Solonialvereinigung des Reichstags Berlin 10. Mai. Im Reichstag hat sich eine Kolonialver­einigung gebildet, der Mitglieder aus allen Parieren nni Ausnahme der Kommunisten beigetreten sind.

Die Ursache der Pariser Verstimmung London. 10. Mai. Der diplomatische Mitarbeiter des Daily Telegraph" meldet, über dieListe der deutschen Ver­fehlungen", die nach Berlin gesandt werden soll, sei der Militärkommission bis auf einige untergeordnete Punkte Uebereinstimmung hergestellt, worauf wahrscheinlich die plötz­liche Verstimmung in Paris zurückzuführen sei. Die Räu­mung Kölns müsse von der raschen Erfüllung der wichtigsten von den neuen Bedingungen durch Deutschland abhängig geinacht werden, was nach der Ansicht Englands leicht ge­schehen könne. Köln und das Ruhrgebiet müssen in diesem Fall zusammen spätestens am 16. August geräumt werden. Frankreichs Verlangen, daß Deutschland bedingungslos dem Völkerbund beitreten müsse, ehe der Sicherheitsvertrag abge­schlossen werde, werde von England unterstützt; England werde aber keinen Vertrag unterzeichnen, der ihm irgend­welche Verpflichtungen östlich des Rheins auferlegen würde. Die Besprechungen, die Briand mit den Gesandten Ru­mäniens und Serbiens gehabt habe, erwecken in England den Verdacht, daß Frankreich noch immer an einen Neun­mächteoertrag denke.

Keine Erweiterung des Kleinen Verbands?

London, 10. Mai. DerDaily Expreß" will von einem Diplomaten in Bukarest, wo die Vertreter des Kleinen Verbands Zusammenkommen, erfahren haben, es sei aus­geschlossen, daß weitere Staaten in den Verband eintreten, man habe genug zu tun, um die bis jetzt beteiligten Staaken zusammcnzuhalten.

Frankreichs Umtriebe in Jkollien Rom. 10. Mai. Die Abgeordneten und Inhaber der Gol­denen Tapferkeitsmedaille Rossi und Graziano richten an den Unterrichtsminister eine Anfrage wegen der in den italie­nischen Schulen benutzten französischen Textbücher. In diesen Büchern werde für Frankreich Stimmung gemacht und gegen Deutschland Haß gesät. Die Abgeordneten verlangen die Einsetzung einer Kommission zur Ueberprüfung der Text­bücher.

Zar Ferdinand von Bulgarien

Bukarest, 10. Mai. Wie verlautet, wird König Fer­dinand im Einverständnis der Westmächte und der bul­garischen Regierung für kurze Zeit nach Bulgarien zurück­kehren, um seinen Sohn, den König Boris, zu sprechen. Die Besprechung wird in Sofia oder sonst irgendwo in der Nähe der südslawischen Grenze stattfinden.

Loolidge über den Weltfrieden

Washington, 10. Mai. In einer Rede an die Zöglinge der Hochschule sagte Präsident Coolidge u. a-: Unsere Nation hat nicht nur die große Verantwortlichkeit für die Ausrecht­erhaltung ihrer eigenen Wohlfahrt und Machtstellung- son­dern muß auch ihr möglichstes dazu beitragen, die Nationen und Völker in ihren Friedensbestrebungen zu unterstützen- Derselbe Geist, der den Grundsatz von Recht und Freiheit die großen Nationen aufstellt, wird endlich auch Einrich­tungen finden, durch die die internationalen Beziehungen auf denselben friedlichen Grundlagen aufgestellt werden.

