bestreiten kann. Das sind zusammen rund 33 Millionen Pfund Sterling, wovon au? Frankreich nur etwa 20 Millionen jährlich entfallen. Frankreich hat bei früheren Verhandlungen England jedoch eine so winzige Zinszahlung an- geboten, etwa zwei bis drei Millionen Pfund Sterling, das; die Verhandlungen abgebrochen wurden. Welche Vorschläge die jetzt in London eingetroffene Abordnung mitbringt, ist noch nicht bekannt. Von englischer Seite wird versichert, daß die Festlegung eines Zahlungsaufschubs für Frankreich auf keinen Fall in Frage komme, da Frankreich jetzt lange genug einen tatsächlichen Zahlungsaukl-bub genössen habe. England müsse auf dem sofortiaen Beginn jährlicher Zahlungen bestehen, wenn diese auch im Anfang nur klein feien.
Der Bericht des englischen Untersuchungsausschusses
London. 29. Juli. Der Bericht des Ausschusses zur Untersuchung der Lage in der Grubenindustrie erklärt, die gegenwärtige Krise könne weder den Arbeitern noch den Grubenbesitzern zur Last gelegt werden, sondern sei den allgemeinen durch den Krieg verursachten ungünstigen Wirtschaftsverhältnissen zuzuschreiben. Die Forderung der Arbeitnehmer, daß ein von beiden Seiten genehmigter Mindestlohn festgesetzt werden solle, sei berechtigt. Eine Unterstützung für die Grubenbesitzer wird in dem Bericht nicht vorgeschlagen.
Verschlechterung der Lage in China
London. 29. Juli. Nach einer Meldung aus Hongkong Hai sich die Lage in den Städten Swatau, Amoy und Futschau verschlechtert. Bei der Ankunft des Dampfers „Taynong" in Swatau wurden die Offiziere und Reisenden von einer großen Menschenmenge, die sich auf dem Kai versammelt hatte, mit feindseligen Rufen empfangen. Die Menge, die teilweise mit Gewehren bewaffnet war. verhinderte die Passagiere von Bord zu gehen. Aebnliche Vorgänge spielten sich in Amoy und Futschau ab. Zwei britische Kriegsschiffe sind in Hongkong eingetroffen.
Deutscher Reichstag
Die Skeuerx ' he
Berlin, 29. Juli-
10 5. Sitzung. (Schluß.) Die weiteren Bestimmungen des Einkommensteuergesetzes werden bis 8 31 angenommen. Nach 8 32 soll der Beräußerungsgewinn beim Verkauf eines Gewerbebetriebs besteuert werden, wenn er 5000 Mark übersteigt. Der Steuerausschuß hat die Freigrenze auf 25 000 Mark erhöht. Ein sozialdemokratischer Antrag, die Fassung der Regierungsvorlage (5000 Mark) wiederherzustellen, wird mit 162 gegen 151 Stimmen bei 72 Enthaltungen (Zentr. und Wirtsch. Vergg.) abgelehnt. Unter Ablehnung verschiedener Abänderungsanträge wird die „Besteuerung nach dem Verbrauch" gemäß dem Ausschußantrag angenommen, die dem Finanzamt die Möglichkeit gibt, den Eigenverbrauch eines Steuerpflichtigen als steuerbares Einkommen unter gewissen Voraussetzungen festzusetzen. Das Einkommensteuergesetz wird sodann bis 8 49 angenommen, woraus sich das Haus um 9.30 auf Mittwoch vertagt.
*
Die Einkommensteuer
10 6. Sitzung. Das Haus ist sehr schwach besetzt. Ein Antrag der Regierungsparteien aus Verlängerung des Notetats bis zum 8. August und falls diese Frist nicht ausreichen sollte, bis MM 31. Oktober, wird dem Haushaltsaus- überwiesen.
ie 2. Lesung der Steuervorlaaen (Einkommensteuer) wird fortgesetzt. Zu gemeinsamer Beratung zufammenge- fahst werden die 88 50 (Steuertarif) und 70 (Lohnsteuer).
