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(Enztalbote)

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Druck, Verlag u. Hauptschriftleitung Theodor Gack. Für den lokalen Teil verantwort!. KarlTH. Flumin Wildbad

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Nummer 188

Fernruf 179

Wildbad, Freitag, den 14. August 1925

Fernruf 179 6V. ZahlgÜNg

Auch die Drusen wollen den Franzosen nicht mehr parieren

Ms Ministerpräsident H e r r i o t 4n der Kammer von derfranzösischen Kolonie Syrien" sprach, telegraphierte voller Entrüstung der Drusenfürst Emir Chekib Arslan, der übrigens 1922 auch Deutschland besuchte, nach Paris:Sy­rien ist der ausschließliche Besitz der Syrer".

Nun dieses Syrien oder ein TAl desselben ist infolge des verlorenen Weltkriegs eines jener famosenMandate" ge­worden, d. h. es wurde, wie es in Art. 22 des Versailler Vertrags bzw. der Völkerbundssatzung heißt, unter die Vormundschaft" Frankreichs gestellt. Dieser Wohl­tat erfreuen sich bekanntlich alle Völker, dienoch ni<A im­stande sind, sich unter den besonders schwierigen Verhält­nissen der modernen Welt selbst zu leiten." Sie sollen der Oberhoheit der Staaten entzogen werden, die sie vorher beherrschten, und denfortgeschritteneren Nationen" (Deutschland und die Türkei gehören bekanntlich nicht zu ihnen) unterstellt werden, die auf Grund ihrer Hilfs­mittel, ihrer Erfahrung oder ihrer geographischen Lage am besten imstande seien, alsBeauftragte des Völkerbunds und in dessen Namen" die Vormundschaft zu führen.

Au den Völkern nun, die dies nicht recht einsehen wollen, gehört auch der Drusenstaat. Frankreich hat nämlich sein syrisches Mandat (166 000 Quadratkilometer mit etwa 3 Millionen Einwohnern) in fünf Einzelstaaten abgsteikt: Großlibanon (Hauptstadt Beirut), Damaskus, Aleppo, den Alauttenstaat und den Drusenstaat Haurän. Und um diesen Staat handelt es sich jetzt. Es gibt zwar auch außer dem Gebirge Hauran noch Drusen, und zwar südlich vom Libanon und Äntilibanon. Dies« Stammes- und Religions­genossen scheinen aber bei dem gegenwärtigen Aufstand nicht beteiligt zu sein. Vielmehr sind es die etwa 80 000 Hauran-Drusen, also an der Südostgrenze des französischen

Gebiets gelegen.

Die Drusen find ein tapferes, gastfreies, reinliches und fleißiges Volk, aber auch rachegierig und grausam gegen ihre Feinde. Sie treiben Ackerbau und leben in feudalen Formen unter führenden stolzen Adelsgeschlechtern. Ihre Religion setzt sich aus christlichen und mohammedanischen Elementen zusammen. Jedenfalls huldigen sie einem strengen Theis­mus. Merkwürdigerweise haben sie keine Priester, sondern jeder Druse ist selbst Religionsdiener.

Der gegenwärtige Drusenausstand ist seit 1919 bereits der sechste! Veranlaßt wurde er durch den französischen Hauptmann Carbillet, der wegen seiner Gewalttaten verhaßt war. Als Carbillet nach Frankreich abreiste, hofften sie den Mann los zu haben. Aber er kehrte unbegreiflicher­weise als Gouverneur zurück. Hierüber sollte eine Abord­nung beim französisthen General Sarrail in Damaskus vor­stellig werden. Sarrail aber ließ die Drusen verhaften. Das­selbe geschah auch mit anderen Häuptern, als es bei einem Opferfest zu Mißhelligkeiten zwischen Franzosen und Drusen kam. Nun wollte Sarrail sogar den Sultan verhaften lassen. Der aber widersetzte sich. Die Franzosen bewarfen sein Dorf mit Bomben. Damit war das Zeichen zum Aus- stand gegeben.

