Die
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Weitere Zechenbesetzun^.
Bochum, 4. Aug. Am Donnerstag wurden von den Franzosen die Kruppschen Zechen „Hannover!, und 2" Lei Günnigfeld durch Tanks und eine JnfanterieaLteilung besetzt. Eine sofort zusammengerusene Belegschnftsversamm- lung beschloß, von 12 Uhr mittags ab in einen 48stündigen Proteststreik einzutreten.
Neue Geldbuße.
Marl» 4. Aug. Der Gemeinde Marl ist durch Befehl des Oberkommandierenden Generals Degoutte wegen der Ermordung eines belgischen Soldaten eine Geldbuße von SO 000 französischen Franken auferlegt worde^r.
Bergarbeilerstreik im Ruhrgeblet.
Berlin» 4. Aug. Nach einer Meldung der „Vosstschen Zeitung" aus Esten ist gestern die Streikbewegung unter der Vergarbeiterschaft des Ruhrreviers nahezu allgemein geworden. Vorläufig kommt die Aktion in der Form der sogenannten passiven Resistenz zum Ausdruck, d. h. die Bergleute erscheinen zwar auf ihrer Arbeitsstätte, fahren aber nicht ein und verweigern die Arbeit. Nur die Notstandsarbeiten werden ausgeführt. Bei den Belegschaftsversammlungen kam allgemein zum Ausdruck, daß die Streikbewegung an dem Verhalten der Bergleute gegenüber den Vesatzungstruppen nichts ändert und daß der passive Widerstand gegen die Bajonette weiter geht.
Deutschland.
Handelsvertrag zwischen Amerika «nd Deutschland.
Paris, 2. Aug. Nach einer Havasmeldung aus Washington bestätigt sich die Nachricht, daß die Ver. Staaten durch Vermittelung des deutschen Botschafters in Verhandlungen mi Deutschland über einen Handelsvertrag auf der Grundlage der Meistbegünstigung eingetreten sind. Gleichzeitig wird der Abschluß einer Handelkonvention mit Finnland u. a. europäischen Staaten veröffentlicht.
Die Wertbeständige Anleihe des Deutschen Reiches.
Berlin» 2. Aug. Um dem Drängen der Allgemeinheit nach einer wertbeständigen Anlage entgegenzukommen, hat sich die Reichsregierung entschlossen, der Bevölkerung ein wertbeständiges Anlagepapier einer auf dem Gegenwert vom Dollar in Mark lautenden Anleihe mit zwölfjähriger Laufzeit zur Verfügung zu stellen. Die Anleihe wird von der Börsenumsatzsteuer und, soweit sie selbst gezeichnet ist, von der Erbschaftssteuer befreit, also in gleicher Weise zur dauernden Anlage von Kapitalien wie zur vorllbergehen- den Anlage von Betriebsmitteln dienen. Für Kapital und Zinsen dieser Anleihe sollen die Anteilnehmer, die deutsche Wirtschaft, Banken, Handel, Industrie, Landwirtschaft, so- wie jeder, der über steuerpflichtiges Vermögen verfügt, haften. Nach dem von der Reichsregierung den gesetzgebenden Körperschaften vorzulegenden Gesetzentwurf wird die Reichsregierung ermächtigt werden, um den Zinsendienst für eine Anleihe von 500 Millionen Eoldmark zu decken, Zuschläge zur Vermögenssteuer zu erheben und zur besonderen Sicherung der Kapitalsrückzahlung bei Fälligkeit gegebenenfalls die einzelnen Steuerpflichtigen in dem Verhältnis ihres steuerbaren Vermögens zur Verzinsung des vollen Bedarfs heranzuziehen. Die Anleihe ist bei den Darlehenskassen des Reichs begebbar und wird sofort nach Ausgabe der Stücke an der Börse eingeführt werden. Die Anleihe lautet auf Stück von 4.20 -41 gleich 1 Dollar, 8.40 -41 gleich 2 Dollar, 12 -41 gleich 5 Dollar, 42 -4t gleich 10 Dollar, 105 -41 gleich 25 Dollar, 210 -4t gleich 60 Dollar, 420 -4t gleich 100 Dollar, 2100 -4t gleich 500 Dollar, 4200 -4t gleich 1000 Dollar. Es wird damit gerechnet, daß auch klei-
He Betrage auf dem Umweg über wertbeständige'Konten bei den Sparkassen in dieser Anleihe Anlagen finden können. Die Stücke von 4.20 -4t, 8.40 -4t und 21 "-4t werden ohne Zinsscheine ausgegeben und bei Fälligkeit am 2. Dezember 1935 mit einem Aufgeld zum Nennwert von 50 vom Hundert eingelöst. Die Stücke von 42 -4t und darüber von 6 Prz. Zinsen und sind mit einjährigen Zinsscheinen versehen. Die Zinsen laufen ab 1. Sept. 1923. Fälligkeit des ersten Zinsscheins 1. Dezember 1924. Die Rückzahlung dieser Stücke erfolgt bei Fälligkeit am 2. Dezember 1935 zum Nennwert. Die Stücke sowie die Zinsscheine werden in Mark eingelöst entsprechend dem durchschnittlichen Dollarkurs in der Zeit vom 15. Juli bis 14. >August. Soweit die Zeichnung in Devisen oder Dollar- schatzanweisungen erfolgt, die auch zulässig ist, wird ein Borzugskurs von 95 Prz. bis auf weiteres in Anrechnung gebracht. Als Zeichnungsbeginn ist der 15. August vorgesehen. Die Einzahlung muß am Tage der Zeichnung geleistet werden, und zwar soweit sie in Mark erfolgt, auf der Basis des letzten vor dem Zeichnungstag notierten amtlichen Dollckrkurses. Eine Verrechnung von Stückzinsen findet bei der Zeichnung nicht statt. Der Zeichnungspreis beträgt bis auf weiteres 100 Prz. für die Einzahlung in Mark. Es bleibt aber eine Erhöhung des Kurses Vorbehalten. Auch Voranmeldungen werden entgegengenommen,' sie sind für den für den ersten Zeichnungstag maßgebenden Kurs zu berichtigen.
