Zentraloorftänden der Arbeitgeber- und Arbeilneymeroer- bänöe der deutschen Holzindustrie haben, ohne daß die Hilfe des Reichsarbeitsministeriums selbst in Anspruch genommen werden mußte, zu einer Verständigung über die in den ein­zelnen Lohngebieten vorzunehmende Neuregelung der Tarife geführt. Es wurden dabei zweimalige Lohnerhöhun­gen der Stundenlöhne in Vorschlag gebracht, und zwar ein­mal für sofort und dann ab August.

Notruf der evangelischen Landeskirchen zur Wohnungsfrage

Eisenach, 2S. Juni. Der Deutsche Evang. Kirchenausschuß, das Dertretungsorgan der deutschen evang. Landeskirchen, erläßt soeben aüs Eisenach eine eindringliche Kundgebung zur Wohnungsnot. Darin bezeichnet er unter dem erschüttern­den Eindruck der Antworten auf einer von ihm in verschiede­nen Reichsteilen veranstalteten Amfrage die Bekämpfung der Wohnungsnot als die erste und vornehmste soziale Pflicht, hinter der alle Sonderinteressen zurückzutreken haben. Er erwarte durchgreifende Hilfe nur von einer umfassenden Herstellung neuer Wohnungen und von der Forderung des Wohnungsbaus mit öffentlichen Mitteln.

Der polnische Korridor

Warschau. 29. Juni. Die nationaldemokratischeGazetta Warschawska" veröffentlicht anläßlich der Graudenzer Pome- rellen-Ausstellung in der Korridorfrage eine Auslassung, die deutlich zeigt, wo die Militaristen und Friedensstörer sitzen. Das Blatt schreibt wörtlich:Der Korridor ist so wie er jetzt ist entschieden zu eng. Früher oder später muß man ihn ver­breitern. Die Deutschen haben die Dreistigkeit, Tag für Tag nach der Kassierung des Korridors zu brüllen. Dis einzige Antwort aus dieses Gebrüll ist die entschiedene Forderung nach Verbreiterung des Korridors und zwar nach Westen und nach Oste» ganz Ermland. Wenn wir mit dieser Idee jetzt nicht gleich hervortreten und zugleich mit dem Bajonett auf der Karte zeigen, wo der Korridor verbreitert werden muß, so wird das Gebrüll der deutschen Presse über den pomerellischen Korridor nicht still werden."

Line Niederlage des Kartells der Linken Paris, 29. Juni. Im Departement der oberen Alpen hat gestern eine Nachwahl für den zrrm Senator gewählten sozialistisch-republikanischen Abg. Eornaud stattgefunden. Es wurde der Kandidat der republikanischen Union mit 10 689 Stimmen gewählt. Der Kandidat des Kartells der Linken er­hielt nur 9914 Stimmen. Die letzten Vorgänge in der Kam­mer dürsten ihren Anteil an diesem Mißerfolg gehabt haben und man wird jetzt den Versuch machen, den Linksblock, der sich bei den letzten Abstimmungen gespalten hatte, wiederum zusammenzuschkießen. Es wird jedoch nicht leicht sein, eine Brücke zu schlagen.

Rücktritt der portugiesischen Regierung Lissabon, 29. Juni. Die Regierung ist zurückgetreten. Ein Antrag der Demokratischen Partei, der der Regierung an Stelle der verlangter! sechs nur ein Budgetzwölftel zu­billigt, und der mit 52 gegen 24 Stimmen angenommen wurde, hat den Rücktritt veranlaßt.

Neue Borstöße der Marokkaner Paris, 29. Juni. Wie aus Fez berichtet wird, haben die Rifleute aufs neue Vorstöße gegen verschiedene Posten 30 Kilometer nördlich von Taza unternommen, während andere Streitkräfte heftige Ablenkungskämpfe an anderen Stellen der Front ausführten. Trotz der wiederholten Versuche haben die Rifleute noch keine ernstlichen Fortschritte zu verzeichnen.

