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Nr. 50 vamstag, den 1. März 1930 !r>M)rgang 102

Noch keine Einigung im Reichskabinett .

Wachsende Krisengefahr Der kritische Punkt: das Notopser zur Deckung

der Arbeitslosenversicherung

TU Berlin» 1. Mär». Fm Reichskabinett »nrde auch gestern keine Einigung über die Decknngsvorlage erzielt. Ueber die gestrigen Kab nettsbcratungen erfährt die T-l-- graphrunnt»« folgende Etnzctlheite«:

Der Hauptpunkt, Uber den eine Einigung im Kabinett nicht erzielt werden konnte, ist das sogenannte Notopser, sitr knS eine Mehrheit im Kabinett vorhanden ist, das aber von der DVP. nach wie vor mit allem Nachdruck abg-lchnt wird. Das Notopser ist so gedacht, bah dadurch eine Summe von 10» Millionen ausgebracht werden soll, und zwar von sämtlichen Beamten ohne Unterschied der Eeßaltshöhe, sowie von allen Fcstbesoldeten mtt einem Jahreseinkommen von über 81»» RM. Man hat vorläufig errechnet, daß zur Aus» bringung dieser Summe aus den genannten Bcvölkerungs- schichten eine zusätzliche Einkommeusieuer, gestaffelt zwischen 1 big S v. H. erhoben werden mühte.

Infolge des «uüberbrttckbarcu Gegensatzes in dieser Frage zwischen den Sozialdemokraten und dem Zentrum einerseits und der DVP. andererseits hat sich die parlamentari­sche Lage außerordentlich zugcspitzt. Wen« nicht ln letzter Minute ein Mittelweg gesunde« wird und er ist nicht zu seheu ist die Krise unvermeidbar. Da sich der Reichstag bis zum 6. März vertagt hat, «erde» die Fraktionen selbst, die in dieser eutschcidrrde« Frage ge­hört werde« müssen, vor Anfang nächster Woche nicht znsam- meutreten, so daß eine Entscheidung nicht vor Mitte nächster Woche z» erwarten wäre.

Einseitige Belastung des Mittelstandes!

Gegen das vom Zentrum und den Sozialdemokraten ge­forderte Notopfer werden von volkspartctlicher Seite fol­gende Gründe geltend gemacht:

Das Notopser widerspricht der seit Jahren erhobenen Forderung der DVP. nach AnSeinanderzichnug der mittle­ren Einkommcnstcnerstnfen. Es würde vielmehr nmgekchrt direkt ein« ei»fertrge Belastung des Mittelstan­des bedeuten» da es lediglich von den Privatangestellte» mit einem Einkommen über 8LV» und von den Beamten anfzubringen wäre, so daß also weder de kleinen Rotetu- kommeu noch die große» Elukommcn der freie« Wirtschaft davon ersaßt waren.

Wenn vor. den Anhängern des Notopfergedankens erklärt wird, Laß das Reich eine Gehaltskürzung bei den Beamten durchführen müsse, 'o sei das natürlich als ei» ganz abwegi­ges Druckmittel zu bewerten, da sich im Reichstag für eine derartige Maßnahme niemals eine Mehrheit finden würde.

Ganz abgesehen davon, daß das Beamtengchalt ein unan­tastbares Grundrecht des Beamtentums üarftelle, das jeder­zeit im Wege des ZwtlprozcsseS mit Erfolg cingeklagt wer­den könnte.

DieGermania" schreibt» der Widerstand der DBP. gegen die Notopfer-Lösung sei der kritische Punkt, an dem in kürze­ster Zeit die Entscheidung fallen müsse. Die Lage, wie sie sich ans Grund der Beratungen des Kabinetts heransgebildet ?abe. sei jedenfalls zu dieser Entscheidung reif. Die DVP., die sich heute noch in den maßgebenden Parteiinstanzen über ihre Haltung schlüssig werden wolle, werde sich die ernste Frage vorlegen müssen, ob die so dringliche Klärung und Sicherstellung unserer Finanzpolitik an ihrem Widerstand scheitern solle, und zwar au dem Widerstand in einer Frage, deren Lösung im Rahmen des gesamten J-i nanzprogrammS wirklich keine erstrangige Bedeutung habe.