Ergebnis der neuen Lohnverhandlungen.
Berlin, 3. Aug. Die gestrigen Verhandlungen im Reichs- sinanzministerium mit den Spitzenorganisationen der Reichsbeamten, Angestellten und Arbeiter hat zu folgen- dem Ergebnis geführt: In Ortsklasse A soll der Stundenlohn ohne Ortszulage für den Handwerker für die zweite Augustwoche 48.600 -41, für den ungelernten Arbeiter 45.600 -41 betragen. Die Teuerungszuschläge für die Bezüge der Reichsbeamten und Angestellten werden auf 1760 Prozent festgesetzt. Die Frauenzulage beträgt von diesem Zeitpunkt ab monatlich eine Million -41; die Besatzungszulage beträgt monatlich 650 000 -41.
Entschließung der sozialdemokratischen Reichstagsfraktion.
Berlin, 4. Aug. Als Ergebnis ihrer gestern beendeten zweitägigen Aussprache über die innen- und außenpolitische Lage hat die sozialdemokratische Reichstagsfraktion mit großer Mehrheit eine Entschließung Hertz angenommen, die den drohenden Zusammenbruch der Innen- und Außenpolitik Deutschlands in. erster Linie als Folge der Passivität der Reichsregierung bezeichnet und von der Reichsregierung größte außenpolitische Aktivität fordert, um unter Aufrechterhaltung der Einheit der Republik, der Erhaltung des Rheinlands beim Reich und der Befreiung der Ruhr zu einer endgültigen Verständigung über die Reparationsfrage zu gelangen. In einer energischen Verhinderung aller Sabotageakte und einer radikalen Unterbindung der Rüstungen der illegalen Orgnisationen erblickt die sozildemokra- tische Fraktion eine dringende innerpolitische und unbedingte ar.ßenpolitsche Notwendigkeit. Insbesondere fordert die Entschließung den sofortigen Umbau des deutschen Steuersystems und die Aufbringung der Reparationslasten durch Belastung des Sachbesitzes. Zum Schluß der Entschließung heißt es: Die Fraktion erklärt, daß sie die ganze Kraft der Partei zur Erfüllung ihrer Forderungen einsetzt. Sie macht von dem Ergebnis dieser Anstrengungen ihre weitere politische Haltung gegenüber der Regierung Cuno abhängig. — Der Sozialdemokratische Parlamentsdienst bemerkt zu der Entschließung: Die Abstimmung hat danach ergeben, daß die große Mehrheit der anwesenden 120 Fraktionsmitglieder zur Zeit keinen Anlaß sah, über die Frage der Koalitionspolitik eine Entscheidung herbeizuführen. Eine Entschließung Wissell-Levi, die der Regierung das Mißtrauen
Bruderhöhle.
Du möchtest wissen, Wandrer, wer's gewesen.
Der diesen Ort als Zuflucht sich erlesen? —
Du fragst umsonst. Kein Name steht geschrieben, Kein Zeichen seiner Andacht ist geblieben.
Was du erblickst, ist eine Feuerstätte, »
Ein Platz auch für des Siedlers rauhes Bette.
Du sinnest, was ihn hieß der Welt entfliehen,
Und zu des Waldes düstrer Höhle ziehen?
. Ob er mit grauser Schuld sich hat beladen.