Augenblicklich spielt sich der Kampf um die Drusenstadt Sueida ab. Die Aufständischen haben bereits die fran­zösische Besatzung eingeschlossen und wollen sie aushungern. Zwei Kolonnen mit je 260 bis 400 Mann, die zur Be­freiung ihrer Kameraden herbeigeeilt waren, sind vernichtet worden. 6 Flugzeuge wurden abgsschossen, ein Panzer- wagen, sowie auch das Regierungsgebäude in Brand ge­steckt. In Beirut (an der mittelländischen Küste) werden dieser Tage 1200 Mann Verstärkungstruppen erwartet, um Sueida zu entsetzen.

Es ist anzunehmen, daß der Drusenaufstand von der sranzösstchen Ilebermacht niebergeworfen wird. Nur weiß man nicht recht, ob er einen rein lokalen Charakter trägt, A" oh diese Erscheinung nicht als ein beachtenswertes ui bie lange Kette der allärabischen oder gar all-

Bewegung einzugliedern ist. Auch die Asiaten und Afrikaner schwärmen heute für dasS e lb st b e st i m - U-»6srecht der Völker". In Versailles hat man diesen Geist beschworen. V? tt

Neue Nachrichten

Der Reichspräsident in München

^lGust. Gestern nachmittag hat im Reichspräsidenten von Hindenburg -er in s , ^"bliche Staatssekretär Dr. Meißner 5^' ^?n Faulhaber, dem Präsidentei Dr. Veit, und dem gegenwärti sucke Marschall Liman von Sanders

Generall-Mm^s^ Reickspräsident selbst stattete

such ab Leopold von Bayern einen

bei dem nachmittags nahm der Reichspräs

- dem Münchner Gesandten des Deutschen Reiches,

Haniel, den Tee ein. Hieran schloß sich ein kurzer Besuch im Deutschen Museum, wo der Reichspräsident von dessen Schöpfer, Oskar von Miller, begrüßt wurde. Dem Reichs­präsidenten werden fortwährend vom Münchner Publikum begeisterte Huldigungen dargebracht.

Reichspräsident von Hindenburg ist heute mit Herren seiner Begleitung und mit einem größeren Kreis amtlicher Persönlichkeiten im Sonderzug, 8.10 Uhr, nach Garmisch- Partenkirchen abgereist und von dort mit dem Kraftwagen über Mittenwald nach Einsiedel am Walchensee gefahren. Die Fahrt gilt der Besichtigung des Malchenseekraftwerks. Der Reichspräsident wurde überall von der Bevölkerung mit Begeisterung begrüßt.

Veankwsriung der Luftfahrknoke

Berlin, 13. Aug. In nächster Woche wird das Reichs­kabinett die Antwortnote auf die Luftsahrtforderungen dss Pariser Botschaftsrats beraten. Die Ueberwachungskom- mission unterzieht derzeit die deutschen Fabriken einer er­neuten Visitation.

Ende gut. oÄes M»t

Düsseldorf, 13. August. Auch in Düsseldorf haben dis Franzosen viele Haussuchungen vorgenommen und Ange­hörige vaterländischer Jugendverbände verhaftet. Düssel­dorf soll bekanntlich am 28. August geräumt sein.

Reue Hoheitsverlehung durch Franzosen

Mannheim, 13. Aug. Ein französischer Flieger kreuzte gestern längere Zeit über Mannheim, und zwar so nieder, daß er fast die Schornsteine berührte. Die erregte Stim­mung der Bevölkerung verlangt, daß das Auswärtige Amt gegen die wiederholten Verletzungen gegen deutsches Hoheits­gebiet energische Verwahrung einlege.

