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Nummer 221
Femruf 479
Montag, den 22. September 1S3V
Fernruf 479
Der Vherallerie NlkerRmd
Der Völkerbund wird langweilig. Keine Tagung — von außen her gesehen — langweiliger und müder als diese Herbsttagung, die wohl die sechzigste ist. Kein Wunder, daß diesmal die Kritik an der Arbeit des Bunds, namentlich seitens der Neutralen oder „Unparteiischen" heftiger und zahlreicher war als je. Die „Z e i t" ist der Gesellschaft der Nationen daoongelaufen.
Der Völkerbund war gegründet worden als eine Gesellschaft zur Ausbeutung des Siegs. Das heißt zur Niederhaltung Deutschlands, zur Auspressung Deutschlands bis zum Weißbluten. Darin war das Dreigestirn London-Paris-Rom einig. Und der Trabantengürtel, der um dieses Dreigestirr? kreiste, von Warschau nach Bukarest bis Belgrad, war ebenfalls dieses Sinns. Dieser aus Haß und Angst geschweißte Kern des Völkerbunds hat sich gelockert: Italien geht längst eigene Wege; so sehr eigene Wege, daß die Londoner Seeabrüstungskonferenz an der italienisch-französischen Gegnerschaft scheiterte . . . und heute baut Frankreich seinen Festungsgürtel gegen Italien in rascherem Tempo aus als jenen gegen Deutschland. (Bezahlen müssen wir sie beide.) E n g l a n d hat sich auf seine Weltinteressen besonnen. In England sieht man in einer politischen Hörigkeit an Frankreich keineswegs mehr einen zureichenden Ersatz für das in Versailles geopferte Gleichgewicht in Europa. Also: Gegensätze der politischen Interessen, offene Unfreundlichkeit und Feindseligkeit unter den Großmächten, die du ewige Dauer des „Geistes von Versailles" in Genf garantieren sollten. Es ergibt sich jedenfalls die Tatsache, daß die „Zeit" an die Stelle der Orientierung von Versailles ein gärendes werdendes Neues gesetzt hat. Der Völkerbund ist unzeitgemäß geworden, er ist überaltert in Organisation, Männern und Methoden.
Diese Entwicklung ist natürlich auch in den Kreisen des Völkerbunds begriffen worden. Niemand hat sie so vollkommen begriffen wie B r i a n d. Wenn man die Dinge einmal nicht aus dem deutschen Gefängnis heraus betrachtet, so wird man dessen inne werden, daß Locarno, Kellaggpakt, Frankreichs Bündnispolitik nur Bausteine waren zum Ziel eines französischen Europa. Das französische Europa — alter Napoleongedanke — sollte über den Völkerbund hinauswachferr. Der Briandsche Plan war zum Scheitern verurteilt schon aus Gründen persönlicher Art: Chamber- l a i n, der auch für dieses französische Ziel durch dick und dünn gegangen wäre, ist Privatmann. Dr. Stresemann, der dem Plan seine konstruktive wirtschaftliche Phantasie geliehen hätte, jst tot. An der Stelle Chamberlains steht heute der Sozialist Henderson, geistig ein Alten gländer aus der Zeit der Kontinentalsperre und Waterloos. Mit einer beispiellosen Energie erklärt er Englands Gegnerschaft gegen eine Politik, die England an den schlimmsten Abschnitt seiner neuen Geschichte erinnern muh. So wurde „Alleuropa" im Ausschuß begraben, der Gedanke — das Ziel bleibt. Der gescheiterte Versuch hinterläßt eine Lehre: es ist unmöglich, den „Europa"-Gedanken von vornherein mit dem Vorher r s ch a f t s - Anspruch bestimmter Gruppen zu belasten. „Alleuropa" kann nicht von der Seite aller nur denkbaren zukünftigen Nutznießer her „organisiert" werden, es muß als erlebte politische Notwendigkeit in den politisch führenden Schichten der Nationen in den Mittelpunkt des politischen Wollens rücken oder es wird nie sein.
