Sitzung des Reichskabinetts

TU. Berlin, 6. Mär». DaS ReichSkabinett verabschiedete 1» seiner gestrigen, unter dem Vorsitz des Reichskanzlers «bgehaltenen Sitzung den Entwurf eines Wern­ges« tzeS, der unverzüglich dem ReichSrat und Reichs­wirtschaftsrat zugeleitet wird. Der Gesetzentwurf enthält «ine Vorschrift, wonach bas Verschneiden von deutschem Weißwein mrt ausländischen Erzeugnissen verboten ist. Das ReichSkabinett beschäftigte sich sodann mit einem Bericht, den der Retchsminister für Ernährung und Landwirtschaft über die Möglichkeiten, Leu Getreidemarkt, insbesondere den Roggenmarkt, zu bessern, erstattet hatte. E ne Anzahl Vorschläge wurden grundsätzlich gebilligt und der Minister zu weiteren Verhandlungen ermächtigt. Das Reichskabinett beschloß ferner, sich an der vom Bolksbund Deutsche Krtegbgräbersürsorge" am IS. März im Reichstag stattftndenüeu Gedenkfeier für die Gefallenen des Welt­kriegs zu beteiligen, baß die Veranstaltung einen über­parteilichen Charakter trägt.

Wehrmacht und Staat

TU. Berlin, 6. März. Reichswehrmtwister Grüner hat aus Anlaß erneut festgestellter Versuche der Nationalsozia­listen und kommun sten, Einfluß auf die Reichswehr zu gewinnen, an alle Dienststellen einen Erlaß herausgegeben.

Darin heißt es u. a die Nationalsozialisten wie die Sommuntsten wollten die Zertrümmerung des Bestehenden mU alle» Mitteln der Gewalt. Das bedeute den Bürger­krieg. Fern von diesen Extremen habe die Reichswehr ihren Weg zu suchen. Sie könne sich nicht auf phantastische Pläne, unklare Hoffnungen, tönende Schlagworte einlassen. Auf ihr ruhe e ne ungeheure Verantwortung für den Fort­bestand des nationalen Staats. Es sei di« heilige Aufgabe der Wehrmacht, z« verhindern» daß sich der Riß zwischen Klaffen »nd Parte»«« je zum selbstmörderische» Bürger» krieg erweitere. In allen Notzeiten eines Volkes gebe es einen unerschütterlichen Felsen im stürmenden Meer: die StaatSibee. Die Wehrmacht sei ihr notwendiger und sinnfälligster Ausdruck. Sie hat ke»n anderes Interesse «nd keine ander« Ausgabe, als nur de« Dienst am Staat. Darin liege der Stolz des Soldaten und die beste Tradition ans alter Ze»t. In sich müsse die Wehrmacht zusammengeschmie­det sein durch Gehorsam und Vertrauen.

Reichsfinanzminister Moldenhauer zum Rücktritt Dr. Schachts

Im Reichstag erklärte Minister Moldenhauer, es ist das gute Recht des Nelchsbankpräsidentcn, von seinem Amt zurückzutreten, wenn er glaubt, die Verantwortung für den Boungplan nicht übernehmen zu können. Ich kann nur betonen, daß von seiten der Neichsregterung auf den Reichs- bankpräsidenten nicht der geringste politische Druck ausgeübt worden ist nach der Richtung, den Rücktritt zu veranlassen. Ich persönlich habe bis zum letzten Augenblick den Neiche- baukprästdcnten gebeten, auf seinem Posten zu bleiben, weil ich ihn für seine Aufgaben als durchaus geeignete Persönlich­keit betrachte. Über seine politischen Fähigkeiten habe ich mir allerdings ein anderes Urteil gebildet. Schacht geht den Weg, den ein Mann gehe» maß» wenn er sich einmal so in das politische Leben vorgcdrängt hat, «m die großen Ausgaben der Neichsbauk nicht zu schädige». Daß das im Augenblick der Relchsregierung eine gewisse Unbequemlichkeit schasst, ist nicht zu leugnen.

