Nach einer von deutscher Seite aufgestellten Berechnung haben die deutschen Leistungen, wie von Prof. Brentano eingehend dargelegt ist, schop am 31. Dezember 1922 über 41^ Mil­liarden Goldmark betragen. Seit dem Abschluß dieser Statistik hat Deutschland weitere erhebliche Leistungen be­wirkt. Die freiwilligen Leistungen, insbesondere die Sach- lieferungen aller Art und die Leistungen an England gemäß der Reparation Recovery Act haben vom 1. Januar 1923 bis zum 30. Juni 1924 die Höhe von 540 Millionen Goldmark erreicht. Nebenher liefen die von den Einbruchsmächten im Rheinland und im Ruhrgebiet erpreßten Lieferungen. Diese Lieferungen können auf annähernd eine Milliarde Goldmark geschätzt werden.

Die Berliner Reise pacellis

Berlin, 3. August. Die Reise des Nuntius Pacelli nach Berlin ist, wie das Achtuhrabendblatt mitzuteilen weiß, als Beweis dafür gedeutet worden, daß der Vatikan sich wieder zu einer stark aktiven Außenpolitik entschlossen hat. In Ber­lin besuchte der Nuntius nicht nur deutsche Regierungsstellen, sondern auch die französische, englische und amerikanische Bot­schaft. Besondere Aufmerksamkeit erregte hier bei seinem letzten Berliner Besuch namentlich auch der Besuch der russi­schen Botschaft.

Verhaftungen

Berlin, 3. August. In Spandau wurde eine geheime Lei­tungsstelle der kommunistischen Jugend aufgehoben, die bereits eine Kampfabteilung gebildet hatte, um die Verfassungsfeier am 11. August zu stören. Mehrere Beteiligte wurden verhaftet In Oberschlesien wurde gegen mehr als 80 Kommunisten das Verfahren wegen Landesverrat eröffnet.

Einspruch gegen nicht vorgebildete Regierungspräsidenten Düsseldorf, 3. August. Der rheinische Bauernverein hat bei der preußischen Regierung Widerspruch erhoben, daß nach Grützner wieder eine nicht vorgebildete Persönlichkeit, der so­zialdemokratische Gewsrkschaftssekretär Bergemann, zum Regierungspräsidenten in Düsseldorf ernannt worden sei. Die­ser wichtige Posten dürfe nur von einem besonders tüchtigen und bim ^ufsbeamten und nicht nach Parteirück-

sichken 1 ^ werden.

Die Gedenkfeier im Saargebiet

Laarbrücken, 3. August. Die politischen Parteien des Saar­gebiets forderten in einein Aufruf die Bevölkerung auf, am 3. August im ganzen Saargebiet die Gefallenen des Weltkriegs durch ein stummes Gedenken von 2 Minuten Dauer zu ehren. Während dieser zwei Minuten soll jede Tätigkeit ruhen.

Schieber bei der Eisenbahnregie Mainz, 3. August. Drei bei der französisch-belgischen Cisenbahnverwaltung angestellte Hilfspersonen französischer, englischer und deutscher Staatsangehörigkeit wurden von dem französischen Kriegsgericht verurteilt, weil sie einen von Köln nach Hanau bestimmten Waggon Schweineschmalz zu verschieben versucht hatten. Der Franzose und der Deutsche erhielten je 5 Jahre Gefängnis, während der Engländer mit 10 Jahren Gefängnis, 20 Jahren Landesverweisung und 300 Francs Geldstrafe bestraft wurde.

Die baysr. Regierung gegen das Parleiverbot München, 3. August. Der bayer. Landtag hat die natio­nalsozialistischen Anträge auf gesetzliche Beschränkung der Zulassung von Juden zu öffentlichen Aemtern abgelehnt. Auf eine Anfrage des völkischen Blocks, worin die Aufhe­bung der Nationalsozialistischen Arbeiterpartei und der Kampforganisationen gefordert wird, erklärte der Minister des Innern, Stützet, der betreffende Reichstagsbeschluß beziehe sich nur auf das Verbot der politisch e n Parteien, nicht aber auf das Verbot der Wehrverbände. Die bayer. Regierung werde sich auf den Standpunkt stellen, daß der Reichstagsbeschluß eine Ueberschreitung der Zuständigkeit des Reichstags darstelle und daß die bayer. Regierung nst- ; verpflichtet sei- diesem Verlangen nachzukommen. Die bayer. Regierung habe Grund zu der