Und doch haben wir Anlaß, mit dem Verlauf dieser Ratstagung und Vollsitzung in Genf nicht unzufrieden zu sein. Wir buchen als wichtigstes Ergebnis die von England und Italien mit allem Nachdruck abgegebene Erklärung, daß die Abrüstung rechtlich verbindliche Verpflichtung der Siegerstaaten von Versailles ist. Von Wert ist ferner die Erklärung des holländischen Außenministers van Brockland, der Artikel 19 der Völkerbundssatzung sei dazu da, angewendet zu werden. (Der Artikel bestimmt bekanntlich, daß unausführbare Verträge usw. abgeändert werden sollen.) Frankreichs Politik ist damit verurteilt, eine Tatsache, die sich in der internationalen öffentlichen Meinung auswirken muß, wenn Deutschland die richtige Politik dazu macht.
Dr. Curt! us hat in seiner Rede in der Völkerbunds- Versammlung der deutschen Verstimmung und Enttäuschung über den Völkerbund, über unfruchtbare Völkerbundsarbe'ck Ausdruck gegeben. Die ganze deutsche Oeffentlichkeit wünscht, daß es nicht bei dieser Kundgebung bleibt. Die bisherigen Erfolge der deutschen Außenpolitik waren ohne allen Zweifel viel zu hoch bezahlt. Es ist festzustellen, daß die bisherigen Leitgedanken der deutschen Außenpolitik vom deutschen Volk nicht mehr für genügend tragfähig gehalten werden. Die Verantwortung für Volk und Wirtschaft wird die richtigen Wege weisen, wenn wir nur überhaupt wieder etwas wollen. Daß etwas „gewollt" wird im deutschen Volk, dafür sind dre letzten Reichstagswahlen und die Reden von Curtius uns Wirth Beweis. Die nächste Zukunft Europas wird nickt zum geringsten Teil davon abhängen. ob man auch !»> Ausland begreift, daß ein Sechzigmillionenvolk leben will.
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Am 2 0. September führte es sich zum zehntenmal, baß Eupen und Malmedy (mit Sk- Vith) unter die belgische Staatshoheit gestellt wurden, ein Trauert«« nicht nur für die betroffenen Gebiete, sondern ebenso auch für Deutschland, dem gegen alles Recht und unter Verhöhnung der ihm gegebenen Zusicherung heimatlicher Boden entrissen wurde.
Der betreffende Artikel 3 1 — er verdient es, wörtlich zitiert zu werden — lautet:
„Deutschland verzichtet zugunsten Belgiens auf alle Rechte und Ansprüche auf das gesamte Gebiet der Kreise Euven und M atme dy." Warum denn? Die Verzichtleistuna auf das preußische Moresnet (bei Lüttich) kann man aus historischen Gründen begreifen. Ganz anders aber verhält sich die Sache bei Eupeu und Malmedy. Diese beiden Kreise haben, worauf die Reichsregierung bereits 1919 in ihren „Gegenvorschlägen" hingewiesen hat, geschichtlich niemals zu Belgien oder einem der Staatsgebilde gehört, die als Vorgänger des heutigen Belgiens zu betrachten sind. In nationaler Hinsicht war vor zehn Jahren der Kreis Eupen rein deutsch. Von seinen 25 000 Einwohnern hatten bei der damaligen letzten Zählung nur 98 Wallonisch als Muttersprache angegeben. Und was den-Kreis Malmedy betrifft, so zählte er unter seinen 37 000 Einwohnern etwa 9500 Personen mit wallonischer Muttersprache, die übrigens stark von dem belgischen Wallonisch oder gar Französisch abweicht. Zudem haben bis in die Kriegszeit hinein die preußischen Wallonen sich stets als treue preußische Staatsbürger bewährt.
Trotz dieses klaren Tatbestands bestand die -Entente auf der Durchführung des Artikels 34, der in seiner Fortsetzung besagt: „Während der ersten sechs Monate nach dem Inkrafttreten dieses Vertrags (d. h. dem 10. Januar 1920) werden in Eupen und Malmedy durch die belgischen Behörden Listen ausgelegt. Die Bewohner dieser Gebiete haben, das Recht, darin schriftlich ihren Wunsch auszusprechen, daß diese Gebiete ganz oder teilweise unter deutscher Staatshoheit bleiben."