Ob Unheil ihm gefolgt auf seinen Pfaden? —
Dir wird nicht aus gelehrten Mannes Munde, Nicht aus des Volkes Lied darüber Kunde.
„Hat er wohl in des nahen Klosters Mauern Zuvor gesucht Vergessen seinem Trauern?
Hat er, auch dort mit Menschen noch verkettet. Sich in der Schöpfung Eottesreich gerettet?" —: Sonst geben Auskunft wohl des Klosters Steine, Doch wie du forschend späst, du findest keine.
„Und wie hat dies Leben sich gewendet?
Hat noch einmal sich sein Geschick gewendet?
Ruht er aus Bergeshöh', im Talesgrunde?"
Du fragst umsonst, o Wandrer, in der Runde, «ms So denke schweigend des, der längst geschieden,
Und wünsche seinem Geist den ewgen Frieden!
Ernftmühk, ., E. R,
Pestalozzi-Liebe.
Von Franz Mahlke.
Wenn ich noch einmal studieren müßte, würde ich Dorfschullehrer werden. Ein Dorfschullehrer, wie ich ihn in meiner letzten Sommerfrische kennen lernte. Aber ich habe nicht das rechte Vertrauen zu mir; denn was ich an dem Dorfschullehrer so sehr bewunderte und liebte, glaube ich, läßt sich nicht lernen. Das mutz man haben. Das muß ein Wiegengeschenk sein vom lieben Eott.
Ich sah unter der Bergwieseneiche und träumte in den Sommermorgen hinein, als ich den feinen, stillen Mann sah. Er stieg den Bergpfad hinan, lustig umsummt von Buben und Mädeln. Es war ein nektardurstiges Bienenvölkchen, das den dunklen Korb im Tal, das Schulhaus, verlassen hatte und den Pfad hinan mir entgegen schwärmte:
Wem Gott will rechte Gunst erweisen,
Den schickt er in die weite Welt,
Dem will er seine Wunder weisen - In Berg, in Wald, in Strom und Feld.
Jedes Kinderstimmchen war ein flatterndes Freundenfähn- lein, und der liebe Dorfschullehrer war ein llederumklungener 1 Kinderkönig.
Auf der Bergwiese schlief das Taugenichtslied ein. Der Lehrer ließ seine blauen Sonnen einmal herumgehen. In seinem seidenweichen Haar spielt« der Bergwind. Es mag auch des lieben Gottes segnende Hand gewesen sein. Jedes Kind war ^ eine große Wiesenblume. Er war von einem atmenden Blumenkranz umblüht. Sein Herz wurde ein Brunnen, der wußte zu sagen und zu singen, und seine Blumen ringsum erschlossen die
Kelche und tranken-tranken-
„Seht, der gute Taugenichtsdichter Eichendorff ist nicht tot — sein Leib, ja —. Aber das hat nichts zu sagen. In seinen Ee- rckichten lebt sein Geist. Der ist unser Vorspann. Wie wären wir
"aüsspricht und die große 'Koalition ablehnt, wurde verworfen, ebenso eine Entschließung Hoch, die ähnlichen Inhalts war.
Getzler gegen die Rerchswehrhetze.
In Hamburg erfolgte vor einiger Zeit ein Einbruch in ein Archiv der Reichswehr. Darauf erschienen in zahlreichen sozialdemokratischen Zeitungen aufregende Aufsätze, in denen die Reichswehr der Verschwörung gegen die Republik bezichtigt wurde. Die fett gedruckten Ueberschriften lauteten: „Reichswehr und Putschgesellen", „Ein Mobilmachungsplan gegen die Hamburger Arbeiterschaft", „Die Verschwörung von Hamburg", „Die Nationalistenverschwörung gegen Hamburg". — Diesem Treiben tritt jetzt der Reichswehrminister Getzler in einer scharfen Erklärung entgegen, in der er u. a. sagt:
1. Eine militärische Nachrichtenstelle in Hamburg, von der gefaselt wurde, hat nie bestanden. Es wurde allerdings 1919 eine Nachrichtenstelle von Pri- vatleuten in Hamburg gegründet. Sie lieferte der Hamburger Polizei und auch den Reichswehrstellen Berichte. Seit Anfang 1922 bestand aber keine Verbindung von Reichswehrstellen mehr zu ihr. Nach Zeitungsnachrichten ist sie seit langem aufgelöst.
2. Oberst v. Brederlow soll an der Verschwörerbesprechung im Hotel „Atlantic" teilgenommen haben. Es ist hier sehr leicht festzustellen, wie Wahrheit und Dichtung vermengt wurde. Diese Besprechung im Hotel „Atlantic" fand 1919 statt. Brederlow hatte nichts mit ihr zu !un, denn er kam erst 1921 nach Hamburg. Der Teinehmer ist ein wegen Verfehlung beim Kapp-Putsch verabschiedeter Ofsizier.
