Aner Konferenz vorschlug, HMstÄ^rüfsischen Heere mäh- srend Vieser Zeit besser an die deutsche Grenze hätten her- hLnkommen können. Heute handelt es sich ebenfalls um die Notwendigkeit raschen Eingreifens, wenn das Chaos nicht »Deutschland und damit auch Europa verschlingen soll, und »deshalb sollte von amtlicher deutscher Seite endlich einmal auf das frivole Spiel der für die Einhaltung des Versailler Vertrags ebenso wie Frankreich verantwortlichen andern Alliierten mit mehr Nachdruck als bisher hingewiesen werden, damit man in London und Washington begreift, datz wir diese Komödie satt haben. Bei uns aber sollte man nicht jede Ankündigung aus London oder Washington, die von neuen „Vorschlägen" spricht, für ernst nehmen, und so die Verschleppungs- und Verschleierungs- -Politik der Angelsachsen noch begünstigen. Was soll das für uns im gegenwärtigen Augenblick, der ein Zurückrei- ,tzen vom Abgrund erfordert, bedeuten, wenn ein verlogenes, und lediglich auf die Irreführung der öffentlichen Meinung Europas bedachtes Blatt wie die „Chicago Tri- bune" „halbamtlich" aus Washington zu melden weiß, datz die Regierung „mit den erzielten Fortschritten hinsichtlich der Organisation des Sachverständigenausschusses in vollem Umfange befriedigt" sei, während die politischen Führer sich noch herumstreiten, ob es für Amerika vorteilhaft sei, sich überhaupt an dem Ausschutz zu beteiligen, und die "Präsident selbst „die stärksten Zweifel hegen" soll, datz das Verfahren — nämlich die Unterstellung des Sachver- iständigenausschusses unter die Reparationskommission zum /Ziele führe. Und was soll man sagen, wenn England in Paris auf die „Sachlage" aufmerksam macht, die eine ^,,Loslösung gewisser Provinzen" von Deutschland nach sich Ziehen könnte durch den Umstand, datz sie den Vertrag von 'Versailles nicht unterzeichnet, also auch nicht unmittelbar die Verpflichtungen übernommen hätten, die sich für das Reich daraus ergäben." Das ist doch schon eine halbe Anerkennung der französischen Annekionspolitik, denn darüber dürften sich die deutschen Stämme klar sein, geschenkt würden ihnen trotzdem die Reparationen nicht.
So sieht also die mit großem Tamtam wieder einmal in Szene gesetzte „Intervention" der Angelsachsen aus, und weil die Franzosen bisher so gute Erfahrungen mit solchen Manövern gemacht haben, fahren sie in ihrer Vergewal- «tigungs- und Vernichtungspolitik fort, in der Hoffnung ihr Ziel zu erreichen, ehe die angelsächsischen Bundesgenossen wirklich „ernst" machen könnten. O. S.
Amerika lehnt die einschränkenden
Vorbedingungen Fra rkreichs ab.
London, 3. Nov. Während in unterrichteten Kreisen weiterhin angenommen wird, datz die Einschränkungen der französischen "Regierung bezüglich der geplanten Sachverständigenuntersuchung weder in den Augen der britischen, noch der amerikanischen Regierung ein Hindernis für den Zusammentritt eines derartigen Ausschusses bilden würden, besagen Agenturmeldungen aus Washington, es verlaute, datz Staatssekretär Hughes in einer Darlegung der amerikanischen Haltung zu den den Reparationsausschutz betreffenden Vorschlägen gegenüber dem französischen Geschäftsträger in Washington klargemacht habe, datz die Bereinigten Staaten sich von der geplanten Untersuchung der Leistungsfähigkeit Deutschlands zuriickziehen würde«, wenn das Programm der Konferenz im Voraus von Poincare eingeschränkt würde. Von maßgebender Seite verlaute, datz die Darlegungen des Staatssekretär Hughes folgende Punkte enthalten hätten: 1. Die Vereinigten Staaten hätten angenommen, daß Frankreich den Plan des Staatssekretär Hughes ohne Einschränkung mit Bezug auf sein Programm angenommen habe. 2. Die Bereinigten Staaten seien der Ansicht, datz die Zusammenkunft völlig fehlschlagen würde, wenn di« Sachverständigen verhindert würden, di« gesamte Zahlungsfähigkeit Deutschlands zu erörtern. 3. Die Vereinigten Staaten seien der Ansicht, es sei zwecklos, mit Konferenzen unter Beschränkungen fortzufahren. 4. Die Vereinigten Staaten seien der Ansicht, datz di« Bestimmungen des Versailler Vertrages, di« bei Einstimmigkeit der Billigung der Regierungen eine Verminderung der Reparationen vorsehen, eine Erwägung der gesamten Reparationssumme gestatten.
