Durchführung des Gesetzes wurde eine An­zahl der aus öffentlichen Mitteln finanzierten Notstandsarbeiten hauptsächlich in Bezirken mit geringer Arbeitslosigkeit planmäßig vorübergehend eingestellt, was einen Rückgang der Zahl der be­schäftigten Notstandsarbeiter um rund 13 808 Mann zur Folge hatte. In einigen Arbeitsamtsbezirken ist daher die Zahl der Arbeitslosen gegen den Vormonat etwas gestiegen, in den größe­ren Städten aber, in Stuttgart, Mannheim, Karlsruhe, Frei­burg. Heidelberg. Ulm und Heilbronn sowie in anderen indu­striellen Bezirken, konnten die Arbeitslosenzahlen weiter gesenkt werden, so daß im Eesamtbezirk Südwestdeutschland im ganzen nochmals eine Abnahme der Arbeitslosenzahl um 2568 Personen zu verzeichnen war. Von den Berufsgruppen wiesen neben dem Baugewerbe das Ende Juni eine um rund 1880 Mann größere Arbeitslosenzah! aufweist als Ende Mai, nur die Gruppe der ungelernten Arbeiter, die Forstwirtschaft und das Bekleidungs­gewerbe leicht zunehmende Zahlen auf. Die übrigen Berufs- i gruppen zeigten weiterhin abnehmende Arbeitslosenzahlen. Dis j Gesamtzahl der Arbeitslosen am 20. Juni betrug noch 116 126 s Personen. Aus die Arbeitsämter in Württemberg und Hohen- ^ zollern kamen 27 983 Arbeitslose (22 621 Männer und 53 t2 ^ Frauen), am die Arbeitsämter in Baden 88 463 Arbeitslose j (67 701 Männer und 20 762 Frauen). j

Von den Unterstützungseinrichtungen der Arbeitslosenhilfe i wiesen die Arbeitslosenversicherung eine Zunahme um 1864, sie ! Krisenfürsorge eine solche um 987 Hauptunterstützungsempfängsr auf, während die Belastung der öffentlichen Fürsorge wieder um rund 2000 Wohlfahrtserwerbslose zurückgegangen ist.

Der Stellvemeiek des Führers

NSK. Der Stellvertreter des Führers hat folgende Anord­nung erlassen: ^

Unbeschadet der grundsätzlichen und im Programm der ^ NSDAP, verankerten Schaffung eines gesunden Mittelstandes haben Kämpfe zwischen einzelnen Einrichtungen der deutschen ! Volkswirtschaft zu unterbleiben. Wegen Zugehörigkeit zu Verbrauchergenossenschaften darf kein Partei­genosse oder Volksgenosse angegriffen oder benachteiligt werden. Die geschäftliche und die Mitgliederwerbung der Verbraucher­genossenschaften wie auch die Werbung des Einzelhandels hat sich jedes politischen, weltanschaulichen oder kämpferischen Ein­schlages zu enthalten. !

München, den 9. Juli 1934. gez. Rudolf Heß. >

Ko/e/«cr/7e, Ko/e/?rcr/7e

Roman von Käthe INehner

Lop^rißkl Martin keuclilvvanger, Hülle (8asle) zo ÄLÄvruck vrrbotin.

Sie würden sich in den kleinen Nebenraum setzen, schlug Wangenheim vor. Da würde man sie kommen sehen, ohne ^ daß man selbst bemerkt werden konnte. -

Der bedienende Ober hatte bereits vorsichtig angedeutet, daß Fürst Luebergs und Fräulein Bergmanns Verhältnis zueinander freundschaftlich, kameradschaftlich sei. Mehr habe er beim besten Willen bisher nicht feststellen können. I

Die Uhr schlug nun elsmal. Silberhell zitterten die Schläge durch den dämmerigen Raum.

Die Zeit verrann. Jeden Augenblick mußte sie Ein­treten. , . .