Sauberes Recht! Eine rücksichtslose Militärdiktatur sorgte dafür, daß unter den 85 000 stimmberechtigten Männern und Frauen nur — sage und schreibe — 271 für Deutschland stimmten. Man drohte mit persönlichen Schikanen, z. B. Entziehung von Lebensmittelkarten oder Verlust des Rechts auf Geldumwechslung oder Zertrümmerung der Existenz, Entlassung und Ausweisung. Kurz: es war alles, nur keine freie Willenserklärung. Die ganze sogenannte Volksbefragung war eine nichtswürdige Komödie.
Und was sagte der Völkerbund dazu? Denn diesem stand nach Artikel 34 die letzte Entscheidung zu, heißt es doch dort: „Es ist Sache der belgischen Regierung, das Ergebnis dieser Volksabstimmung zur Kenntnis desVölkerbunds zubringen, dessen Entscheidung anzunehmen sich Belgien verpflichtet.»
Das war keine Kunst für Brüssel. Denn der Dölker- bundsrat billigte trotz des deutschen Einspruchs jene haarsträubende Komödie. Und wie er, tat es, trotz eines zweiten deutschen Protestes, die Vollversammlung.
Die Minderheitenfrage im Völkerbund
Genf, 21. Sept. Im Sechsten (politischen) Ausschuß des Völkerbunds wurde über einen deutschen Antrag in der Minderheitenfrage (Einsetzung eines ständigen Minderheitenausschusses im Völkerbund) verhandelt. Der deutsche Reichsaußenminister Dr. Curtius fehlte, was allgemein auffiel. An seiner Stelle vertrat Abg. Dr. Koch den deutschen Standpunkt. Er erklärte die Minderheitenfrage für eine allgemeine europäische Frage. Den Minderheiten müsse der Schutz ihrer Menschenrechte auf Wahrung ihres Volkstums, ihrer Muttersprache, ihrer Kultur und ihrer Religion praktisch gewährleistet werden. Die Minderheiten seien keine Feinde des Staates, nur die Verzweiflung mache sie dazu. Der Schutz des Völkerbunds sei völlig unzureichend.
Vriand, der zum erstenmal im Politischen Ausschuß erschien, trat Koch ziemlich scharf entgegen. Die Schaffung eines Minderheitenausschusses lehne er entschieden ab; er könne sich auch nicht vorstellen, womit sich ein solcher Ausschuß zu beschäftigen hätte. (Während dieser Aussprache überflog der „Graf Zeppelin" das Völkerbundssekretariat.)
Der polnische Außenminister Zaleski meinte, eine ständig sich wiederholende Aussprache über die Minderheiten sei der Sache des Friedens nicht dienlich. Die Minderheitenfrage dürfe nicht vom politischen, sondern müsse vom moralischen Standpunkt aus behandelt werden.
Allgemein wurde festgestellt, daß durch das Fehlen des Dr. Curtius die deutsche Stellung im Ausschuß von vorn- herejst wesentlich geschwächt wurde. Der Verhandlung wohn
65. Jahrgang.
ten die Außenminister von Polen, Numänten, Südslawisn, der Tschechoslowakei und anderer Länder bei.
Die Wellabrüstungskonferenz
32 Millionen Völkerbundshaushalt
Genf, 21. Sepk. Der Haushalt des Völkerbunds beträgt für 1931 rund 32 Millionen Schweizer Franken; er hat sich seit 1925 um 10 Millionen Goldfranken erhöht. Der englische Vertreter Dalton beantragte, daß für die Abhaltung der Welkabrüstungskonferenz weitere 300001 Franken in den Haushalt ausgenommen werden. Diese Summe sei reichlich gering im Vergleich zu den jährlichen Rü'stungsausgaben der Staaten. Man habe ausgerechnet, daß die Rüstungsausgaben eines Zahrs dazu ausreichen würden, die Völkerbundarbeiten in ihrem.jetzigen Amfang auf 600 Jahre hinaus sortzusetzen Der Generalsekretär des Völkerbunds erwiderte, es habe keinen Zweck, jetzt schon eine bestimmte Summe für die Welkadrüstungs- konferenz festzusehen, weil man nicht wisse, ob sie nicht unter Amständen bis in den nächsten Haushaltabschnitk hinein dauern werdc, wenn sie im Sommer 1931 zusammentrete. Man könne damit rechnen, daß sie nicht ack* Wochen, sondern drei bis vier Monate wie die sndoner Flot- tenkonserenz dauern werde.
