Möglichkeit erwiesen, Kräfte des Kleinen Verbandes, sei es gegen Deutschland, Rußland oder Italien, zusammenzufas- s.n. Der Druck auf Belgrad und der Wunsch der französischen Presse hätten nicht genügt, um eine einheitliche Stellungnahme .gegen Italien ln der albanischen Angelegenheit herbeizuführen.
Der Flaggenstreik in Südafrika Kapstadt, 19. Mai. In einem Zusatzantrag zu der Flag- genrwrlage, über die zurzeit im Parlament heftige Kämpfe sind, wird eine Volksabstimmung über Artikel 3 und 4 der Flaggenoorlage vorgesehen. Bei dieser Volksabstimmung soll die Mehrheit von einer Stimme ausschlaggebend für die Annahme oder Ablehnung der fraglichen Artikel fein. Artikel 3 bestimmt, daß die neue südafrikanische Flagge ein Georgskreuz mit weißer Umrandung auf einem grünen g e v i e r t e i l te n Feld zeigen soll. Artikel 4 behandelt den weitern Gebrauch der britischen Flagge und sieht vor, daß diese am Geburtstag des Königs von England, 24. Mai, am Viktoriatag, 31. Mai, am Uniontag, der auf den ersten Montag im August fällt, und sonst bei allen Gelegenheiten, die von dem Generalgouverneur bestimmt werden sollen, zu zeigen ist.
Württemberg
Stuttgart, 19. Mai. Die Kriegsbeschädigtenfrage im Landtag. Der Finanzausschuß beschäftigte stch in seiner gestrigen Sitzung u. a. mit einer Eingabe des Verbands deutscher Kriegsbeschädigter und Hinterbliebener, Landesverband Württemberg, um Verbesserung ihrer Lage. Staatsrat Rau erklärte, die Reichsregierung habe einen Entwurf zur Besserung der Lage der Kriegsbeschädigten in Aussicht gestellt- Davon hänge die württembergische Regelung ab. Bis jetzt sei Ne Fürsorge zwischen Reich und Land geteilt und die Teilung hänge mit dem Finanzausgleich zusammen. Eine befriedigende Regelung sei nur durch die Ilebernahme der Mittel durch das Reich möglich. Hiezu scheine sich eine befriedigende Stimmung anzubahnen. Um den Kriegsbeschädigten eine bessere Vertretung bei der Landesfürsorgebehörde zu verschaffen, sei eine Aenderung der Landessürsorgeordnung notwendig. Die Zahl der Schwerbeschädigten betrage in Württemberg 13 OVO, davon seien 700 arbeitsunfähig. In Arbeit untergebracht seien 12 000. Die Arbeitsbeschaffung sei also in Württemberg befriedigend gelöst. In länoerer Aussprache brachten die Redner aller Parteien ein warmes Interesse an der Lage der Kriegsbeschädigten zum Ausdruck, und es wurde schließlich ein Antrag angenommen: Das Staatsministerium zu ersuchen, beim Reich im Sinn einer angemessenen Erhöhung der Rentenbezüge für versorgungsberechtigte Kriegsteilnehmer und -Hinterbliebene, sowie die Uebernahme der Heil fürs orgelasten auf das Reich tätig zu werden; das Reichsministerium zu ersuchen, die Hauptoersorgungs- ämter anzuweisen, bei Nachprüfung von Rentenkriegsbeschädigten möglichst entgegenkommend zu verfahren; Schwerbeschädigte bei Erstellung von Wohnungsbauten durch Gewährung verbilligter Baudarlehen weiterhin vorzugsweise zu berücksichtigen; in der Richtung der Uebernahme der gesamten Berufssürsorge für Kriegerwaisen, sowie Kinder von Kriegsbeschädigten und -Hinterbliebenen auf die Hauptfürsorgestelle tätig zu werden; eine Vorlage über Aenderung der Landesfürsorgeordnung dahin auszuarbeiten, daß die Kriegsbeschädigten eine stärkere Vertretung in der Landesfürsorgebehörde erhalten; Richtlinien aufzustsllen und den Fürsorgeverbänden mitzuteilen über die Gewährung von Heilfürsorge für Kriegshinterbliebene, Kriegerwaisen und nichtvetsicherte Kriegsbeschädigte; die Kriegsfürsorgeverbände anzuhalten, bei Prüfung der Bedürftigkeit nicht engherzig zu verfahren: Ablösungsverträge mit Arbeitgeber und Arbeitgeberverbänden über Befreiung von dem Zwang zur Einstellung Schwerbeschädigter nur abzuschließen bezüglich solcher Fälle, in denen eine Beschäftigung normaler Weise nicht mehr in Frage kommen kann und hi- Ablösungssummen ausreichend hoch zu bemessen.
