Württembergischer Landtag
Stuttgart, 25. Februar.
Der Landtag begann heute seine Aschermittwochsitztzung in Anwesenheit von 25 Abgeordneten und stimmte bei Fortsetzung der zweiten Etatsberatung zunächst einem Vertrag zwischen dem württ. Staat und den Privaterben des Herzogs Wilhelm, also der Fürstin zu Wied, zu. Bei diesem Vertrag handelt es sich um das reine Privateigentum des Königs, während das Hofkammergut in den Besitz der herzagl. Familie übergeht und das sog. Krongut Staatsbesitz ist. Der Vertrag wurde nur von den Abg. Pflüger (S.) und Schumacher (Komm.) beanstandet, während alle übrigen Redner anerkannten, daß die Rechte und Interessen des Staats durch den Vertrag gewahrt werden. In der Debatte kam auch zum Ausdruck, daß mit dem herzoglichen Haus wegen des Hofkammerguts noch Verhandlungen schweben, und Finanz- minister Dr. Dehlinger teilte mit, daß diese Verhandlungen bald wieder ausgenommen werden könnten, nachdem das Oberlandesgericht ein Gutachten erstattet habe, das zwar nicht rechtsverbindlich, aber doch eine wertvolle Grundlage für die weiteren Verhandlungen sei. Die Ansprüche des Herzog!. Hauses wurden von dem Abg. Pflüger (S.) als maßlos, von dem Abg. Schumacher (Komm.) als direkt unverschämt bezeichnet, ein Ausdruck, den der Präsident rügte. Das Haus erledigte dann eine Reihe verschiedener Kapitel und nahm u. a. einen Antrag an, wonach der Landtag auf dem Standpunkt steht, daß für die seinerzeit dem Reich übergebene württ. Post vollwertige Ausgleichung mit angemessener Verzinsung der Schuld vom Reich zu leisten ist.
Eine längere Aussprache knüpfte sich auch an die Forderung von 200 000 -K für die Beteiligung des Sta. " cm der Kraftverkehr Württemberg A.-G. Minister Bolz rrar energisch für die Forderung ein und betonte besonders, daß die Polizei den Wagenpark brauche, um aktionsfähig zu sein. Schließlich gab es noch eine Aussprache über die Beteiligung des Staats an der Jura-Oelschieferwerke-A.-G. in Stuttgart mit 800 000 Hiebei kam zum Ausdruck, daß der Staat mit derartiam Beteiligungen endlich Schluß machen müsse, daß man sich keinen allzu großen Illusionen hingeben dürfe, weil jeder, der das Problem des württ. Oel- schiefers lösen wollte, sich dabei die Finger verbrannr habe, und daß man nur zustimme, um den Betrag, der bisher in die Sache hineingesteckt wurde, nicht verloren gehen zu sehen.
Württemberg
Stuttgart, 25. Febr. Gedächtnistafel 26. I.-D. Die zum Gedächtnis der Toten der 26. J.-D. auf dem Waldfriedhof in Stuttgart zu errichtende Gedenktafel, von der Künstlerhand des Bildhauers Hptm. a. D. Fritz von Graevenitz entworfen, harrt der Vollendung. Die Einweihung nnrd voraussichtlich am Sonntag, den 10. Mai 1925, 11 Uhr vorm., unter Teilnahme einer Traditionskompagnie und sämtlicher Feldzeichen der Division stattfinden. Alle ehemaligen Angehörigen der Division werden heute schon hieraus aufmerksam gemacht und gebeten, durch Spenden zum Gelingen beizutragen. Geldsendungen sind zu richten an den Schatzmeister, Reg.-Oberinspektor Dobbratz, Stuttgart, Tulpenstr. 11, Postscheckkonto 40 629.
Vom Landtag. Der Ausschuß für Verwaltung und Wirtschaft nahm einstimmig einen Antrag an, die Ausbildungszeit der Hebammen auf 12 Monate zu erweitern und Fortbildungskurse an der Hebammenschule baldmöglichst einzurichten. Für die wirtschaftliche Sicherstellung und ausreichende Altersrente soll Sorge getragen werden.