Ein Viertel nach elf Uhr. Ein Boy riß die Tur ganz weit auf.

Frau Bergmann, Rosemarie und Fürst Leuberg traten in das Lokal.

Wangenheim, der soeben sein Weinglas zum Munde führte, muhte es schnell wieder auf den Tisch stellen. So sehr zitterte seine Hand.

Ab und zu hatte er Gelegenheit, an den Tisch hinüber­zublicken, an dem Rosemarie saß. Ihr Gesicht war im Hellen Lichtkreis der Lampe, und so konnte Wolfgang Wangenheim es ganz deutlich erkennen.

Am liebsten wäre er aufgesprungen und zu ihr geeilt, aber das war nicht möglich nichts war möglich. Andere waren da; andere, die er nicht kannte, nahmen, ohne zu fragen, von ihr Besitz, von ihr, die ihm gehörte jetzt und immer. Es war ja nur Schein, was dort geschah. Zu ihm gehörte sie. Zu ihm allein!

War Rosemarie nicht freudig erregt? Stand nicht ein Heller Schein der Freude in ihren Augen? Und wie herz-

! Sie Mstiimmig im öMgebiet

! Berlin, 3. Juli. Von zuständiger amtlicher Stelle wird mit- geieill: Der Völkerbundsrat hat die Volksabstimmung im Saar- gebict auf Sonntag, den 13. Januar 1935, festgesetzt. Abstim­mungsberechtigt ist ohne Unterschied des Geschlechts und der Staatsangehörigkeit jede Person, die am 13. Januar 1935 20 Jahre alt ist und am Tage der Unterzeichnung des Ver­sailler Vertrages, das ist der 28. Juni 1919, im Saargebiet ge­wohnt hat. Nach dem vom Völkerbundsrat festgesetzten Ab­stimmungsreglement ist grundsätzlich jede Person abstimmungs­berechtigt, die an diesem Tage im Saargebiet ihren gewöhn­lichen Wohnort hatte und sich dort mit der Absicht des Ver­bleibens niedergelassen hatte.

Eine bestimmte Anwesenheitszeit wird somit nicht verlangt; auch wer sich erst am Stichtag, dem 28. Juni 1919, im Saar­gebiet niedergelassen hat, ist abstimmungsberechtigt.

Andererseits ist die vorübergehende Abwesenheit vom ständigen Wohnort im Saargebiet ohne Einfluß auf die Stimmberechtigung, vorausgesetzt, daß der Wille bestand, den tatsächlichen Aufenthalt im Saargebiet beizubehalten. Es sind sonach beispielsweise auch abstimmungsberechtigt:

a) Personen, die aus einer Gemeinde des Saargebiets zur Erfüllung des Militärdienstes eingezogen, am 28. Juni 1919 aber noch nicht an ihren ständigen Wohnort im Saar­gebiet zurückgekehrt waren, weil sie noch bei ihrem Trup­penteil standen, oder sich in Gefangenschaft befanden oder infolge Verwundung oder Krankheit noch nicht in das Saargebiet zurückkehren konnten;

b) aktive deutsche Militärpersonen, die vor der Besetzung des Saargebiets bei einem im Saargebiet garnisonierenden Truppenteil standen und bei der Besetzung das Saargebiet verlassen mußten, ihren Wohnsitz daselbst aber bis 28. Juni 1919 noch nicht aufgegeben hatten. In Betracht kommen Offiziere, Militärbeamte, Unteroffiziere und Kapitulanten, nicht aber die lediglich zur Erfüllung ihrer Militärdienst­pflicht Eingezogenen;

c) Personen, die sich über den 28. Juni 1919 zu Besuchs-, Stu­dien- oder Ausbildungszwecken außerhalb ihres im Saar­gebiet gelegenen ständigen Wohnorts aufgehalten haben, selbst wenn sie am 28. Juni 1919 im Saargebiet polizeilich nicht gemeldet waren;