Aba. Dr. Brüning (Z.) begründet die Kompromiß- Vorschläge der Regierungsparteien. Aufrechterhalten wird die Bestimmung, daß die Einkommensteuer nicht fortgesetzt wird bei Einnahmen von weniger als 1100 Mark im Jahr. Dieser steuerfreie Betrag erhöht sich für die Ehefrau um 100 Mark, das erste Kind auch um 100 Mark, das 2. um 180 Mark, das 3. um 360 Mark, das 4. und jedes folgende um je 450 Mark. Kinder im Alter von mehr als 18 Jahren, die Einkünfte beziehen, werden nicht gerechnet. Vom Einkommen flck) für die Festsetzung der Einkommensteuer folgende Beträge im Jahr abzuziehen: 1. 600 Mark als steuerfreier Einkvmmensteil, sofern das Einkommen 16 000 Mark nicht übersteigt; 2. für die Ehefrau und jedes miirderjährige Knd je 8 Proz. des über 600 Mark hinausgehendsn Einkommens, jedoch mindestens für die Wefrau 100 Mark, für das erste Kind ebenfalls 100 Mark, für das zweite 1-80 Mark, für das dritte 360 Mark, für das vierte und jedes folgende je 450 Mark und höchstens je 540 Mark, für die Ehefrau und jedes Kind insgesamt nicht mehr als MOO Mark. Vom Arbeitslohn bleiben für den
Arbeitnehmer 6 0 0 Mark jährlich als steuerfreier Lohnbetrag. 180 Mark zur Abgeltung der Werbungskosten und 180 Mark zur Abgeltung der Sonderleistungen. Außer diesem steuerfreien Existenz- mini m u m von 860 Mark jährlich oder 80 Mark monatlich bleiben von der Steuer befreit für die Ehefrau und jedes minderjährige Kind je 10 Proz. des Arbeitslohns, der über das ExistenMinimum hmausgeht. Mindestens sollen das sein: für die Ehefrau monatlich 10 Mark, fü- das erste Kind ebenfalls 10 Mark, für das zweite 20 Mark, für das dritte 40 Mark, für das vierte und jedes folgende 50 Mark monatlich.
Abg. Vogel (Soz.): Die Lohnsteuer habe lange Zeit ein Viertel der gesamten Reichseinnahmen erbracht. Das sei ein großes Unrecht an den werktätigen Massen gewesen.
Abg. Koenen (Komm.) fordert die Beseitigung der Lohnsteuer. Die Lohnsteuer habe in den letzten 2 Monaten 60 Millionen mehr ergeben als veranschlagt war.
Abg. Schneider-Berlin (^em.) weist darauf hin, daß man von der Steuerreform eine Vereinfachung erwartet babe. Davon habe man sich aber immer weiter entfernt.
Die namentlichen Abstimmungen werden zurüÄgestellt, da im Saale nur wenige Abgeordnete anwesend sind.
Abg. Höllein (Komm.) protestiert gegen die Abwesenheit der meisten Abgeordneten. Auf das Ferienbedürfnis vieler Abgeordneter werde keine Rücksicht genommen werden.
ch-
Berlin, 26. Juli. Der Reichskanzler hat Abgeordneten mehrerer Parteien erklärt, daß die Regierung im Fall einer Vertagung des Reichstags vor Erledigung der Zollvorlage sofort in Beratungen über die zu ergreifenden gesetzlichen Maßnahmen eintreten werde.
Württemberg
Stuttgart, 29. Juli. Amerikabesuch. Am 31. Juli trifft auf seiner Reife durch Deutschland der Neuyorker Beethoven-Männerchor, 160 Personen, hier ein. Nachmittags werden die Billa Berg und die Ausstellung „Das Schwäbische Land" besichtigt. Am Samstag werden die Sänger eine Rundfahrt durch die Stadt machen. Abends findet ein Wohltätigkeitsfest im Stadtgarten statt. Am Sonntag reisen die Gäste nach Baden-Baden weiter.
A«s dem Lande
Ilnkerlürkheim, 29. Juli- Entlassungen. Bei 8er Daimler-Motoren-Gesellschaft erfolgen die ersten Entlassungen bereits am 31. Just, und zwar werden entlassen: 31. Juli 200 Mann, am 7. August 600 Mann, am 14. August 300 Mann und am 21. August der Rest von 400, so daß bis 21. August van der etwa 4800 Mann zählenden Belegschaft ein Drittel entlassen sein wird.
E-tzkirlgen, 29. Juli- Vom Rad gefärzt. Am Sonntag ist em in Fellbach wohnhafter 19 Jahre alter lediger Hilfsarbeiter auf der Stettenerstraße an der Kurve oberhalb Wäldenbronn vom Rad gestürzt, wobei er sich schwere Verletzungen Mzog. Er wurde ins städi. Krankenhaus überge- sührt, fern Zustand ist ernst.