London, 3. Nov. Reuter meldet aus Washington, von maßgebender Seite werde erklärt, datz Personen, die mit der inneren Politik zu tun haben oder Geschäftsleute mit ausgedehnten internationalen Interessen für die Mitgliedschaft in der Kommission zur Untersuchung der Reparationsfrage nicht ln Betracht kämen. Hiernach sei die Ernennung Morgans zum Mitglied der Kommission ausgeschloffen. Es werde erwartet, daß lediglich ein Amerikaner als Sachverständiger ernannt werden werde, daß dieser aber einen Stab von Ratgebern haben werde. Indessen herrsche die Auffassung, datz di« Auslegung, die in Paris der Rede Poincarss in Sampigny gegeben werde, einen neuen Faktor in der Lage bilde und daß Amerika nicht handeln könne, bevor offiziell bekannt sei, welche Einschränkungen Frankreich vorschlage.
Halbamtliche Mitteilung über den Standpunkt Frankreich».
Paris, 2. Nov. Halbamtlich wird mitgeteilt, datz die französische Regierung die Mitteilung der englischen Re- gierung vom 31. Oktober beantwortet hat, in der England, Frankreich, Italien und Belgien aussordert, sich einer Kollektiveinladung an die Vereinigten Staaten anzuschlie- !tzen, in der diese um Beteiligung an der von der Repara- »tionskommiffion einzuberufenden Konferenz von Sachver- ständigen zum Studium der deutschen Zahlung.fähigkeit gebeten werden. Die französische Regierung beeilte sich, ihr Einverständnis mit der vorgesehenen Mitwirkung Amerikas auszusprechen, fordert indessen, datz die wirtschaftliche Enquete sich ausschliehlich auf die gegenwärtige (Zahlungsfähigkeit b ezieh t und daß sämtlich e Rechte der
Reparationskommisfion aus dem Versailler Vertrag dieser , Vorbehalten würden. !
>> Ein »Zugeständnis" Poineare'«.
' Paris» 2. Nov. Nach einer Havasmeldung aus Lon- don soll PoinarL, einigen Blättern zufolge, die ihre Informationen aus französischen diplomatischen Kreisen herleiten, geneigt sein, sich mit der Untersuchung des Sach- verftündigenkomitees in Berlin einverstanden zu erklären.
- Die gemeinsame Einladung der Alliierten an Amerika »in Vorbereitung".
London, 3. Nov. (Reuter.) Der Meinungsaustausch zwischen den alliierten Regierungen bezüglich des ganzen Wortlautes der an die amerikanische Regierung zu richtenden Einladung, einem amerikanischen Bürger die Teilnahme an der Reparationsprüfung zu gestatten, nimmt seinen Fortgang. Es wird erwartet, datz die gemeinsame Einladung binnen Kurzem nach Washington gesandt werden wird, deren Wortlaut sich wahrscheinlich an die Note der amerikanischen Regierung vom 16. Oktober halten wird, in der diese sich zur Teilnahme an der vorgeschlagenen Untersuchung bereit erklärt.
Ein Schritt Deutschland» in Paris
bezüglich der Sachlieferungen.
Paris, 2. Nov. Der deutsche Geschäftsträger, Botschaftsrat von Hösch, hat heute Abend am Quai d'Orsay eine Demarche betreffend die Sachlieferungen Deutschlands unternommen.
Ein Abkommen zwischen Krupp und den Franzosen.
Essen, 3. Nov. Die zwischen der Firma Krupp AE. und der französischen Kommission in Düsseldorf in letzter Zeit gepflogenen Verhandlungen haben gestern zu einem Abkommen geführt.
Nie sevmWsche Bewegung« Miulsud.
Ein neuer Angriff auf Aachen. — Entwaffnung der Sonderbündler durch die Belgier.
Aachen, 2. Nov. Die Sonderbündler haben sich heute früh am Marktplatz festgesetzt und beschießen von dort seit
7 Uhr das Rathaus. Sie haben auch die Wasserrohre durchschnitten, sodatz die Gegend des Marktplatzes teilweise unter Wasser steht. Vom Rathaus aus sind Hilferufe ergangen, man möchte die Sirenen in der Stadt heulen lassen und die Kirchenglocken läuten.
Aachen, 2. Nov. Das Rathaus ist von den Sonderbündlern gegen 2 Uhr vormittags besetzt worden. Die Feuerwehrleute und die Angestellten wurden mit dem Befehl „Hände hoch" von den Sonderbündlern abgeführt. Die Belgier, die als Wache am Rathaus standen, haben nicht eingegriffen. Man erwartet weitere Angriffe der Sonder- bündler gegen die öffentlichen Gebäude.