Präsident Lakes an die deutsche wirtschaftliche Mission Neuyork, 29. Juni. Calles empfing die deutsche wirtschaft­liche Mission, welche auf Einladung der mexikanischen Re­gierung Mexiko bereist. In seiner Begrüßungsrede erklärte Präsident Calles, das mexikanische und das deutsche Volk seien Brudervölker, weil beide unter imperialistischen Machen­schaften zu leiden haben. Die junge mexikanische Nation kämpfe für ihre wirtschaftliche Unabhängigkeit. Die deutsche Kolonie in Mexiko werde nicht als fremdländisch betrachtet, da sie, statt Vorteile zu suchen, die Leiden der Mexikaner ge­teilt haben. Der Präsident versprach jeglichen Schutz der deut­schen Interessen in Mexiko, wies jedoch gleichzeitig darauf hin, daß Mexiko keinerlei Vorrechte gewähre. Zum Schluß gab Calles dem Wunsche Ausdruck, daß als Erfolg der deut­schen Studienreise solche deutschen Kräfte nach Mexiko ge­bracht würden, dt, an der Entwicklung des Landes Mit­arbeiten.

Europäischer Einspruch in China

Peking, 29. Juni. Die britische Gesandtschaft erhob Ein­spruch gegen den Aufstarw in Kiukians. In der Note wird Beschwerde darüber geführt, daß von der chinesischen Polizei und den chinesischen Soldaten nicht der Versuch gemacht wor­

be« ist, die Ruhestörer zu verhaften, sondern daß sie es zu­gelassen haben, daß den Eigentümern ein empfindlicher Schaden zugefügt worden fei. Es wird das Recht, Entschädi- mingen und Entschuldigungen für die Beleidigung der briti­schen Flagge zu verlangen, Vorbehalten. Der englische ur.. der französische Generalkonsul forderten die Ausländer, die nicht die französische oder die englische Staatsangehörigkeit besitzen, auf, vorsichtshalber das Ausländerviertel von Kanton zu verlassen.

Die Lage in Shanghai, Tientsin, Tsingtau, Tschtfu und Peking ist ruhig.

Deutscher Reichstag

In der Samstagssitzung begann die Beratung des Haus­haltplans des Reichsfinanzministeriums. Abg. Egerstedt (Soz.) begründet einen soz. Antrag auf Äenderung des Branntweinmonopolgesetzes, durch die der Monopolverwal­tung ein rein kaufmännisches Arbeiten ermöglicht werden soll. Auch soll die Regierung ersucht werden, auf die benzin- und benzolverbrauchenden Behörden einzuwirken, mit der Monopolverwaltung Versuche anzustellen, an Stelle dieser Stoffe Spiritus zu verwenden. Abg. Oberfahren (Dn.) billigt namens seiner Fraktion die vorsichtige Finanzpolitik des gegenwärtigen Finanzministeriums und betont, die kol- losale Krise des sozialisierten Branntweingewerbes könne nur dadurch gelöst werden, daß man zu den vor der So­zialisierung bestandenen Verhältnissen zurückkehr». Abg. Dr. Crämer (DVP.) meint, daß die Schwarzbrenners! heute nicht größer sei als früher und daß die anderen Reichs- betriebe dasselbe schlechte Zeugnis verdient hätten wie die Monopolverwaltung. Die Reform der Beamtenbesoldung könne nicht gelöst werden, bevor ein Ueberblick über die Finanzverhältnisse des Reichs vorhanden sei. Abg. Dr. Schreiber (Z.) billigt gleichfalls die Tätigkeit des Reichs­finanzministers und erklärt zum Schluß, die Finanzgebarung des Reichs dürfe nicht in kleinliche Aufsichtstätigkeit bei den Ländern ausarten, weil dadurch der Unitarismus des Reichs schwer gefährdet werde. Eine namentliche Abstimmung über einen Vertagungsantrag wegen mangelnder Besetzung des Hauses ergibt die Beschlußunfähigkeit. Darauf wird die Weiterberatung des Haushaltplans auf Donnerstag, nach­mittags 2.30 Uhr, vertagt.

Württemberg

Stuttgart, 29. Juni. Für die Kriegsbeschädig' t e n. Auf Veranlassung des Württ. Frontkämpferbundes ver- sammelken sich gestern nachmittag auf dem Schloßplah über 600 Kriegsbeschädigte, um in 160 Personenautos und 30 Last­kraftwagen eine schöne Fahrt über die Solikuderennstrecke nach der Solikude zu machen. Auf der Solilude erhielten die Kriegsbeschädigten freie Beköstigung. Dort wurden sie von dem Präsidenten des Fronkkämpferbundes, Oberst Freiherr von Gemmingen, begrüßt, während die Grüße des Staats­präsidenten Oberregierungsrak Köstlin überbrachke. Abends wurde nach Absingen des Deutschlandliedes die Rückfahrt angekreten. ,