d) Personen, die über den 28. Juni 1919 vorübergehend außer­halb ihres ständigen Wohnorts im Abstimmungsgebiet eine Dienst- oder Arbeitstätigkeit ausgeübt haben;

e) Personen, die am 28. Juni 1919 von ihrem ständigen Wohn­sitz im Saargebiet verreist waren und sich polizeilich, ab­gemeldet hatten, um z. B. während der Reise am Aufent­haltsort Brotkarten zu erhalten;

f) Personen, die am 28. Juni 1919 zwangsweise, z. B. durch Ausweisungsbefehl der damaligen Vesatzungsmächte, von ihrem ständigen Wohnort im Saargebiet ferngehalten worden sind oder die aus dem Saargebiet geflüchtet und bis 28. Juni 1919 nicht zurückgekehrt waren.

Der Aufenthalt von Minderjährigen und Entmündigten am 28. Juni 1919 bestimmt sich nach dem Aufenthalt der Personen, die die väterliche Gewalt oder dis Vormundschaft über sie aus­übten. Der Aufenthalt der Eltern oder des Vormunds hat aber dann keine entscheidende Bedeutung, wenn ein Minderjähriger, der zu dieser Zeit getrennt von seinen Eltern oder seinem Vor­mund wohnte, selbst für seinen Unterhalt sorgt«. Eine am 28. Juni 1919 im Saargebiet beschäftigte Minderjährige, die dort ihren Unterhalt als Hausgehilfin selbst verdiente, ist also abstimmungsberechtigt, auch wenn ihre Eltern damals nicht im Saargebiet wohnten. Die verheiratete Frau teilt den Auf­enthalt ihres Ehegatten, sofern die Ehe vor dem 28. Juni 1919 geschlossen war.

An alle im Reich außerhalb des Saargebiets wohnhaften Personen, die auf Grund der vorstehenden Richtlinien die Ver­leihung der Abstimmungsberechtigung beanspruchen können und sich bisher noch nicht gemeldet haben, ergeht die Aufforderung, sich umgehend bei der Saarmeldestelle ihres jetzigen Wohn­orts (beim Einwohnermeldeamt, in den Städten beim zustän­digen Polizeirevier) zu melden. Soweit möglich, sind Nachweise über den Wohnsitz am 28. Juni 1919 (An- und Abmeldebeschei­nigungen, Beschäftigungszeugnisse, Militärpapiere usw.) mit­zubringen.

Deutschland fordert Einschreiten in der Memelfrage

Berlin, 11. Juli. Der Neichsaußenministei hat am Diens­tag mittag die Botschafter Frankreichs, Englands. Italiens und Japans empfangen, um sie nachdrücklich aus die V e r-

hältnisse im Memelgebiet und die Notwen­digkeit eines unmittelbaren Eingreifens der Signatar Mächte Hinzuwelsen.

Der Führer der Wirtschaft, Keßler, abberufen

! Verlin, 11. Juli. Der Neichswirtschaftsminister hat den bisherigen Führer der Wirtschaft, Generaldirektor Phi­lip p K e ß l e r» von seinem Posten als Führer der Wirt- > schaft, mit sofortiger Wirkung abberusen. Vis zur end- ! gültigen Regelung ist der stellvertretende Führer der Wirt- ! schaft Graf von Goltz, mit der alleinigen Wahrneh­mung der Führung der Geschäfte beauftragt worden.

Benutzung von Eil- und^ Schnellzügen i ^ . . . mit Arbeiterwochenkarten frei

i Berlin, 11 . Juli. Wie die Reichsbahn-Hauptverwaltung be­kannt gibt, können Eil- und Schnellzüge nunmehr allgemein mit Arbeiter- und Kurzarbeiterwochenkarten, Angestelltenwochen­karten und Kurzarbelterwochenkarten für Angestellte gegen Zah­lung der vollen tarifmäßigen Zuschläge benutzt werden, während I dies bisher nur in Einzelfällen gestattet worden war.

