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Druck, B-rlag «ad Schriftleitung: Theodor Sack, Wildbad, WUHeimftratze 151. Telephon 179. - Wohnung: Bismarckstratze LS7.

Nummer 240

17V

..Die polnische Anleihe in Neuyork im Nennbetrag Lvn.72

Freitag, dev 14. Oktober 1927

Fernruf 179

62. Jahrgang

Seit mehreren Monaten bereits beobachtet man eine aus­gesprochene Zurückhaltung des großen Publikums der klei­neren und mittleren Kapitalseigner gegenüber dem Markt der Vörsenwerte, insbesondere dem Aktienmarkt. Nach wie vor besteht in Deutschland eine schwer empfundene Kapital- knappheit. Die Neubildung von Kapitalien ans unverbrauch­ten Einkommensüberschüssen und aus besonderen Produk­tionsgewinnen geht langsamer vor sich, als zu erwarten war. Das liegt teils an den hohen Steuern, teils auch an dem gestiegenen Aufwand, der sich sowohl aus der vermin­derten Kaufkraft des Geldes als auch aus den zahlreichen neuen Verbraucheransprüchen der Gegenwart Auto, Radio,Weekend", Sportbetrieb in allen Formen, Mode­luxus herleitet. Jedenfalls genügt die Neuschaffung von freiem Kapital für Anlagezwecke dem heimischen Kapital­bedarf bei weitem nicht. Die Tatsache, daß das verfügbare Kapital dem Aktienwesen in ungenügendem Umfange zu­geleitet wird, hat zunächst eine wirtschaftliche Ursache. Durch -er Inflation belehrt, hat man allgemein geschäftlich praktischer denken gelernt. Der Kaufmann, der heute etwas Kapital erübrigt, steckt es am liebsten in den Betrieb; nur in flaueren Zeiten schafft er seine un­beschäftigten Gelder auf die Bank und die Sparkasse oder legt

voEbergehend in Effekten an. Die Sparer, die nicht selbst Geschäftsleute sind, suchen heute doch, sobald ihnen größere Beträge zur Verfügung stehen, Möglichkeiten un­mittelbarer geschäftlichen Anlage, wie etwa Beteiligungen an den Unternehmungen von Verwandten und Bekannten, um dabei eine Kontrolle über die Verwendung des Gelds ausüben zu können und höheren Gewinn zu erzielen als bei anderweitiger Anlage. Und so entsteht die Erscheinung, daß in einer Zeit der Konjunkturbelebung, wie gegenwärtig, das Interesse am einfachen Sparen oder an Effektenkäufen sich vermindert, weil allenthalben gut beschäftigte Erwerbs­betriebe auf der Suche nach Geldern sind und dafür meist günstige Gewinne in Aussicht stellen. Das bezieht sich be­greiflicherweise in allererster Linie und in ganz besonderem Maße auf die Dispositionen von Kapitalseignern, die selber ein Geschäftsunternehmen besitzen. Man finanziert natür­lich am liebsten sich selbst.