Annahme, daß diese Rechtsauffassung auch von der Reichs­regierung .geteilt werde. Die bayer. Regierung sei aber be­reit, ohne Rücksicht auf den Reichstagsbeschluß eine Prü­fung der Frage vorzunehmen, ob es möglich-sei, der Auf­hebung des Verbots der Nationalsozialistischen Arbeiterpar­tei näherzutreten. Es müßten dann allerdings Sicherheiten gegeben werden, daß vor allem eine Einordnung in die staatliche Ordnung bedingungslos erfolge und jede Störung 'der öffentlichen Ordnung, sowie eine Erschütterung des Staatswesens ausgeschlosien erscheine. Der kommuni­

stische Antrag auf Aufhebung des Verbots der kommünisti- fchem Presse wurde abgelehnt, worauf sich das Haus auf un­bestimmte Zeit vertagte.

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Wahlniederlage der englischen Arbeiterparkei London, 3. Aug. Bei der Ersatzwahl im Kreis Holland (Grafschaft Lincolnshire) wurde an Stelle des bisherigen Arbeitervertreters ein Konservativer mit 12 900 gegen 12 101 Stimmen gewählt.

Die deutschen Leiden

London, 3. August. Unter der UeberschriftBerlin, die Stadt der Niedergeschlagenheit" veröffentlicht derDaily Ex­preß" den ersten Artikel einer Reihe von Schilderungen des liberalen Unterhausmitglieds und früheren Staatssekretärs für den Krieg, des Generalmajors Seely über die Eindrücke auf zwei während der letzten Zeit durch ganz Deutschland unternommenen Reisen. Seely zögert nicht einen Augenblick ;u erklären, daß das besiegte Deutschland tausendmal mehr gelitten habe sowohl in militärischer als auch moralischer Hin­sicht, als die siegreichen Gegner. Die Masse des deutschen Vol­kes sei arm, erbärmlich arm, unterernährt, weit ärmer als die Franzosen und weit ärmer als die Engländer. Infolge des vollständigen Verschwindens aller Ersparnisse seien ältere Leute zu Hunderttausenden in einem Zustand der Armut, der wirklich herzzerbrechend sei. Zahlreiche seien vorzeitig an den Entbehrungen gestorben. Seely betont, wie unter diesem Zustand auch die geistige Erziehung gelitten habe.

Würlleinberq

Stuttgart, 3. Aug. Vom Landtag. Abg. Ströbele (BB.) hat folgende Kleine Anfrage an den Landtag gerichtet: Bei der Diözesanumlage werden diejenigen Gemeinden, die den Pfarrstellen Holz und andere Naturalien zu liefern haben, mit ihrem ganzen Steuerbetreff zur Umlage herangezogen, also gewissermaßen doppelt belastet. Ist das Ministerium für Kirchen und Schulen bereit, einen billigen Ausgleich herbeizu­führen?

Stuttgart. 1. Aug. 25 Jahre im politischen Le-ben. Der dem Württ. Bauern- und Weingärtnerbund angehörende Landtagsabgeordnete Dr. Wolff kann auf eine 25jährige politische Tätigkeit zurückschauen. Dr. Wolfs war früher Pfarrer von Perouse, OA. Maulbronn, trat später als Redakteur in die konservative Reichspost ein und wirkte nach seinem Austritt aus dem Redaktionsdienst für den Bund der Landwirte. Als Vertreter von Heilbronn gehörte er einige Jahre dem Reichstag und seit 1912 dem württ. Landtag an, wo er Vorsitzender des Finanzausschusses ist.

Hochwasser des Neckars. Der Neckar ist an vielen Stellen über die Ufer getreten. Er überflutete dis Dämme bei Unter­türkheim, wo ein neues Flußbett erstellt ist, in das der Neckar am Samstag geleitet werden sollte, und bezog auf diese Wege eigenmächtig, aber etwas vorzeitig seine neue Bahn. Bei normalem Wasserstand wird die Sohle eingeebnet und der rechte Uferdamm, der das alte Neckarbett durchkreuzt, auf­geschüttet werden müssen. Ferner soll an der neuen Brücke eine Stauung durch Einsetzen eines neuen Schutzwehrs her­gestellt werden.