Zur Frage der Kleinrentnerfürsorge wurde ein Antrag angenommen, das Staatsministerium zu ersuchen, bei der Reichsregierung auf beschleunigte Einbringung eines Kl einrent nerve rsorgungsgesetzes hinzuwirken, bei der Reichsregierung auf Ueberweisung eines angemessenen Betrags zum Bau von Altersheimen für Württemberg aus den vom Reichstag verwilligten Mitteln einzutreten, auf die Fürsorgebehörden dahin einzuwirken, daß sie eine entsprechende Erhöhung der Unterstützungsbeiträge eintreten lassen. Eine hierdurch entstehende Ueberschreitung der im Haushaltplan vorgesehenen Mittel soll nicht beanstandet und M das Jahr 1928 eine
entsprechende Erhöhung des Staat s'züschüfses vorgesehen werden.
Für 1927 wurde in den Nachtragsplan noch ein Betrag "on 6000 Mark für die Landesanstalt für Physikunterricht rufgenommen.
Der Streik wegen der Donauversickerung. In Sachen des Streits zwischen Württemberg-Preußen einerseits und Baden andererseits wegen der Donauversickerung ist vor dem Staatsgerichtshof des Deutschen Reichs in Leipzig auf 17. Juni d. I., 9>4 Uhr vormittags, Verhandlung anberaumi worden.
Skresemann sprich! im Rundfunk. Wie bekannt, hälk AeichSaußenminister Dr. Skresemann aus Anlaß der Jahresversammlung des Deutschen Auslandinstituks in Stuttgart am 26. Mai abends im Konzerksaal der Liederhalle einen Bortrag. Sämtliche Eintrittskarten sind schon vergeben. Die Ansprache des Reichsaußenminiskers wird durch den Süddeutschen Rundfunk weiteste Verbreitung finden.
Keine Besserung am kaufmännischen Siellenmarkk. Sowohl die öffentlichen Arbeitsnachweise, als auch die Stellenvermittlung des Deutschnationalen Handlungsgehilfen-Ver- bands berichten, daß eine Besserung der Lage der kaufmännischen Angestellten kaum zu verspüren sei. Da sich die Nachfrage fast ausschließlich auf junge und jüngste Kräfte beschränkt, kommt eine Besserung zunächst nur den jüngsten Altersklassen zugute. Nur bei einer noch weiteren Verschärfung der jetzt schon fühlbar werdenden Verknappung an jungen Angestellten werden sich die Aussichten für ältere Stellesuchende bessern.
Skuktagrt, 19. Mai. Verhaftung des Mörders derBertaLochmann. Der mühevollen Arbeit der Kri- minal-poilzei ist es nunmehr gelungen, das Dunkel, das mehr als sechs Monate hindurch über diesem Fall gelegen hat, auf- zuhellen. In der Nacht zum 1. Mai d. I. wurde in Nürnberg der 42 Jahre alte verheiratete Monteur Johann Schüller aus München bei Verübung eines Wohnungseinbruchs ertappt und festgenommen. Da Schüller angab, daß er sich ausgangs September 1926 vorübergehend auch in Stuttgart ausgehakten habe, teilte die Nürnberger Kriminalpolizei djes nach Stuttgart mit, zur Nachprüfung, ob vielleicht Schüller auch in Stuttgart sich als Einbrecher betätigt habe. Die in Stuttgart angestellien.Erhebungen führten dann zu dem Ergebnis, daß Schüller dringend verdächtig erschien, auch in Stuttgart eingebrochen zu haben. Sie führten aber weiter auch im Hinblick auf die Persönlichkeit des Schüller, von dem feststand, daß er wahllos zur Nachtzeit Stehlens halber in fremde Häuser einzudringen pflegte, zu der Vermutung, daß - er als Täter im Fall Lochmann in Betracht kommen ! könne. Durch Stuttgarter Kriminalbeamte wurde Schüller ! in Nürnberg abgeholt und hierher verbracht. Hier gestand - er dann, beim Verhör in die Enge getrieben. ^ die Tat in vollem Umfang ein. Er gibt an, er sei ^ durch das offenste-hende Hoftor zunächst in eine in einem Hintergebäude befindliche «Skukkakeurwerkstätke" eingedrungen. Dort habe er kein Geld, auf das er es allein abgesehen hatte, ^ vorgefunden. Deshalb habe er sich entschlossen, nachzusehen, f ob er im Vorderhaus keine Gelegenheit zu einem Diebstahl finde und habe ein in der Werkstatt liegendes Beil mit- ^ genommen, damit er sich wehren könne, wenn ihm ein Hin- ! dernis in den Weg komme. Bei seinem Gang durch das Haus sei er dann in eine offenstehende Dachkammer gelangt, f In dieser Kammer habe er, nachdem er Licht gemacht habe, i im Beit ein schlafendes Mädchen liegen sehen. Damit dieses - ihn nicht entdecken und verraten könne, habe er ihm mit - dem Beil den Schädel eingeschlagen. Dann habe er die : Kammer durchsucht, habe aber nur eine Beule von 1.60 Mk. ! gefunden. !
