Einsetzung eine» neue« Komitee» anstelle des alten mit einer völlig neuen und gegenüber den bisherigen Funktio­nen t>er Kontrollkommission wesentlich erweiterten Auf- gäbe. Eine derartige Einrichtung ist im Versailler Per- trag nicht vorgesehen und es erscheint daher wenig glaub­würdig, daß die englische Regierung setzt ihre Hand dazu bieten sollte, uns einen derartigen Eingriff in unsere Sou­veränität zuzumuten, der über die im Versailler Vertrag vorgesehene Maßnahme noch weit hinausgehen würde.)

Briand über Deutschland und die Wahlparole gegen PolnearL

Paris, 25 F«br Nach dem vorliegenden stenograpischen Wortlaut der Rede, die Briand gestern in Larcastonne gehalten hat. erklärte er weiter: Das Deutschland von gestern ist noch nicht vollkommen verschwunden, es hat sich durch Demokratie nicht befreit. Biele seiner. Regierungen leben noch in der Erinne- rung an das Kaiserreich und versuchen, sich der Verantwortlich­keit. die ihr Land aus sich genommen hat. zu entziehen Aber infolge des Kriegs ist Deutschland verarmt wie alle anderen kriegführenden Staaten nnd es kann die «ngehenren Summen nicht bezahle«, dir es aus Grund de, striedcnvvertrag, schuldet. Da der französisch« Steuerzahler diese Last nicht hat tragen wol- len. wäre e» gnt gewesen. Dentschland de» notwendige, Zah­lungsaufschub zn gewähren, damit « sein Ste'chqewichi hätte wieder finde» können. Man hätte «hm durch international, An. leihe» helfen sollen, die es auch uns gestattet hätten, «inen Teil unserer Schulden abzutragen. Weiter sagte Briand, er würde sich wundern, wenn es nicht gelingen sollte. Garantie-. Pfänder- und internationale Anleihen zustandezubringen, um diese Lö­sung zu erreichen, ahne daß Frankreich dir Konsequenzen der von Deutschland verlangten Zahlung völlig übernehme Nicht we­niger würde er sich wundern, wenn diese loyalen Bemühungen nicht ein befriedigendes Resultat Eiligen, durch das Deutschland gezwungen würde, auf jeden Hintergedanken einer Revanche zu verzichten. Er gehöre nicht zu denen, die behaupteten. Deutich- laird müsse schikaniert werden. Deutschland Hab« sein Gutes und sein Schlechtes. Die große Masse seiner Arbeiter wünich« sich frei­zumachen wie Frankreich. Am Schluss, seiner Red« gab Briand folgende Wahlparole aus: Es genügt n«cht, z» sagen: der natto- »ale Block mutz verschwinde^ sonder« der nationale Block muh nach tatsächlich verschwinden.

Italienische Theorien.

Turin, 25. Febr. DieStampa" warnt vor allzugro hem Optimismus hinsichtlich einer vollständigen Aende- rung der Politik Frankreichs gegenüber Deutschland und England,' denn bisher sei eine Aeußerung in der Sprache und Haltung Frankreichs nur im Einzelsav. aber nicht in der Gesamtpolittk festzustellen. Das Blatt schlägt dann vor. da die französische Presse die Reparationsfrage und die Sicherheitsfrag« erörtert«, sollten Italien und England folgend« zwei Grundsätze beherzigen: 1. daß Reparationen nur möglich seien, wenn die wirtschaftliche Einheit des Deutschen Reiches nicht auseinandergerisien werde; 2. daß wenn aus Sicherheitsgründen eine Zone Deutschlands un­ter der Aufsicht des Völkerbunds entmilitarisiert werde, eine entsprechende Zone Frankreichs di« gleiche Behand­lung erfahren müsse, da Deutschlands Selbstgefühl eine einseitige Behandlung nicht dulden werde.

Zur auswärtigen Lage.

Empfang de» neue«

japanische« Botschafter» durch den Reichspräsidenten.

