Unehrliche Abrustungspläne s
Soll die Landabrüstung die Hecresreservcu nicht umfasse«?
— Befremden in Deutschland.
TU. Berlin» lg. März. Die von amtlicher englischer Seite tu keiner Weise bestrittene Information, wonach in London zur Wiederflottmachung der Flottcnkonferenz inoffizielle Erörterungen geführt worden sind, mit dem Ziele,
daß England dem französische» Standpunkt bezüglich der
Herausnahme der Reserven aus der Abrüstung zu Lande nicht widerspricht,
hat in politischen Kreisen Berlins allergrößtes Aufsehen her- vorgernfen.
In Berlin steht man nach wie vor auf dem seinerzeit von dem Führer der Arbeiterpartei» Macdonald, nachdrücklich vertretenen Standpunkt, daß der französische Standpunkt bezüglich der Heeresrcserven einer wirklichen Abrüstung völlig ins Gesicht schlagen mutz. Wenn heute der Ministerpräsident Macdonald diesen seinen früheren Standpunkt zur Rettung seines vorgesteckten Zieles auf der Flottcnkonferenz preis- geben wollte, so bedeute das einen Versuch, bas Prestige der gegenwärtigen englischen Regierung, das mit einem Erfolg der Londoner Flottenverhandlungen verknüpft ist, zugunsten eines schweren Rückschlages in der gesamten Abrüstungsfrage zu retten. Macdonald würde sich damit ganz deu von ihm früher hartnäckig bekämpften Standpunkt des konservativen Außenministers Chamberlain zu eigen machen, daß England den Klottengegensatz zwischen England und Frankreich auf dem Rücken Deutschlands ausgleichen solle.
Parker Gilberts Schlußbericht
— Berlin, 2V. Mürz. Der Reparationsagent Parker Gilbert wird seine Arbeiten in Deutschland durch die Vorlegung einer Schlußbilanz abschließen. Es ist eigentlich ganz selbstverständlich, baß er vor dem Ausscheiden auS seinem Amte noch einmal einen Neparationsbericht ausarbeitet und daß ebenso dte übrigen Treuhänder gleichzeitig wie das bisher halbjährlich der Fall war, ihre verschiedenen Berichte einreichen. Man rechnet allgemein damit, daß der Bericht Parker Gilberts in den letzte» Tagen des März, spätestens in den ersten Aprkltagen, der Oesfentlichkeit übergeben wird. Vom 1. April ab läuft dann der neue Plan. Man darf allerdings gespannt sein, wie die Schlußkritik Parker Gilberts aussehen wird. In seinen Berichten hat er sich bisher einer ziemlich starken Zurückhaltung befleißigt, nur zwischen den Zeilen übte er von Zeit zu Zeit recht scharfe Kritik an den in Deutschland herrschenden Verhältnissen. Lediglich einmal, als er mit einem Memorandum an das Neichsfinauzmini- sterium herantrat, deckte er angebliche Fehler in unserem System auf. Seitdem ist er aber niemals wieder in dem gleichen Maße hervorgetretcn.
Dos Weslprooromm
Berlin, IS. März. Im Nachtragshaushalt für 1829 und im Haushalt 1831) beabsichtigt -ie Neichsregiernng zur Hebung der durch die neue Grenzziehung n rd d'e lange Be- satzungsdruer notleidend gewordenen Gebiete des Westens einen Gesamtbetrag von 2ll Millionen Reichsmark im ! Retchstag in Vorschlag z» bringe«.
Zu diesen Mitteln treten weitere Mittel für die Beschleunigung einer wirtschaftlichen Belebung aus dem Haushalt des Nelchsinnenmtnisteriums, insbesondere für die Inangriffnahme des E senbahnbrückenbaues bet Ludwigshafen- Mannheim, hinzu.