Lohnstreitigkeitea in der Landwirtschaft. Der Schlich­tungsausschuß Stuttgart hat am 10. Juni in der Gesamt­lohnstreitigkeit der württ. Landwirtschaft einen Schiedsspruch gefällt, der eine lOproz. Erhöhung der bestehenden Löhne ab 8. Juni vorsah. Dieser Schiedsspruch wurde vom Arbeit­geberverband, dem Landw. Hauptverband, abgelehnt. Die Arbeiterverbände haben Verbindlichkeitserklärung beim Württ. Arbeitsministerium beantragt. Trotzdem der Schlich­ter bei den nachmaligen Verhandlungen dem Landw. Haupt­oerband empfahl, den Schiedsspruch anzunehmen, hat er selbst keine Verbindlichkeitserklärung ausgesprochen. Da nach dem Berichte des württ. Landesamtes für Arbeitsvermitt­lung der Mangel an landwirtschaftlichen Arbeitskräften zu ernsten Besorgnissen Veranlassung gibt, dürfte durch diese ungelöste Lohnfrage eine noch weitere Abwanderung land­wirtschaftlicher Arbeiter nicht aufzuhalten sein. Ob die ge­plante Absicht des württ. Arbeits- und Ernährungsmini­steriums, über die Getreideernte Reichswehrsoldaten, Schutz­polizei, Studenten und Primaner in der Landwirtschaft her­anzuziehen, eine Lösung der brennenden Frage der zuneh­menden Landarbeiternot und eine Befriedigung der An­sprüche der Landwirtschaft bringen wird, ist abzuwarten.

Betrügerischer Sprachheillehrer. Karl Kaiser, der sich als Fprachheillehrer ausgegeben und damit allerlei Betrügereien gegangen hatte, indem er den Kranken, statt sie zu heilen, lediglich eine Anzahlung abnahm, wurde vom großen Schöf­fengericht zu 2 Jahren Gefängnis abzüglich 4 Monate Unter­suchungshaft verurteilt.

Betriebsunfall aut dem Stuttgarter Hauvkbahnhof. Am

Sonntag nachts 10 Uhr ereignete sich aus dem Stuttgarter Hauptbahnhos ein Unfall, der glücklicherweise noch gut ab- gelausen ist. Bei der Bereitstellung des Persvnenzuges 882 wurde der Zug infolge Beschädigung einer Weiche auf ein besetztes Hallengleis abgelenkt. Der Fehler wurde sofort bemerkt, das Haltesignal aber vom Lokomotivführer M spät beachtet, so daß der Personenzug auf den in der Halle bereit- stehenden Personenzug 753 auffuhr. Durch den heftigen An­prall wuiÄe der Packwagen und der anschließende Wagen 2. Klasse des Personenzuges 882 schwer beschädigt und aus dem Gleis geworfen. Auch die Maschine des Zuges 753 erlitt leichte Bschüdigungen. Personen kamen nicht zu Scha- den. Durch den Unfall erhielten die Züge 882 und 460 nach Richtung Zuffenhausen größere Verspätungen. Um 12 Uhr nachts war der gesperrte Teil wieder betriebsfähig.

Aus dem Lande

Ergenzingen. 29. Juni. B e t r i e b s u n f all. Am Sams­tag abend entgleisten auf dem hiesigen Bahnhof infolge fal- scher Weichenstellung drei Wagen eines Güterzugs. Personen kamen nicht zu Schaden. Der Abendzug nach Stuttgart und der Mailänder Schnellzug erlitten einstündige Verspätungen.

Böckingsn bei Heilbronn, 29. Juni. Tod in den Ber­gen. Der Schneidergehilfe Ernst Hoffmann von hier ist, wie aus Oberstdorf berichtet wird, am Märzle tödlich abgestürzt. Die Leiche wurde bereits durch Rettungsmannschaften ge­borgen.

Schnaitheim a. Br-, 29. Juni. Entwässerung. Die Brenztalentwässerung zwischen hier und Heidenheim ist bei­nahe vollendet und demnächst wird der Umbruch des Wiesen- geländes vor sich gehen. Hiezu hat die Zentralstelle für die Landwirtschaft einen Bodensräser und die Firma Siemens- Schuckert-Berlin einen Zweischarmotorpflug zur Verfügung gestellt.

Geislingen. 29. Juni. Tödlich abgestürzt. Der 24 I. a. Kaufmann Schwarz, ein geübter Alpinist, kletterte am Sonntag auf die Löwin bei der Pumpstation. Als er fast den Gipfel erklommen hatte, löste sich ein Stein des Felsens und der Bergsteiger, stürzte in die Tiefe. Er war sofort tot. An derselben Stelle verunglückte vorigen Sommer ein junger Mann aus Stuttgart tödlich.