Znm Aonngpla»

führte der Minister u. a. aus, ein« Gefährdung der Währung sei unter dem Boungplan nicht möglich. Tie Furcht vor einer Inflation entbehre jeden Grnndcs. Was befürchtet werden könne, sei ein« Wirtschaftskrise infolge zu star- ker Verknappung des Geldbedarfs, und baß unter diesen Umständen die Durchführung dcS UoungplanS Schwierigkeiten bereiten könnte. Wenn mau mit dieser Möglichkeit überhaupt nicht zu rechnen brauchte, so wüßte er nicht» warum die Sachverständigen die Bestimmungen Rb«r da- Moratorium in den Plan hlnelngebracht hatten. Deutschland habe die Möglichkeit, ein solche» Moratorium zu beantrage» und damit den Transfer auf zwei Jahr« hinaus,uschtebr». Außerdcm sei auch die Einberufung einer neuen Sachoerständigenkonserenz mög­lich. die über etwaige Schwierigkeiten beraten würde und deren Stellungnahme sich die Beteiligte» nicht entziehen könnten. Bei einem Festhalten am Boungplan sei nicht zu erwarten, daß Deutschland aus einer Goldindexklauscl Vor­teile ziehen könnte. Der bewegliche Faktor des DaweöplanS. der WohlstandSlndex, würde zu Deutschlands Schaden wir­ken. Er würde «nS im Jahre 1S2S bereits 87H Mill. ge, kostet haben. Wenn die Wirtschastepartei die Ablehnung des Boungplans mit den finanziellen Schwierigkeiten begründet, dann muß daraus htngewicsen werde«, daß bei Weiter» bestehe« deS TaweSplanS dem Mittelstand eine nm 1168 Millionen höhere Steuerlast ansgcbürdct «erd.« müßte.

Die Verkehrs- und Finanzlage der Reichspost

In der letzten Sitzung de» Berwaltungkrate» der Deut­schen Neichspost. die sich in der Hauptsache mit dem Rach- tragshauShalt ISA» und dem Voranschlag für das Haushalts­jahr 1936 zu beschäftigen hatte, gab Neichspostmlnistcr Dr. Schätze! zunächst einen Ueberblick über den Beschäftigungs­grad und die finanzielle Lage der Deutschen Neichspost. Er führte dabei u. a. auS:

Abgesehen von einem weiteren Rückgang im Paket- «nd Telegrammverkchr und einer kleinen Abschwächung in der vrlefauslicferung ist in den ersten neun Monaten dcS lau» feudeu Rechnungsjahres in fast allen Betriebszweigen der Neichspost

eine VerkehrSstelgerung eingctreten.

Doch bleibt diele Berkehrssteigerung in ihrem Ausmaß hin­ter der vorjährigen zurück, so daß das Gesamtergebnis t>7m veraujchlagte« Eiuuahmejvll nicht ganz entspricht. Daß die

allgemeine Wirtschaftsdepressto» auch auf die Finanz­lage der Post drückt, ist selbstverständlich. Die Finanzlage der Deutschen Neichspost ist zurzeit gespannt. Die Voran­schläge mußten dem naturgemäß angepaßt werden. Trotzdem konnte die Postverwaltung, die sehr wohl weiß, daß der Ar­beitslosigkeit auf die Dauer nur begegnet werden kann, wenn die Wirtschaft hinreichend Aufträge bekommt, bisher davon absehen, ihre Aufträge an die Wirtschaft in wesentlichem Um­fange einzuschränken. Auch tu der nächsten Zeit wirb die Post es ermöglichen können, ihre Auftragshöhe ungefähr gleichbleibend zu erhalten und damit zu ihrem Teil dazu bei­tragen, daß der Arbeitslosigkeit Abbruch getan wird.

Der Voranschlag 1936/81 sieht für Ausgabe», also für

Aufträge an die Wirtschaft, im ganzen 40» Millionen Mark vor.

Das ist nicht viel weniger als im Vorjahre für diesen Zweck ausgegeben werden konnte.

Der Verwaltungsrat nahm den Nachtragshaushalt für 1S2S an und beschäftigte sich bann mit dem Posthaushalt 1936. Der Voranschlag schließt tu Einnahme und Ausgabe mit rund 2.44» Millionen Reichsmark. An Mehreinnahmen sind bet den Postgebühren 15.2 Millionen, bei den Fernsprechgebüh­ren 866 Mill onen und bet den Rundfunkgebühren 1» Mil­lionen Reichsmark eingesetzt. Mindereinnahmen sind vor­gesehen beim Postscheckverkehr in Höhe von 45» » 0 » Rm. und bei den Telegraphengebühren von 1.6 Millionen Mark. Auf der Ausgabenseite erscheint eine Mehrausgabe von neun Mil­lionen Reichsmark bet dem Betriebszweig Post und eine solche von 23 Millionen Reichsmark beim Funkwesen. Min­derausgaben entstehen hauptsächlich beim Fernsprechwesen in Höhe von 14 Millionen und beim Bauwesen im Betrage von 23 Millionen Reichsmark. An Ablieferung für das Reich sind 145 Millionen gegenüber 176.5 Millionen Reichsmark im Rechnungsjahr 1829 angeseht. Der Berichterstatter betonte.

es sei bedauerlich, daß dem Fernsprechwesen nicht die wün- schenswerten Mittel zur Verfügung gestellt werden könnten.