> Polnisch-deutsche Agrarverhandlungen

! Warschau, 11. Juli. Die Verhandlungen der polnischen und deutschen Sachverständigen über die Anwendung der in Berlin ! im Laufe des Besuches der polnischen Agrarabordnung gefaßten ? Beschlüsse sind ausgenommen worden. Die Beschlüsse haben den Zweck, die polnisch-deutschen Handelsbeziehungen zu erweitern.

Borilbergkhend keine Besetzung des österreichischen

Gesandien-ostens in Berlin

Wien, 11. Juli. In unterrichteten Kreisen verstärkt sich der Eindruck, daß die österreichische Regierung vorläufig nicht die Absicht hat, nach der Ernennung des gegenwärtigen Ber­liner Gesandten Dr. Tauschnitz zum Staatssekretär des Aeuße- ren den Berliner Posten in nächster Zeit wieder zu , besetzen. Es soll vielmehr im Hinblick auf die gegenwärtigen ? Beziehungen zwischen Deutschland und Oesterreich der Plan be­stehen, den Berliner Posten für einige Zeit unbesetzt zu lassen. - In politischen Kreisen erblickt man darin einen betonten Schritt

> der österreichischen Regierung, die offenbar damit nach außen ' hi» die Spannung zwischen Deutschland und Oesterreich zum

Ausdruck bringen will. Die endgültige Entscheidung über die ! Besetzung des Berliner Eesandtenpostens soll erst nach der Zu- f sammenkunft zwischen Mussolini und Dollfuß in Ric-

> cione Ende Juli fallen.

. Sollte sich diese Meldung bewahrheiten, so handelt es sich offenbar um eine Verlegenheitsmaßnahme, den die österreichische Regierung ist anscheinend nicht in der Lage, angesichts des j gegenwärtigen Standes der deutsch-österreichischen Beziehungen f aus ihrem Bestand einen Anwärter zu präsentieren oder aus dem Kreise der geeigneten Persönlichkeiten denjenigen zu fin­den, der die Aufgabe zu übernehmen bereit wäre.

Mißlungene Projekte"

Italienische Blätter zum Barthou-Vesuch Rom, 11. Juli. In den italienischen Blättern wird nach Ab­schluß der Besprechungen Varthous in London in allen Uever- schriften die Reise als ein Fehlschlag bezeichnet.Mißlungene ^ Projekte",Kein Abkommen",Ausweichende amtliche Com- muniques",Verschwundene Illusionen" und ähnlich lauten die i Titel.

IGazetta del Popolo" schreibt: Offenbar wolle England weder etwas von Bündnissen, noch von einem Ostlocarno wissen, i Barthou sei nach London mit sehr gefährlichem Ge­päck gekommen: Stärkung der Blockpolitik und Abschluß von j Militärbündnissen. Er habe aber ein England vorgefunden, das über die übernommenen Verpflichtungen hinaus keine neuen . auf sich nehme. Auch hinsichtlich der sonstigen Fragen, besonders der Abrüstung, sei keine Annäherung der gegen­seitigen Stellungnahmen festzustellen.

Stampa" erklärt, daß man jetzt nach Varthous Londoner Reife eine erste Bilanz über die Lage ziehen könne. Der Besuch Varthous in Brüssel habe keine für Frankreich günstigen Er­gebnisse gezeitigt. Auch die Resultate der Warschauer Reise seien s unbedeutend. Die erwünschte Wiederannäherung der polnischen ! Politik an die französische finde sich, nicht bestätigt. Die Regie­rung Pilsudski führe eine autonome und unabhängige Politik unter Wahrung ihrer Freiheit gegenüber Deutschland. Dann

lich und lebhaft plauderte ihre Tante Berta, die ihn da­mals so kalt abgewiesen hatte.