Aus dem Laide
Ludwigsburg, 25. Febr. KönigsGeburtstag. Der Offizier-Verein der Königin Olga-Dragoner ließ heute einen Kranz am Grabe des Königs durch Dr. Otto Marquardt niederlegen.
Heilbronn, 25. Febr. Die Heilbronner Weingärtnerfreundlichkeit. Beim Deutschen Minzer- tag in Heilbronn im vorigen Herbst konnte man mächtig große Worte hören, wie sehr der Weingärtnerskand in Heilbronn geschätzt sei und wie besorgt man um sein Wohlergehen sei. Die Probe zum Exempel wurde gelegentlich des Pferde- markks am letzten Sonntag und Äkonnkag gemacht, mit dem bekanntlich auch ein größerer Festzug verbunden wurde. An diesem Festzug beteiligte sich auch die spanische Weinhandlung «Äocca" mit einem Sechsergespann. Als dies bekannt wurde, bemächtigte sich der Heilbronner Weingärkner eine derartige Erregung, daß ernstlich befürchtet ^werden
Drei Tage aus dem Leben eines Kriminal-Beamten.
10 Von P —witsch.
Aus dem Russischen von F. Palm-Nasareff.
„Wie man mir gesagt, Herr Doktor, haben Sie den Leichnam bereits in Augenschein genommen?
„Allerdings; hier ist auch das Protokoll."
Bei diesen Worten überreichte er mir ein vierfach zu- sammengelegtes Blatt Papier, welches ich auseinanderfaltet und durchlas. In demselben war vermerkt, daß an dem Leichnam kein anderes Zeichen der Gewalttätigkeit gefunden waren sei, als eine Wunde von 1 Zoll Länge und 41/2 Zoll Tiefe, mit geraden, scharfen Rändern, beigebracht mit einer zweischneidigen Waffe, welche zwischen die dritte und vierte Rippe eingedrungen war. Der Tod mußte sofort erfolgt sein. Nach dem geronnenen Blute und den erstarrten Gliedern zu urteilen, mußten vom Augenblicke des Todes an, bis zur Besichtigung der Leiche, welche um 10 Uhr morgens vorgenommen worden, ungefähr 10 Stunden verflossen sein.
„Das Protokoll ist in Ordnung, Herr Doktor", versetzte ich, dem Arzte das Papier überreichend, welcher es seinerseits Kotorgow gab. Dieser wandte sich zu ihm und sagte:
„Weshalb aber, lieber Herr Doktor, haben Sie sich so sehr mit der Besichtigung der Leiche beeilt, taten Sie es mit Absicht?"
„Allerdings; Fräulein Kudräschew bat mich darum."
„Weshalb tat sie das; es mußte doch irgend eine Absicht mit diesem Wunsche verbunden sein?"
„Das war es in der Tat ;ihr war der Gedanke äußerst peinlich, daß der Besichtigung des Leichnams ihrer jungen verwandten ein ebenfalls noch junger Mann wie Sie
mutzte, der Umzug am Sonntag werde nicht ohne Störung der öffentlichen Ordnung vor sich gehen. Führende Weingartner suchten deshalb zu erreichen, daß der spanische Wagen nicht mitfahren sollte, fanden aber bei den maßgebenden Stellen wenig Verständnis. Blieb als einziger Ausweg ein P.otestwägele. Es herrscht große Erbitterung in Meingärt- nerkreisen.
Heidenheim. 26. Febr. Leichenfund. Dienstag stütz wurde in der Brenz die Leiche einer Geometerswitwe gefunden und ins Leichenhaus übergeführt. Verletzungen sind an der Leiche nicht wahrzunehmen.
Im iMNgerbrunnental bei Herbrechtingen erlegte der Jagdpächter eine große Wildsau. Der Keiler entkam trotz der Verfolgung durch den Hund.