Zuffenhausen, 29. Juli. Verschmelzung von Zuffenhausen und Feuerbach. Eine von der Sozialdemokratischen Partei einberusene Versammlung befaßte sich mit der Frage der Verschmelzung der beiden Städte Zuffenhausen und Feuerbach. Es soll nun zunächst eine Denkschrift über die Vermögensverhältnisse der Gemeinden ausgearbeitet werden.
Gmünd. 29. Juli. Selbstmordversuch. — Alpen Hütte. Am Montag abend durchschnitt sich eine hiesige Frau die Pulsadern. Sie wurde erst vor einigen Tagen aus der Klinik in Tübingen entlassen. Da sie aber nach der Tat sich die Schnittwunden wieder verband, konnte sie noch vor dem Verbluten gerettet werden. Kummer und Sorge um die große Familie und nervöse Zustände sollen die Ursache sein. — Die Gmünder Sektion des Deutsch- Oesterreichischen Alpenvereins hat einstimmig die Errichtung einer Gmünder Hütte im oberen Visnitz in einer Höhe von 2300 Metern beschlössen.
Königsbronn OA. Heidenheim, 29. Juli. H o h e s A l t e r. Die Witwe Vogel konnte in geistiger und körperlicher Frische ihren 95- Geburtstag begehen.
Kirchheim u. T., 29. Juli. Brand. Die Scheuer des Landwirts Renz ist mitsamt der Stallung niedergebrannt. Das Feuer ist durch Kurzschluß entstanden. Das Vieh konnte gerettet werden.
Reutlinken. 29. Juli. Durch den elektrischen
Strom getötet. Beim Hochziehen eines eisernen Balkens an einem Neubau Ecke der Hermann Kurz- und der Hohen- zollernstraße, kam das eiserne Seil mit der Starkstromleitung der Straßenbahn in Berührung. Die beiden Arbeiter, die den Aufzugshebel bedient cy, wurden auf die Seite geworfen. Während der eine mit dem Schrecken davonkam, wurde der andere, der 20 Jahre alte Fr. Flad von Vetzingen, auf der Ltalle getötet.
BÄl-nburZ. 29. Just. Tödlicher Unfall. Der 0/.wsnw.k»-er Kar! Hausch aus Ofterdingen, der mit dem Vulldogg-Motor der Firma Eugen Speidel in Ofterdivg-n von Rottenburg nach Weiler fuhr, verunglückte dadurch tödlich, daß der Wagen, offenbar in einem unbewachten Augenblick, über den Fußsteig hinweg in die Böfckmng hinunterfuhr. Der Verunglückte ist 45 Jahre alt und Bater von 11 Kindern.
Renrmingsh-im OA. Rottenburg, 29. JMi. Zündelnde Kinder. Infolge Zündelns von noch nicht schulpflichtigen Kindern ist ein aus drei Wagenladungen bestehender Strohhaufen verbrannt. Einige Obstbäume wurden beschädigt.
Areudenfladk, 29. Juli. Verunglückt. Beim Langhckz- führen schlug dem 21iährigen Karl Hofer von Aach ein Stamm gegen den Kopf. Er trug schwere Hautschürfungen und eine lebensgefährliche Hirnhautentzündung davon.
Ebingen, 29. Juli. Sträflicher Leichtsinn eines Schießbudenbesitzers. Beim Kinderfest wurde der 12jährige Franz Baumeister, als er hinter der Schießbude vorbetgtng, von einem Schuß in die Brust getroffen. Der Knabe mußte operiert werden. Sein Befinden ist befriedigend. Die Verantwortung trifft den Schießbudenbesitzer.
Kchramberg, 29. Juli. Neunstündige Arbeitszeit. Die Arbeiter der Harmonika-Industrie Trossingen haben sich mit der in Norddeutschland in der Fertigindustrie überall üblichen Arbeitszeit von 54 Stunden in der Woche ohne Zuschlag für Ueberzeitarbeit einverstanden erklärt.
