lin ein Telegramm gerichtet Wer dke MnerpüMische'Läge? in Deutschland. Dieses Telegramm hat keineswegs den Charakter einer Drohnote. Die französische Regierung er­innert zuerst daran, daß sie sich in keiner Weise in die inneren Angelegenheiten Deutschlands einmischen will, daß sie aber die Pflicht habe, sich mit einer Lage zu be­sänftigen, die, wenn sie sich entwickele, zu nichts weniger führen könne als zur Errichtung einer Militärdiktatur, die nach Aeußerungen ihrer eigenen Anhänger die Annullie­rung des Friedensvertrags von Versailles, die Einstel­lung der Reparationen und die Vorbereitungen eines Re­vanchekrieges bezwecken. Eine derartige Diktatur würde in Deutschland errichtet werden, wenn die demokratischen Parteien gezwungen würden, die Regierung niederzule- gen Unter diesen Umstünden hckbe man den französischen Botschafter beauftragt, der deutschen Regierung zur Kenntnis zu bringen, daß die französische Regierung sich nicht gleichgültig gegenüber einer Lage zeigen könne, die geeignet sei, eine ernste Entwicklung herbeizuführen. Der Botschafter solle der deutschen Regierung sagen, daß unter den gegenwärtigen Umständen alle Wünsche der französi­schen Regierung dahin gingen, daß die Konsolidierung einer wahrhaften Demokratie in Deutschland erfolgen möge, die nach ihrer Ansicht das beste Pfand für den Frie­den Europas und die Prosperität Deutschlands sei.

Bor einer neuen Militörkontrolle.

Paris, 8. Nov. DerTemps" teilt mit: Wie wir angekün- digt haben, sind dem französischen Botschafter in Berlin Instruk­tionen zugegangen, die deutsche Regierung davon in Kenntnis zu setzen, dag die französische Regierung die Bildung einer dik­tatorischen Regierung in Deutschland nicht dulden würde.

Paris, 8. Nov. Die Botfchafterkonferenz hat sich, wie bereits gemeldet, heute Vormittag erneut mit der Frage der Militärkontrolle in Deutschlands beschäftigt. Der Sitzung wohnten bei: Marschall Foch und sein General­stabschef, General Vesticker, sowie der englische Mili­tärattaches, General Lackeville-West. Im Gegensatz zu der heute Mittag von Havas verbreiteten Mitteilung, wonach die Botschaferkonferenz die Jnstrukionen an Gene­ral Rollet vom 3. Oktober und 3. November veröffent­lichen werde, ist in Wirklichkeit beschlossen worden, den Wortlaut der beiden vom 3. Oktober und 3. November da­tierten Schreiben der Votschafterkonferenz an den deutschen Geschäftsträger in Paris nicht zu veröffentlichen. Havas teilt ergänzend mit, daß dieser Beschluß auf Interven­tion des englischen Botschafters Lord Crewe gefaßt wor­den sei, der auf diese Weise gegenüber den Falschmeldun­gen des Berliner Korrespondenten desJournal" über Form und Inhalt der Noten den richtigen Sachverhalt sest- zustellen beabsichtigte. Der Berichterstatter habe von ganz bestimmten Sanktionen gesprochen, die gegen Deutschland ergriffen werden sollten und das Blatt habe dieser Mel­dung durch Sperrdruck einen sensationellen Anstrich ge­geben.

Paris, 8. Nov. Die Botschafterkonferenz teilt in dem offi­ziellen CommuniquS ihrer heutigen Sitzung mit, daß sie heute die Instruktionen veröffentlichen werde, die sie am 3. Oktober und am 3. November an den Vorsitzenden der Interalliierten Kontrollkommission in Berlin, General Rollet, gerichtet hat, um die Wiederaufnahme der Arbeiten der Kontrollkommission in Deutschland zu sichern. Die Konferenz hat ferner beschlossen, einen Schritt bei der holländischen Regierung zu unternehmen und sie aufzufordern, di« Ausreise des deutschen Kronprinzen von ihrem Gebiet zu verhindern, desgleichen einen Schritt bei der deutschen Regierung mit der Aufforderung, den Kronprinzen nicht nach Deutschland zu lasten, weil er auf der List« der Kriegs- beichuldigten stehe, deren Auslieferung die Alliierten verlangt hätten.

Der Reichskanzler über die Ruhrsrage.

Eine letzte Wa rnung an Frankreich.