Berlin, 28. Febr. Der Reichspräsident hat den neu- ernannten kaiserlich japanischen außerordentlichen Bevoll- »nächtigten, Botschafter Kumaturo Honda, zur Ent. gegennahme seines Beglaubigungsschreiben» und des Ad- berufungsschreibens des bisherigen kaiserlichen japanischen außerordentlichen Bevollmächtigten. Botschafters Eki Hicki. empfangen. Bei dem Empfang war der Minister des Aeußern. Dr. Stresemann. zugegen.. Der Botschaf- ter hielt dabei an den Reichspräsidenten eine Ansprache, worin er es als seine Ausgabe bezelchnrte, zur Befestigung de» Frieden», und Freuadschaftsverhältnisie» beizutragea. da» die beiden Nationen jetzt so glücklich wieder verbinde. Ter Reichspräsident erwiderte u. a.. daß er es mit Genugtuung begrüße, daß der Botschafter die Wiederan- knüpsung freundschaftlicher Beziehungen zwischen den bei­den Ländern fördern und die jetzt schon bestehenden guten Beziehungen noch weiter festigen wolle. Mit Genugtuung erfülle ihn auch die Wahrnehmung, daß die Annäherung der beiden Böller auf geistigem Gebiet durch die Berufung deutscher Gelehrter nach Japan und durch di« Entsendung von japanischen Studenten und Beamten zu Studienzwet- ken nach Deutschland wesentlich gesördert werde. Die Be­strebungen. die freundschaftlichen Beziehungen zwischen Deutschland und Japan zu festigen, würden stet» die Un­terstützung der Reichsregierung finden.

England nnd da» rassische Geschäft.

London, 25. Febr. Der diplomatisch« Berichterstatter de» »Daily Telegraph" meldet: Etwa zur Zeit der Absendung der britischen Note, die der Moskauer Regierung die cie-iure-An« drkemiuug gewährte, hatte Rakowski ein vertraulich« Unterre­dung mit Bankier» der City über die Aussichten britischer Kre­dite an Rußland in Höhe von SV4V Millionen Pfund. Es »urd« ihm geantwortet, datz keinerlei diesbezügliche Versuch«

unternommen werden könnte«, wenn die Sowzetregternng fich nicht bereit erkläre, alle Staats- und Privatlchulden an England und die Borkricgsschulden anzuerkennen und die britischen Eigen­tümern zugefügten Schäden oder beschlagnahmten Besitze in Ruß­land wiedergutzumachen. Einige Tage später zeigte Rakowski dem in Frage kommenden Bankier ein Telegramm aus Moskau des Inhalts, daß die Sowjetregierung diesen Bedingungen Nach­kommen werde.

Die russisch japanischen Reibungen.

Paris. 25. Febr. Nach einer Havas-Meldung aus Tokio meldet das BlattWahl", daß die Postverwaltung von Wladiwostok sich bereit erklärt bat, die japanische Handelspost zu übernehmen, nachdem diese die Zensur des russischen Handclsbureaus pausiert bat.

Der Hitler-Lndcndvr s Prozeß

München, 26 Fcbr. Die Verhandlung im Hitler-Ludendorfs- Prozeß wurde heute vormittag Uhr im Gebäude der In» fanterieschul« durch den Vorsitzenden. Landgerichtsral Neidhart, erofinet. Zum Schutze des Gerichtsgebäudes waren umfangreiche polizeiliche Sicherungen getroffen worden Nach Aufruf der ein­zelnen Angeklagten verliest der Vorsitzende der Slaatsanwalt- scbast München I. Erster Staatsanwalt Dr St engte In. die Anklageschrift. (Auszüge daraus werden wir nacktraaen.) Im weiteren Verlauf der Sitzung stellt Staatsanwalt Dr. Stenglein den Antrag, die Oeffenilichkeit auszuichließen, da sie ein« Ge­fährdung der staatliiben Sicherheit und Ordnung herbeiführen könne Die Erörterung der Angelegenheit werde Dinge zur Sprache bringen, deren Behandlung in der Oesientlickckell s-kwere Gefahren für den Staat, namentlich außenpolitischer Ricktung, herbeiführen würde. Geegn diesen Antrag erhob Rechtsanwalt Dr. Holl im Namen der Verteidigung Einspruch, indem er er- kliirie, daß die Verteidigung die Verantwortung für alle außen» und innenpolitischen Folgen ablehne Dr Holl bat das Gericht, den Antrag abzulehnen und die Dinge, soweit möglich, in vollster Oesteutliibkeit zu behandeln. Auch der Derteidiqer Brückners. Justizrat Kohl, trat für die Ablehnung der Antrags ein. Die Angeklagten böten persönlich Garantie dafür, daß sie jedesmal das Gericht darauf aufmerksam machen, wenn sie etwas zu sagen haben, das das Ansehen des Deutschen Reiches und Baaerns schädigen könnte. Justizrl v Zezjchwitz, einer der Vertei­diger Ludendorfss, betonte, der Staatsanwalt hätte seinen An­trag schon vor der Verlesung der Anklageschrift stellen müssen Der Verteidiger Hitlers, Rechtsanwalt Roder, erklärte, daß der Antrag in dieser umfassenden Form den Angeklagten durch­aus nickt gerecht werde. Sämtliche Angeklagten würden das Vaterland nicht schädigen und keinerlei Dinge in der Oesfent- lichkeit zur Sprach« bringen, die das Vaterland irgendwie schä- digen könnten. Das Gericht fällte hieraus folgenden Spruch: Für die Verhandlungen im Sinn« des Antrags des Staatsanwalt» wird di» Orfi«n1licht«it augrlchlosien Jugelalsen sind mir die Vertreter der Reichs- und Staatsbehörden. Kurz vor 12 Uhr wurde die Oefsentlichkeit wieder hergestellt. Ein Beschluß über den generellen Ausschluß der Oefsentlichkeit wurde vom Vor­sitzenden nicht verkündet. Aus der Tatsache der Zulassung der Pressevertreter und Zuhörer ergibt sich zunächst die Aufrechterbal- tnng der Oefsentlichkeit. Der Gerichisbof tritt sofort tn d-e Ver­nehmung der Angeklagten ein Als erster wurde Adolf Hit­ler aufgerufen, der In kurzen Strichen auf dt» Fragen des Vor­sitzenden ein Bild über seinen Lebenslauf im Feld« bis zur Uebernahme des Amtes als erster Vorsitzender der National- sozialistischen Deutschen Arbeiterpartei am 21. 7 1921 gibt. Der Vorsitzende schlägt dann vor. Hitler zusammenhängend über dir Beweggründe zur Tat seine Darlegungen machen zu lasten Um in diesen Ausiihrungen keine Unterbrechung rintreten zu lasten, wurde die Verhandlung kurz vor 12 Uhr auf ^2 Uhr nachmittags vertagt. Der Vorsitzende bat Hitler nunmehr, in Anbetracht des umfangreichen Prozeßmoterials sich io zu fasten, daß er zwar er'chSpfrnd, aber nicht zu weitschweifig berichte. Hitler nickt« bejahend.