Borführung von Gespann- und Mokormährnaschmen. Die ; Würtk. Landwirtschaftskammer veranstaltet in der Zeit vonr s 10.—22. Juni an 4 günstig gelegenen Orken im Neckar-. - Donau-, Jagst- und Schwarzwaldkreis vergleichende Borfüh- - rungen von Motor-, Pferde- und Kuhgrasmähmaschinen, , Zur Borführung kommen 17 Gespann- und Mokormäh- j Maschinen, 1 neuer Borderwagen, 2 r :ue pakentamtlich ge- , schützte Messerbalken und 1 neues Anhaublech. An den. i Vorführungen beteiligen sich folgende Firmen: Bauh A.G.- j Saulgau, Epple u. Buxbaum-Augsburg, Krupp A.G.-Essen. i International Harvesier Company (Cormick und Deering)- , Haag-Kempten, E. Kramer-Gutmadingen, Metallwarenfabrik - Stockach-Baden, Ehr. Lankhof-Eschenau, Eisele - Pfaffm- ; Hofen, Schmotzer-Windshe.im, Arnos-Horkheim und Fahr- ! Goktmadinoen. Die Vorführungen werden bei jeder W-tts- ! rung veranstaltet und dauern jeweils von 8)4—12 Uhr. !
Pferdeschauen und Pferdeprämiierungen im Jahr 1927..
Im Lauf dieses Jahrs werden Prämierungen von Zucht- ! Pferden stattfinden: für Pferde des warmblütigen Schlags (Landschlag) in Leutkirch am 13. Juli; für Pferde des kaltblütraen SLilaas in Säiwäb. Hall am 5. Juli und
in Langenau am 6. Juli. Für Pferde des warm- und kaltblütigen Schlags !u M ü n s i n g e n am 15. Juli.
Aus dem Lande
Eßlingen. 19. Mai. Stadt. Haushaltplan für 1927. Der städt. Haushaltplanentwurf schließt ab mit 4172 490 At Einnahmen und 6 177 090 At Ausgaben. Der Abmangel von 2 004 600 Al soll durch eine Umlage von 26 v. H. (gegenüber 22 v. H. !m Jahr 1926) gedeckt werden. Einschließlich der 5 v. H. für den Staat werden somit insgesamt 31 v. H. auf die Ertragskataster umgelegt.
Lauffen a. N.» 19. Mai. E i n b r u ch s d i eb st a h l. Innerhalb verhältnismäßig kurzer Zeit wurde in einer hiesigen Wirtschaft wiederholt Angebrochen. Dem Täter, der zweifellos ein und dieselbe Person ist, fielen insgesamt mehrere 100 Mk. in die Hände.
Heilbronn, 19. Mai. Die Himmelsreklame. Gestern abeno kreiste in außerordentlicher Höhe ein Flieger über der Stadt und schrieb große Schleifen an den Abendhimmel, die schließlich das Wort „Perfil" ergaben.
Aalen, 19. Mai. Durchein Glasdach gebrochen. Gestern früh fiel die in den 70er Jahren stehende Ehefrau des früheren Heizers Karl Sauter beim Aufhängen von Wäsche durch ein Glasdach in eine Schiosserrverkstätte. An den erlittenen Verletzungen ist die rüstige Frau wenige Stunden nachher gestorben.
Tübingen, 19. Mai. Untreue i m A m k. Der 40 I. a. Obersekretär Fritz Haar er wurde wegen Veruntreuung von über 4000 Mark staatlicher Gelder und Amtsunker- schlagung zu 2 Jahren Zuchthaus und 3 Jahren Ehrverlust verurteilt.