Magdeburg, 9. Nov. Der Reichskanzler äußerte sich gegen­über dem Berliner Vertreter derMagdeburger Zeitung" über die Verhältnisse, die sich im Ruhrgebiet seit Aufgabe des passiven Widerstandes entwickelt haben, folgendermaßen: Nachdem die deutsche Reichsregierung die Bevölkerung des besetzten Gebietes am 26. August zur Aufgabe des passiven Widerstandes aufgefor­dert hatte, konnte sie erwarten, daß damit für das besetzte Ge­biet die unerträgliche Lage gebessert würde, in der es sich durch das Darniederliegen des gesamten Wirtschafts- und Verkehrs- lcbens befand, und daß die von den Einbruchsmächten geübte Bedrückungspolitik ihr Ende finden würde. Kr der Tat hat man auch von maßgebender französischer Seite früher erklärt, daß nach Aufgabe des passiven Widerstandes sofs^t Verhandlungen über die Neuordnung der Dinge erfolgen mMen. Seitdem sind mehr als K Wochen vergangen und mit Ausnahme der von Frankreich beschlagnahmten Zechen, in denen die französische Bergwerksregie für französische Rechnung produzieren läßt, und mit Ausnahme von wenigen Werken ruht noch heute das ganze Wirtschaftsleben. Ueber 2 Millionen Arbeitslose wünschen zu arbeiten und können Arbeit nicht finde», weil die Verhandlun­gen über die Ingangsetzung des Wirtschaftslebens bis jetzt nicht abgeschlossen find. Man sagt, Deutschland müsse erst den Zustand wiederherstellen, der vor dem 11. Janaur bestanden hat. Wir sind sehr gerne bereit, diese These anzunehmen. Vor dem 11. Za.

"nuar waren dke^klsrnvahnen tn deutschem Desitz^vre Deutsche Verwaltung im Ruhrgebiet uneingeschränkt und im übrigen be­setzten Gebiet auf Grund des Rheinlandabkommens tätig. Loh­nende Arbeit, Ruhe und Sicherheit waren vorhanden. Gegen­wärtig ist die Entwertung der deutschen Mark, die ohne gleichen in der Geschichte aller Völker dasteht, im Wesentlichen mit zu» rückzuführen auf den Zustand, in den die französische Politik das Ruhrgebiet versetzt hat. Es ist. selbstverständlich, daß Deutschland das Letzte daran gesetzt hat, um nicht nach dem Aufhören des passiven Widerstandes sofort durch Entziehung der bis dahin ge­leisteten Kredithilfen und Erwerbslosenunterstützungen einen Zustand des wirtschaftlichen Chaos, der Arbeitslosigkeit und des sozialen Zusammenbruches herbeizuführen. Deutschland, das selbst nicht weiß, wie es das eigene Wirtschaftsleben noch auf­rechterhalten soll, indem durch den Währungszerfall, der die Papiermark fast wertlos gemacht hat, eine vollkommen verzwei­felte Stimmung unter der Bevölkerung herrscht, kann auf die Dauer nicht 2 Millionen Arbeitslose im besetzten Gebiet aus Staatsmitteln erhalten. Die Notcnpresse wird in acht Tagen für den Reichsbedarf stillgelegt. Unser Etat, auf Eoldmark einge­stellt, soll zur Balancierung gebracht werden. In rigoroser, ja sogar brutaler Weise müssen wir den Beamtenabbau durchfüh­ren, der unzählige Existenzen schwer schädigt und einer unsicheren Zukunft anstatt der gehofften sicheren Existenz entgegentreibt. Die finanziellen Maßnahmen der Regierung beweisen jedem, der es sehen will, daß Deutschland das Letzte aus dem ihm verblie­benen Vermögen hergibt, um Volk und Staat zu erhalten. Es kann aber nicht geduldet werden, daß die erzwungene Arbeits­losigkeit von Millionen Deutscher aus politische« Gründen oder aus unberechtigter Ueberspannung finanzieller und wirtschaft­licher Forderungen seitens Frankreichs weiter stattfindet. Frank­reich verlangt von den Industriellen des Ruhrgebietes Nach­zahlung der Kohlensteuern, die sie Deutschland und nicht Frank­reich schulden. Frankreich betrachtet dieses Gebiet als ein Ter­ritorium, in dem es seinerseits fiskalische Maßnahmen ergreift, für die es keinerlei Recht besitzt. Es verlangt dazu von der voll­kommen zerütteten Wirtschaft des Ruhrgebiets Zahlung in De­visen, die nicht geleistet werden kann. Es hat Beschlagnahmen durchgeführt, die diejenigen stillen Reserven, die die Werke sich in Jahrzehnten zurückgelegt haben, aufzehren. Die Mittel, die die deutsche Regierung in das Gebiet hineingebracht hat, um die Bevölkerung vor Not und Elend zu schützen, sind vielfach der Beschlagnahme verfallen. Die Verwaltung ist ungeordnet. Se­paratistische Banden werden finanziell und mit Waffen unter­stützt und Terror und Bedrohung herrscht in weiten Teilen des besetzten Gebietes. Ich habe in meiner Rede in Hagen erklärt, daß Deutschland nicht daran denkt, das besetzte Gebiet irgendwie aufzugeben. Und die Garantie, die die Reichsregierung über­nommen hat gegenüber den Leistungen der Industrie, die ihrer­seits diese Leistungen auch nur durch Aufnahme ausländischer Kredite ausbringen kann, eine Garantie, die allerdings erst nach Sanierung der deutschen Finanzen wirksam werden kann, zeugt davon, daß Deutschland alles hergibt, pm der Bevölkerung des besetzten Gebietes gegenüber seine sittliche Pflicht zu erfüllen und zur Wiederinstandsetzung des Wirtschaftslebens im Ruhr­gebiet das Seinigs zu tun. Aber unsere finanzielle Leistungs­fähigkeit hat ihre Grenzen. Wir stehen unter der Wirkung der finanziellen Not, die uns das Gesetz des Handelns aufzwingt. Wir haben uns unsere eigene Finanzkontrolle geschaffen, um in Ordnung zu kommen, eine Ordnung, die gerade wiederholt von den Alliierten als Voraussetzung für jede Gesundung Deutsch­lands hingestellt worden ist. Angesichts der gegenwärtigen Si­tuation in Deutschland muß ich aber in allem Ernst im Ein­verständnis mit dem Kabinett das Eine erklären: Wir sind am Ende unserer Kraft. Heber kurze Zeit hinaus könne» wir die riesenhaften Summe« für die Millionen Erwerbslosen und ihre Angehörigen nicht mehr aufbringen. Wenn infolge Versagens unserer Kräfte Hunger, Not und Anarchie in diesem Gebiet aus- brechen, so fällt die Verantwortung nicht auf uns. Die Verant­wortung tragen diejenigen französischen Behörden, die etwa jetzt noch die geführten Verhandlungen weiter, verzögern, die fleißige Bevölkerung zwingen, die Hände ruhen zu lasten, unser Wirt­schaftsleben weiter bis in den Rest zerstören und hierdurch dem Chaos in Deutschland den Weg ebne«.