Die 20 Millionen Reichsmark werden veranschlagt: Zur Förderung der durch die Grenzziehung und lange Ve- satzungsdauer beeinträchtigten landwirtschaftlichen Produk- tionS- und Absatzverhältnisse — auch das Projekt der Ktn- ztgverlegung wird gefördert werden—, zur Gewährung von Beihilfen zum Bau von Wasserleitungen. Zur Förderung von Kleingewerbe» Handwerk, Einzelhandel und Industrie wird ein kleinerer Betrag zur Förderung des gewerblichen und kaufmännischen Fachschulwesens und em Betrag bis zu etwa einem Viertel der Gesamtsumme zur Beschaffung verbilligten Kredites möglichst durch dte bestehenden Kreditinstitute sowie zur Umwandlung bestehender kurzfrist ger
M Ule «iis »kill Wiise ««erg
Roman von Anny von Panhuys L7. Fortsetzung Nachdruck verboten
.Darum kann und darf Ich mich nkcht kümmern," gab er unmutig zurück. „Jedenfalls, wenn ich noch lange so herum- sitzen muß, werde ich mir bald selbst im Wege lein."
Er hatte kaum ausgesprochen, als sich das Telephon meldete
Paquita reichte ihm den Hörer.
.Herr Kraft möchte dich sehr dringend sprechen!"
Hans Westfal meldete sich.
Paquita beobachtete ihn und hörte ihn sagen: „Wie, ein Telegramm aus Deutschland ist für mich eingelaufen? Bitte, leien Sie es mir vor."
Ein Weilchen lauschte Hans mit angespanntester Auf- merksamkeit, sagte dann hastig: „Ich danke Ihnen, Kraft, n .r sprechen später noch über die Nachricht, mit der ich wirklich noch nichts Rechtes anzufangen weiß."
Er legte den Hörer auf di« Gabel und sich Paquita zu- wendend, erklärte er fassungslos: .Es ist «ine telegranhiscl)« Nachricht für mich ins Eampamento gekommen. Aus Frank- furt am Main von der Firma. Sie ruft mich unverzüglich in einer sehr wichtigen Angelegenheit zurück, die sie jedoch nicht nennt. Kraft soll offiziell die Oberleitung übernehmen. Was sagst du zu der Neuigkeit. Paquita?"
Ein flüchtiges Rot ergoß sich über ihr Gesicht, aber sie
schwieg. . .
Er hatte auch kaum eine Antwort erwartet.
.Ich werde nicht klug aus der Sache." rief er nervös und griff sich wie nachsinnend an die Stirn. .Ich werde aus der Saä-e nicht klug! So wichtig kann doch meine Anwesenheit in Deutschland kaum für die Firma sein, um eine so jah« Ab- rekle von hier zu rechtfertigen. Ich hätte doch vor allem die Bahn gern fertiggcbaut." ,
Er redete weiter, ober er wiederholte eigentlich immer dasselbe vor lauter Bestürzung.
und gewerblicher Kredite ln langfristige Hypothekar-Kredite bereitgcstellt werden. Zur Verbesserung der VerkehrSver- hältutsse wird mehr als e n Viertel der Gesamtsumme veranschlagt. Es werden insbesondere hierbei Zuschüsse für Straßenbanten, die Verbreiterung der Brücke über den Rhein bei Mainz und eine neue Brücke bei Koblenz über die Mosel, sowie für dte Förderung der Fremdenverkehrs- Propaganda, neben der Fertigstellung der Eisenbahn Ecsen- berg-Emkenbach in der Pfalz vorgesehen.
Der Kurswechsel in Rußland
TU. Konmo, 1i). März. Wie aus Moskau gemeldet wird, hat sich jetzt auch das Politbüro der kommunistischen Partei der Sowjetunion mit der L quidrerung der individuellen Bauernwirtschaften beschäftigt. Auch das Politbüro hat beschlossen, die Auflösung der individuellen Bauernwirtschaften solle langsamer vorgenommen werden, da die neu zu gründenden genossenschaftlichen Bauernwirtschaften weder das erfordert che Geld, noch Maschinen oder Saatgut besäßen und in verhältnismäßig kurzer Zeit sicher Zusammenbrüchen würden. Die Bildung von Kollektivwirtschaften solle nur gestattet sein, wenn eine gesunde materielle Grundlage dafür vorhanden sei, denn die Regierung könne die Kollektivwirtschaften nicht in dem erforderlichen Maße unterstützen. Dieser Beschluß des Politbüros wird in nächster Zeit durch den Rat der Volkskommissare veröffentlicht und in Kraft gesetzt werden.
Der deutsche Botschafter bei Litwinow.
TU. Konmo» 1». März. Wie aus Moskau gemeldet wird, hatte der deutsche Botschafter am Dienstag eine längere Unterredung mit Litwinow über die deutsch-russischen Beziehungen, in der verschiedene politische Fragen, die zur Zeit tm Vordergrund des Interesses stehen, berührt wurden.