Die 26jährige Sandhändlersehefrau Maria Schmiü von Rohrau, OÄ. Herrenberg, wurde wegen Brandstiftung, Versicherungsbetrug, Urkundenfälschung. (Radierungen !m Sparkassenbuch) zu 314 Jahren Zuchthaus und 5 Jahren Ehrverlust verurteilt. Um in den Besitz der Versicherungssumme zu gelangen, hakte die Sckmid ihr Haus angezündet, wobei auch ein Nachbarhaus abbrannke. Das kaum 2000 Mark werte Mobiliar Hakte ein Versicherungsagent um 10 000 Mk. in die Feuerversicherung ausgenommen.
Schwenningen, 19. Mai. Unfallbeielnem chemischen Versuch. Gestern vormittag wollte Hauptlehrer Gaißer in der Garkenschule in seiner Klasse Wasserstofsgas. entwickeln. Dabei explodierte das Gefäß. Die Flüssigkeit überschüttete Gaißer im Gesicht, so daß er durch die Aetz- wirkung namentlich am linken Auge geschädigt wurde. Öb seine Sehkraft vermindert ist, läßt'sich noch nicht sagen.
Göppingen, 19. Mai. Omnibusfernfahrten. Der Omnibus-Verkehr Göppingen unternimmt größere Rundfahrten in die Alpen an die Königsschlösser Neuschwanstein und Hohenschwangau mit zweitägiger Fahrzeit. Die Preise betragen einschließlich Verpflegung 48 RM., worin Eintritt in Schloß Neuschwanstein und Fahrt auf die Zugspitze inbegriffen ist. Der Grenzübertritt wird durch Sammelpaß vom Omnibus geregelt. Weitere Rundfahrten, ein- und zweitägig, sind in Aussicht genommen nach Rothenburg— Nördlingen, Pforzheim—Wildbad, Freudenstadt—Nutzestem. Die erste Alpenfahrt ist glänzend geglückt. Eine Fahrt von 500 Kilometern ist glatt und flott verlaufen.
Oggenhausen OA. Heidenheim, 19. Mai. Brand. Nachts brannte die Scheune samt Stall des Gasthauses zum Hirsch vollständig ab Nur das Vieh konnte gerettet werden.
Alm, 19. Mai. F r e i w i l l i g e r T o d. Die seit dem 2. Mo! abgängige 22 I. a. Fabrikarbeiterin Elsa Iehle von Ulm wurde am Montag in der Nähe von Offingen (Schwaben) aus der Donau als Leiche gelandet.
Blaubeuren, 19. Mai. Aufgeklärte Einbrüche. Am 8. d. M. wurde- in Klingeristein bei Bauunternehmer Röhrle und am 12. d. M. bei Gastwirt Konrad Pfister in Arnegg eingebrochen und Geld und Wertgegenstände von bedeutendem Wert entwendet. Der Täter konnte in Söflingen festgenommen werden. Den Bestohlenen konnten zum größten Teil die ihnen entwendeten Gegenstände wieder ausgehändigt werden.
Ehestesten, OA. Münsingen, 19. Mai. Schlechtes Gewissen. Ein hiesiger fleißiger Bürger holte am Samstag früh unter Vorzeigung seines Molkereibüchleins bei der Darlehenskasse 300 RM., um inen von ihm unterschriebe- nen Wechsel bezahlen zu können. Auf dem Heimweg verlor er das Geld. Der Finder onnte sich offenbar über das auf unehrliche Weise an sich gebrachte Geld nicht freuen, denn er legte es gestern nacht samt Büchlein in eine vor dem Haus liegend-- alte Rinne, wo es der Eigentümer wieder an sich nehmen konnte.
Ich Hab dich lieb.
1 Roman von Erich Ebenstein.
Urheberschutz durch Stuttgarter Romanzentrale C. Ackermann, Stuttgart.
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„Nun, mir scheint, du hast dich nicht besonders unter- halten bei Helllebmidts?" fragte Tante Madeleine, nachdem sie ihrer Nichte Maja, an der sie seit sechzehn Jahren Mutterstelle vertrat, eine Weile schweigend zugesehen hatte. „Du erzählst ja gar nichts!"
Maja hatte ihre kostbare Jourtoileite inzwischen mit einem beguemen duftigen Hauskleid aus korallenrotem Seidenmusselin vertauscht, d-s ihre schlanke stolze Gestalt in Weichen Linien umschloß und einen prächtigen Kontrast bildete zu dem dunkelaelockien Haar und dem samtartigen Schmelz ihrer braunen Augen.
Sie war dabei so sehr mit ihren Gedanken beschäftigt, daß sie Tante Madeleines Gegenwart ganz vergessen Hatto und nun fast erschrocken zusammenfuhr.
, „Mein Gott, was soll ich erzählen? Es war ekm ew Jour wie jeder andere!"