General Allen über die Gefahr des polnischen Korridors

Washington, 10. Mai. General Henry T. Allen, der die amerikanischen Besetzungstruppen in Deutschland befehligte, äußerte sich über den polnischen Korridor folgendermaßen: Diese bemerkenswerte Bestimmung des Friedensvertrags ist aus die Hartnäckigkeit der französischen Abordnung zurück­zuführen, die nicht nur ein starkes Polen und eine starke Tschechoslowakei errichten wollte, sondern vor allem wünschte, Deutschland von Rußland zu trennen, und den Korridor unter dem Vorgeben verlangte, daß Polen der Zugang zum Meer gegeben werden müsse. Sie hat dabei ganz die Tat­sache übersehen, daß auch andere Länder ich weise nur aus die Schweiz und die Tschechoslowakei hin einen Zu­gang zum Meer nicht besitzen und trotzdem leben. Danach wurde Danzig zum Freistaat gemacht, das verwickelte die Lage nur noch mehr. Der Korridor ist sowohl für Deutschland als auch für Rußland einestän- dige G e s a hr. Ein anderer Gedanke trug noch dazu bei, daß diese Sicherheitsmaßnahme Frankreichs Anklang fand und zur Errichtung des Korridors führte. Es wurde allge­mein angenommen, daß Deutschland, wenn ihm erlaubt war, sich nach Osten zu entwickeln, dies zur Organisierung der gewaltigen Masse der russischen Bevölkerung benutzen würde, um dann im Bund mit dieser Westeuropa zu über­schwemmen. Diese Annahme wurde von der Mehrzahl der

Vertreter auf der Versailler Friedenskonferenz geteilt. Mei­ner Ueberzeugung nach war es ein ernster Fehler. Deutschland würde niemals in der Lage gewesen sein, Ruß­land zu verschlingen. Hätte es versucht, dieses weite Land zu organisieren, so würde es für lange Zeit vollauf beschäftigt gewesen sein. Die natürliche Feindschaft zwischen Teutonen und Slawen ist beinahe so groß wie die zw^ " - Teutonen und Galliern. Nach meiner Ueberzeuauna würde es das Klüaste für Frankreich wie auch für Polen sein, wenndie Grenzfrage, die Europas Wahlergehen so eng berührt, durch eine Konferenz geregelt wird und nicht durch Gewalt.

Deutscher Reichstag

Berlin- 9. Mai-

56. Sitzung Nachdem die Aufwertungsvorlage nach kur­zer, bedeutungsloser Aussprache dem Ausschuß überwiesen war, trat das Haus heute wieder in die 2. Veratung des Reichswirtschaftsministeriums ein- lieber die Ausschuß- anträge zur Handwerks- und Mittel st andssra ge berichtet Abg Dr. Wienbeck (DN-), die Regierung soll um baldigste Vorlegung des Gesetzentwurfs über die Be­rufsorganisation des Handwerks ersucht wer­den Ferner sollen die Preist reibereiverordnun- gen auf ihre A u f h e b u n g s Möglichkeit überprüft wer- den- Weiter werden gefordert: Berücksichtigung des Hand­werks bei der Vergebung von Arbeiten, steuerliche Maßnah­men zugunsten des gewerblichen Mittelstands, Schutz gegen das Rabattunwesen und den unlauteren Wettbewerb. Beteiligung des Handwerks an den Verhandlungen über di« Sachlieferungen- an den Handelsvertragsverhandlungen, usw.

Abg. Mentzel (DN.) spricht dem Minister das Vertrauen aus, daß er die Interessen des Handwerks und Gewerbes fördern werde. Die verlorenen Absatzgebiete im Ausland können wir nicht durch Massenartikel wieder erobern, son­dern nur durch gute deutsche Qualitätsarbeit- Um diese zu fördern, brauchen wir die Aufrechterhaltung der Meister­löhne, die in den letzten öahren leider förmlich untergraben worden ist- 5n Bayern und Württemberg sind die Fachaus­bildung und die Fachausstellungen mit staatlichen Mitteln wesentlich unterstützt worden. Das Reichsverdingungswesen bedürfe einer gründlichen Aenderung. Der Warenhand:! auf den Straßen müsse beschränkt werden. Gewerbe und Landwirtschaft, der ganze Mittelstand, leiden schwer unter der Kreditnot und unter der Vielheit der Steuern- Die Steuerveranlagung müsse so einfach wie möglich sein. Der Genossenschaftsgedanke dürfe nicht so weit überspannt wer­den, daß die Genossenschaften dem mittelständischen Ge­werbe Konkurrenz machen.

Abg. Esser (Ztr.): Das Handwerk befinde sich im Ver­gleich zu der Zeit vor 25 Jahren in einer schweren Notlage- Es bahne sich aber allmählich wieder ein Aufstieg an- Der Redner warnt vor einer politischen Organisation des Mittel­stands und des Handwerks. Die Hauptsache müsse immer die Selbsthilfe bleiben. Der Aufhebung der Preistreiberei­verordnungen stimme das Zentrum zu- Der gelernte Kauf­mann muß wieder zur Geltung kommen. Das besetzte Gebiet müsse besonders bedacht werden- Eine vernünftige Steuer­gesetzgebung sei notwendig.