DieDA Z." weist darauf hin, daß jetzt von allen Selten ein Druck auf die Deutsche Volkspartei ausgeübt werde. Die Auseinandersetzungen im Kabinett ständen, wie schon wäh­rend der ganzen letzten Zeit, unter dem Zeichen stärksten ge­werkschaftlichen Druckes. Die gewerkschaftlichen Gruppen in den Linksparteien und im Zentrum ließen von ihrer Forde­rung, die Arbeitslosenversicherung nicht von innen heraus zu sanieren, sondern durch Zuschüsse, und zwar durch eine Son­derabgabe der Festbesoldetcn zn treffen, unter keinen Um­ständen ab Sie gingen in engstem Einvernehmen vor und ließen ihr politisches Ziel, die Ausschaltung der DBP., im­mer deutlicher in Erscheinung treten.

DerVorwärts" hebt hervor, daß die Zuspitzung der politischen Lage noch nicht beseitigt sei. obwohl nicht verkannt werden solle, daß die Aufgabe der Absicht, die Arbeitslosen­versicherung abznbanen und die Bereitstellung der von ihr be­nötigten Mittel den Konfliktstoff verringert habe. Das sozial­demokratische Zentralorgan hat weiter den Eindruck, daß der Gedanke der Heranziehung der Festbesoldeten für die Lasten der Arbeitslosenversicherung an Boden gewonnen habe. Das Blatt betont unter Hinweis ans die geplanten Stcuer- crhöhnngcn, daß allen diesen Belastungen der Masse b"s Volkes keine entsprechende Gegenleistung der besitzenden Schichten gcgenüberstehe. Daher halte es die Sozialdemo­kratie nach wie vor für dringend erforderlich, daß der ein­malige Zuschlag znr Einkommensteuer, durch den die hohen Einkommen znr Überwindung des Notjahres herangezogen würden, im Programm der Neichsregiernng enthalten sein müsse.

Annahme des Poungplans im Ausschuß

Zentrum und Bayrische Volkspartei enthielten sich der Stimme

TU. Berlin, 1. März. Unter Stimmenthaltung des Zentrnms und der Bayerischen Bolkspartei, die im Ausschuß zusammen über 11 Stimmen verfügen, wnrbcn sämtliche Aoungabkommen in den Vereinigte» Neichstagsansschllsscn angenommen. Tle Abkomme» fanden im allgemeine» eine Mehrheit von SK Stimmen. Die Abtrennung des Polen- «Lkommevs wurde abgelehnt. Die Mehrheit für dieses Ab­kommen war etwas geringer, da bei der Deutschen Volks» Partei der Abgeordnete Dr. Schnee gegen das Abkommen stimmte.

Der Zentrumsabgcordnete Brüning gab vor der Ab­stimmung eine Erklärung ab, in der es heißt: Die Zentrum-i- partei habe sich mehrfach dahin ausgesprochen, daß für sic die Sanierung der Kassenlage ein integrierender Bestandteil auch der Uoung-Gesetzc darstellc. Sie erkennt dankbar an, daß der Reichskanzler in Zusammenarbeit mit dem Kabinett Schritte zur Erreichung dieses Zieles ctngeleitct hat, die hof­fentlich bis znr dritten Lesung des Neuen Plans zu einem Ergebnis führen werde. Vorläufig sehe sich aber die Zen­trumsfraktion gezwungen, bei der heutigen Abstimmung lm Ausschuß sich -er Stimm« zn enthalten.