Andererseits kann man wohl fast von einer Vertrauens­krise des Aktienmarkts sprechen. Das große Publikum ist als Aktienkäufer unentbehrlich. Dennoch ist es von den Großbanken und Großaktionären im Lauf der letzten Jahre vielfach in einer nicht befriedigenden Weise behandelt wor­den. Die Folgen liegen nunmehr klar zutage. Warum hält sich der kleinere und mittlere Kapitalsanleger vom Aktien­markt zurück? Vor allem deshalb, weil seine Interessen keine angemessene Vertretung finden. Das große Wort in Aufsichtsräten und Generalversammlungen sprechen die Be­sitzer der Majoritätsaktienpakete, oft, wenn auch nicht immer, mit den Großbanken identisch. Der kleinere und mittlere Aktionär, der für sein Geld eine dauernde, solide, rentable Kapitalsanlage sucht, verlangt eine Gesell­schaf t s Politik, die den gesunden Mittelweg zwischen Divi- dendsnwünschrn und Reservestärkung darstellt, und die dem Aktionär auch die Möglichkeit zur Beteiligung an Kapitals­erhöhungen bietet. Von solcher Politik unterscheidet sich die Praxis nicht weniger Gesellschaften recht wesentlich. Enorme Vergütungen an Aufsichtsratsmitglieder, die in der Regel die Hauptaktionäre sind, verkürzen den Gewinnanteil der von Aufsichtsratsposten natürlich ausgeschlossenen Mittel­und Kleinaktionäre. Anderswo wiederum speichert man die Uebsrschüsse, anstatt sie zu verteilen, übermäßig auf, was zwar der Großaktionär wohl als Vorteil für die Stärkung seines Besitzes verbuchen kann, was aber in die Rechnung der kleineren Anteilsinhaber ein böses Loch reißt, die zur Ergänzung ihres Einkommens den regelmäßigen Kapi­talsertrag ihrer Aktien nicht entbehren können. Ein ganz trübes Kapitel ist die Gestaltung der Vezugsrechte, die oft geradezu auf eine geflissentliche Umgehung und Schädi­gung der Kleinaktionäre hinausläuft. Der Unfug der Mehr- stimmen-Aktien ist zwar etwas abaeflaut; dafür aber hat man das nicht minder raffinierte System der Vorrats­aktien ausgebaut, die im rechten Augenblick den rechten Emissionsgewinn immer schon der rechten Stelle zu sichern wissen. Vollends unbehaglich wird die Sache für den Klein- und Mittelaktionär, wenn zwei Gruppen rivalisierender Großaktionäre einander in die Haare geraten. Dann fragt überhaupt keine Stimme mehr nach den bescheidenen Leu­ten, die in den Aktien der betreffenden Gesellschaft sichere Anlage ihres Gelds suchten. Rücksichtslos werden dann Kurssprünge auf und ab gemacht und alle möglichen Manö­ver mit Dividenden und Beznasrechten vorgenommen, was dann nicht selten in einem Friedensschluß derGroßen" endet, der in der Regel dieKleinen" völlig kaltstellt.

Kein Wunder, wenn das Publikum bei solchen Erschei­nungen im deutschen Aktienwesen die Lust an Börsenwerten verliert. Man fühlt sich ja doch immer als der Letzte,den die Hunde beißen".

Der Reichskanzler ist wieder in Berlin eingelroffen und gab ein Essen zu Ehren des Internationalen Arbeitsamts.

Der Hauplvorsicmd der Deutschen Volkspartei wird auf 21. November nach Draunschweig zur Beratung des Schul­gesetzes einberufen.

Die litauische Regierung hat gegen die Ausweisung und sonstige Bedrückung von Litauern im Wilnner Gebiet durch Polen beim Völkerbund Beschwerde erhoben. >

Millionen Dollar ist nach Verhandlungen, die drei Ltterrel- jahre dauerten, zustande gekommen, aber unter Bedingungen» wie sie von Geldgebern selten ,inmal gestellt wurden und die für Polen äußerst demütigend sind. Die Anleihe ist mit 7 v H. zu verzinsen. Der Ausgabekurs beträgt 92 v. H. (die amerikanischen Bankiers wollten anfangs sogar nur 89 v. H. zugestehen), die Anleihe muß zu 103 v. H. zu­rückbezahlt werden: die Vergütung an die Banken beträgt 5 vom Tausend. Polen muß einen Vertreter der Banken in die Verwaltung der polnischen Staatsbank aufnehmen» der nicht nur die Geldverwaltnng, sondern namentlich die Staatsausgaben, soweit sie auA der Anleihe bestritten wer­den» zu überwachen hak. Polen steht also fortan unter der F inan z a u fs i ch t der amerikanischen Ban­kiers. Dem polnischen Staat wurde ferner vertraglich vai? geschrieben, wie er für die Tilgung zu sorgen habe. Me Zoll' einnahmen sind den Banken verpfändet; es ist ein Abzah­lungsgrundstock anzusammeln, in den zunächst 4 v. H. der Rückkaufssumme einzuzahlen sind; alle vier Jahre wachsen die Rückzahlungsraken um ein halbes Prozent, so daß also in 20 Jahren die Nückkaufssumme vollständig angesammeli wäre. Die weiteren Sicherungs- und Ueberwachungsmaß- nahmen wurden nicht bekanntgegeben.