Ulm. 29. Juni. Tödlicher Sturz aus dem Fen- st e r. Der 80jährige Feldschutzwächter Holz ist vom 3. Stock eines Hauses in der Faulhaberstraße aus dem Fenster ge­stürzt und war sofort tot. Holz litt an Asthma und rang nach Luft; dabei lehnte er sich anscheinend zu weit vor und fiel heraus. Gestern fand hier unter dem Vorsitz des Land­tagsabgeordneten Hartmann der Landesverbandstag der Deutschen Kriegsbeschädigten und Kriegshinterbliebenen statt. Es wurde eine Entschließung angenommen, in der gefordert wird, daß endlich die deutsche Reichsregierung ihr Versprechen wahr macht: des Vaterlandes Dank ist euch ge­wiß. Auf der Landesversammlung teilte Oberregierungsrat Dr. Haußmann als Leiter der Hauptfürsorgestelle mit, daß

es gelungen sei, für Darlehen an Kriegsbeschädigte den Be­trag von 200 000 beim Reich durchzusetzen. Nach dem Geschäftsbericht umfaßt der Landesverband in 95 Ortsgrup­pen 9000 Mitglieder. Die Zahl der Rentenempfänger in Württemberg beträgt 93 000, der Beschädigten 29 000, der Witwen 12 800, der Eltern 6000. 50 000 erhalten Zusatz­rente. Außerdem erhalten 31 000 elternlose Waisen. Die Zusatzrenten belaufen sich in Württemberg auf 9,6 Millionen.

Tübingen, 29. Juni. Klinikerumzug. Die Aus­machung des diesjährigen Klinikerumzugs war wohl gelun­gen. Voraus zog der schwarze Tod zu Roß, hinter ihm zwei Sensenmänner zu Pferd, dann folgten die Vertreter der ein­zelnen Kliniken, mit verschiedenartigen Mordwerkzeugen bewaffnet. An dem Zug nahmen auch Züricher Studenten und Studentinnen teil, die zu Besuch in Tübingen weilten. Des Lachens der Zuschauer war kein Ende.

Hemigkofen OA. Tettnang, 29. Juni. Brand. Mor­gens gegen 3 Uhr brach in der Scheune des Landwirts Franz Fromlet Feuer aus. Das Gebäude ist niedergebrannt, zwei Schweine sind dabei umgekommen. Ueber die Entstehungs­ursache ist nichts bekannt.

kreßbronn OA. Tettnang, 29. Juni. Schiffstaufe. Hier fand die Taufe des von der Stadt Konstanz in Auftrag gegebenen Motorschiffs statt. Das Schiff, das für 120 Per­sonen Sitzplätze bietet, soll dem Verkehr auf dem Unterste und Rhein dienen. Es erhielt den NamenKonstanz".

Buchau, 29. Juni. Brand. In dem von Friedrich Denzel bewohnten einstöckigen Wohnhaus in der Jnselstraße brach nachts ein Brand aus, der in kurzer Zeit das ganze Gebäude in Asche legte. Die Entstehungsursache ist unbe­kannt.

Die Neferendarin.

Roman von Carl Busse.

8 (NachSruck verbalen.)

lEine süße Canaille", wiederholte der Assessor mit verklärtem Gesicht.Wie er das so von sich gibt! Haben -Sie denn keinen Respekt, Mensch? Nein, gottlob er Hat keinen. Er hat keine Angst. Er duckt sich nicht. Sie Werden nicht vor ihm kriechen. Vor ihm nicht, vor Groß­kirchen nicht, vor keinem!"

>Aber wer tut das denn in aller Welt? Sie laufen immer um die Hauptsache 'rum, wie die Katze um den Heißen Brei. Möchten Sie mir nicht mal Erklärungen Heben?"-

!DaS wird ja langweilig", dachte er währenddessen hei sich.Ich glaube, mit dem kneip' ich auch nicht."

'Wer kriecht?" sprach Vuttche da.Alle! Ich voran, Dieckmann, die Richter, ganz Großkirchen. Nicht vor dem kochmögenden Herrn Amtsgerichtsrat. Jeder halt vor seinem Vorgesetzten, welchen Titel er auch führt. Der eine aus Streberei, der andere aus Bequemlichkeit, der dritte aus Feigheit. Da nehmen Sie den Dieckmann. Zn dem goldenen Armband liegt der ganze Mensch. Er ist eitel, dumm und will Karriere machen. Deshalb liegt er vor dem Chef auf dem Bauch und poussiert die Toch- ,ter und schneidet sein Leben genau zurecht nach dem, was oben beliebt ist. Er heuchelt gar nicht. Er ist der naive Streber und gefällt sich in seiner Rolle. Er ist einerst- klasstger" Mensch, weil er Referendar ist ein Patent- ekel, dem Sie nie beibringen werden, daß es etwas Höhe­res gibt als Akten anlegen. Aber lassen wir ihn. Er­lauben Sie, daß ich von mir spreche."