Vermischte Nachrichten.

Ei» Polizeibeamter als Lustmörder verhaftet.

Berlin. 26. Febr. Zu der Festnahme eines Unterwacht. Meisters der Berliner Schutzpolizei wegen des Verdachtes, zwei Frauen in der Schleiermacherstrahe ermordet zu haben, teilt derBerliner Lokalaazeiger" mit. daß in dem Schrank des Verhafteten eine Drillichjacke gesunden wurde, die unzweifelhaft Blutspuren ausweist. Außerdem hat sich ein« kleine Taschenschere, di« unter dem Körper der er- mordeten Frau Krausmann gesunden worden war, als sein Eigentum herausgestellt. Der Berhastete hat seiner seit st ein. estandcn, und auch durch Zeugenaussagen ist er­wiesen, daß er eine Vorliebe sür Werke hatte, die sich mit Sexualverbrechen beschästigen.

Kostbar« Radiohörer.

Jede Zeit schasst sich ihre Bedürfnisse: Kaum hatten die englischen Damen den Radiohörer über den Kops ge­legt. da kamen st« auch schon dahinter, daß der Bügel ver- edelungssähig sei. Die Luxusindustrie ging ans Werk, überzog ihn mit Perlmutter, schmückte ihn mit Korallen, Bernstein und anderer Zier. Eine Lady gab einen Kops- Hörer aus echten Perlen in Auftrag, andere Damen lasten die über den Ohren liegenden Hörer von darüber ange­brachtem Schmuck verbergen. Da der Radiobügel aus die Frisur drückt, so muß das Haar jetzt schlicht glatt getragen werden. Wonach fich zu richten. (Frks. Ztg.j

Aus Stadt und Land.

Calw, den 27. Februar 1924.

Frühlingsboten?

Gestein wurden an der neuen Stuttgarter Steige zwei große Scharen neu anoekommener (oder durchreisender?) Staren beobachtet. Es mögen 200MO Stück gewesen 'ein. Sie dürsten wohl kaum bei uns vollendsÜberwin» tern'kp machten sie doch in ihrer Geschlossenheit den Ein­druck. auf Reisen zu sein. Immerhin weckten die schwatzen­den Vögel lebhafte Erinnerungsbilder.

Auswanderer.

Vorgestern nachmittag tr t in drei für Altona bestimm, ten Sonderwagen des Frankfurter Schnellzugs wieder eine große Zahl schwäbischer Landsleute, die-sich in Etutt- gart aus dem ganzen Lande gesammelt harten die Aus. Wanderung nach Argentinien an. Es waren gegen 2t«S Personen, darunter auch viele Familien mit Kindern, teilweise bis zum Säugling herunter. Auf dem Bahnhof hatten sich viele Angehörige versammelt, um den Auswan­derern nochmals Lebewohl zu sagen.