3. Die Fühlungnahme von Offizieren der Reichswehr mit gewissen, damals noch nicht aufgelösten Organisationen hat seit dem Eintritt Brederlvws einzig und allein mit dem Ziel bestanden, in diesen Kreisen mehr und mehr dem Verständnis für die Notwendigkeit völliger Unterordnung unter die Staatsautorität Geltung zu verschaffen. Die Wehrmacht darf es als Verdienst für sich in Anspruch nehmen, daß sie das ihr von weiten Kreisen entgegengebrachte Vertrauen in diesem Sinne gerechtfertigt hat. Andererseits hat doch wohl die Erledigung der Roßbach-Afsäre gezeigt, daß die Reichswehr der Verführung zur Ungesetzlichkeit ohne Schranken zu widerstehen vermochte.
4. Als geradezu ungeheuerliche Verleumdung und frivole Verdrehung muß ich die Veröffentlichung von Bruchstücken eines angeblichen Planes zum Vormarsch aus Hamburg mit dem Ziele eines Regierungsumfturzes bezeichnen. Diese Bruchstücke sind. willkürlich aus einer Denkschrift herausgerissen worden, in welcher die von mir gegebenen Vorschriften aufgestellt wurden und die den Zweck haben, einen militärischen Befehlshaber, der in dem in der Denkschrift selbst als unwahrscheinlich bezeichnten Bedarfsfall mit der Niederwerfung von Unruhen, beauftragt wird, Unterlagen für eine möglichst glatte Durchführung seiner Aufgaben zu geben. Es würde gerade im Hinblick auf die Ergebnisse dieser Tage eine strafwürdige Pflichtverletzung der Militärbehörden bedeuten, wenn sie derartige theoretische Vorarbeiten, die sich naturgemäß nicht nur auf Hamburg beziehen, unterließe. Denn im Falle der Not würde die Einwohnerschaft der betreffenden Gebiete ein solches Versäumnis mit Gut und Blut zu bezahlen haben.
Alle diejenigen Sätze, die diese Vorbereitungen mit einem Rsgierungsumsturz in Zusammenhang bringen, sind, wie dokumentarisch festgelegt ist, frei erfunden und erlogen. Demnach erkläre ich, daß alle die namentlich vom „Vorwärts" angeführten Offiziere pflichtgemäß gehandelt haben. Ich habe keinen Anlaß, gegen sie einzuschreiten. Sie werden von mir rückhaltlos gedeckt.
sonst so lustig den Bergpfad hinangekommen! Unser Dorf da unten und unsere Bergwiese hier ist unsere weite Welt. Und der liebe Gott wirft die rotgoldenen Lichtgarben seiner Sonne in unser fernes Tal, in unseren grünen Bergwald, in dem so viele Blumenkinder knien. An jedem Wegrain zündet er uns Königskerzen an. Die Lerchen läßt er über dem grünen aufgeschlagenen Notenbuch an silbernen Sonnenbändern Hüpfen. Darum können sie so schön tirilieren. Und den gelben Schmetterlingen schenkt er rote Mohnblüten, in die sie sich hineinstellen können, wenn sie müde sind. Ueberall geht der liebe Gott herum, erzählt den Käfern und Gräsern himmlische Geschichten, und auch den Kieseln und Quarzkörnern und den allerzartesten Spinnenfädchen.
Nun wollen wir unser Herz, die kleine liebe Harfe, recht fein stimmen und sie stumm durch unsere Heimat tragen, damit wir gut die Melodien verstehen, die nun alle Dinge um uns darauf svielen wollen. Es wird so wunderselig in uns widertönen, alles was in der Welt ist, denn unsere Heimat ist die Welt! Und nun kommt! —"
Ein paar Kinder hingen sich in seine Arme. Der Lehrer ging wie ein Evangelist der Güte über den grünen Wiesenteppich in den Waldtempel hinein.
Ich saß unter der Bergwieseneiche und träumte ihm und seiner kleinen Gemeinde nach. Wenn ich noch einmal studieren müßte, würde ich Dorfschullehrer werden. Ich würde den lieben Eott um ein Pestalozzi-Herz bitten und mir recht große Mühe geben mit dem kleinen Völklein.
Ueber meiner Schulstubentür müßten leuchtende Lettern an das heilige Land gemahnen: Ziehe deine Schuhe ans-
Mein Lehrtisch in der Dorfschule wäre eine kleine Kanzel.' Wenn manchinal irgendwoher giftige Pfeile kämen und mich verwundeten, ich würde immer lächeln können, weil ich in einen» atmenden Blumengarten sitze.
Richtige Dorfschullehrer — glaube ich — sind Liebling« Gottes. ----- .