Ich, mein Ueber Körner, bin der Kriecher aus Feig­heit. Der sentimentale Kriecher. Dieckmann ist der Naive, der's mit Freuden tut. Ich tu's mit Seufzen. Und weshalb kriech' ich? Weil man mir den aufrechten Gang genommen hat. Weil man mir Mut und Kraft totge- lacht hat.

Glauben Sie das nicht? Totgelacht, sag' ich Ihnen! Ich war auch mal 'n frischer Jung'. Wollt' aus eigenen Kräften was machen. Ich weiß: einmal wollt' ich 'ne Lokomotive bauen. Mein Vater lacht ... ich hör' sein Lachen noch jetzt. Immer, wenn ich was anfing, hat er so gelacht. Das hat mir den Mut schon imnier vorher genommen! Das hieß: Du dummer Bengel kannst ja doch nichts! Weiß Gott, warum er mir nichts zugetraut hat! So hat er mich in mich selbst 'reingetrieben, ver­stehen Sie? Was sonst bei 'nem gesunden Jungen nach außen schlägt, schlug nach innen. Ich Hab' nicht gehan­delt, sondern gegrübelt. Furchtbar viel Bücher verschnür- gen, bis ich eines Tages den Gedanken Hab': Buttche, du bist zum Dichter geboren!

Na ja nicht lachen, Bester! Lachen mordet so viel. Ich Hab also gedichtet. In Schulhefte ganz heimlich. Verse, Dramen, alles mögliche. Keinem Hab' ich mich vertraut. Bis kurz vor dem Abiturientenexamen. Da sogt mein Vater:Jung', was willst dn werden?" Er hätt' am liebsten einen Ingenieur aus inir gemacht. Aber daß ich dazu nicht paßte, sah er ein. Also Arzt oder Jurist.

Drei Tage ging ich 'rum, endlich faßt' ich Mut. Nahm meine Hefte, legte sie meinem Vater vor.Ich pass' nicht zum Juristen, nicht zun: Arzt ich glaub', daß ich Talent hab'I"

Mein Vater hat sich halb tot gelacht.Säusler" hat ! ?r mich genannt. «Künstler will er werden!"

Wie er das WortKünstler" aussprach, das tvaH schrecklich. Er hat nicht etwa gewütet. Immer nur M lacht. Hat die Hefte den Onkels und Tanten gezeigt/ Jotte doch, der Fritze macht ja richtige Verse", sagt On^ kel Knappe.Was 'n gefühlvoller Jung'!" sagt Tant^ Ulrike. Und lachen. Der Direktor vom Gymnasiums sieht mich so von der Seite an. Ich kann da eine Homer« stelle nicht extemporieren.Na", meint er,das brau« chen wir nicht, Behrens he? Machen selber Verse. Wie heißt doch Ihr Gedicht: An die Gelübte?^ -

Gelübte", sagt er. Die ganze Klasse lacht.O Ge« lübte, komm hernüder küsse deinen Sänger wüder! s Die Klasse brüllt. So geht es weiter.Ueberlassen Sie das Dichten lieber Goethen und Schillern. Haben die Wohl schon als Kollegen betrachtet? Wie?" ^

Körner, das verstehen Sie nicht. Da hat mcm eins Scham, da bricht was in einem. Von allen Seiten hat's gelacht. Spießrutenlaufen muß 'ne Wohltat dagegen sein. Knacks so 'n Lachen mordet. Damals bin ich geknickt worden. Hab' mich nicht wieder erholt." :

Er strich über die Stirn, als wären dort Schweiß­tropfen wegzuwischen. j

Peter Körner hatte sich eine Zigarre angesteckt. Und' während er den Rauch abblies, dachte er:Teufel, das ist doch Ernst!" Es überkam ihn Mitleid und gleichzeitig die Scham, daß der andere sich so ... so entblößte. Er wollt' was reden, irgend ein gutes Wort, fand aber kei­nes. Da brummte er.

Buttche sah ihn von der Seite au.

<Fvlt!rtzuns solM