Äbg. B'artschat (Dem.): Alle Parteien anerkennen die Notwendigkeit der Förderung des Handwerks. Der für das Handwerk eingestellte Kredit von 30 Millionen Mark sei zu gering. Das Handwerk sei leider vielfach gezwungen- aus die Bezahlung seiner Arbeit lange zu warten- l

Württemberg

Stuttgart, 10. Mai. Vom Landtag. Eine Kleine Anfrage ersucht die Regierung, dafür einzutreten, daß die Noten der Württ. Notenbank auch an den öffentlichen Kaffen außerhalb Württembergs in Zahlung genommen werden.

Zusammentritt des Landtags. Der Landtag wird am Dienstag, den 19. Mai, seine Beratungen wieder aufneh­men. Neben einer Reihe kleinerer Gegenstände sollen vor allem der Gesetzentwurf über die Berufsvertretung der Aerzte, Zahnärzte, Tierärzte und Apotheker, der Entwurs einer dreizehnten Aenderung der Besoldungsverordnung für Württemberg und der Staatshaushaltplan 1925 zur Be­handlung kommen.

Beflaggung bei Hindenburgs Amtsantritt. Das Staats- ministerium hat angeordnet, daß am Tag der Vereidigung des neuen Reichspräsidenten, am Dienstag, die Staatsge­bäude im ganzen Land in den Reichs- und Landesfarben zu beflaggen sind. Den Gemeindebehörden wird die Be- flaggung ebenfalls nahegelegt.

Aus dem Lande

Lchterdingen, 10. Mai. A u t o u n f a l l. Am Freitag nachmittag begegnete das vollbesetzte, von Tübingen kom­mende Postauto zwischen Steinenbronn und Echterdingen einem Personenauto, das nicht genügend auswich. Das Post­auw war genötigt, sich dem Straßenrand zu stark zu nähern. Dabei stürzte es um. Architekt Zweigle aus Echterdingen, der neben dem Führer des Postautos saß, wurde beim Um­stürzen schwer verletzt. Das einem belgischen Baron gehö­rende Privatauto hielt sofort an und sein Besitzer führte den Verunglückten einem Echterdinger Arzt zu, der die Weiter­beförderung in ein Stuttgarter Krankenhaus verrmlaßte. Die übrigen Insassen des Postautos kamen mit dem Schrecken davon. Gerichtliche Untersuchung ist eingeleitet.

Lornwestheim, 10. Mai. Ein Kind überfahren undgetötet. Am Freitag abend kam der 5Z4 Jahre alte »ohn des Flaschnermeisters Otto Rauser in der Ludwigs­burgerstraße unter ein beladenes Lastauto. Er war so ort tot. Den Führer trifft keine Schuld.

Uttenweiler OA. Riedlingen, 10. Mai. Brand. Das Wohn- und Oekonomiegebäude des Taoer Moll brannte bis auf den Grund nieder. Di: Brandursache ist unbekannt.

Wurzach, 10. Mai. Einbruch. Nachts wurde in dem hinter der Metzgerei gelegenen Stadel des Metzgermeisters Ries eingebrochen. Da sich in dem Stadel der Eiskeller be- findet, wollten sich die Gauner mit Fleisch und Wurstwaren aus billige Weise versehen. Sie wurden jedoch gestört und suchten, ohne erkannt zu werden, das Weite.

Vom Bodensee. 10. Mai. 1200 Jahre Kloster Reichenau.. Das ehemalige Kloster Reichenau begeht in diesem Jahr das Fest des zwölfhundertjährigen Grün­dungstags. Die Feier soll in den Tagen vom 4. bis 6. Juni ftattfinden. Am 6. Juni wird Erzbischof Dr. Fritz von Frei» bürg anwesend sein. Im alten Klostergarten wird ein Frei- lichtspiel aus der Geschichte des Klosters zur Aufführung ge­langen.

