Enztslbots Joitvrng

Ämtsblsttunö Mn^eigerfünWilöbaö

^ unö Sas^obsne En^fst

Anzeigenpreis: Die einspaltige Petitzeile oder deren Raum im Bezirk Grundpreis 15 Pfg., außerhalb 2t> Mg. Reklamezeile 50 Pfg. Rabatt nach Tarif. Für Offerten und bei Auskunftertcilung werden

. Bezugspreis monatlich urch die Post bezogen im inner 76 RM. Einzelnummern 16 Girokonto Nr. 56 bei der Lberamtsfparkaffe Neuenbürg Zweigstelle Wildbad. Bankkonto: Enztalbank Haberle L Lo., Wilobad. Pforzhetmer Gewerbsbank Fil. Wildbad. Postscheckkonto LSI 74

Erscheint täglich, ausgen. Sonn

1.46 NM. frei ins Haus geliefert; deutschen Verkehr monatlich I.7S

. 56 bei der Lberamtsfparkasü an! Lii

jeweils 16 Pfg. mehr berechnet. Schluß der Anzeigennahme

ursMll

täglich S Uhr vormittags liche Beitreibung notwendig wird, fällt jede Nachlaßgewährnng weg.

In »onkursfällen oder wenn gerlcht

-----

Wohnung r Bismarckstratze 68.

Wilhelmstrabe 86.

Telephon 17S

Druck, Verlag und Gchriftteitungr Theodor Gack, Dildoad

Mittwoch den 4. April 1828

63. Jahrgang

Nummer 80

Fernruf 17S

Fernruf 178

z

Ende gul - Mer gut?

Wirklich? Die Abschiedsprügelei am Donners­tag abend die wird man doch nicht als ein gutes End« ansprechen können? Nein, gewiß nicht. Aber der Reichs- tag das wird auch dieböse Welt" bezeugen hat in den letzten vier Wochen seines mehr oder weniger rühm­lichen Daseins tüchtig gearbeitet und, was auch der Reichs­kanzler ihm zum Abschied nachrief, unter Mitwirkung der Opposition. Das sogen. Hindenburgsche Notarbeits­programm prompt aufgeschafft. Er hat also den Reichs­haushalt 1928 verabschiedet und dadurch die Reichsfinanzen, wie ein ordentlicher Hausvater, noch vor Torschluß recht­zeitig in Ordnung gebracht. Außerdem hat er die Nothilfs­maßnahmen für die Landwirtschaft, für die Rentner und für die Sozialrentner beschlossen, das Kriegsschädenschluß­gesetz verabschiedet, den Panzerkreuzer bewilligt und dis leidige Phöbus-Geschichte erledigt. Das ging alles zuletzt im Eiltempo. Aber es ging. Und das ist die Hauptsache, die Anerkennung verdient.

Im übrigen war die Lebensdauer dieses Reichstags 40 Monate, kein allzu langer Zeitraum, aber immerhin für einen Reichstag der Nachkriegszeit eine ansehnliche Länge. Jedenfalls hat der 4. Reichstag es länger ausgehalten als seine Vorgänger, besonders als der 3., der es kaum zu fünf Monaten gebracht hat. Am 7. Dezember 1924 geboren, ist er am 31. März 1928, mittags 12.30 Uhr, verschieden.

Was hat er geleistet? Darüber gehen die Ansichten allerdings weit auseinander.. Die einen sagen:Herzlich wenig". Es sei daher allerhöchste Zeit gewesen, daß der un­nütze Geselle nach Hause geschickt wurde. Die andern sagen genau das Gegenteil:Mehr als alle seine Vorgänger". " Es sei deshalb sehr schade, daß der wackere Mann mitten aus seinem Wirkungskreis abgerufen wurde.

Wir aber wollen mit unserem Urteil zurückhalten. Viel­leicht ist der Spruch der goldenen Mitte auch hier an­gebracht. Das liegt eben im Wesen des Parlamentarismus, daß er selten etwas Fertiges, in der Regel aber Halbfertiges schafft. Warten wir also das Urteil der Zeit ab! Bis dahin gedulden wir uns mit den nackten Tatsachen.

Dieser vierte Reichstag hat vier Kabinette ins Leben gerufen: Luther Schiele, Luther Reinhold, Marx Külz und Marx Hergt Strese- mann, also vier bürgerliche Regierungen, darunter zwei Minderheitskabinette, über denen stündlich das Damokles­schwert der Krisis schwebte.