Im weiteren Verlauf der Aussprache wurde auch die For­derung nach Senkung der Rundfunkgebühr erhoben. Staats­sekretär Sautter teilte dazu mit, daß eine Gebührenermäßigung wegen des Baues «euer Großsender «nd wegen Verstärkung anderer Sender nicht möglich sei.

Was die Tarife der Postverkehrswittel angehe, so sei er be- strebt, keine Erhöhungen vorzunehmen.

Staatssekretär Dr. Feyerabend wies darauf hin, baß die Kosten für kleine Fernsprechämter seit 1825 um 18 Prozent, für mittlere Aemtcr um 27 Prozent, für große Aemter uni 24 Prozent und für ganz große Aemter um 16 Prozent ge­senkt worden seien. Der Reichssparkommissar habe die ge­samte Preisgestaltung nachgeprüft mit dem Ergebnis, daß bas Vorgehen der Reichspost als mustergültig bezeichnet worben sei. -

657 Milliarden Reparationen

sehr interessante Rechnung legte in einem politische» Dortrage der volkskonservative Reichstagsabgeordnete Dr.- Ing. Klönne vor. Ist es wirklich richtig, so fragt/ er, immer von dem Gegenwartswert zu reden? Wir werden die zwei M lltarden, die wir jährlich zu zahlen haben, in jedem ein- zelnen Jahre als Gegenwartswert zu bezahlen haben. Ob uns die Zahlung in 18 oder 15 Jahren wirklich leichter sein wird als heute, bas weiß doch niemukid von uns. Ich würde es jedenfalls für wertvoller halten, nicht den heutigen Ge­genwartswert dieser Zahlungen zu berechnen, sondern den Eirdwert. Dann ergibt sich das pe nlich interessante Resul­tat, baß dieser eine Summe von 657 Milliarden ausmachtk Das bedeutet, daß wir tm Laufe der 59 Jahre, die wir die­sen Plan zu tragen haben, zweimal das deutsche Vorkriegs- vermögen aufzubringen und abzuführen haben.

Die Ueberjchwemmuncrskalaslroptie in Südfrankreich

Nach den letzten Meldungen aus dem sübfranzösischen Uebersch.vemmungsgebiet ist anzunehmen, daß sich die Zahl der Toten allein im Gebiet von Moissac und Montauban auf 788 stellen wird, da man mit etwa 488 Menschen rechnen muß, die unter den Trümmern der Nferdörfer den Tod ge­funden haben. Etwa 1588 Häuser sind in dieser Gegend ein- gestürzt. Von Len 7 als vermißt gemeldeten Soldaten ha­ben sich 6 wieder e «gefunden.

Tie ersten Aufnahmen

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Unser Bild zeigt die überschwemmten Ländereien bis Mois­sac iungefähr 78 Kilometer nordwestlich von Toulouse), wo durch einen Deichbruch viele Menschen ums Leben kamen.

Unser Bild veranschaulicht die von der Ueberschwem- mungskatastrophe «»gerichteten furchtbaren Zerstörungen t« der Stadt Moissac.

Kleine politische Nachrichten

Tcntschuatiouate Entschließung zum Ncichsbahngcfetz. In einer Entschließung der Deutschnationalen Reichs, tagsfraktion zum Ncichsbahnaesetz wird verlangt, baß aus jeden Frachtbrief und jede Fahrkarte ein Vermerk ausge­druckt wird, der den durchschnittlichen Betrag der Tribut­belastung angibt. In entsprechender Weise soll auch die Tributbelastung des Neichshaushalts und ihr Verhältnis zu den Bruttoeinnahmen deS Reiches auf allen Steuer­bescheiden, Steuermarken und Steuerquittunge» angegeben werden.