Aachen, 2. Nov. Dip .Sonderbündler wurden heute Nachmittag auf Anordnung des Verkehrsdelegierten, der im Auftrag der Rheinlandkommission handelte, durch die belgische Gendarmerie entwaffnet. Sie hülfen keine »Armbinden und keine Waffen mehr tragen. Ein Teil von ihnen begab sich nach dem Bahnhof. Das Rathaus und das Negierungsgebäude wurden von der deutschen Polizei besetzt und die Fahnen der Sonderbündler heruntergeholt. Die beschlagnahmten Waffen werden unter Aufsicht des Gen- darmeriekommarümnten aufbewahrt und der Leiter der deutschen Polizei wurde persönlich für die Sicherheit der Sonderbündler bei ihrem Abzug verantwortlich gemacht. Von den einzelnen Personen, die von den Sonderbündlern gefangen gehalten wurden, ist bekannt, datz sie wieder frei siitd, so von Landrat von Monschau und einem Beamten des Polizeipräsidiums. Die Bevölkerung, die sehr erregt war, wurde durch die Polizei nach Abzug der Sonderbündler beschwichtigt. Der Kreisdelegierte gibt bekannt, datz bis auf Weiteres jeder Verkehr von Bewaffneten, besonders bewaffneten Scharen, das Beflaggen oder das Tragen von Fahnen und Armbinden, sowie jeder Verkehr von
8 Uhr abends bis 5 Uhr morgens im Stadt- und Landkreis verboten wird.
Köln, 3. Nov. Nach einer Meldung der „Kölnischen Volkszeitung" aus Hagen ist die Entwaffnung der Sonderbündler auf telegraphischen Befehl der belgischen Regierung erfolgt.
Aachen, 3. Nov. Soweit bisher festgestellt werden konnte, sind bei den Kämpfen um den Besitz des Rathauses 3 Tote zu beklagen. In die Krankenhäuser eingeliefert wurden ungefähr 20 Verletzte. _^__
Zur auswärtigen Lage.
Die wiederholte Ablehnung de« Zonenabkommen» durch die Schweiz.
Bern, 2. Nov. Der schweizerische Gesandte in Paris hat der französischen Regierung eine Note des Vundes- rats überreicht, in welcher der Bundesrat wiederholt fein Erstaunen über das Vorgehen der französischen Regierung zum Ausdruck bringt. Der Bundesrat bedauert das Vorkommnis und wehrt sich entschieden gegen die in der fron- zösijchsn Note enthaltenen Vorwürfe gegen die schweizerische Regierung. Der Bundesrat weist zum wiederholten Male darauf hin, datz jeder neue schweizerische Vorschlag von der festgesetzten Willensmeinung ausgehen werde, das Wesen der Zoneneinrichtung nicht mehr zu opfern. Das im Abkommen vom 7. 8. 21 gemachte Zugeständnis, welches Frankreich ermächtigt, den Zollgürtel an die politische Grenze zu rücken, war ein rein tatsächliches Zugeständnis. Der Bundesrat hat stets bestritten, datz er rechtlich zu diesem Zugeständnis verpflichtet sei. Das schweizerische Volk hat das Abkommen verworfen und der hierfür entschei- dende Grund war, datz es jenes Zugeständnis enthielt. Der Bundesrat könnte zu einer Uebereinkunst, die hie Bestim
mungen der Verträge von 1815 und 1816 aufheben wurde, nicht mehr die Hand bieten, außer, wenn sich die französische Regierung zu der Gegenverpflichtung hergibt, an der Grenze der Kantone Genf, Waadt und Wallis durch ein unkündbares Abkommen eine Frei- oder Zugangszone zu schaffen, die der topographischen Lage entsprechen würde und bestimmt wäre, die freundnachbarlichen Beziehungen und den Handelsverkehr zwischen den schweizerischen und den französischen Grenzgebieten zu erleichtern. Auf dieser Grundlage werden die von der Genfer Handelskammer im Auftrag des Bundesrats unternommenen Arbeiten durch, geführt. Die Note betont, datz die Parteien nochmals alle Anstrengungen machen müssen, um sich mit voller.Klarheit auseinanderzusetzen. Sie schildert ausführlich die Arbei- ten und die Untersuchungen der Genfer Handelskammer in dieser Angelegenheit und weist unter Betonung auf die Mitgliedschaft der beiden Staaten zum Völkerbund die Notwendigkeit eines Schiedsspruches nach.
Italien und die Tangerfrage.