Neue vachkichlen
Falschmeldungen über Meinungsverschiedenheiten im Reichskabinett
Berlin, 21. Sept. Der Berliner Berichterstatter des' Pariser «Matin» will von Meinungsverschiedenheiten innerhalb des Reichskabinetts und von daraus entstandenen-; Rücktrittsabsichten des Reichsernährungsministers Schiele berichten können. Laut WTB. ist diese Meldung unzutreffend. Reichsminister Schiele erklärte, daß ihm von den ihm zugeschriebenen Absichten nichts bekannt sei.
Der neue Chef der Heeresleitung
Berlin, 21. Sept. Ein Erlaß des Reichspräsidenten bestimmt den Generalmajor Freiherrn vonHammersiein- Equord zum Nachfolger des auf seinen Entschluß zum 30. November 1930 aus dem aktiven Dienst ausscheidenden Generaloberst Heye. Hammersiein wird mit dem 1. Okt. 1930 unter gleichzeitiger Enthebung von der Stellung als Chef des Truppenamts zur besonderen Verfügung des Chefs der Heeresleitung gestellt.
Brenscheid über die Lage in DeutHland
Paris, 21. Sept. Der ehemalige französische Abgeordnete Charles Longuet, ein Enkel von Karl Marx, hatte in Genf eine Unterredung mit dem Reichstagsabgeordneten Dr. Breitscheid über die Lage in Deutschland. Vreitfcheid führte aus, die deutschen Nationalisten sagen, die gegenwärtigen Leiden des deutschen Volks seien durch den Versailler Vertrag verursacht worden. Das stimme aber nicht. Auch die Sozialdemokraten seien der Meinung, daß der Versailler Vertrag geändert werden müsse, aber auf friedlichem Wege ohne zu den Waffen zu greifen (!) durch die Verständigung unter den Völkern. Reichskanzler Brüning begreife, daß eine Koalition mit den Nationalsozialisten unmöglich sei. Uebrigens scheine er der Ansicht zu sein, daß die Sozialdemokratie aus Furcht vor der Reaktion ihn unterstützen werde. Die Sozialdemokratie werde alles tun, um diese Gefahr zu verhindern, aber es komme darauf an, welche Bedingungen persönlicher und grundsätzlicher Art die Parteien stellen werden.
Der „Vorwärts" berichtet: Breitscheid, der diesmal wieder von der Reichsregierung nach Genf geschickt wurde, sei aus dem zweiten (Wirtschasts-) Ausschuß des Völkerbunds ausgetreten, weil er die Wirtschaftspolitik der Regierung Brüning-Schiele nicht im Ausschuß vertreten könne. Dafür sei er dem Abrüstungsausschuß zugeteilt worden.
Mnfsolmi für Hitler
Rom. 21. Sept. Die angekimdigte Erklärung des faszistischen Befebisblattes, die ohne Zweifel von Mussolini stammt, ist erschienen. Mussolini wendet sich gegen die deutschen Mittelparteieu, die die Politik von Locarno mrtsetzcn wollen. Die mittleren Stellungen seien an sich m elmäßig und unmöglich in Zeiten des Sturms. Die aufw-achsende Jugend habe keine Neigung für die Grundsätze des vergangenen Jahrhunderts, die sich Liberalismus, Demokratismus und Sozialismus nennen und durch den freilnaureri- schen Leim zusammengchalten werden. Dann fährt Mussolini fort: „Die Generationen des 20. Jahrhunderts sind allein von den neuen politischen Systemen begeistert, dem Faszismus und dem Bolschewismus. Die Wahlen, die am 14. September unter Hitlers, Zeichen vor sich ge-