Urach, 25. Febr. Submissionsblüte. Vom Be- zirksrat wurde ein großer Teil der Arbeiten für den Erwei- terungsbau des Bezirkskrcmkenhauses vergeben. Die hiesigen Unternehmer wurden in e.ster Linie berücksichtigt. Nur wo es sich um die Eisenbetonarbeiten handelt, wurde auch eine Stuttgarter Firma beteiligt. Das niederste Angebot für die zu vergebenden Arbeiten betrug 80 000 -R, das Höchstangebot 132 000-K. ^ "
Ammendorf OA. Biberach, 25. Febr. SiebenVuben. ^..aatspräsident Bazille hat die Arbeiterseheleute Johann H.kmr zur Geburt von Zwillingen, mit denen L-e Zahl von 7 Buben erreicht wurde, durch eigenhändiaes Schreiben beglückwünscht und ihnen die Ehrengabe der Staatsregierung (20 -4t) übersandt.
Hundersmgen, OA. Riedlingen. 25. Febr. Einbruch. Nachts wurde im Kaufhaus des Stephan Hinterhofer eingebrochen. Es wurden Zigaretten, Zigarren, Orangen und anderes entwendet. Der Dieb wollte die Kasse erbrechen, was ihm aber nicht gelang. Der Dieb, ein hiesiger Bürgersohn, konnte bereits ergriffen werden.
Baden
— Karlsruhe, 25. Febr. Am Samstag und Sonntag fand hier eine Tagung des Landesvorstands des Reichsbunds der Kriegsbeschädigten, Kriegsteilnehmer und Kriegshinterbliebenen statt. Dabei wurde folgende Entschließung angenommen: Der Landesvorstand des Reichsbunds der Kriegsbeschädigten, Kriegsteilnehmer und Kriegshinterbliebenen erhebt gegen die beabsichtigte Ueberführung der Fürsorge auf die Kreise im Namen der gesamten Mitgliedschaften die ernstesten Bedenken und erwartet von Regierung und Landtag, daß sie sich einem weiteren Abbau der Fürsorge unter allen Umständen widersetzen.
Heidelberg, 25. Fehr. Der Vauvlan für das Kurhaus der Heidelberger Badegesellschast hat in letzter Zeit noch erhebliche Aenderungen erfahren. Die Direktion hat, um die Wirtschaftlichkeit zu sichern, den Plan in weil größerem Maßstab ausarbeiten lassen, als es bis jetzt vorgesehen mar. Der Weiterbau soll nunmehr mit möglichster Beschleunigung betrieben werden. Es ist mit der Fertigstellung der ganzen Kurshausund Badanlage nach diesem neuen Plan etwa für Ende August zu rechnen.
Mannheim, 25. Febr. Das Mannheimer Apclloiheater mußte seine Pforten schließen, weil es infolge der hohen Steuerlasten, insbesondere der Luftbarkeitsjteuer, den Konkurs anmelden mußte. Neben den für diesen Monat verpflichteten Artisten ist eine große Zahl Angestellter brotlos geworden.
Von der Tauber, 25. Febr. Bran d. In der Volkartsmühle in Grünsfeld bei Tauberbischofsheim brach Feuer aus. In wenigen Stunden war die Müsste mit den Wohngebäuden ein Raub der Flammen. Scheuer und Stallungen wurden gerettet. Auch ein großer Teil der Vorräte und die meisten Möbel konnten noch rechtzeitig in Sicherheit gebracht werden. Die Brandursache dürfte wohl im Heißlaufen eines Kugellagers zu suchen fein. Die Mühle war gegen Brandschaden versichert.
Reichenbach (bei Hornberg), 26. Febr. Auf Veranlassung des Verbands Badischer Genossenschaften wurde hier die Gründung einer Darlehenskasse" auf genossenschaftlicher Grundlage mit Anschluß an die Badische Landwirtschaftsbank Karlsruhe und den Verband badischer Landwirtschaftlicher Genossenschaften vollzogen.
Rußbach, 26- Febr. Hier überfielen mehrere Burschen einen des Weges gehenden Mann und brachten ihm eine Kopfwunde bei.
Von der badischen Grenze, 25. Febr. Ein Lump. In St. Georgen trieb sich ein Bettler herum, der sich als „einbeiwohnen sollte, deshalb ersuchte sie mich, diese Angelegenheit noch vor Ihrer Ankunft zu erledigen."
Ich drückte dem gutherzigen Arzte für sein bewiesenes Zartgefühl schweigend die Hand.