Tuttlingen, 29. Juli. 109 Jahre Erziehungsanstalt. Die im Jahr 1825 gegründete Erziehungsanstalt für hilfsbedürftige Kinder begeht am 27. September d. I. das Fest ihres 100jährigen Bestehens. Neben anderen Vertretern der Behörden hat Kirchenpräsident D. Dr. v. Merz sein Erscheinen zur Feier zugesagt. ^
Unkerwaldhaussn OA. Saulgau, 29. Juli. EinStrolch. In einer Wirtschaft erschien ein Handwerksbursche, der bei den anwesenden Gästen bettelte und dabei von einem Bürger eines benachbarten Weilers abgewiesen wurde. Als dieser den Heimweg antrat, hat ihm der Vettler unterwegs aufgelauert, ihn angefallen, mißhandelt und ihm seinen Strohhut abgenommen. Der Täter konnte bis jetzt noch nicht ergriffen werden-
Buriadingen i. Hohenzollern, 29. Juli. Brand. Das ganze Anwesen der Schlößlebrauerei, jetzige Trikotfabrik von E. Leibold, ist aus unbekannter Ursache niedergebrannt.
Aus dem Allgäu, 29. Juli. Ein Schwindler. Ein gewohnheitsmäßiger Zechpreller, der sich bald als Kunstmaler, bald als Regierungsrat oder Oberlehrer ausgibt, tauchte unlängst in Talkirchdorf auf. Dort lud er eine Familie zu einer Autofahrt nach München ein und ließ in München die Fahrtteilnehmer und den Kraftwagenbesitzer ohne Zahlung sitzen. Er ist von München nach Walchensee gefahren, wo er dem Wagenführer ebenfalls, ohne bezahlt zu haben, entschwand. In Riedholz hat er einen Malermeister -um 35 Mark beschwindelt. Auch von Sigmaringen aus wird er wegen Heiratsschwindels und, verschiedener größerer Betrügereien verfolgt. In Kleinweiler trat er ebenfalls auf, wo er festgehalten werden sollte, jedoch entkommen ist.
Baden
Bruchsal, 29. Juli. Einen Unfall erlitt gestern nachmittag ein 17jühriger Arbeiter in der Holzindustrie AG. hier, indem ihm ein Balken auf den Kopf fiel. Bei dem Verunglückten trat infolge der Gehirnerschütterung eine Todsucht ein, so daß er ins Spital verbracht werden mußte.
Schwetzingen, 29. Juli. Hauptlehrer Fuchs litt schon längere Zeit an einem schweren Magenleiden und begab sich zwecks Bestrahlung ins Akademische Krankenhaus nach Heidelberg. Dort bekam er den üblichen Brei zu essen. Der Zustand des Kranken verschlimmerte sich derart, daß am Abend der Tod eintrat. Die Untersuchung ergab, daß der Tod dadurch erfolgt ist, daß die diensttuende Schwester kohlensaures Natron mit schwefelsaurem verwechselt und dieses mit dem Brei vermengt hatte.
Merkheim, 29. Juli. Im Main ertrank der 20jährige
Die Neferendarin.
- Roman von Carl Busse.
54 (Nachdruck verboten )
Er war mählich wieder stiller und melancholischer geworden. Die matten Aeuglein starrten ins Bier.
„Und der Wendepunkt, Buttche?" fragte Peter. „Was haben Sie mir vorhin vordeklamiert? Die Rache soll brausen . . . frei wollen Sie fein . . . eine Kraft hätten Sie. Na, und jetzt? Jetzt knicken Sie wieder zusammen?"
„Der Katzenjammer", murmelte der Assessor . . . „er kommt immer. Man fühlt ihn schon von weitem. Ja, ja, ich will mich aufraffen ... Sie haben recht."
Und plötzlich: „Wie hat Ihnen Fräulein Inge gefallen?"
i „Man wird nicht ganz klug aus ihr", antwortete der andere.-!"
„Nein, das wird man nicht."
Buttche sah starr auf eineu Punk:.
„Ich werde sie heiraten", sprach er.
„Wen? Inge? Sie? Ulken Sie in :
heißt das?"
Aber der Assessor schüttelte den Kopf.
„Ich werde sie heiraten."
Der Referendar wußte nicht recht, was er mit dein wunderlichen Menschen aufanaeu sollte. Plötzlich fiel ihn: der heutige Abend auf die Seele.
„Daun tut's mir leid, daß ich das mit Fräulein Fischer gesagt Hab', Buttche. Hätten Sie nur ein Wort vorher geredet!"