Von der bayerischen Grenze, 10. Mai. Erfolgreiche Berufung. Der Kumpan des Gendarmenmörders Köst- ler, Johann Wiedemann, geb. 1902 in Stuttgart, zurzeit in Memmingen in Strafhaft, der mit Urteil des Schöffengerichts Memmingen vom 2. April 1925 wegen verschiedener Ver­brechen zur Zuchthausstrafe von 11 Jahren verurteilt wurde, hat gegen dieses Urteil Berufung eingelegt mit dem Erfolg- daß das Urteil im Strafausmaß dahin abgeändert wird, daß er zu einer Gesamtstrafe von 9 Jahren Zuchthaus verurteilt wird. Die Kosten der Berufung wurden der Staatskasse auferlegt.

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ep. Gustav-Adolf-Stiftung. Die diesjährige Jahresfeier des Württembergischen Hauptvereins der Gustav-Adolf-Stif-- tung wird vom 14- bis 16. Juni in Freudenstadt statt-' finden.

Angestelltenversicherung. Die Versicherungspflichtgrenze in der Angestelltenversicherung beträgt vom 1. Mai 1925 an jährlich 6000 Reichsmark statt bisher 4000 Reichsmark. Die Beitragsklassen und Beiträge sind nicht geändert.

Die Reichsvereinigung ehemaliger Kriegsgefangener, die

über 100 000 Mitglieder zählt, hält vom 8. bis 11. Ma! den neunten Bundestag in Görlitz ab.

Die Dokiorvromotkonen an den deutschen Hochschulen sckmellen in letzter Zeit außerordentlich an, seit es vielfach Uebung geworden ist, statt des gründlichen Staatsexamens sich mit dem Doktortitel genügen zu lassen. Im Winterhalb- sobr 1823/24 wurden von den 23 deutschen Universi­täten 4524. im Sommerhalbjahr 1924 3901, zusammen in einem Jahr 8425 Promotionen ooraenommen, wobei aber zu beochten ist, dak für je ein Halbjobr von den Universi­täten Frankfurt a.M., Freiburg und Rostock gar keine, von st idelberg und Leipzig nur unvollständige Angaben vor- lieaen. die Gesamtzahl ist demnach in Wirklichkeit noch be­trächtlich höber. Am niedrigsten ist die Zahl der Promotionen verhältnismäßig in Berlin und München. Unter den Fakul­täten ragen die theologischen durch sparsame Doktorpromo- tionen hervor. Die 17 evang. theol. Fakultäten haben den Doktor- und Lizentiatentitel nur zwanzigmal, die 7 katb.- tbsol. Fakultäten nur siebenmal verliehen Die Universität München hat als einzige auch den Doktor der Landwirtschaft verlieben und zwar in 52 Fällen. Die 11 Technischen H ock- sck ule n haben im Sommerhalbahr 192rl .'300 mal den Titel Doktor-Ingenieur verlieben, davon München 73, Stnttanri 36. Karlsruhe 12. Von den drei Forstlichen Hochschulen hat nur Eberswalde einen einzigen Doktor­hut vergeben. Vo den LandwirtschaftlichenHoch- schu ! enHai Berlin 18, Bonn-Poppelsdorf 6, Hohenheim 4

Da; einsame Zcbisk.

V Roman von Erich Eben sie in.

Urheberschutz durch Stuttgarter Romanzentrale E. Ackermann, Stuttgart.

Es war kein Spuk ihrer Einbildungskraft gewesen. Als Hella am nächsten Morgen noch lange vor dem Früh­stück nach dem alten Glashaus ging, fand sie zwischen dem dcrt wuchernden Holnndergestränch dieselben langen schmalen Eindrücke eines Männerfußes, wie damals an der Kapelle.

Auf der Steinbank aber, wo sie so gern zu sitzen Pflegte, lag ein großer Strauß blauer Berggentianen, sorgfältig n it einem Weißen Seidenband gebunden.

Verständnislos starrte sie darauf nieder. Von wem kam ihr diese Gabe?

Ins Haus zurückgekehrt, kam ihr die Baronin aufge- *sPt entgegen.Denke Dir nur, Rosa will fort! Es ge- lE chrwchi mehr auf Gallenhofen! Wo sie doch anfangs so glücklich war! Ich begreife es gar nicht!"

Hella war blaß geworden.

Gab sie einen Grund an?"

Nein! Nur, daß es ihr hier nicht gefiele. Es sei so emfam, und eigentlich habe sie immer einen Dienst in der .Stadt suchen wollen. Weißt Du, was ich glaube? Daß ,^5 E^.drandtner dahintersteckt. Ich hatte gleich den .Eindruck, als Paste es ihr nicht, daß Rosa fetzt von Haus weg ginge wegen des Mertel."