Der Brotpreis wird in Stuttgart vom 4. August an auf 28 Pfg, für das Kilo Schwarzbrot, auf 35 Pfg. für Halb- weiß- und Roggenbrot und auf 46 Pfg. für Weißbrot erhöht. Die Erhöhung wird mit den gestiegenen Mehlpreisen be­gründet.

Erholungsheim. Der Christliche Verein junger Männer erricht, l auf öe.n Degerlocher Sportplatz ein eigenes Wald­erholungsheim mit 35 Betten.

Vom Tags. In der Augustenstraße fiel ein Weinfaß mit 300 Litern von einem Lastkraftwagen und zerbrach. Das edle' Naß ergoß sich restlos über die Straße. In Kal­tental ist ein Personenkraftwagen infolge Explosion dse Vergasers in Brand geraten und großenteils zerstört worden.

Aus dem Lande

Marbach a. N., 2. Ang. Erkranken. Selbst­mord. Der 54 Jahre alte Fischer Ernst Stolpp wurde im Kanal deH Neckars erkranken cmsgcfunden. Er hatte sich zum Fischen an den Neckar begeben und scheint beim Zie­hen der Reißen in den Neckar gestürzt zu sein. Stolpp litt an epileptischen Anfällen. 7n Allmersbach wurde die 27jährige Ehefrau Emilie Se i, Wr, geb. Weller, im Ge- memdeivald erhängt aufgefundcn.

Stockholm, OA. Brackenheirn Aug. Ehrenbür­ger. Der Gemeinderal hak den im 84. Lebensjahr stehen­den Kaufmann und Landwirk 3. G. Ne uw etter in An­erkennung seiner großen Verdienste um das Wohl der Ge­meinde zum Ehrenbürger ernannt.

Backnang» 3. Aug. Lederdiebstähle, In Oppen­weiler und Aichelbach wurden die Brüder Koch und Wid- mann verhaftet, die seit Dezember vorigen Jahrs in der Lederfabrik Fritz Häuser A.-G. und Robert Schweizer in Backnang etwa 180 Chromlederhäuke und 35 Blakt Bache­leder gestohlen hakten. Die Diebesbeuke war zum Teil an Hehler in Stuttgart, Cannstatt und Hall verkauft, teils >m Heu und im Wald versteckt. Eine größere Menge konnte wieder hergebracht werden. Die Diebe hatten seither ein flottes Leben geführt. 3m Amtsgerichkcgefängnis machten sie einen Fluchtversuch der vereitelt wurde.

Hall, 2. August. Kleine N rsachen großeWir- k u n g e n. Am Donnerstag abend brach ein morscher elek­trischer Leitungsmast und stürzte auf ein kleines Haus hinter der Volksschule. Die Folge war zunächst Kurzschluß und ein leichter Brand in dem durchgeschlagenen Dach des Hauses. Infolge der Stromunterbrechung konnte in der Bügeleisen­fabrik von Groß am Freitag nicht gearbeitet werden; der Besitzer des beschädigten Hauses will die Aufstellung des Leitungsmastes vor seinem Eigentum nicht mehr gestatten.

Gerabronn, 2. August. Zusammenstoß. Sägwerks­besitzer Angst fuhr mit seinem Auto am Bahnübergang des Fabrikgleises auf eine Lokomotive. Das Auto wurde gänz­lich zerstört. Angst und sein Wagenführer kamen mit dem Schrecken davon.

Dörzbach, 3. Aug. Milch für Mannheim. Einige Gemeinden des oberen Iagsttales haben die Milchlieferung nach Mannheim ausgenommen. Ilm die Milch versandferkig machen zu können, würde am hiesigen Bahnhof eine Kühl­anlage eingerichtet. Infolge günstiger Preise ist die Milch­lieferung bedeutend gestiegen.

Essingen. OA. Aalen, 3. Aug. Bauerntag. Unter ge­waltigem Andrang aus der ganzen Umgegend fand hier ein Bauerntag mit 35 Festwagen statt. Der schlechten Witterung wegen mußte der Crntegottesdienst ausfallen. Die Festrede hielt Frhr. Pergler von Perglas-Oberkolbenhof. Die Feier hatte keinerlei politischen Einschlag.