Aussperrung in Pforzheim

Psor-Heim, 13. Aug. Der Arbeitgeber-vexWnd der Pforz- heimer Schmuckwarenindustrie hat einstimmig b^chlossen, der gesamten Arbeiterschaft mit iMgiger FrH A Nndigew Die Kündigung soll nur zurückgenommen wWb«, wenn dis Arbeit in sämtlichen Betrieben wieder ausgenommen wird:

Kern Diktat und doch ein Diktat

London, 13. August. In politischen Kreisen wird be­hauptet, die Konferenz der Minister werde nicht vor Ende September stattfinden. Zunächst sollen die deutschen und die verbündetenjuristischen Sachverständigen" in Beratungen eintreten, der weitere erste Schritt sei dann Sache Deutsch­lands. In der Antwortnote werde ausgeführt, daß an der im Berkrag von Versailles festgelegtsn Besetzung des Ähein- lands nichts geändert werden dürfe, nur das Msyer Gebiet werde geräumt, wenn Deukschland die bekannten AbrSstungs- bedingungen des Botschafterrats erfüllt habe. LhcÄnberlakn habe bei den Besprechungen Briand wiederholt auf die schwierige Lage hingewiesen, in der sich diewohlmeinende deutsche Regierung" befinde, und man müsie daher Vorsicht üben, wenn man den Sicherheitsvertrag zustande bringen wolle.

Nach dem .Aaily Telegraph" soll der Begriffflagranter Angriff", der Frankreich zu einem sofortigen GuMarsch be^ rechtigt, gegen den Widerspruch Briands genauer fsstgelegt worden sein. Chamberlain habe bezüMch dtzs Dutchmarsch- rechts nicht nachgegeben, wenn Frankreich den Polen oder Tschechen zu Hilfe kommen wolle. Deuffchland solle freie Meinungsäußerung haben und dürfe keinem Diktat gegen- übergestejlt werden. (Das Ist wohl mehr, eine Redensart, denn bezüglich des Völkerbunds wurde in London tatsächlich ein Diktat ausgestellt, und das andere kommt dann auf det Konferenz^ DerDaily Telegraph" bemerkt, England habe sich alle Rechte Vorbehalten und sich zu nichts verpflichtet.

Die «Daily News" bezweifeln, ob DeuHchland an dem Sicherheitsverlrag noch ein Interesse habe; es könne sich un­möglich darauf einlassen, daß Frankreich zu enHchetden habö, ob eine «flagrante Verfehlung" vorliege und ob der Ein- und Durchmarsch erlaubt sei.

Paris, 13. Aug. Briand ist wieder in Paris eingetvoffen und hat dem Ministerrat über das Londoner Ergebnis Be­richt erstattet. Die Blätter sind mit dem Erfolg nicht zu- frieden, weil keiner der strittigen Punkte entschieden sei und die Regelung erst einer späteren Konferenz überlassen werde.

Briand gab den Zeitungsvertrekern den kurzen Bescheid, weitere Klärung erhoffe er bei der Bökkerbundstagung im September.

Die amerikanischen Bläkker glauben feststellen zu können, daß zwischen der englischen und der französischen Auffas­sung immer noch große Gegensätze bestehen.

Flagrante Verletzungen" '

Paris, 13. August. DerMatin" will wissen, als flagrante" Fälle, die Frankreichs Recht zum Einmarsch in Deutschland begründen, seien geplant, jSdoch noch nicht festgesetzt: 1. der Einbruch deutscher Truppen in Frank­reich, 2. die Absendung größerer deutschex Truvveya btek-

lungen in das entmilitarisierte Rheirilänügebiet, 3. An­sammlung deutscher Truppen in der Nähe dieses Ge­biets, 4. Erbauung von Festungen und anderer militäri­scherKunstbauten".Echo de Paris" berichtet, England Habe dieflagrante" Liste Frankreichs abgelehnt und wolle einen etwaigen deutschen Einbruch in Frankreich oder in das entmilitarisierte Gebiet als Kriegsgrund gelten lassen und Frankreich in solchen Fällen beistehen.

Die Rebergabe der Antwortnote

London, 13. August. Die Antwortnote an Deukschland wird in Brüssel, Rom und Tokio den Regierungen Ende dieser oder Anfang nächster Woche und dann in Berlin übergeben. Eine Abschrift soll auch nach Washington ge­sandt werden. ^

Der Krieg in Marokko

Paris, 13. Aug. Aus Casablanca wird gemeldet, die Stämme in der Umgebung von Lukos haben infolge der spanisch-französischen Vereinigung die Kampflust verloren. Abd el Krim soll die im neutralen Tangergebiet wohnenden Rifleute aufgefordert haben, sich zum Heer zu stellen, wid­rigenfalls ihr Besitztum beschlagnahmt würde.