„Viele Leute?" '
' „Natürlich. Ich glaube, man hatte zuletzt nicht einmal mehr Stühle. Wenigstens sah ich einige Herren ---cf improvisierten Sitzgelegenheiten ihren Tee trinken. Frau von Hellschmidt strahlte vor Vergnügen und Stolz."
Maja hatte sich in einen kleinen Fanteil geworfen, die Hände hinter dem Kopf verschränkt und blickte verträumt zur Decke empor.
„Aber wer war denn eigentlich dort?"
„O. io ziemlich alles, was sich in G. zur Gesellschaft rechnet. Es sind ja immer dieselben Leute. Leute, die sich Ln aller Höflichkeit gegenseitig etwas vormachen."
„Aber, Maja! Wie sprichst du denn nur heute? Uebrigens — war auch oer Minister dort?" ^ ,
„Ich glaube." ^ E LG
„Du — glaubst es bloß? Aber, Kind, so'etwas ist doch die Hauptsache. Das kann einem doch gar nicht entgehen!"
„Oho, Tantchen! Wo so viele Leute waren? Vier Zimmer gesteckt voll und ein sortwährendes'Kommen und Gehen! Ich aber saß mit Greil Klaudy und ihrem Bruder meist in einer gemütlich versteckten Fensternische, wo wir auch den Tee tranken."
Sie brach ab. und das Rot einer peinlichen Mrinne- rung überzog ihr weiches, rundes Gesicht.
Fräulein Madeleine Nehmen merkte es nicht. s (
„Du hast mich doch hoffentlich gebührend entschuldigt bei der guten Hellschmidt?" trug sie weiter.
„Gewiß, Tante. Sie bedauerten alle sehr, daß dein Rheumatismus dich verhinderte, mitzukommen. Wie geht es denn übrigens mit dem Fuß?"
„Schlecht! Du hast ia gesehen, wie mühsam ach vorhin ins Zimmer humpelte. Vettp will es nachher wieder mit heißen Dampfumschlägen versuchen, weshalb du mich schon auch beim Abendbrot entschuldigen mußt, .liebes Kind."
Maja murmelte etwas Bedauerndes, horte zerstreut zu. was die Tante weiter von ihrem Leiden berichtete und sagte mechanisch gute Nacht, als das alte,-Fräulein endlich wng. /
innerlich gaitz verstört. Wie
S>e kannte ihn nur von Klaudvs her. wo wie einander oster U°ll'g getrosstn hatten. Da waren fl« besten Weg gewesen. Freunde zu werden., Ueberc^ll in.ihren
Ansichten ergab sich wie von selbst Uebereinstimmung. Er, schien ihr sogleich als ein Ausnahmsmensch turmhoch über» ollen anderen. Und so sympathisch. Wenn er ihr inj etwas beistimmte, empfand sie es immer wie eine AuS-^ Zeichnung, und wenn in seinen kühlen grauen Augen bei; ihrem Anblick ein warmer Schimmer erstand, dann hattet ihr das mehr gegolten als alle Huldigungen, die man ihr, sonst dargebracht.
Nun auf einmal dieser sähe Umschwung. Woher?j Warum? Wie ein erbitterter Todfeind war er zuletzt von' ihr gegangen ...
Noch einmal ging Maja im Geist ihre Unterhaltung, mit ihm durch. i
Anfangs war es so schön gewesen. Er hatte ihr ge-^ standen, daß er Leo und Greil Klaudys Drangen, mitzu-i kommen, nur nachaegeben habe, weil er sie zu finden hoffte. Zu viert saßen sie dann plaudernd in der tiefen Fensternische, nannten sie scherzend ihre „Hosloge" und- sprachen von allem möglichen. Später kam Baron Heinz Wersfen und holte Gretl. Leo folgte beiden. Nun waren sie allein.
Und da begann es. Cr sprach erst von der Oberflächlichkeit moderner Geselligkeit, die er haßte, von der Koket-^ terie und Gewissenlosiokeit der Frauen und redete stch dabei immer mehr in die Hitze.
Ganz erschrocken hörte sie, wie streng er über alles urteilte, was sie gewöhnt war, in ihren Kreisen anstandslos toleriert zu sehen. Flirt, Galanterien. Eben aus Verrnmstgründen, und sogar das natürliche Bestreben der Frau, zu gefallen, nannte er unbarmherzig „Verbrechen".
Alles in ihr lehnte sich schließlich auf gegen diese lnto^ lcrante Urteilsweise, und am meisten gegen seine Auffas-^ jung der Frau überhaupt. lSortsektma kotzüLt