- „Oho, das war ja großartig. Bereuen Sie nur nicht. Ammer noch fester! Sie kann's gar nicht genug kriegen." ' Da prustete Peter heraus. Er wollte das Lachen verschlucken — es ging nicht. Seine Finger griffen nm Buit-
He§ Arm.
„Nu aber 'raus mit der Sprache! Lieben Sie Fräulein Inge denn?"
„Nein!"
„Aber, mein Himmel . . . sind Tie g.U-st.ug? Hat sie Vermögen?"
„Auch nicht!"
„Und Konnexionen . . . daS ist doch Unsinn! Amtsrichter werden Sie so auch. Weiter (nun Ihnen der Chef sowieso nicht helfen."
„Da haben Sie recht!"
„Und trotzdem werden Sie Inge heiraten?"
„Ja", sagte der Assessor matt und ergeben, „ich werde sie heiraten. Passen Sie ans. Niemand entgeht seinem Schicksal. Sie halten mich wohl für irrsinnig oder betrunken. Ist ja Unsinn. Aber ich fühle es ganz genau. Sie wird noch ein bißchen warten und suchen. Wenn sie einen andern kriegt — oann geht's! Sie zum Beispiel... glauben Sie mir, sie möchte mit beiden Händen zugreifen. Sie hat's ja auch nicht leicht. Man darf nicht ungerecht sein. Sie zwingt unsere Referendare zwar immer vor ihren Wagen, jeder inacht ihr den Hof, jeder spielt mit ihr Tennis — aber damit hat's auch ein Ende. Heiraten tut sie keiner. Und schließlich schießt sie ins Kraut. Mich hat sie zuerst nicht beachtet. Aber vorm halben Jahr . . . Hab' ich mal ... so 'n Blick gesehen . . . prüfend. Als dächte sie: wenn alle Stränge reißen, mußt du 'ran! Ich war erschrocken. Ich wußte, wie's kommen wird. Hellte denken alle schon das gleiche: der Rat, seine Frau, Inge. Alle denken, ich würde Inge schließlich mal heiraten. In der Stadt glauben's auch schon welche. Mail erwartet das von mir."
Er atmete schwer und fuhr sich mit der Hand über die Stirn. Das Bier ließ er schal werden. Seit geraumer Zeit trank er schon nicht mehr.
„Erst", fuhr er fort, „Hab' ich im stillen hohngelacht, mich empört, gedroht. Aber ich kann auf die Dauer einem starken Willen nicht Widerstand leisten. Sie verstehen das nicht. Der Glaube, den so viele Personen teilen, die sichere Erwartung, die sie von mir hegen, — das dringt wie etwas Zwingendes auf mich ein. Ich möchte ausweichen, ich will einen anderen Weg gehen — aber ich werde so sicher, wie zweimal zwei vier ist, auf den mir durch die allgemeine Annahme zudiktierten Weg getrieben. Ich habe Furcht, Aufsehen zu erregen und zu enttäuschen. . Und dann, was noch dazu kommt: man gewöhnt sich schließlich an jeden Gedanken. Ich hab's mir hohnlachend, wütend,, erbittert, ich hab's mir traurig und resigniert und hof> nungslos gesagt, daß ich Inge heiraten werde. Es wird mir immer selbstverständlicher. Man richtet sich Mlt solchem Gedanken schließlich ein."
Jetzt hob er doch das Glas. ...
„Schal!" sagte er und schüttelte sich. „Was sehen LjL mich so an, Peter Körner? Bedauern mich — he? Ach Gott, der Mensch ist ja sonderbar. Es kann ein Tag kommen, an dem man so vertraut ist mit dem Gedanken, daß man beinah' unglücklich wird, wenn es anders kommt. Heute würd' ich Wohl noch erfreut sein, wenn Inge sich mit sonst jemand verlobte. Ein halbes Jahr Wetter, da bin ich möglicherweise schon betroffen, und wieder nach sechs Monaten gar traurig. Komisch, nicht? Dem neben Gott muß, als er mich schuf, 'ne kleine Entgleisung passiert sein."
In seine letzten Worte war schon Geräusch von draußen geschallt . . . ein gedämpftes, fernes Tosen. Jetzt ward es deutlicher... ein dumpfes Tuten, schauerlich und langgezogen wie das tiefe Heulen eines gewaltigen sterbenden Tieres. Die Straße ward lebendig. . . eilende Schritte tönten.
(Fortsetzung lolgt.)^