Tübingen, 3. Aug. Nene Gewerbebank. In Krei­sen des Mittelstands und der Handwerkervereinigungen wird die Gründung einer neuen Gewerbebank beabsichtigt, nachdem die bisherige Bank in Konkurs geraten war.

Diekenheim» OA. Laupheim, 2. Aug. Hochwasser. Die Iller hat weite Teile der württembergischen Markung unter Wafser gesetzt. Im Ortsinnern drang das Wasser in viele Keller, teilweise auch in Wohnungen ein. Mehr­fach mußte das Bieh aus dein Stall gebracht werden. Ein beträchtlicher Teil der Ernte ist vernichtet. Die Eisenbeton­brücke in Dornweiler ist eingeftürzt, so daß der Fuhrwerks­verkehr nach Illertissen vorecst gesperrt ist. In Unterbalz- heim hat das Hochwasser am Sägwerk den Fallenstock weg- gerissen.

ep. Wilhelmsdorf, 3. August. Jahrhundertfeier. Unter Teilnahme von über 2000 Gästen von nah und fern be­ging die Brüdergemeinde Wilhelmsdorf in Oberfchwaben vom 26. bis 28. Juli die Feier ihres 100jährigen Bestehens. Als Vertreter des Staatspräsidenten war Finanzminister DSo­linger erschienen. Als Vertreter des früheren Königshau­ses, unter desfen besonderer Fürsorge die Gemeinde in ihrer Gründungszeit gestanden war, nahm Herzog Albrecht an einem Teil der Feierlichkeiten teil. Einen besonderen Reiz gab der Feier die Anwesenheit des Enkels des Gründers von Wilhelmsdorf, Prälat Dr. Hoffmann, Stuttgart. Die dreitägige Feier nahm einen erhebenden Verlauf.

Badischer Landtag

Karlsruhe, 2. Aug. Der Landtag bewilligte ein Darlehen von 400 OO0 Mark an die Stadt Lörrach zur Erwerbutltz eines Gebäudes der Reichseisenbayn. Eine Anzahl der darin befindlichen Wohnungen muß jedoch für badische Staatsbeamte zur Verfügung gestellt werden.

Dann folgt die Beratung des Haushalts des Justiz­ministeriums. Abg. Kullmann verlangt, daß auch an den Gerichtsurteilen Kritik geübt werden dürfe. Abg. Hagin bedauert den Wegfall der Schöffengerichte.

Abg. Schmidt-Breiten (National) stellt fest, daß die

Die Müllerliese

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Erzählung ans -em würkkemberg. SchwarzwalL Von Ulrich Lörcher

Hevoc sich die um ihre Pflegebefohlenen Besorgte zur Ruhe begcck, .wollte sie noch einmal nach ihnen sehen. Sie ging zum Dachstock hinaus !n den Schlasraum der Kinder. Bon der harten Arbeit des Tages ermüdet, waren sie eingeschtafen. Zuletzt trat sie an das Bett der Kleinsten, das sechsjährige Mariechen, die nicht mit auf dem Felde gewesen war. Zu ihrer lebhaften Ueberraschung richtete sich das Kind auf und schaute sie aus ihren klugen, braunen Augen mit einem Blick an, in dem lebhafte Teilnahme und Besorg­nis lag.Schwester Liese," so begann sie,es ist gut, daß du kommst, ich hätte nicht einschlasen können, bevor ich dich nicht noch einmal gesehen hatte." .Aber was hast du, liebes Mariechen?" fragte die Müllerstochter in mütterlicher Sorgfalt, indem sie her Kleinen über Stirne und Haar strich. .Du hast sa einen so heißen Kopf, mein liebes Mariechen/ .Es fehlt mir nichts," erwiderte die Kleine treuherzig. .Wenn ich einen solch heißen Kopf habe, so ist eS nur, weil ich mich um dich sorge." .Du sorgst dich um mich, aber warum denn, mein liebes Mariechen?" Menke dir nur, Schwester Liese, als ich heute allein unter dem Birnbaum im Garten hinter der Mühte laß und mit meiner Puppe spielte, da stiea plötzlich ein Mann ü.er den Gartenzaun, der mir gar nicht gefiel, er hatte etwas Böses !n seinem Blick. Bevor er mich sah, schlüpfte Ich unter die Himbeersträucher; ich fürchtete mich vor dem großen schwarzen Mann. Durch den Garten ging er dem Hause zu. Mo er dann blieb, das weiß ich nicht. Ich hielt mich so lange hinter den Sträuchern verborgen, bis ich euch vom Felde kommen hörte." Liese erbleichte, ais sie diese Geschichte des Kindes vernahm; durch ihren Körper ging ein Zittern. Sie stellte ihre Laterne aus den nahen Waschtisch. Einen Augenblick muhte sie sich auf den Stuhl setzen, der am Bette des Kindes stand. Mariechen besah sich bie große Schwester, bie sonst immer so fest und mutig war, mit er­stauntem Blick. Dann aber faltete das Kind die Hände. Ich will beten, Schwester," saA sie, .daß uns der böse Mann nichts scha- del: .Breit aus die Flügel beide, r» Jesu, mein Freund, und nimm dein Küchlein ein", sprach sie dann in kindlich gläubigem Tone. Noch hatte das Kind sein GÄwtlein nicht zu Ende gesprochen, da war auch jedes Bangen vom Herzen der Müllerstochter wegge­nommen.

