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Nummer 142

Fsrnru? 17g

Mittwoch dm 20. Juni 1928

Fernruf 17S

63. Jahrgang

In Kürze wird sich der Kreis der währungskranken Län­der weiter verengen. Frankreich beabsichtigt seine inflatio­nistisch beeinflußte Frankenwährung zu stabilisieren und auf Goldstandard zu bringen. Die Vorbereitungen sind das ist seit langem kein Geheimnis mehr schon eine ganze Weile im Gang. Wenn die Aktion bisher noch nicht durchgeführt worden ist, obwohl die Gelegenheiten dazu teilweise recht günstig lagen, so ist das nicht auf wirtschaft­liche, sondern auf politische Gründe zurückzuführen. Frank­reichs Ministerpräsident, Herr Po in care, hat zahlreiche Argumente dafür, warum er den Zeitpunkt der Stabili­sierung bestimmen will. Er hat die Ausführung seiner Absicht oft genug hinausgeschoben, aber er scheint jetzt. ge­neigt zu sein, das schwierige Werk in Angriff zu nehmen.

Sieht man einmal davon ab, daß für den französischen Ministerpräsidenten sich in der Stabilisierungsfrage die beste Wahlparole bot, so bleibt immer noch übrig, daß Poincare tatsächlich der Mann ist, der den Franken vor seinem tiefsten Sturze bewahrt hat, und dem es gelang, die arg mißhan­delte Währung wenigstens wieder zu teilweiser Geltung im Welthandel zu verhelfen. Zu Ausgang des Jahres 1926 mußte die französische Währung alle die furchtbaren Stürze durchmachen, die Deutschland aus seiner Inflation nur zu genau kennt und immer noch in frischer Erinnerung hat. Den breiten Schichten der Bevölkerung Frankreichs war es natürlich unmöglich, gegen die Entwertung des Geldes Widerstand zu leisten oder sich in irgendeiner Form zu sichern. Frankreich, das klassische Land der Rentner, ver-. > armte von Tag zu Tag mehr und die Renten, die Zins­erträgnisse des von denkleinen Leuten" gesammelten Kapitals, wurden wertlos. Das Entsetzen der leidtragenden Bevölkerung war groß. Aber gleich unheilvoll machte sich der Einfluß der französischen Inflation im Welthandel und auf dem Weltmärkte bemerkbar. Ein ungeheures fran­zösisches Dumping setzte ein und brachte es tatsächlich fertig, die gleichgearteten Industrien anderer Staaten konkurrenz­unfähig zu machen. Die Verschleuderung wertvollen fran­zösischen Eigentums aufzuhalten, schien Poincare die wich­tigere Aufgabe. Populärer aber war die, der Bevölkerung ein wertgesteigertes Geld wieder in die Hand zu geben. Es gelang ihm durch Anwendung drakonischer Mittel, den Sturz des Franken aufzuhalten und sodann in zäher, un­ermüdlicher Arbeit seinen Kurs wesentlich zu verbessern und zu befestigen.

Seit dieser Zeit war die Bank von Frankreich, immer unter Führung des französischen Ministerpräsidenten, stets auf der Wacht, günstige Gelegenheiten auf dem Goldmarkte der Welt wahrzunehmen, um sich die not­wendigen Reserven für die geplante Stabilisierung zu schaffen. Gleichzeitig wurden Verbindungen mit der deut­schen Reichsbank, der Beratungsstelle für geschädigte Wäh­rungen ausgenommen, um sich die Mithilfe Deutschlands bei der Stabilisierung, die nicht zu entbehren ist, zu sichern. Oft hat man davon gehört, wie von den amerikanischen Gestaden Schiffe mit reichen Goldschätzen nach Frankreich abgingen; da sich aber diese Goldverladungen doch über einen verhältnismäßig großen Zeitraum erstreckten, traten Kursschwankungen des Franken kaum ein. Die flüssigen Mittel der Bank von Frankreich sind, ohne die Aufmerk­samkeit der Welt zu erregen, so bedeutende geworden, daß es keiner besonders großen ausländischen Mithilfe für dis Stabilisierung bedarf. Es sieht nach den letzten Ausweisen der französischen Zentralnotenbank auch ganz so aus, als ob Frankreich ohne nennenswerte ausländische Kredite seine Währungsreform wird durchführen können. Allerdings will man in Frankreich aus Gründen freundschaftlicher Be­ziehungen die Mithilfe gewisser ausländischer Emissions- . banken in Anspruch nehmen; außerdem erwartet man na­türlich den guten Rat der deutschen Währungsspezialisten.