Die Opposstion

über die Folgen der Tribuipolilik

Das Präsidium desNeichsausschusses für das deutsche Volksbegehren" hat zn der derzeitigen politischen Lage Stel­lung genommen und hierüber eine Erklärung heraus- gegcben, in der es u. u. heißt:

Die außen- und innenpolit schen Ereignisse der letzten Wochen haben die Berechtigung der vom Nelcyöauöschuß ver­tretenen Aussassungrn in vollem Umfange erwiesen. Der Wirrwarr im Parlament, die sich überstürzenden vcrzwciscl- teu Finanzmanöver, d e alsNotopser* in Aussicht getrom­

mene Sonderbesteuerung mittelständischer Schichten, die Preisgabe elementarer Gruirdsätze des Landesschutzes nsm. künden an, daß unsere warnenden Voraussagungen sich surchtbnr verwirklichen. Ein von Hans nnd Hof vertriebenes Vanerntnm» der sterbende Mittelstand, drei Millionen Men­schen ohne Arbeit und Brot das sind di« Ergebnisse der bisherigen Tributpolitik.

Dem tm Reichsansschuß für daS deutsche Volksbegehren verkörperten Fre heitsblock fällt für die kommende Zeit die Aufgabe zu, in schärfstem Kampf gegen den Marxismus die deutsche Scholle und die christlich-germanische Kultur vor der Verwüstung zu schützen.

Um die Eisenbahn- und Postabfindung der Länder

Neichsf nanzmintster Dr. Moldenhauer trat am Freitag vormittag mit den in Berlin anwesenden Finanz- Ministern der Länder zn einer Sitzung zusammen, um ihnen sein abgeändcrtes Steuerprogramm vorzutragen. D e Aussprache drehte sich u. a. auch um die Entschädigungs- Pflicht deS Reiches für die den Ländern abgenommene Eisen­bahn- und Posthohrit. Es wurde noch keine Klärung dieses überaus komplizierten Fragenkomplexes erreicht. Die Be­sprechungen mit den Finanzressorts der Länder werden v el­mehr sortgesetzt werden. Dr. Moldcnhauer hat den Länüer- reglerungen einen Vorschlag unterbreitet, der die Grund­lage für die künftige Auseinandersetzung abaeben soll. Die­ser Vorschlag, der einstweilen streng vertraulich behandelt iv rd. ist vorderhand, auch vom NelchSslnanzminister aus ge­sehen, noch völlig unverbindlich. Er bedarf nämlich noch der Zustimmung des Kablnettes. Nu eine Kapktaleulschädignng der Länder für die ihnen verloren gegangenen Werte ist hie­bei natürlich nicht gedacht. In dieser Form wird ein« end-

Tages-Spiegel

Im ReichSkaLinctt kam cs auch gestern zu keiner Eiuignng über das StcnrrprograMM. da Zentrum und Sozialdemo­kraten nun energisch ein Notopser fordern. Tic Beratun­gen werden am Montag fortgesetzt.

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In Berliner parlamentarische» Kreisen glaubt man an ein« Krise nach Verabschiedung der Noung-Gcsrtzo.

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Die Bereinigten Ausschüsse des Reichstages «ahmen fäint, l'.chc Gesetze für den Aoung-Plan unter Stimmenthaltung des Zentrums und der Bayerische» Bolkspartei mit LS gegen LI Stimmen a,r.

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Das Mieterschirtzgcsctz wurde vom Reichstag bis zum S». Juni 19H verlängert.

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Die Kabinettsbildung Tardicns, der von Pviucart berate» wird, schreitet nur langsam vorwärts.

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In Spanien kam cs gestern zu ernenten monarchlc'eindliche« Kundgebungen, welche von der Polizei mit Schärfe be­kämpft wurden.

gültige Lösung erst dann erfolgen können, wenn die Eisen­bahn einmal wieder dem Reiche zurückgegebcn ist. Jetzt geht es darum, sich grundsätzlich über gewisse Entschädigun­gen der Ztnsverluste im Rahmen des allgemeinen Finanzausgleiches zu einigen.