Rasch weckte sie die fünf andern Kinder, sie mußten sich alle an- zlchen. Auch die Küchenmagd stand wieder auf. Sie gingen alle hinunter und setzten sich unter die alte Linde. Dort stimmten sie das schöne Lied: .Run ruhen alle Wälder" an. Sie hatten den Choral noch nicht zu Ende gesungen, als die beiden Förster vom

Walddorf in den Müllerhos traten. Der vielen Holzdiebe wegen hatten die beiden noch einen Gang durch den Weid gemacht. Das Singen zu noch so später Stunde war ihnen ausgefallen. Sie woll­ten doch sehen, waS in der Eschenmiihle los war, daß 8ke Leute dort nach der harten Arbeit noch nicht zur Ruhe gegangen waren. Die Müllers-tochter erzählte ihnen die Wahrnehmungen Mans­chend. .Atter Wahrscheinlichkeit nach hält sich der Einbrecher im Keller versteckt", so schloß sie ihre Ausführungen. .Ich Hab» dort, als ich meine Absndmilch hin unter trug, ein verdächtiges Geräusch wahrgenoinmen." Sofort begaben sich die beiden unerschrockenen Männer mit ihren Hunden in den Keller. Die Hunde halten den Dieb bald aufgestöbert und drängten ihn hart in seinen Schlupf­winkel hinter einem großen Fasse. Mit seinem Revolver gab der Verbrecher mehrere Schüsse auf dis drei mutig auf ihn eindringen­den Hunde ab, die aber fehlginaen. Die Förster bedrohten ihn mit sofortigem Erschießen. Da warf er seine Schußwaffe weg, hielt die Hände hoch und bat flehentlich um Gnade. Bittere Not habe ihn dazu gezwungen, sich in die Mühle zu schleichen, wo er sich in der Nacht etwas Mehl sür seine hungernden Kinder habe mitnohmen wollen. Die Förster nahmen ihn fest, legten ihm Fesseln an und sperrten ihn in ein Gelaß, das unmittelbar neben dem Weinkeller lag und vom Müller zum Schnapsbrennen benützt wurde. Die Kin­der mußten zu Bett, alle Lichter sofort gelöscht werden. .Für die nächste Stunde," so meinte Wid-mann, der ältere der beiden För­ster, ist äußerste Stille'geboten. Denn alle Zeichen sprechen dafür, daß der freche Dieb seine Helfershelfer hat, daß die Halunken einen Einbruch tm großen Stil geplant haben." In der Tat verging kaum eine Stunde, als zwei maskierte Männer vorsichtig die Straße heraufkamen. Der eine schob einen Karren vor sich her, auf dem mehrere Mehlsäcke lagen. In der Nähe der Mühle mach­ten ste halt. Der kleinere der beiden kroch sich dis zum Hoftor und gab dann einen Ton von sich, das dem Schrei der Nachteule täu­schend tchnlich war. In diesem Augenblick ließen die Förster ihre Hunbs los und stellten sich in Feuerbereitschaft. Der Einbrecher wagte keinerlei Widerstand. Gefesselt wurde er nach der Mühle abgeführt. Sein Kamerad suchte durch die dichten Tannenschonun- sien au entkommen. Allein bald waren die Förster mit ihren Hun- n hinter ihm her. Im dichten Brombeergesträuch versteckt, wurde er sestgenommen^und ebenfalls gefesselt nach der Mühte gebracht.