Die französische Oeffentlichkeit macht in der letzten Zeit besonders durch die Presse gewisse Bedenken geltend, die im Grunde darauf hinauslaufen, daß man durch die Stabili­sierung zu einer neuen Teuerung gelangen werde. Der­artige Einwendungen werden natürlich nicht mit Unrecht erhoben. Die Erfahrung hat gelehrt, daß durch eine Wäh­rungsreform nach der Inflation die Zeit der Deflation einsetzt, die alles Kranke im Wirtschafts­körper zum Absterben bringt. Gegen diesen natürlichen Vorgang wird man sich auch in Frankreich kaum schützen können, soll es gar nicht einmal tun, weil über kurz oder ° lang doch der naturnotwendige Rückschlag einsetzen würde, der beim noch Vorhandensein kranker Wirtschaftsteile eine Gefährdung auch der gesunden Betriebe herbeiführen kann. Es ist dabei unerheblich, wenn über eine gewisse Zeit zu strengster Sparsamkeit im Staate und in der Wirtschaft zurückgekehrt werden muß. Wer eine kranke Währung ge­sund machen will, der wird immer genötigt sein, an vie­len Stellen mit scharfem Messer zu arbei­ten. Poincare, der geschickte Beobachter der Volkspsnche, wird gut daran tun, auf den fchmerzhasten Gesundungs­prozeß beizeiten aufmerksam zu machen. Daß er alle Vor- Wchungen für eine glückliche DurLführung^seiner Ab sich­

ren erfüllt hat, glaubt tym.rne Weit gern. Vom oeulf«en Standpunkt aus gesehen, wird die Stabilisierung der fran­zösischen Währung sicher auch eine Verbesserung der Aus­wirkungen des deutsch-französischen Handelsvertrages be­deuten, der ja durch die erheblichen Kursdifferenzen zwischen den beiden Währungen sich noch immer nicht fo auswirkt, wie bei seinem Abschluß erhofft werden durfte.

Seit der jüngsten Veröffentlichung des letzten Halbjahrs- berichts des Generalagenten Parker Gilbert me.ldet sich wieder mit verstärktem Nachdruck und Interesse die Frage der endgültigen Festsetzung der End­summe und der Herabminderung unserer Re, parationszahlungen. Von letzterer sagt zwar Parker Gilbert nichts. Im Gegenteil, er meint, Deutschland könne nach den bisherigen Erfahrungen die kommende Standardleistung" von 2500 Millionen Goldmark ohne allzugroße Anstrengung aufbringen was wir Deutsche mit Recht sehr bezweifeln.

Nun hängt aber Endsumme und Herabminderung aufs engste zusammen. Wir haben bis jetzt wahrhaftig genug geleistet und sind bekanntlich ob dieser Leistungen schon ein­mal gründlich zusammengebrochen. Wir wollen deshalb nicht bloß unsere Ensumme endlich einmal genau wissen; wir wollen selbstverständlich auch Herabsetzung der Jahres­raten. Das versteht Deutschland unterRevision des Dawesvlans". ^

Was sagen aber unsere Gläubiger dazu? Die Ansichten sind sehr geteilt. In Amerika denkt man hierüber anders als in Europa, wenigstens im offiziellen Washington. Na­mentlich ist es England, wo diese Frage mit steigendem Ernste behandelt wird. Hier ist es der berühmte Wirtschaft­ler Keynes, der bekanntlich seinerzeit eine die ganze Welt interessierende Broschüre überDie wirtschaftlichen Folgen des Versailler Vertrags" geschrieben hat. Keynes nimmt zu der FrageKriegsschulden und Reparationen" in derN a- tion" vom 5. Mai das Wort: England sei heute genau so wie im Jahre 1922, wo das bekannte Balfour-Ab- kommen über die Abzahlung der englischen Schulden an Amerika getroffen wurde, bereit, auf seine eigenen Ansprüche an Deutschland (sie betragen 22 Proz. unserer jährlichen Dawesleistungen) zu verzichten, alls die Bereinigten Staaten ihre briti- chen Schulden annullieren würden.