Polen erscheint also den amerikanischen Geldgebern es handelt sich um die Finanzgruppe Blair u. Co. nicht kreditwürdig, einerseits wegen der augenblick­lichen wirtschaftlichen Lage des Landes, andererseits aus politischen Gründen, denn mit Recht wird Polen als der Unruheherd in Osteuropa bezeichnet. Dem entsprechen die Bedingungen. Der polnische N a t i o n a l sto lz hat also eine schwere Niederlage erlitten. Es würde wahrscheinlich leichtere Bedingungen erzielt haben, wenn es sich hätte angelegen sein lassen, zu Deutschland in bessere politische und wirtschaftliche Beziehungen zu kommen. Po­lens Widerstand z. B. gegen die berechtigten Forderungen Deutschlands bei den Verhandlungen über den Handelsver­trag haben die Amerikaner m't t - mehreren

Prozent beim Ausgabekurs der Anleihe quittiert, Polen kann sich danach, wenn es den Ausgabekurs seiner neuen Anleihe mit dem vergleicht, zu dem andere Staaten An­leihen bekommen, fast genau bis auf den Dollar ausrechnen, was ihm sein gehässiger Widerstand gegen Deutschland ge­kostet hat. Vermutlich ist sogar bei der Gewährung der Anleihe die Voroussetzima gemacht worden, daß Polen Zu­sagen mußte, endlich mit Deutschland auf handelspolitischem Gebiet ins reine zu kommen.

^as Reichsschulgesch in den Reichsraksausschüssen rlin, 13. Okt. Die zweite Lesung des Neichsschulgesetzes in den Ausschüssen des Reichsrats hat eine wesent­liche Veränderung insofern gebracht, als nicht nur die Abänderungsanträge der preußichen Regierung, sondern auch eine Reihe noch weiter gehender Anträge Sachsens und einiger kleinerer Länder angenommen worden sind. Es handelt sich hierbei vor allem um eine schärfere Fassung der Vorschrift, wonach die Gemeinschaftsschule als Regelschule gelten soll und ferner um die S t r e i ch u n g des kirchli che n Aufsichtsrechts über denReli- gionsunterricht. Angenommen wurde ferner ein radikaler Antrag Sachsens, daß die Gemeinschaftsschule er­höhten Schutz genießen solle, doch dürfte dieser Antrag in der Vollversammlung des Reichsrats am Freitag nicht durchdringen. Eine von den süddeutschen Ländern beabsichtigte Beantragung der Wiederherstellung der Regie­rungsvorlage hat nach Ansicht der Blätter keine Aussicht auf Annahme in der Vollversammlung. Man glaubt, daß eine Dop^elvorlage dem Reichstag übergeben werde.

Die Frage des Finanzausgleichs Berlin» 13. Okt. Der Reichsrat hat sich in seiner heutigen Sitzung mit den Abänderungsanträgen der Ländervertreter zum Finanzausgleichsgesetze beschäftigt. Preußen soll ent­schlossen sein, sich dem bayrischen Vorschlag, die Einkommen­steueranteile der Länder von 75 aus 80 Prozent zu erhöhen, vnzuschliehen. Die Annahme des Antrags gilt als gesichert.

Heute nachmittag fand in Gegenwart des Reichskanzlers ein Ministerrat statt, der sich mit den Fragen der Besol­dungsreform beschäftigte.

Vom internationalen Arbeitsamt Berlin, 13. Okt. Der Verwaltungsrat des Internatio­nalen Arbeitsamts hat beschlossen, die Tagesordnung von

1028 aus die zweite Aern-ung oer Ermittlung der Mindest­löhne und auf die erste Beratung der Frage der Unfallver­sicherung zu beschränken.

Unterstützte Erwerbslose am 1. Oktober 1927 Berlin, 13. Okt. In der zweiten Septemberhälfte ist die Zahl der männlichen Hauptunterstützungsempfänger von 303 000 auf 286 000 z u ck g e g a n g e n, die der weib­lichen von 78 000 auf 69 000. Die Gesamtzahl ist von 381 000 auf 355 000 zurückgegangen. Der Gesamtrückgang beträgt also rund 26 000 gleich 6,8 v. H. Die Zahl der Zuschlags­empfänger (unterstützungsberechtigte Familienangehörige) hat sich im gleichen Zeitraum von 426 000 auf 406 0OO vermindert. Der Gesamtrückgang in der Zahl der Hauptunterstützungsempfänger im September beträgt rund 49 000 gleich 12,1 v. H. Ueber die Krisenfürsorge liegt ein­neuere Zahl nicht vor.