Kleine politische Nachrichten
Gründung einer deutsch-polnischen Handelskammer. Nachdem der Handelsvertrag mit Polen nun zum Abschluß ge- kommen ist. hat der im Mai 1827 gegründete deutsch-polnische Wirtschaftsbund mit dem Sitz in Breslau nach Fühlungnahme mit den maßgebenden Wtrtschaftsvertretungen seine Umwandlung in eine deutsch-polnische Handelskammer vollzogen.
Der Rücktritt des polnischen Kabinetts genehmigt. Der polnische Staatspräsident hat dem Kabinett Bartel den erbetenen Rücktritt bewilligt und Professor Bartel und die einzelnen Minister mit der vorläufigen Wahrnehmung der Geschäfte beauftragt.
Amerika und die Auflegung der Aonng-Anleiheu. Der bekannte Teilhaber des Bankhauses Morgan, Thomas Lanwnt, hat die Mitteilung gemacht, daß auf dem amerikanischen Weltmarkt wahrscheinlich nicht mehr als 75 Millw- neu Dollar Neparationsbonds begeben werden würden. Das sei ein Betrag, der weit hinter den phantastischen Ziffern .'iiirttckblc de, die bisher genannt worden seien. In maßgebenden Kreisen der BIZ. ivird jetzt schon ernstlich der Gedanke erwogen, Europa, besonders Frankreich (l), in weit stärkerem Maße an der großen internationalen Transaktion zu beteilige», als das bisher geplant sec.
Meuterei im chinesische« Heer. Zwei Regimenter Kan- toneser Truppen, die in der Bias-Bucht stationiert waren, haben, nach Berichten aus Honkong, gemeutert. Die Offiziere beider Regimenter wurden getötet. Die kürzlich im Zusammenhang mit dem gegen die Seeräuber in der Bias- Bucht eingeleiteten Feldzug errichtete drahtlose Station wurde völlig zerstört. Eine Milctärabteilnng und drei Kanonenboote sind von Kanton aus zur Unterdrückung der Meuterei entsandt worben.
Die neuen Bombenanschläge in Holstein
Nachdem sechs Monate Ruhe geherrscht hatte, sind jetzt in Nordwestüeutschlanü wieder zwei Bombenattentate versucht worden. Das eine geschah in Bad Oldesloe, das andere in Neumünster, wo früher schon einmal ein Anschlag verübt
worden war. In Oldesloe hatten es die Attentäter auf das Stadthaus abgesehen, in Neumünstcr ans das Finanz imt. In beiden Füllen wurde kein Schaden angerichtet, da das Attentat rechtzeitig entdeck N--'"-"
Das Stadthaus in Bad Oldesloe. Der Pfeil be^ichn:t Das Finanzamt in Nenmünster.
den Keller, in welchem die Höllenmaschine gefunden wurde.
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Hochwasser in Mittelfrankreich
TU. Paris, 19. Mürz. Nach den furchtbaren Ueber- schwcmmungen in Südwcstfrankreich laufen nunmehr stündlich Nachrichten über das bedrohliche Anwachsen der mittelfranzösischen Flüsse ein. Die Flüsse Cher, Vienne, Jndre und Savne sind um mehrere Meter gestiegen und teilweise bereits über die Ufer getreten, wodurch zahlreiche Schifffahrtsstraßen unterbrochen wurden. Auch die Seme führt nach dem Anwachsen einiger Nebenflüsse Hochwasser und hat bet Paris den Stand von drei Metern erreicht.
Paquita unterbrach ihn schließlich.
„Die Firma Mannholz ruft dich sicher nicht, ohne wichtige Gründe dafür zu haben, nach Deutschland zurück. Kraft wird die Aufgabe, die In ihren großen Linien ja von dir festgelegt wurde, sehr wahrscheinlich zur Zufriedenheit lösen, sonst würde man ihn nicht damit betrauen."
„Ich will erst wissen, wozu meine Gegenwart in Deutschland nötig ist," lehnte er sich gegen die Maßnahme der Firma auf.
Paquita ward setzt lebhafter.
„Auf keinen Fall darfst du eine so eilige Verfügung der Firma durch eine Anfrage verschl-ppen und vielleicht sogar überslü stg machen. Man dürfte es dir kaum danken. Ich meine, Menschen in einer Stellung wie du, müssen wie Soldaten ihrem Vorgesetzten blind gehorchen."