„Beinahe hätte ich etwas vergessen, meine Herren", fuhr er fort, „gerade als wir mit der Leiche beschäftigt waren, hatte sich eine Dame Zutritt zu uns verschafft. Ich weiß nicht, auf welche Weise ihr das gelungen war, allein sie übrraschte uns ganz plötzlich. Ich begleitete sie sofort hinaus, indem ich nach ihrem Begehr fragte:
, „Ich wünche Herrn Kotorgow zu sprechen, ist er hier? Mein Name ist Leontine de Nacre."
„Oh", versetzte Kotorgow schnell, „diese Dame war auch bei mir; sie vermißt seit vorgestern einen kostbaren Brillantschmuck und hat nicht gesäumt, mir davon Mitteilung zu machen."
„Doch weshalb vermutete Fräulein de Nacre Sie hier? Konnte sie bereits von dem Morde gehört haben? Besonders fiel mir an ihr auf, daß sie die Tote mit dem lebhaftesten Interesse betrachtete."
Ich vermochte nicht ein Lächeln zu unterdrücken, da mir diese Bemerkung des Doktors ein wenig naiv erschien.
„Sie ist Schauspielerin", versetzte ich, „und daher oft genötigt, eine Sterbende darzustellen, infolgedessen wird sie jede geeignete Gelegenheit ergreifen, um den Tod zu studieren. Bezüglich der wachhabenden Polizeibeamten jedoch werde ich meine Maßregeln treffen."
„Auf Grund meiner vieljährigen Erfahrung wollte ich mir noch erlauben, Ihnen, Herr Untersuchungsrichter, den Rat zu erteilen, Fräulein de Nacre nicht aus dem Auge zu verlieren, sie überhaupt auf das Schärfste beobachten zu lassen."
Ich ergriff die Hand des Arztes und bemerkte:
„Ebenso wie es Ihnen, lieber Doktor, wahrscheinlich
armiger" Jnvalibe ausgab: er hatte tn ganz kurzer Zeit 11 Mark zusommengebracht. Die Gendarmerie nahm sich seiner an und bei der Untersuchung stellte sich heraus, daß er zwei gesunde Arme hatte. Der Gauner entpuppte sich als ein schon mit mehreren Jahren Zuchthaus bestrafter Guteüel.
Triberg, 26. Febr. Eine durch das Einwohnermeldeamt am 13. Febr. vorgenommene Zählung der Bevölkerung er- gab eine Einwohnerzahl von 4210 Personen. Nach dem Be- kenntnis verteilen sich diese folgendermaßen: Katholiken 3543, Protestanten 656, Israeliten 8, Freireligiöse 3. Gegenüber der letzten Zählung im Jahre 1919 bedeutet der jetzige Stand eine Zunahrne von 269 Köpfen.
Maldshuk, 26. Febr. In Waldshut verunglückte ein junger Bursche dadurch sehr schwer, daß eine alte Flinte, ein sogen. Vorderlader, mit dem er hantierte, plötzlich losging und ihm die linke Hand vollständig zerschmetterte. — In Murg wollte der Polizeidiener im Rathaus einige Böller für die Fastnacht füllen. Diese explodierten und verletzten den Polizeidiener sehr schwer.
Lokales.
Wildbad, 26. Febr. 1925. Der Wald- und Landarbeiter-Verband hielt am letzten Sonntag im „Grünen Hof" hier eine Versammlung statt mit folgender Tagesordnung: 1. Bericht über die letzten Lohnverhandlungen; 2. Die kommenden Aufgaben des Verbandes und die Stellungnahme der Holzhauer zu einem einheitlichen Berufsverband. Referent war Gauleiter Wais aus Stuttgart. Die Versammlung war gut besucht, doch muß leider festgestellt werden, daß noch viele Holzhauer dem Verbände fernstehen. In kurzen Zügen zeigte der Referent die vielen noch zu erfüllenden Aufgaben, welche nur bei voller Einmütigkeit, d. h. wenn alle Holzhauer, auch die im Gemeiudewald beschäftigten, dem Verbände angehören. Gerade in der Lohnpolitik habe der Verband sehr schwer zu arbeiten. Sache der fernstehenden Holzhauer sei es, selbst mitzukümpfen für die Besserung ihrer wirtschaftlichen Lage. Auch der Kollege Willig bedauerte die Interesselosigkeit vieler Holzhauer und forderte nachdrücklich zur Einigkeit auf. ?. 3.