' »Ich werde selbst mit dem Mädchen sprechen Ist sie ,im Hause?" ' '

'Rosa sitzt in ihrem Zimmer", sagte die Maforin,und cheult wie nicht gescheit. Warum, weiß der Himmel, denn zch habe ihr doch nicht gekündigt."

" »Du gehst aus, Mama?" fragte Hella.

Ich muß doch nach meinem Täufling sehen. Bei Rappls erwarten sie mich auch. Die Frau leidet so viel an Kopfschmerzen, da habe ich ihr von meinen Pulvern ver­sprochen. Nachher will ich noch zum Bürgermeister wegen der Fahnenweihe nächste Woche. Die guten Leute wollen ja durchaus, daß ich Fahnenmutter bin!"

"Und mein gutes Mamachen ist immer bereit, alkm zu helfen und Freude zu bringen!"

Ach, siehst Du, Hella, das geht nun einmal nicht an- ders. Wir repräsentieren doch ein altes Geschlecht, das jahrhundertelang der Mittelpunkt der Gegend war. ES ist ja so schön von den Leuten, daß sie nun mit allen: zu mir kommen, bloß weil ich eine Nosenschwert bin und auf Gallenhofen lebe. Mich macht diese Treue gegen meine Familie ja so glücklich! Erst seit ich Fühlung mit den Leuten bekam, ist mir Gallenhofen wieder ganz die Hei­mat, von der ich immer träumte!"

Hella umarmte die Mutter gerührt. Ja, Mama war glücklich hier, wurde es mit jedem Tage mehr, und so sollte es auch bleiben!

Geh' nur, Mamachen. Die Sache mit Rosa hoffe ich schon wieder in Ordnung zu bringen."

Eine Weile noch blickte sie der Majorin, die sich in der letzten Zeit förmlich verjüngt hatte und ganz jugendlich den Berg hinabschritt, nach. Dann stieg sie seufzend die Treppe hinauf, um mit Rosa zu sprechen. Ihr ahnte, was hinter dieser Kündigung steckte.

Es war, wie sie vermutete. Das Mädchen fürchtete sich einfach auf Gallenhofen. Es hatte den nächtlichen Lärm gehört und war von den Semmelblonds darüber im Vertrauen aufgeklärt worden, daß diesder Geist des alten Herrn Meinrich sei, der keine Ruhe im Grabe habe."

Zun: Glück verschwiegen sie wenigstens die Ursache und schärften Rosa ein, zu keinem Menschen darüber zu reden« am allerwenigsten zur gnädigen Frau. j

Rosa traute sich nun keine Nacht ordentlich zu schlafen, bildete sich ein, denGeist" überall zu hören, und wäre nicht um die Welt abends allein in ein dunkles Zimmer gegangen.

Trotzdem wäre sie geblieben. Denn erstens war sie der Herrschaft ergeben, zweitens arbeitete ihr Liebster jetzt in einer Schlosserwerkstätte in Sankt Martin und kam jeden Abend auf ein Plauderstündchen zu Rosa. War es schön» krafen sie sich im Park, regnete es, saßen sie mit Semmel­blonds in der Wohnstube.

Nun war Rosa aber gestern abend etwas Schreckliches begegnet. Sie hatte ihren Liebsten eben bis an das Park­tor begleitet und wollte nach einem zärtlichen Abschied ins Schloß zurückkehren, als sie sich plötzlich einem wildfrem­den Manne gegenüber sah, der aus der Richtung deA Glashauses zu kommen schien. -D

Im ersten Augenblicke dachte sie nichts Schlimmes, sondern bloß, daß der Herr, der einen langen, dunklen Ueberzieher trug und etwas Fremdartiges hatte, ein ver­irrter Tourist aus dem Bacherngebirge sei.

Sie fragte ihn daher' ganz freundlich, ob er vielleicht den Weg nach Sankt Martin suche, der auf der anderen Seite des Parkes an der Kapelle vorüberführe, und ob sie ihn hineinführen solle, da es schon stark dunkle? j

Der Fremde aber ging mit feierlichen Schritten laut­los an ihr vorüber, ohne zu antworten. Der Blick seiner starren, dunklen Augen streifte dabei über sie hinweg, als sei sie Luft. i

(Fortsetzung folgte j