Paris, 31. Okt. Die italienisäze Regierung hat, wie Havas mitteilt, bei Len Regierungen von London, Madrid und Paris Vorstellungen erhoben wegen ihrer Nicht- Beteiligung an der Tanger-Konferenz. Die drei beteiligten Parteien seien z. Zt. im Begriff, sich über die Antwort an Rom zu verständigen, in der aller Wahrscheinlichkeit nach die praktischen und rechtlichen Gründe auseinandergesetzt würden, die diesen Entschluß begründeten.
Der Ausruf des holländischen Roten Kreuzes für Deutschland.
Amsterdam, 3. Nov. Das holländische Rote Kreuz veröffentlichte gestern einen Aufruf, in dem in kurzen, ergreifenden Worten die furchtbare Notlage des deutschen Volkes geschildert und das holländische Volk ausgefordert wird, dem östlichen Nachbar des Landes in derselben großzügigen Weise Hilfe zu leisten, wie es dies seinerzeit an- läßlich der russischen Hungersnot getan habe.
Speisung deutscher Kinder durch eine amerikanische Wohlsahrtsgesellschast.
Newyork, 1. Nov. (Durch Funkspruch.) Eeneralmayor Allen, der von Washington kommend in Chicago eintraf, teilte mit, datz Pläne in Vorbereitung seien, in die. sem Winter 2 Millionen deutsche Kinder durch Vermittlung der amerikanischen Gesellschaft der Freunde zu speisen. Allen ist der Vorsitzende des amerikanichen Komitees, das sich mit der Förderung des von Hoover unterstützten Lie- beswerkes beschäftigt.
Deutschland.
Eine Verordnung gegen die Spekulation mit Goldanleihe.
Verordnung über den Handel mit wertbeständiger Anleihe des Deutschen Reiches.
(Goldanleihe zum Einheitskurs) v. 2. 11.
Auf Grund des Ermächtigungsgesetzes vom 13. Oktober 1923 (R.E.Vl. l, Seite 943) verordnet die Reichsregierüng:
8 1- Die Vorschriften der Verordnung über den Handel mit ausländischen Zahlungsmitteln und Dollarschatz, anwoisungen zum Einheitskurs vom 22. Oktober 1923 (R. E. Bl. l, S. 991) finden auf den Erwerb und die Veräußerung von wertbeständiger Anleihe des Deutschen Reiches entsprechende Anwendung.
8 2. Die wertbeständige Anleihe des Deutschen Reiches darf als Kaufpreis für Waren oder Wertpapiere nur zum letzten amtlich in Berlin notierten Kurs am Tage des Geschäftsabschlusses hingegeben und angenommen werden und, zwar zum Geld- oder Briefkurs oder einem dazwischen^ liegenden Kurs. Bei Preisstellung in ausländischer Währung oder Goldmark kann die Eingabe und Annahme auch mit der Maßgabe erfolgen, datz die Zahlung der Goldmark oder des auf Dollar umgerechneten Betrages der ausländischen Währung in wertbeständiger Anleihe des Deutschen Reiches zum Nennwert erfolgt. Die Einräumung^ eines Preisabschlages für den Fall der Zahlung in wertbeständiger Anleihe des Deutschen Reiches bleibt unberührt. §
8 3- Auf Zuwiderhandlungen gegen 8 2 finden die in 88 5 und 8 der Verordnung vom 22. Okt. entsprechende Anwendung.
8 4. Die Verordnung tritt mit der Verkündigung in Kraft. Als Verkündigung gilt auch die Verbreitung durch das Wolffsche Telegraphenbüro in Berlin und die Veröffentlichung in der Presse.
Berlin, den 2. Nov. 1923.
Der Reichskanzler (gez.): Stresemann.
Der Reichswirtschaftsminister (gez.): Köth.
Der Reichsfinanzminister (gez.): Dr. Luther.
Ausgabe der Rentenmark am 10. November.
Berlin, 3. Nov. Nach einer Mitteilung des „Berliner Lokalanzeigers" soll die Ausgabe der Nentenmark und zugleich die Stillegung der Notenpresse am 10. November erfolgen.
Beamtengehälter
und wertbeständige Zahlungsmittel.
Berlin, 3. Nov. Laut „Vossischer Zeitung" hat das Reichsfinanzministerium eine Verfügung erlassen, datz bei den Lohnzahlungen an Reichsarbeiter am 8. November und bei den Gehaltszahlungen an Beamte und Angestellte am 9. November 10 Prozent der Bezüge in wertbeständigen Zahlungsmitteln ausgezahlt werden sollen.
Die Zahlungsmittelknoppheit überwunden?
Berlin, 3. Nov. Wie die „Vossische Zeitung" aus der Reichs, bank erführt, kann die Zahlungsmittelknappheit als überwunden gelten. Gestern wurde in Berlin voll ausbezahlt. Der Provinz^ bedarf ist^ schon seit vorgestern vollkommen gefriedigt.