Diese vier Kabinette haben vielleicht nicht dicke Bände von Gesetzen produziert. Bünde, für die unsere Behörden­registraturen kaum Platz finden, aber immerhin Gesetze von wichtiger oder gar einschneidender Wirkung. Als da sind: Finanzausgleich, Steuerreform, Aufwertung, Zolltarif, eine ganze Reihe von Handelsverträgen, Novellen zu allen Ver­sicherungsgesetzen, Amnestie, Bekämpfung der Geschlechts­krankheiten, Sperrgesetz für Fürstenprozesse, Reichsgarantie für den Export nach Rußland, Reform der Geschäftsordnung des Reichstags, Arbeitsnotgesetz, Verlängerung des Repu­blikschutzgesetzes, Arbeitslosenversicherung, Besoldungsreform und andere.

Und zu all dem sind wichtige Ereignisse über den Reichstag dahingegangen: Anregungen, zu denen er so oder so Stellung nehmen mußte: Die Wahl Hindenburgs als Reichspräsident, Eintritt Deutschlands in den Völkerbund, Locarno und Thoiry, Räumung der Kölner Zone, Personal­wechsel im Reichswehrminisierium, der Tag von Tannen­berg, Parker Gilberts Denkschrift und noch manch anderes, das aufzuzählen den Raum eines Leitartikels überschreiten würde.

Kurz: es war eine bewegte Zeit. Wohl haben sich die Wellen der Staatsumwälzung nach und nach gelegt. Aber wir arbeiten eifrig am Wiederaufbau und der vierte Reicbstaq hat auch das Ssinige dazu beigetragen. Wie wird sem Nachfolger auslshert? In sieben Wochen wissen wir es. In deiner Brust sind deines Schicksals Sterne!" Das gilt auch dem deutschen Reichstagswähler. VG 14.

M

gütig

Paris, 3. April. Der Pariser Berichterstatter derNew Nork Times" will von maßgebender Seile erfahren haben, von Sachverständigen sei ein Plan zur Tilgung der Kriegs­schulden ausgearbeilek worden, der alsbald der Negierung in Washington unterbreitet werden solle, falls er von Deutsch­land angenommen werde. Danach solle»dievertragsmäßige", aber nur auf dem Papier stehende Schuldenlast Deutschlands von 132 Milliarden Goldmark aus 32 Milliarden herab­gesetzt werden. Diese Summe solle- zur Hälfte durch neu auszugebende Schuldverschreibungen von 11 Milliarden und

den 5 Milliarden öproz. Jndustrieschuldperschreibungen auf-

' "iWarden müßten

gebracht worden. Die Zinsen für diese 16 Me durch die Einnahmen der Reichsbahn und der wichtigsten Industriebetriebe sichergestellt werden. Die änderen 16 Mil­liarden müßten auf den Staatshaushalt Deutschlands über' pommen werden. Gegenüber den bisherigen DaweAahlungen

Tagessiiiegel

Dr. Skresemann ist in den bayerischen Wahlkreisen Ober- bayern-Schrvaben und Niederbayern-Oberpfalz als Spitzen­kandidat der Deutschen Volkspartei ausgestellt worden.

Die deutsch-litauischen Handelsvertragsverhandlungen sol­len am 16. April in Berlin beginnen.

In der Reichsbahnverwallung ist man der Ansicht, daß das gegenwärtige Reichskabinett, das als solches zur Frage der Erhöhung der Eisenbahntarise noch keine Stellung ge­nommen hat, der ablehnenden Erklärung des Reichsverkehrs­ministers im Reichstag nicht beitreten werde, da das Kabinett ja nur noch geschäftsführend sei. Die Einzelheiten der Er­höhung sollen daher demnächst festgestellt werden.

Neueste Nachrichten

Der türkische Außenminister, Rudschi Bey. ist in Beglei­tung des Generals Dschawar Pascha in Rom eingelrossen.

sei dies eine Ersparnis von 40 Prozent für Deutschland. Der Ertrag der ersten 16 Milliarden Schuldverschreibungen solle zur Tilgung der gegenseitigen Schulden der Verbandsmächke untereinander, hauptsächlich in Amerika verwendet, die übrigen 16 Milliarden in Sach - lieferungen an Frankreich und Belgien be­zahlt werden. Die Ausgabe eines so hohen Betrags an Schuldverschreibungen könne aber nur in Abschnitten ge­schehen, und da sie nur zu 5 v H verzinslich seien, würde der Ausgabekurs nur'80 v.'H. sein. Zur Uebernahme der Schuldverschreibungen würden daher 3 Milliarden Dollars nötig sein. Da aber die Gesamtschulden an Amerika gegen­wärtig nur etwa 4 Milliarden Dollars oder 16 Milliarden Goldmark betragen so sei die Annahme des Vorschlags durch Amerika möglich.