Zur Verschönerung des Stadtbildes von Wildbad. Die Sache macht Fortschritte, wie der folgende Brief beweist :
Wildbad, den 23. Febr. 1925.
An den
Gemeinderat von Wildbad, zu Händen des Herrn Vorsitzenden.
Dem Gemeinderat von Wildbad spreche ich meinen verbindlichsten Dank aus für die Annahme meines Vorschlags auf Verschönerung des Stadtbildes durch Blumenschmuck und für die Zusage auszusetzender Preise für den Ausschmückungswettbewerb.
Ich bin in der glücklichen Lage, mitteilen zu können, daß mir soeben von Herrn Geh. Komm.-Rat Klumpp die Summe von 100 Mark zugeschickt, worden ist, um sie in den Dienst der gleichen Bestrebungen zu stellen.
Ohne jedwede Beeinträchtigung der von der Stadt auszusetzenden Preise gedenke ich diese Summe, am gegebenen Zeitpunkt unter der Bezeichnung „Preis der Hotel Klumpp G. m. b. H." als Belohnung erfolgreicher Bemühungen in der Blumenausschmückung zur Perteilung zu bringen, wobei ich vollkommen Hand in Hand mit dem vom Gemeinderat einzusetzenden Schiedsgericht, falls es ihm genehm ist, gehen würde.
Die Summe ist heute bei der Sparkasse niedergelegt worden.
Mit vorzüglicher Hochachtung
llv. 36110580.
Kleine Nachrichten aus aller Welt
Admiral v. Usedom ft In Schwerin starb im 71. L e- bensjahre Admiral Guido von Usedom. Er war der deutsche Offizier, der bei der Seymour-Expedition nach Ost- asien auf den Ruf des englischen Admirals „Die Deutschen vor die Front" seinen tapferen Truppen voraneilte. Im Weltkrieg verteidigte er die türkische Meerenge gegen das Eindringen der englisch-französischen Flotte.
unangenehm sein würde, wollte man Ihnen in Betreff Ihrer Rezepte Vorschriften machen, so gestatten Sie auch, daß wir nach unserer eigenen Methode handeln. Jetzt wird es überdies Zeit sein, ans Werk zu gehen."
Ich schickte das Dienstmädchen zu Olga Jwanowna, um dieser die Nachricht von unserer Ankunft zu Überbringer: und sie um ihre Anwesenheit bitten zu lassen. Fräulein Kudräschew schickte uns jedoch den Bescheid, daß es ihr im Augenblicke unmöglich sei, sich von ihrem Bruder zu entfernen; sie bitte, vorläufig alles ohne sie anzuordnen.
Wir benutzten diese Vollmacht und trat zur Tur des Schlafzimmers, welche der als Schildwache aufgestellte Polizeidiener vor uns weit öffnete.
Mir ist noch so lebhaft erinnerlich, als wäre es erst gestern gewesen, was ich zum ersten Male beim Anblick von. Toten empfand, die nicht als vergängliche Ueberreste von mit Verstand begabten Wesen, sondern nur als wissenschaftliches Material behandelt werden. Damals besuchte ich nock das Gymnasium; der ärztliche Beruf dünkte mir als der ehrwürdigste, und um denselben auch einigermaßen von der praktischen Seite kennen zu lernen, begab ich mich eines Tages in Begleitung einiger Freunde in den ana- tomischen Saal der medizinischen Akademie. Der sich mir daselbst darbietende Anblick der an den Seziertischen hantierenden Jünger Anskulaps war mir jedoch so entsetzlich/ daß ich den Gedanken, die ärztliche Laufbahn zu ergreifen, sofort aufgab.
Allein das Schicksal fügte es, daß ich mich auch in dem von mir neu erwählten Berufe eines Juristen nicht dem Anblicke von Leichen entziehen konnte, wenngleich meint Teilnahme auch nur eine passive zu sein brauchte. Heute ist ein von dem Gerichte zu besichtigender Leichnam für mich gleichbedeutend mit anderen materiellen Beweisen und bewegt mein Inneres nur wenig.