Frankreich und die Frage de« Zahlungsaufschubs.

London, 8. Nov. Der Pariser Berichterstatter derDaily Mail" schreibt über den Inhalt der ausführlichen Anweisungen Poincarös an den französischen Botschafter in Washington, Frankreich sei nicht geneigt, Deutschland einen Zahlungsufschub bis zum Jahre 1930 zu gewähren. Poincarä denke jedoch an den nach Anhang 3 8 8 des Vertrags von Versailles möglichen Aufschub bis 1926.

Ein englischer Regkerungsvertreter zur Neparationsfrage.

London, 9. Nov. In einer Ansprache in Tunbridge Halls sagt« der Unterstaatssekretär Mac Neill zu den amerikanischen Bestimmungen zu dem Alkohol, die britische Regierung beabsich­tige nicht, zu gestatten, daß in die Dreimeilenzone der territo­rialen Gewässer eingegrisfen werde. Wenn schließlich ein Ab­kommen erreicht würde, so dürfe es diese Doktrin in keiner Weise verletzen. Mac Neill erklärte dann in seiner Rede weiter, die Regierung habe auch darauf bestanden, daß Deutschland für den Schaden seiner böswilligen (!) Angriffe zahle. Obgleich die deutsche Währung phantastisch sei, sei der Reichtum Deutschlands keineswegs zusammengebrochen. Deutschland habe keine» ehr­lichen Versuch gemacht, seinen Verpflichtungen nachzukommen. Frankreich habe den Gerichtsvollzieher in das deutsche Haus ent­sandt, um die Einrichtung zu beschlagnahmen, während der ver­storbene Bonar Law einen Gegenplan vorgeschlagen habe, den

"Frankreich grauvre*«Ncht'a>rneyme«r zu können. Zetzr werde' di? Regierung entweder kritisiert, daß sie Deutschland begünstige, oder daß sie nicht mit Frankreich gebrochen habe. Wenn England sich von seinen Alliierten getrennt hätte, so würde damit di« einzige Hoffnung, den Friede« der Welt zu erhalten, geschwnn, den sei«. Es fei die Politik der Regierung gewesen, den Buch­staben und Geist des Versailler Vertrages aufrechtzuerhalten. Großbritannien werde jetzt, wie er glaube, die Alliierten über­reden, die amerikanischen Sachverständigen einzuladen, an einem gemeinsamen Ausschuß zur Prüfung der Wiederherstellungsfrage teilzunehmen. Er hoffe, die Untersuchung werde dem Programm sehr förderlich sein können, das dahin gehe, den Betrag des im Ausland versteckten deutschen Eigentums zu enthüllen und vor­zuschlagen, wie dieser Reichtum gesichert werden könne. Mac Neill führte dann weiter aus, die Wirtschaftslage Deutschlands habe u. a. zum Separatistenaufstaiid geführt. Dieser sei jedoch keineswegs spontan, sondern vom Pöbel organisiert. Da es ver­kehrt gewesen wäre, einem solchen Aufstand irgendwelche Unter­stützung zu gewähren, werde die britische Regierung dafür sor­gen, daß der Separatistenstaat keinerlei Anerkennung in Eng­land finden würde. ^

Deutschland.