Sitzung d-S NelchsroteS. Der ReichSrat erledigte eine Anzahl kleinerer Vorlagen, u. a. wurde ein Gesetzentwurf angenommen» wonach das Ncichsentschädigungsamt am Si. März ausgelöst wird, ferner eine Novelle zur Brannt- weinverwertungsordnung über die Veränderung der Mln- destquote.

Der Volkswirtschaftliche Ausschuß beschließt Wiederher­stellung der Regierungsvorlage deS Gaststättengcsetzes. Bei der zweiten Lesung des Gaststättengesetzcs tm Volkswirt­schaftlichen Ausschuß deS Reichstages wurde nach längerer Aussprache die in der erste» Lesung im 8 1 getroffene Be­stimmung, daß künftig Konzessionen nur noch im Verhält­nis zur Einwohnerzahl und zwar 1 :466 erteilt werden dürften, wieder gestrichen und die Regierungsvorlage wie- -erhcrgestellt. Danach darf eine Konzession nur dann er­teilt werden, wenn ein Bedürfnis nachgewiescn ist.

kommunistische Gehcinrdruckerel ln Göttinge» entdeckt. Schon seit längerer Zeit vermutete man in Göttinge« das Bestehen einer kommun stlschen Gehetmdruckerei. Der krt- mtnalpollze» ist es nun gelungen, die Druckerei im Götttn- ger staatlichen Gymnasium zu entdecken. ES handelt sich um ein Zimmer, das an einen Studenten zu Wohnzwecken ver­mietet war. Er und zwei andere Studenten, Führer der kommunistischen Göttinger Studentcngruppe. wurden beim Herstellen eincS Flugblattes überrascht, da» der Polizei aber keine Handhabe zur Aushebung der Druckerei und zur Beschlagnahme dcS Blattes bot.

Gegen die Einmischung der Sowjets. Die Demokratische Neichstagssrakttou hat unter Hinweis ans eine Meldung,

daß das mit der russischen Negierung aufs engste verknüpft« Bollzugskomitee der Komintern kürzlich nach eingehende» Verhandlungen, unter andercen mit dem deutschen Reich- tagsabgeordneten Thälmann beschlossen hat, die kommuut- sttsche Bewegung ln Deutschland mit allen Mitteln zu unter­stützen und die revolutionäre Bewegung in Deutschland in jeder Weise zu fördern, eine »Flelne Anfrage* an die Re­gierung gerichtet. Darin wir- die Negierung um Auskunft darüber gebeten, welche Maßnahmen sie einzuleiten gedenke, um gemäß dem Vertrag von Rapallo dte Einmischung russi­scher Stellen in die deutsch« Politik zu verhindern.

30000 Liier Benzol in Flammen

TU. Saarbrücken, 18. März. Samctag nacht brach in der Teeranlage der Dilkngcr Hütte sSaargebiet) auS bisher un­aufgeklärter Weise Feuer aus. daS sich mit rasender Ge­schwindigkeit ausbreitete. Der Benzolbchälter befand sich in grober EssplosionSgefahr. jedoch gelang eS, die Gefahr da­durch zu beseitigen, daß man etwa 88 866 Liter Benzol auS« lausen ließ, die bann von einem riesigen Feuermeer verzehr« wurden. Gewaltige Flammengarben schlugen empor. Hüt- tcn-Feuerwchr und Ortsfeuerwehr bekämpften den Brand. Die gesamten Benzolanlagen wurden vernichtet. Der Scha- den ist sehr bedeutend. Die Benzolfabrlkatto« wirb voraus- sichtlich einige Monate ruhen müssen.

Vermischtes

Rauschgift im Werte von 1.2 Millionen Mark t« Rewyorke«

Hase« beschlagnahmt.

Im Hafen von Newyork ist der Zollpolizet ein guter Fang gelungen. Ein Rauschs fthändler wurde in dem Augenblick verhaftet, als er mit seinem Gepäck zwischen anderen Dampferpassaglercn durch die Sperre wollte. Er hatte sich durch sein ängstliches Benehmen selbst verraten. In seinen Koffern fand man Morphium und Heroin tm Werte von n'cht weniger als 1,2 Millionen Mark. Das ist die größte Nauschgiftmcnge, die jemals von der Ncwyorkcr Polizei aus einmal beschlagnahmt worden ist. Der Schmugg­ler weigerte sich, seinen Namen anzugcben. Er war aus einem Dampfer über den Ozean gekommen.