Ich konnte mir denken", hörte er den Fürsten sagen, daß er Sie zur Erbin einfetzen würde. Das Testament war selbstverständlich schon lange vorher fertig. Oft hat er mir gesagt, daß er Sie lieb hatte wie ein eigenes Kind. Und andere Erben befaß er doch nicht."

Ja, aber er hat schon so viel an mir getan...", wehrte Rofemarie.Doch es ist ja so lieb und gut von ihm, daß er uns nicht aus seinem Hanse weist, sondern daß wir in aller Liebe sein Vermächtnis verwalten dürfen. Wie trost­los sah mich vor wenigen Tagen die Zukunft noch an, und wie licht ist sie jetzt geworden! Der gute Onkel Bvunnen- randt! Warum mußte nur sein Lebensfaden so schnell ab­reißen?"

Warum? Rosemarie hatte die Frage gestellt, die alle einmal stellen werden. Warum??

Wolfgang Wangenheims Augen hingen an Rossmaries Gesicht, rasch ging sein Puls.

Ein paarmal hob Rofemarie wie lauschend den Kopf, in ihre Augen trat eine selige Versonnenheit, und wie so oft, gingen ihre Blicke scheinbar durch Wände und Türen hindurch in eine unergrüdliche Ferne.

Fast lähmend wirkte auf Wolfgang die Stille in diesen Räumen, die nur ab und zu durch leises Murmeln unter­brochen wurde. Er drückte die Hände an die schmerzhaft pochenden Schläfen.

Sollte er hinübergehen? Sollte er vor sie hintreten?

Schon stand er auf. Da gewahrte er in einer Ecke des Raumes ein Klavier. Jetzt sich austoben können seinem Schmerz Luft machen... Wie mit magnetischer Kraft zog ihn das Instrument in seinen Bann.

Da trat er entschlossen heran, schlug den Deckel zurück.

Kühl, beruhigend hoben sich die Tasten aus der Däm­merung.

Wie im Traum begann Doktor Wangenheim zu spielen. Melodien klangen auf, versanken ...

So still war es in den Weinzimmern, daß man eine Nadel hätte fallen hören können.

Selbst das Murmeln der wenigen Gäste war jetzt ver­stummt. Alle lauschten Wangenheims Spiel, fühlten, daß Ungewöhnliches vorging.

Plötzlich löste sich aus den Variationen ganz klar eine schlichte bekannte Weise. Mit unsagbarer Inbrunst spielte Wangenheim das LönsscheAbendlied". Er wußte selber nicht, daß seine Lippen sich öffneten, und daß er qualdurch- bebt die Worte sang, die sein Schicksal geworden waren: Jedwede Nacht, jedwede Nacht hat mir im Traume dein Bild zugelacht, kam dann der Tag, kam dann der Tag wieder alleine ich lag.

Rosemarie fühlte, wie alles Blut ihr zu Herzen strömte. Das Lied! Ihr Lied!

Wie ein Messer durchbohrte jeder Ton ihr Herz...

Wer? Wer wagte das? Wer riß mit grausamer HaNd die Wunder wieder auf, daß sie bluteten, bluteten?

Wir werden immer beisammen sein, hörst du, Rose­marie, immer!" hörte sie eine Stimme neben sich-

Da stand sie wie eine Schlafwandelnde auf. Sie muhte sehen, wer das Lied spielte.

Jetzt bin ich alt, jetzt bin ich alt, aber mein Herz noch immer nicht kalt, schläft wohl schon bald, schläft wohl schon bald, doch bis zuletzt noch es hallt:

Rosemarie, Rosemarie, sieben Jahre mein Herz nach dir schrie,

Rosemarie, Rosemarie, aber du hörtest es nie ...

Die Töne verhallten. Bleich wie der Tod lehnte Rose- ! marie an einer Säule. Sie konnte den Sänger nicht sehen, dessen Gesicht ganz im Schatten war. (Fortsetzung folgt.)