Poincare hat in seiner letzten Wahlrede in Carcassonne die Möglichkeit einer neuen Regelung der Kriegsschulden an- gedeutek. Deutschland könnte aber eine solche Lösung nur unter der Bedingung annehmen, daß das Rheinland und das Saargebiet mit dem neuen Vertrag geräumt werden.

Die Anregungen Poincares scheinen übrigens in Washing­

ton auf keine Gegenliebe zu stoßen; man wünscht dort kei nerlei Ve '' - - "

rquickung der Regelung der Verbandsschulden mit dem Dawesplan.

Als die ägyptische Regierung Anfang März den Ver­trag verwarf, den der damalige Erste Minister S a r w a t Pascha mit Chamberlain vereinbart hatte, sandte die britische Regierung eine Note nach Aegypten, worin sie >indeutete, daß sie gewisse gesetzgeberische Maßnahmen, welche die Versammlungsfreiheit und das Recht des Waffen­tragens in Aegypten vergrößern sollten, nicht genehmigen könne. Sarwat hat diese Note nicht mehr beantwortet und auch sein Nachfolger, der Führer der Nationalisten, Nahas Pascha, hat einstweilen darauf geschwiegen. Jetzt aber, nahe­zu einen vollen Monat nach dem Scheitern des Vertrags, hat Nahas Pascha dem britischen Oberkommissar eine Antwort überreicht, worin er der britischen Regierung das Recht bestreitet, Einwendungen gegen die geplante Gesetz­gebung zu erheben, da dies eine Einmischung in die inneren Angelegenheiten Aegyptens darstelle. Die Note betont, daß Aegypten sich als eine unabhängigeNation be­trachte, die auch durchaus willens und in der Lage sei, den Schutz der Interessen der Ausländer in die eigene Hand zu nehmen.

Die Note ist der Ausdruck einer Politik, zu der sich die ägyptischen Nationalisten immer bekannt haben. Sie lehnen es ab, die vier Einschränkungen der ägyptischen Unabhängig­keit anzuerkennen, die Großbritannien hinsichtlich des Suez­kanals, des Sudans, der Landesverteidigung und der Rechte der Ausländer gemacht hat. Sie wollen selbst den Suez­kanal verteidigen und Großbritannien nur zu Hilfe rufen, wenn es unbedingt notwendig werden sollte. Sie wollen sogar mit Großbritannien eine Art besonderen Freund­schaftsvertrags schließen, aber sie wollen nicht länger wie ein Teil des britischen Reichs behandelt werden.

Die britische Regierung beschränkt sich einstweilen aus die halbamtliche Bemerkung, daß die ägyptische Antwort übersehe, daß die britisch-ägyptiichen Beziehungen durch die Unabhängigkeitserklärung des Jahrs 1922 festgelegt seien, und daß die vier Punkte, mit denen man damals diese Un- abhänaigkeit eingeschränkt habe, nach wie vor in Kraft blei­ben. Man gibt in London zu verstehen, daß man die ägyp­tische Note nicht tragisch nehme, sondern mehr als eine Art parteipolitische Kundgebung ansehe, womit die neue Re­gierung sich fester in den Sattel setzen wolle. Aber es ist klar, daß die ägyptische Note den S-blußvunkt unter die Venn'chnngen Chamberlains setzt, zu einer freundschaftlichen Verständigung mit Aegypten zu gelangen.

Berücksichtigung von krieaersöhnen bei der Einstellung in die Reichswehr

Berlin, 3. April. Das Reichswehrministerium hat an­geordnet, daß bei der Einstellung in die Reichswehr Söhne von Kriegsteilnehmern und Kriegshinterbliebenen beson­ders berücksichtigt werden sollen, wenn sie den gesetzlichen Voraussetzungen für die Einstellung in das Heer gerecht werden.

Politischer Deamkenschub in Preußen

Berlin, 3. April. Der preußische Innenminister Erze- k' nski hatim Interesse der Festigung der republikani­schen Staatsform" die Vizepräsidenten von Reedern in Gum­binnen, Schlössingk in Potsdam. Dr. von Keudell in Erfurt, Wellenkamp in Lüneburg, Dr. Dyckerhosf in Aurich und Dr. Werner in Minden in den Ruhestand versetzt und an ihre Stelle Beamte gesetzt, die der sozialdemokratischen, der demokratischen und der Zentrumspartei angehören.