Der Mieterschutz verlängert

TN. Berlin» 1. März. Im Reichstag wurde am Freitag die Verlängerung der Micterschutzgesctze entsprechend dem Vorschlag des Ausschusses bis zum SV. JunilOSI endgültig beschlossen. Verabschiedet wurde auch das internationale SanitatSabkommc».

Der Reichstag vertagte sich daraus bis zum Donnerstag nächster Woche. Auf der Tagesordnung steht die zweite Be­ratung der Noilnggcsctze nnü der damit verbundenen Ab­kommen.

Rücktritt des preußischen Innenministers

TU. Berlin, i. März. Ter preußische Innenminister Grzcsinski ist auS Gesundheitsrücksichten znrückgctrete«. Zu seinem Nachfolger wurde der bisherige Lberpräsident -er Provinz Sachsen, Prof. Waentig, ernannt.

Dem Nachfolger Grzesinskis. HeinrichWaentig. geht in wissenschaftlichen Kreisen ein guter Nus voraus. Er ist jetzt sechzig Jahre alt, hat NechU-wlsseuschast und Volkswirtschafts­lehre studiert, war Nniversttätsprofessor tp Marburg. Greifs- wald, Münster t. W. und Halle a. d. S. Bon IMS bis 1S14 dann Professor an der Universität in Tokio. Nach dem Krieg trat er als sozialdemokratischer Abgeordneter im Preußischen Landtag hervor. Im August 1027 wurde er als Nachfolger Hörsings Oürrpräsident der Provinz Sachsen.

Familientragödie in Chemnitz

TU Chemnitz, 1. März. Am Freitag nachmittag hat sich in der Chemnitzer Vorstadt Borna eine entsetzliche Famt- l cntr.igödle abgespielt, die nicht weniger als 7 Todesopfer gefordert hat. In der Louls-Otto-Straße wohnte der Kriegs- Invalide Müller, der zur Zeit arbeitslos ist. mit seiner Frau und sieben Kindern im Alter von 16 Jahren bis z» vier Mo- naten. Das Zusammenleben der be den Eheleute ist nicht sehr glücklich gewesen, so daß es schon mehrfach zu Zerwürf­nissen gekommen ist. Als der Mann am Freitag mittag ans dem Hause ging, um.seine Rente abzuholcn, kam es vorher wieder zu ernsten Auseinandersetzungen zwischen den Ehe­gatten. Der Mann ist nicht wieder in die Wohnung znrück- gekehrt und sein Aufenthalt konnte bis in die späten Nacht- stunden hinein noch n'cht ausfindig gemacht werden. Als die älteste Tochter am Abend von ihrer Arbeitsstelle nach Hanse zurückkchrte. fand sie ihre Mutter und ihre 0 jungen Ge­schwister tot in der Wohnung vor. Frau Müller hatte Len Gashahn geöffnet, um mtt Hreu Kindern aus dem Leben ,n scheideru

Aufruhr in Guadeloupe

TU Parts» 1. März. Die Spannung, die seit längerer Zelt in der französischen Kolonie Guadeloupe zwischen de» Besitzern der Zuckerrohrpflanzungen und Arbeitern wegen angeblich ungenügender Löhne herrschte, und d e zahlreiche Arbeitseinstellungen zur Folge hatte, ist nunmehr in eine offene Aufstandsüewegung ausgcartct. Nach den In Paris elngetrosfcnen Meldungen haben die streikenden Arbeiter, obwohl ihnen kurz vorher e ne Lohnerhöhung bewilligt wor­den war, am 25. Februar einen Polizeiposten angegriffen, der znm Schutze einer Zuckerfabrik ausgestellt war. Zwei '»olizlsten und «In Soldat wurden dabei schwer verletzt. In der Notwehr feuerte die Polizei aus die angreiscude ^krng« und tötete einen Arbeiter.