Im einzelnen: nach dem Balfour-Abkommen muß näm- l-ch Großbritannien Amerika jährlich bis 1933 33 Millionen Pfund (etwa 700 Millionen Goldmark) zahlen, die sich bis 1984, wenn die ganze Schuld abgezahlt sein wird, auf eine Jahresrate von 38 Millionen Pfund (etwa 800 Millionen Goldm.) erhöhen wird. Das ist etwa die Hälfte seiner Aus­stände in Europa. Nachdem Amerika in den Krieg eintrat, hat es Großbritannien 850 Millionen Pfund geliehen, wäh­rend Großbritannien in derselben Zeit seinen Alliierten 750 Millionen borgte und insgesamt seinen Kriegsverbün­deten 1600 Millionen Pfund geliehen hatte. Durch obengenanntes Angebot würde also Großbritannien zwei­mal soviel auftrben, wie es gewinnen würde.

Was England an Amerika sechzig Jahre lang jährlich zu zahlen hat, ist so hoch wie zwei Drittel der Kosten seiner Marine oder mehr als die Gesamtausgabe für das Cr- ziehungswesen und seine Vorkriegsschulden oder höher als die gesamten Normalerträge der britischen Kohlengruben nebst den Gewinnen der Handelsmarine. Also immerhin eine ganz gewaltige Leistung.

Wenn nun die vollen Dawesleistungen in Kraft treten was ia bekanntlich ob l. September d. I. der Fall ist> dann erhäst Amerika 78 Millionen Pfund ( 67 Prozent) jährlich von den 117 Millionen ( 2500 Millionen Gold­mark), die dis Alliierten von Deutschland bekommen sollen. Somit ist was man nicht oft genug in die Welt Hinaus­rufen kann Amerika der einzige Nutznießer der Reparationen. Seine Sckuldner in Europa fra- g»n sich billigerweile, ob das eineHilfe" sei, wenn man sich so dafür bezahlen läßt?

Aber auch in Amerika dämmert dieser Gedanke auf. So schreibt Patterson in der amerikanischen Zeitschrift New Re public":Einmal muß etwas in bezug auf die Schulden getan werden. Die Schuldner empfinden ihre Höbe als unerträglich, und auch in den Gläubigerländern sind viele der Ansicht, daß die Ansprüche unberech­tigt und nicht realisierbar sind. Fast jeder Rlan, der eine weitere Herabsetzung vor- schlägt, scheint besser zu sein als die jetzige Lage."

Das Bemühen um die Regierung

Die Parkeiverhandlungen gehen nicht vorwärks

Berlin, 19. Juni. Die interfraktionellen Besprechungen des 22er-Ausfchusses sind heute fortgesetzt worden. Sie wer­den in,xarlgmegtarischen Kreisen lebhaft, erörtert. Jy volks­

parteilichen Kreisen tritt man oer LMsicyl entgegen, oatz vas Regierungsprogramm heute in erster Lesung beendigt wer­den soll. So weit sei es noch nicht. Vor allem die Sozial­demokraten sollen in der N eichswehrfrage wie­der neue Forderungen geltend gemacht haben. So hätten sie heute schon wieder die Angelegenheit des Panzerkreu­zers und die Frage eines Staatssekretärs beim Reichs­wehrministerium erneut aufgerollt. Schließlich ist auch der Verfassungstag umstritten geblieben. Dabei soll das Zen­trum erklärt haben, in Deutschland würden schon so wie so genug Feiertage gefeiert, so daß ein neuer Ruhetag am 11. August kaum tragbar sei. Die Vertreter der Bayerischen Volkspartei sollen die Sozialdemokraten nicht darüber im Ungewissen gelassen haben, daß man den 11. August in Bayern kaum feiern werde. Weiter sind skeuer- und wirk- fchaftspolitische Fragen besprochen worden. Die Verhand­lungen sollen morgen fortgesetzt werden.