Zu den Lohnforderungen im Ruhrbergbau Essen, 13. Okt. Von bergbaulicher Seite wird mitgeXilt, daß die bisher geltende Lohnregelung frühestens am 1. April 1928 gekündigt werden könne. Die Ruhrzechen brauchten Lie bisher stets abgelehnte Preiserhöhung für Kohle um 7)4 v. H., um bei den bisherigen Bergarbeiterlöhnen ohne Verlust arbeiten zu können. Unter diesen Umständen könne von einer neuen Lohnerhöhung nicht die Rede sein.

Der nordisch-barbarische Parlamentarismus Rom. 13. Okt. Die faszistischen Blätter begrüßen die Er­öffnung der Nationalversammlung, desAntiparlamento", als ein Verdienst Primo de Riveras um die Wiedergeburt der lateinischen Staaten und als ihreBefreiung aus dem nordisch-barbarischen Parlamentarismus". Bis vor drei Jahren, als Mussolini Herr in Italien wurde, blühte aber dieserbarbarische" Parlamentarismus von altersher nir- gens mehr als in densüdisch-lateinischen" Ländern!

Der amerikanische Arbeiterverband für die Zulassung von

Bier

Los Angeles. 13. Okt. Auf dem Kongreß des amerika- Nischen Arbeiterverbands wurde unter lebhaftem Beifall eine Entschließung angenommen, in der die Wiederzulassung eines Gesundheitsbieres von 2,75 Prozent Alkoholgehalt gefordert wird. ,

Die Salomon-Inseln im Aufruhr Sydney. 13. Okt. Nach den neuen Funkmeldungen be- findet sich die ganze Eingeborenenbevölkerung der Salomon- Jnseln in Hellem Aufruhr. Die Insulaner sind durch die neueingeführte Kopfsteuer empört und weigern sich, sie zu bezahlen. Die wenigen auf den Inseln lebenden Weißen sind schwer gefährdet. Die Polizei ist schwach und besteht nur aus Eingeborenen. Das australische Marinetransportschiss Biloela" wurde mit einer Ladung Stacheldraht nach den Inseln gesandt.

Beduinenüberfälle

Jerusalem, 13. Okt. Ein Beduinenstamm, der im Süd­teil von Französisch-Syrien ein Lager bezogen hat, unter­nimmt Streifzüge an der Grenze von Palästina, in deren Verlauf mehrere Dorfbewohner getötet oder verwundet wurden. §

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Beisetzung der Herzogin Philipp

Alkshäusen OA. Saulgau, 13. Okt. Am Dienstag nach­mittag um 4 Uhr traf der Sarkophag mit der Leiche der Herzogin Maria Theresia, Witwe des Herzogs Philipp von Württemberg, von Tübingen hier ein. Der Sarg wurde unter Glockengeläuts in die Kirche überführt unter Vorankrikk des Erzabks von Beuron Dr. Walzer. Herzog Albrechk von Württemberg und die her­zogliche Familie folgten ihm. Der Erzabk nahm die Ein­segnung der Leiche vor. Umgeben von einer Ehrenwache ruhte die Verstorbene bis zu ihrer Beisetzung in der Kirche. Die Beisetzung in der Familiengruft unter der Schlosskirche fand am Mittwoch nachm. 3 Uhr statt. Unter dem Trauer­gefolge bemerkte man neben der herzoglichen Familie, den Herzogen Albrecht, Robert, Ulrich, Philipp Albrecht, Albrechk Eugen, Pater Odo, Herzogin Maria und Margarete, den Stellvertreter der Königin Charlotte von Württemberg, die in Böhmen weilt, Herzog, Herzogin und Prinzessin von Calabrien. die Fürsten von Ouadt-Jsny, Maldburg-Wolfeaq, Waldburg-Zeil, die Gra­fen vonRechherg. Waldburg-Hobenenn, Kö­nig s e g g - A u l e n d o r f, Neivper g-S chwaigern, sämtliche mit ihren Gemahlinnen. Nach der Einsegnung der Leiche durch Bischof Dr. Sproll beweoke sich der Leichen­zug über den Schlossplatz, wo die herzoglichen Beamten, die Schulen und die Orksvereine Spalier standen, zur Gruft. Der Sarg wurde von vier Förstern und sechs Lakaien ge- gekraaen. Unter den zahlreichen Kränzen befand sich auch ein Kranz Kaiser Wilhelms II. und seiner Gemahlin, fer­ner des Großberzoas von Baden und der Prinzessin Iy?

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