Die leröffenllichung der Akten de« Auswärtige« Amt«.

Berlin, 6. Nov. Wie wir erfahren, steht die Veröffent­lichung der zweiten Reihe der Mtenpublikation des Aus- wärtigen Amtes über dis große Politik der europäischen Kabinette von 1871 bis 1914 unmitelbar bevor. Sie um­faßt sechs Bände, die nach Erledigung der letzten technischen Arbeiten durch die Verlagsgesellschaft für Politik und Ge- schichte in Berlin zwischen dem 1. und 5. Dezember an den Buchhandel ausgeliefert werden. Das gesamte Mtenwerk umfaßt 30 Bände, die in vier große Gruppen zerfallen. Die jetzt zur Veröffentlichung gelangende zweite Gruppe beleuchtet das erste Jahrzehnt der Regierungszeit Kaiser Wilhelms ll. und führt den Titel:Der neue Kurs". Die dritte Reihe des Aktenwerkes ist bereits im Satz beendet und wird im März erscheinen. Die 4. Reihe geht soeben in Satz und erscheint im Juni nächsten Jahres, sodaß di« ganze Sammlung der deutschen diplomatischen Akten von 1871 bis zum Ausbruch des Weltkrieges der Oeffentlich- kert im Sommer 1924 genau 10 Jahre nach Kriegsausbruch vorliegt.

Me separatistische BemeWg im Rheinland.

Französische Zugeständnisse bezüglich der gewünschtenRheinischen Republik."

Saarbrücken, 8. Nov. DieSaarbrückener Volksstimme" erhält von besonderer Seite folgende Mitteilung: Der französische Oberkommissar Tirard hat in einer Bespre- chung, die er nicht mit den von der rheinischen Bevölke­rung gestellten Partei- und Wirtschaftsvertretern, sondern mit einem Privatmanns abhielt, erklärt, daß Frankreich auf einer Loslösung der Rheinlands von Deutschland nicht! bestehe, sondern sich mit einer Rheinischen Republik imi Rahmen der deutschen Republik zufrieden geben würde. Stellung und Befugnisse dieser rheinischen Republik wür­den nicht die der übrigen deutschen Bundesstaaten sein. Diese rheinische Republik solle eine eigene Währung und eine besondere Zollgrenze haben. Die Eisenbahnen wür­den im Regiebesitz verbleiben. Die zu errichtende Noten­bank, die die rheinische neue Währung vornehmen und ga­rantieren sollen, werden zu 55 Prozent aus deutschem und 30 Prozent aus französischem und zu 15 Prozent aus inter­nationalem Kapital gespeist werden. Frankreich bean­spruche für sich den Posten des Vizepräsidenten in diesem Unternehmen. Hierzu teilt das Blatt noch mit, daß es in der Lage ist, den Namen des Privatmannes nötigen­falls anzugeben. In unterrichteten Kreisen nehme man an, daß die Einmütigkeit der rheinischen Bevölkerung in der Abwehr der Separatisten bei den französischen Regie­rungsstellen diese Schwenkung habe reifen lassen.

Der hessische Landtag gegen die Separatistenaktion.

Darmstadl, 6. Nov. Der hessische Landtag hat heut« nach Erklärungen des Staatspräsidenten und des Präsi­denten Adelung gegen die Bedrückung der Besetzung und deren Förderung der separatistischen Bestrebungen eine Resolution eingebracht, die von sämtlichen Parteien ein­stimmig angenommen wurde. Sie lautet:Der hessische Landtag stellt mit stolzer Genugtuung fest, daß die be­setzten Gebiete Hessens, dessen Bewohner einer fremden Ge­waltpolitik seit fünf Jahren unterworfen sind, in unwan­delbarer Treue zum Reich und. zum Volksstaat Hessen stehen. Der hessische Landtag weist die separatistische Be­wegung, die überhaupt nur künstlich, durch die französische Rheinlandpolitik genährt, in die Erscheinung treten konnte, als Landesverrat mit Entrüstung zurück. Das hessische Volk lehnt in allen seinen Teilen jede Gemein­schaft mit dem von verbrecherischen Elementen betriebenen rheinischen Separatismus ab. Das Ziel dieses Separatis­mus ist ein haltloses Staatsgebilde, das Frankreich unter­worfen sein soll. Das mögen sich alle sagen, die die separa­tistischen Bestrebungen unterstützen in dem Glauben, damit