Die polnisch-litauische Konferenz geschlossen

Königsberg, 3. April. Die Besprechungen zwischen Z a - leski und Woldemaras wurden gestern abgeschlossen. Die Hauptsorderungen Polens wurden von Woldemaras als unannehmbar bezeichnet. Es sollen nun drei Kommis­sionen eingesetzt werden zur Bearbeitung der der Konferenz eingereichten Vorschläge, und zwar 1. der Wirtschafts- und Verkehrsfragen. 2. der Sicherheit und 3. des örtlichen Grenz­verkehrs.

Aufruf zur Unterstützung der notleidenden englischen Bergleute

London. 3. April. Die drei Bürgermeister von London, Cardiff und New Castle haben einen Aufruf .zur Unter­stützung der notleidenden Bergleute und ihrer Familien in den von der Arbeitslosigkeit besonders schwer betroffenen Bezirken erlassen. Annähernd 250 000 Bergleute haben keine Aussicht, in ihrer Industrie wieder beschäftigt zu werden. Der König eröffnete die Zeichnung mit 500 Pfund Sterling.

Graf von der Goltz in Finnland

Helsingfors, 3. April. Graf von der Goltz traf gestern abend an Bord derNordland" hier ein. Er wurde im Hafen, wo eine Ehrenkompagnie die Ehrenbezeugungen er­wies, von der Kommission für die Festlichkeiten anläßlich der Eroberung von Helsingfors im April 1918 empfangen. Graf von der Goltz wurde von einer großen Menschenmenge herzlich begrüßt. Gras von der Goltz befehligte seinerzeit die deutschen Truppen, die Finnland von der russisch-bolsche­wistischen Herrschast bestellen

Deutsche Einwanderung nach Chile?

Die chilenische Regierung beabsichtigt die Einwanderung in großem Ausmaß zu fördern. Vor allem sollen Deutsche ins Land gezogen werden. Man wünscht sie besonders in Süd-Chile amAysenfluß anzusiedeln, wo das Land erst kürzlich durch umfangreiche Bewässerungsanlagen fruchtbar gemacht worden ist.

Chile ist ein etwa 1855 Kilometer langer und bis 260 Kilometer breiter Küstenstrich Südamerikas zwischen dem Stillen Weltmeer und dem Kordillerengebirge, das es von Argentinien trennt. Das Land umfaßt etwa 326 000 Ge­viertkilometer. Es gibt 86 Vulkane, und Erdbeben sind da­her häufig. Die aus dem Hochgebirge herabkommenden Küstenströme zerschneiden das Land in verschiedene Teile. Die südlichen Teile sind im allgemeinen fruchtbar und haben einen üppigen Pflanzenwuchs, gute Weidegründe und Wäl­der, besonders gut gedeiht die Kartoffel. An der Küste, be­sonders südlich von Valparaiso, erreicht die Pflanzenwelt eine wundervolle Pracht. Von Raubtieren kommt fast nur der Puma, der kleine Silberlöwe, vor. der den Herden ge­fährlich ist, daneben noch Füchse. Von Schlangen gibt es nur eine, ungefährliche, Art. Das einzige Insekt ist der Sandfloh, Moskitos und Heuschrecken gibt es nicht. Chile ist verhältnismäßig dünn bevölkert, ein großer Teil der Bevölkerung besteht aus Indianern. Von jeher waren die Deutschen in Chile als Ausländer am meisten beliebt, und zwischen Valdivia und Puerto Montt bestehen seit vielen Jahrzehnten blühende Kolonien von Württembergern, die wegen ihres vorzüglichen Acker- und Gartenbaus, ihres Fleißes und ihrer Redlichkeit sich überall des besten An­sehens erfreuen. Auch sonst leben viele Deutsche in Chile. Die chilenische Regierung hat ihr Heer durch deutsche Offi­ziere und Unteroffiziere umbilden lassen, und das Heer ist genau so uniformiert und organisiert, wie es das deutsche Heer vor dem Krieg war. Die preußische Pickelhaube, die in Deutschland verschwunden ist, hat sich in Chile erhalten. Chile gehörte bekanntlich auch zu den wenigen Staaten, dit der Verschwörung gegen Deutschland im Weltkrieg nicht bei­getreten sind.

Manches spricht somit für eine Einwanderund in Chile.

Trotzdem muß dringen,d geraten werden, sich erst von