' ' " "" .. andern Morgen

, _., konnte ihnen bald

. . mbrüchen nachgewiesen werden, die in letzter Zeit

begangen worden waren. Auch den im vergange- H/Mt,in der Eschenmühte verüben Mehtdiebstahl gestanden sie endlich ein, nachdem der gestohlene Müllermantet bei ihrem An- 'R'^^^"^chlosser Weimar, entdeckt worden war. Die drei Einbrecher wurden.zu schweren Strafen verurteilt.

Die Müllerstochter hatte während der Verhandlungen wieder­holt als Zeuge vor Gericht erscheinen müssen. Liese war es jedes­mal sehr schwer geworden, dieser ihrer Zeugenpflicht nachzukom­men. Die Macht der Sünde, bis ihr daber in so grosser Weise vor Augen trat, erschütterte sie im Innersten. Einem dieser Menschen war Mattheis, den sie immer noch liebend im Herzen trug, näher getreten. Der Oberknechk auf dem Cschenhose legte darüber ein eingehendes Zeugnis ab. Bon dem Hofbauern selbst und seinem Ergehen in Rußland erfuhr niemand etwas.

Als Ll-sse einmal auf dem Markt in B. ihr« Einkäufe machte, hört« sie in einem Laden, daß mehrere nach Rußland Ausgewan­derte sehr enttäuscht zurückgekehrt seien und über das Elend und die Hungersnot, die dort herrsche, Schreckliches zu erzählen mußten. In der Sorge um Mattheis sprach si« auf dein Heimweg auf dem Eichsnhof« vor. Dort erfuhr sie zu ihrer freudigen Ueberrasch­ung, daß von dem Bauern eine Karte von Königsberg nngekom« nien sei. Mattbeis werde in einigen Tagen wieder zu Hause kein, lieber die Erlebnisse in Rußland hatte die Kart« nichts enthalten. Von dem Tage an sprach die Müllerstochter täglich auf dem Eschen­hofe vor. Allein ein Tag nach dem andern verging, ohne daß die Haushälterin die Ankunft ihres Herrn hätte berichten können. Wo mochte Mattheis sein? Gewiß war er krank geworden und tag irgendwo einsam und verlassen in einem Krankenhaus« oder mar er schon gestorben?

Im Ejchsntate war es Winter geworden Die tannenumkränzlen Höhen des Bergtales waren längst mit Schnee bedeckt. Ein eisiger Nordost fuhr heulend durch die hohen Tannen. Der Eschenback:, der sonst in eiligem Laufe zu Tal« stürmte, war mit dem steinen künst­lichen Weiher oberhalb der Mühle in Frost und Eis erstarrt. Dms Schneien wollte in diesem Winter gar nicht aushüren. Schon in den Dezembertagen lag er meterties, In der Eschemnüh'e tmtten sie alle Mühe, sich des Schnees soweit zu erwehren, daß ihnen kein Schaden daraus erwuchs. Bor allem mußten die Dächer von Haus und Ställen von der drückenden Schneelast befreit werden. Mit zwölf Pferden hatten die Walddorfer ihren Bergschlitten bespan­nen müssen, bis es ihnen endlich gelungen war, sich durch das Eschental einen Weg zu bahnen. Erst dann erhielt die Mütlers- famili« ihre Post wieder. Zehn Tage waren st« von aller Welt abgeschnitten gewesen. Mit zitternden Händen hielt da Liese «mei, Brief in der Hand, dessen Aufschrift ihr den Absender deutlich ver­riet. Dazu trug der Brief den Stempel Königsberg. Er kam von Mattheis und er schrieb an sie. Liese mußt« eint« Zeit nach Fas­sung ringen, bis ste sich an diesen Gedanken gewöhnt haste. Dann entfaltete sie- den Brief. Doch sie konnte ihn nicht entziffern, Mat­theis hatte mit Bleistift geschrieben, seine Schrift war zittrig und undeutlich. tFortl. tolat-i