Im Laufe des Tages wird sich der sozialdemokratische Abgeordnete Müller-Franken dann mit seiner Fraktion in Verbindung setzen und ihr über das Ergebnis der bisherigen Regierungsverhandlungen Bericht erstatten. Nicht erörtert wird vorläufig im Reichstag die Preußenfrage. Am Dienstag nachmittag ist die Zentrumssraktion des preu­ßischen Landtags als erste Fraktion zufammengetreten, um über die Frage einen Beschluß zu fassen, in welcher Form der Volkspartei die Beteiligung an der Preußen-Koalition zugesichert werden soll. Die Frage scheint über das Sachliche hinaus dadurch besondere Schwierigkeiten zu machen, daß die Deutsche Volkspartsi eine angemessene Beteiligung an der Regierung, d. h. zu mindest 2 Ministersitze für den Fall der Beteiligung verlangen könnte. Eine entsprechende Ver­minderung der Ministersitze der Demokraten und des Zen­trums müßte die Folge sein, was beiden Fraktionen schein­bar nicht leicht fällt.

Die Sozialdemokraten stehen nach wie vor auf dem Standpunkt, daß die Festlegung auf einen bestimmten Ter­min bezüglich der Beteiligung der Volkspartei an der preu­ßischen Regierung nicht in Frage kommen könne.

Man ist sich auch klar darüber, daß im Reich die sach­lichen Voraussetzungen für eine Regierungsbildung von einer Klärung noch weit entfernt sind.

Neueste Nachrichten

Eine Reise Dr. Stresemanns

Berlin, 19. Juni. Wie dieTägl. Rundschau" erfährt, wird Reichsaußenminister Dr. Stresemann seinen Er­holungsurlaub nicht im Laufe des heutigen Tages, sondern erst in der zweiten Hälfte der Woche antreten. Er begibt sich zunächst in den südlichen Schwarzwald in ein Sana­torium.

Polnische Militärzüge durch Ostpreußen

Berlin» 19. Juni. Polen hat nach einem Abkommen vom 21. April 1921 das Recht, Militärzüge durch Ostpreußen fahren zu lassen. Es wird davon zum erstenmal am 27. Juni mit einem Transport Gebrauch machen, der über Marien­burg und Eylau geleitet wird.

Der Einzug der Ozeanflieger in Bremen i

Bremen, 19. Juni. Früher denn je erwachte am Diens­tag morgen das Leben und Treiben auf den Straßen, namentlich in der inneren Skadk. Das Wetter ist wie ge­schaffen für den Empfang der Ozeanflieger. Fast wolken­loser Himmel wölbt sich über der in rechter Feststimmung daliegenden Skadk. Gegen 10 Uhr vormittags traten die Flieger von Bremerhaven aus im Kraftwagen ihren Triumphzug an, einen Triumphzug, wie ihn Bremen noch nie erlebt hak und wohl kaum wieder erleben dürste. Die Bremerhavener Bevölkerung war vollzählig auf den Bei­nen und nahm mit lebhaften, nicht endenwollenden Ova­tionen Abschied von den Fliegern, die auf der Landstraße nach Bremen das Spalier der ADAC.-Sternfahrer passier­ten. Fortwährende Hupensignale, Hurrarufe und wieder­holtes Absingen des Deutschlandliedes gaben Kunde von der ungeheuren Begeisterung der Bevölkerung. Etwa 40 Flugzeuge -begleiteten den Kraftwagenzug auf der Fahrt nach Bremen. Aus den umliegenden Dörfern und Ort­schaften hatte sich fast vollzählig die Einwhonerschaft ein­gefunden, um den Fliegern das Geleit zu geben.

Unter Führung des Amtshauptmanns Koch-Bremerhaven traf der Zug schließlich an der bremischen Stadtgrenze In Burg an der Lesum ein, wo sich der bremische Polizeipräsi­dent Petri nach Begrüßung der Flieger im Auftrag des Senats der Freien und Hansastadt an die Spitze des Zuge» setzte. Unter dem Läuten der Kirchenglocken und den Hoch­rufen der unübersehbaren Menschenmenge entstiegen die Flieger dem vollständig mit Blumen überschütteten Auto. Während ein Vertreter der Stadtverwaltung die Flieger vor der Rathauskreppe begrüßte, präsentierte die Ehren- komvagnie der Reichswehr. Die Ehrengäste versammelten sich inzwischen in der unteren Rakhausballe, um sich dann mit den Fliegern in die alte historische Rathaushalle zu be- geben, wo der eigentliche Empfang vattkindel. . --;