Zulassung von Funkanlagen.

Gymnasien und ähnliche höhere und gehobene Lehr, anstalten, sowie Mittel- und Fachschulen denen bisher nur klein« Funkanlagen ohne Außenfernempfang zugestanden waren, können künftig auf Antrag zur Einrichtung und zum Betrieb von Bersuchsfunkempsanasanlagen unter den­selben Bedingungen zugelasten werden, wie Hochschulen.

Eine Große Anfrage über die wirtschaftliche Lage.

(SEB.) Stuttgart, 26. Febr. Die Abgg. Gengler. Ehr­hardt. Ritter, Andre. Groß, Hanser, Gansr u. Gen. haben im Landtag folgende Große Anfrage eingebracht: Die der­zeit im Handel mit landwirtschaftlichen Produkten gefor­derten Preise stehen vielfach in keinem Verhältnis zu den meist niedrigen Erzeugerpreisen. Kartelle. Zwischenhan­del, Mühlen usw. ziehen übermäßige Gewinne. Ebenso nehmen die hohen Preise der meisten Jndustrieartikel we­der Rücksicht auf die ungünstigen Einkommensverhältnisse und die geschwächte Kaufkraft breiter Volksschichten, noch auf die so notwendige Behebung der Wirtschaftskrise, die gegenwärtig auf Reich und Land lastet. Der bestehenden Kreditnot wird seitens der Ranken in durchaus ungenü­gendem Maß Rechnung getragen, vor allem hinsichtlich der Zinspolitik. Die Folgen sind: Fortgang der Arbeitskrise, Gefährdung der Währung, schlechte Ernährung der Volks- masten, Unterdrückung der Arbeitsfreudigkeit und Arbeits­fähigkeit, Schwächung des Jnnenmarktes. Wie gedenkt das württ. Staatsministerium diesen Verhältnissen ent- gegcnzutreten? Ist es insbesondere bereit, beim Reich aus eine Verschärfung der Kartellverordnungen hinzuwirken?

Gegen die MilitSrkontrolle.

(STB.) Stuttgart, 25. Febr. Nach dem Dorgehe« Bayerns hat nun auch der württ. Staatspräsident Dr. Hieber im Namen seiner Regierung bei der Reichsregie. rung^Borstellung gegen die weitere militärische Kontrolle durch die Entente erhoben, die nicht mehr vertragsmäßig ist. Dr. Hieber ersucht, die Militärkontrolle nach Möglich- keil zu verhindern, da die Stimmung der Bevölkerung so gereizt sei. daß die Regierung für etwaige Zwischenfälle keine Verantwortung übernehmen könne.

(STB.) Stuttgart. 26. Febr. Als gestern abend 5 Uhr bei den Eisenmannwerken in Heslach ein sehr schnell fah­rendes Personenauto einem Wagen Vorfahren und einem anderen Fuhrwerk ausweichen wollte, kam das Auto durch zu rasches Bremsen aus dem eisigen Boden ins Rutschen, prallte an dem Straßendahnbankett ab und überschlug sich. Das Vorderteil des Autos ist zertrümmert. Der Chauffeur konnte nur noch als Leiche aus den Trümmern hervor- gezogen werden. Außer dem Chauffeur war glücklicherweise niemand im Auto.

(SCL.) Ludwigsburg, 25. Febr. Am gestrigen Sonn­tag janden sich an der weihevollen letzten Ruhestätte des Königs anläßlich seines heutigen Geburtstages viele Be­sucher ein, insbesondere auch ein« Vertretung von Jung- deut'chland. die einen Kranz mit Schleife niederlegte. Heute erfolgten zahlreiche weitere Kranzniederlegungen, insbesondere von den Kreisen der Offiziervereine.

(STB.) Fteia OA. Heilbronn. 26. Febr. Ein Land- wirt hatte ein eigenartiges Unglück im Stalle. Sein Vieh hatte Läuse, wodurch er sich genötigt sah. dies« mit Nikotin zu bekämpfen. Er verstand aber die Art der Bekämpfung anscheinend nicht richtig, denn drei Stück Lieh mußten not- geschlachtet werden.

(STB.) Rottwett, 26. Febr. Der Gemeknderat hat dem Fabrikanten Kiehn Trossingen Baugelände zu 50 Pf. sür 1 Quadratmeter und Bauholz zu 60 Proz. des Tages­preises zugewilligt für die Erstellung eines Fabrikneubau» für Papierverarbeitung. Es sollen etwa 200 Personen Be­schäftigung finden. Die Gemeindeverwaltung Trossinge« hatte Kiehn nickft das gewünschte Entgegenkommen gezeigt«