Wie verlautet, sollen Marschall Lyautheq aus Marokko und General Sarrail aus Syrien abberufen und durch Mar­schall Petain bzw. General Weygand oder Gouraud ersetzt werden. Ministerpräsident Painleve besprach sich darüber mit Herriot, der ein Parteifreund Lyautheys und Sarrails ist und sie in ihre Stellungen gebracht hatte.

Der große Angriff der Franzosen in Marokko mußte bis zum Eintreffen neuer Verstärkungen verschoben werden, da die Truppen ermüdet sind und die Ruhr ausgsbrochen ist. Auch haben sich die in Südmarokko ausgehobenen Truppen als unzuverlässig erwiesen.

Der Aufstand der Drusen

Paris. 13. Aug. Die Pariser Ausgabe derChicago Tri­büne" meldet aus Bagdad, die Franzosen seien von den Dru­sen erneut geschlagen worden; 800 Mann seien von den Drusen gefangen genommen und 6 Geschütze und 3 Flug­zeuge erbeutet worden. Die französische Abteilung habe sich in eiliger Flucht zurückgezogen. . ^

Aus dem Bericht des Generals Sarrail aus Syrien wird weiter bekannt, daß die französische Abteilung, die eine so schwere Niederlage erlitt, 3000 Mann und 63 Offiziere zählte. Es gab 386 Derwundeke, darunter 14 Offiziere, 446 Mann werden vermißt.

' Der französische Hauptmann und Gouverneur Car­billet, dessen brutales Auftreten den Aufstand hervor­gerufen hat, ist nach demNeuyork Herald" abbsrufen worden. -

Japanisch-chinesische Verständigung London. 13. Aug. In Schanghai ist eine Vereinbarung zustande gekommen, wonach in den japanischen Baum­wollspinnereien und Webereien, die über eine Million Spin­deln besitzen und mehr als 50 000 chinesische Arbeiter beschäf­tigen, die Arbeit wieder ausgenommen wird. Dagegen sind in Tientsin neue Unruhen ausgebrochen und Fabriken angegriffen worden. Bei Zusammenstößen mit der Polizei und dem Militär wurden 68 Leute getötet und viele verwundet, die Fabriken wurden zum Teil stark be­schädigt.

In Peking wurden die Fernsprechdrähte der eng­lischen Gesandtschaft abgeschnitten. Die Angestellten der Ge­sandtschaft können das Gebäude nur mit polizeilichem Schutz betreten oder verlassen.

Württemberg

Stuttgart. 13. August. Beendeter Streik. Die streikenden Konfektionsschneider in Groß-Stuttgnrt haben am Montag die Arbeit wieder ausgenommen.

Schutzabzeichen für Schwerhörige, Erkaubke, Taubstumm^ und Blinde. Das Ministerium des Innern hak folgende amtliche Bekanntmachung erlassen: Der Württ. Verein für Schwerhörige und Ertaubte, der Württ. Taubstummen- und der Württ.' Blindenverein haben ihren Mitgliedern emp­fohlen, zum Schuh gegen die Gefahren des Straßenverkehrs folgende Abzeichen zu tragen: 1. für Schwerhörige und Er­taubte: hellgelbes Armband am linken Oberarm mit drei kreisrunden, schwarzen Punkten; 2. für Taubstumme: des­gleichen wie bei Ziffer 1 mit einem 1 Zentimeter breiten roten Streifen; 3. für Blinde: desgleichen wie bei Ziffer 1 mit einem 1 Zentimeter breiten blauen Streifen. Die Füh^ rer aller Fahrzeuge, insbesondere die Lenker von Fuhr­werken, die Radfahrer und Kraftfahrzeugführer werden darauf aufmerksam gemacht, daß bei den Trägern dieser Abzeichen nicht vorausgesetzt werden kann, daß sie imstande sind, die üblichen Warnungs- bezw. Fahrkrichtungszeichen wahrzunehmen. Es ist daher dringend geboten, bei Begeg­nungen mit solchen Personen die größte Vorsicht walken Zu lassen. _-n:.^