Hans Westfal sah im Geiste die vertrocknete Mumien- gestalt seines Chefs vor sich, und er dachte, Paguita batte in diesem Falle recht. Blinder Gehorsam war hier am Platze.
Jakob Mannholz rief ihn bestimmt nicht unvermittelt zu- rück, wenn er seiner in Deutschland nicht dringend bedurfte. Und aus diesem Gedanken heraus meinte er: „Ich werde mich also nach der nächsten Fahrgelegenheit erkundigen."
Paguitn nickte und schien nachzusinnen.
Er blickte sie fragend an.
Noch einem Weilchen sagte sie: „W-mn ich nicht sehr irre, führt morgen der Frachtdampfer Pcrla de Veracruz nach La Habana, von dort hättest du An chluß an einen Schnelldampfer nach Hamburg. Zufällig erwäbnte Sennor Didal etwas derartiges vor ein paar Tagen. Eennor Didal gestattet dir auch sicher, mit der Pcrla de Veracruz bis La Habana zu fahren und dürfte dir gern genauere Auskunft geben."
Sennor Didal? Hans überlegte, wer das war.
Ach so, dos war der einflußreiche Herr, dessen Schiffe bi« Erzeugnisse Mexikos in alle Länder trugen. Er. der die lange Rede am Verlobungsnbcnd gehalten und ihn schon als Bür- ger Mexikos gefeiert hatte.
Hans Westfal überlegte.
Schiffsbrand auf de.n Magdalenenslrom
TU. London, 19. März. Einer Meldung aus La Dorada ln Kolumbien zufolge brach auf einem aus der Hafenstadt Barranquillo am Karabischen Meer eingetroffenen Fluß- Kampfer mit Oelladung Feuer aus, wobei der Dampfer sank. Von der Besatzung ist der Kcqiitän und ein Matrose umgekommen. Der Kapitän weigerte sich, das Schiff zu verlassen und verbrannte auf der Brücke. Die Ursache des Brandes ist noch nicht ermittelt: es wirb Brandstiftung vermutet.
Paquita fand, bas Schweigen dauerte zu lange.
„Wenn es dir recht ist, spreche ich sofort telephonisch mit Sennor Didal," schlug sie vor. „Bedenke, es wäre doch für dich eine ganz ausgezeichnete Gelegenheit, dem Rufe deines Chefs fast umgehend zu folgen .Der nächste für dich in Frage kommende Passagierdampfer legt hier erst in zwei Wochen an."
Hans Westfal hatte bas Empfinden, es lag Paquita sehr daran, ihn zu einer möglichst schnellen Abreise zu bewegen.
Er glaubte sie zu verstehen, denn der Zustand zwiscben ihnen war peinlich und schuf für sie beide oft unangenehm« Situationen, weil man sie allgemein noch für ein verliebtes, glückliches Paar hielt.
„Es wäre sehr gütig, Paquita, wenn du dich erkundigen würdest," erwiderte er auf ihre Frage von vorhin.
Sie telephonierte sofort und es zeigte sich, wie gut st« unterrichtet gewe'en, denn alles, was sie eben gesagt, stimml«.
Sennor Didal war selbst am Telephon und anscheinend hocherfreut, dem Verlobten Paquita Domingos einen Dienst erweisen zu können.
Selbstverständlich sei er hochwillkommen auf der „Perla", die ihn gut und sickier nach La Habana bringen würde. Mit der Höflichkeit seiner Nation stellte er Hans Westfal das ganz« Schiff zur Verfügung.
Später fand Hans die Abreise denn doch etwas zu überstürzt.
Er betonte: „Es bleibt mir ja nicht einmal mehr di« Zeit, ins Eampamento zu fahren, um mit Kraft persönlich zu sprecl^n, was doch notwendig ist. Auch habe ich noch einioe Kleidungsstücke draußen."
Paquita war voll fiebernder Unruhe.
Hans mußte die Fahrgelegenheit morgen benutzen, er mußte.
Auf keinen Fall durfte er noch einmal ins Eampamento zurück, denn sonst war alle ihre Mühe null und nichtig.
Im Eampamento wartete die Gefahr auf ihn, vor der sie ihn bewahren wollte.
^ (Fortsetzung folgt.) »