zahlungsagenken zugestimmt habe, habe in politischen Kreisen Amerikas überrascht. Rechtskräftig würde diese Entscheidung jedoch nur, wenn der Senat sie bestätigt habe. Die Bankleute wollen einen Bevollmächtigten zur Wahrung ihrer Interessen Vorschlägen.

Neue Nachrichten

Die Besprechung mit den Parteiführern Berlin, 18. Juli. Die Besprechungen des Kanzlers und des Außenministers, Minister Streseniann, mit den Partei- führern, die am Dienstag abgesagt worden waren, sind nun­mehr auf nächsten Montag anberaumt. Die Reichsregierung hält an ihrem bisherigen Plan fest, daß die Dawesgesetze bis 10. August im Reichstag verabschiedet sein sollen, wenn auch mit dem Vorbehalt, daß die deutsche Staatshoheit im besetzten Gebiet vor ihrem Inkrafttreten wiederhergestellt werden müsse.

In parlamentarischen Kreisen verhehlt man sich nicht, daß es schwer werden würde, im Reichstag die nötige Mehrheit für die Dawes-Gesetze zu finden, wenn die Londoner Kon­ferenz einen für Deutschland ungünstigen Verlauf nehmen sollte.

ZMnifierkonferenz über die Landrvirkschaskskrise Berlin, 18. Juli. Heute traten hier die deutschen Land­wirtschafts- und Ernährungsminister zur Besprechung der Notlage der deutschen Landwirtschaft zusammen. Es wurde u. a. behandelt die Wirkung der Steuerüberlastung aus Ernte und Absatz, Beschaffung von Betriebsmitteln für die Ernte, Maßnahmen zum Absatz der Ernteerzeugnisse und Aufstellung eines einheitlichen Wirtschaftsprogramms für die Landwirt­schaft im Reich.

Die Versorgung der Kriegsbeschädigten Berlin, 18. Juli. Im Reichstagsausschuß für Kriegsbe­schädigtenfürsorge machte Ministerialrat Ke rschenstei- ner folgende Mitteilungen:

Die Zahl der versorgungsberechtigten Militärrentnsr beträgt zurzeit: Beschädigte 803 000, Witwen 420 000, Halbwaisen 1020000, Vollwaisen 54 000, 30 000 Eltern­paare gleich 100 000 Köpfe, Elternteile (Vater oder Mutter, in der Regel die Mutter) 140 000, im ganzen 2 537 000 Personen. Außerdem sind noch von den Angehörigen der ehemaligen Wehrmacht 46 000 Offiziere und Militärbe­amte, 16 000 Witwen und 4500 Waisen von solchen zu ver­sorgen. Bei den Mannschaften ist die Unterscheidung nach dem Dienstgrad fortgefallen, dagegen gibt es nach dem Zivilstand eine Ausgleichszulage von 25 bezw. 50 Prozent. Die einfache Rente erhalten 18 bis 20 Prozent der Rentenempfänger, die 50 Prozent Ausgleichszuläge erhalten etwa 2 Prozent, während etwa 80 Prozent dis einfache Rente mit 25 Prozent Ausgleichszulage bekom­men. Die Zusatzrente erhalten diejenigen, die nicht selbständig dem Erwerb nachgehen können. Im ganzen werden die jährlichen Aufwendungen auf mindestens 710 Millionen anzusetzen sein; würden alle Kriegsbeschädigten die Zusatzrente bekommen, so würde das 200 bis 300 Mil­lionen erfordern. Die Mittel hierfür sind aber nicht vor­handen. Die Wünsche der ehemaligen Kapitulanten find im wesentlichen erfüllt. Bei den aktiven Offizieren ist die Kriegszulage infolge der Geldentwertung fortge­fallen, dagegen ist die Verstümmelungszulage aufgewertet, jedoch nicht über den Betrag der Gesamtrente des Mann­schaftsstandes hinaus. Die Versorgung der Reserve­offiziere ist der Mannschaftsversorgung gleichgestellt; die Reserveoffiziere haben im Gegensatz zu den aktiven Anspruch auf Heilbehandlung. Die Hinterbliebenenversor­gung ist nach den gleichen Grundsätzen geregelt und drückt sich in Prozentsätzen aus.

Von den Gesamtausgaben von 710 Millionen Goldmack entfallen auf die Rente und Hinterbliebenenrente 447 Millio­nen Goldmark, auf die Zusatzrente 263 Millionen. Die Kosten für diese Versorgung entsprechen ziemlich genau den Aus­gaben des Reichs für die Beamten (mit Ausnahme von Eisen­bahn und Post), so daß also jeder Erhöhung der Beamtenbe­soldung eine gleiche Belastung des Reichs durch die Kriegsbs- schädigtenrenten gegenübersteht. ,

Abkehr vom Slaaks- zum Privatbetrieb Dessau. 18. Juli. Der anhaltische Landtag beschloß gegen die Stimmen der Kommunisten, die Betriebe des staatlichen Salzwerks und der chemischen Fabrik Friedrichshall fortzu­führen. Die Betriebe werden der Neuzeit angepaßt und auf privatwirtschaftliche Grundlage gestellt. Zu diesem Zweck

fSll der Staat eine G, m. b. H. gründen, für die Ser Land­tag beträchtlich? Mittel bereitstellt. Die Veamtenrechte wer­ben nach preußischem Muster weitestgehend gewahrt. Cs wurde Vorsorge getroffen, daß die Arbeiter und Angestell­ten, die durch die Umstellung zur Entlassung kommen, in anderen Betrieben Unterkommen. Zu diesem Zweck sollen neue Betriebszweige angesiedelt werden.

Sie können warten

Düsseldorf, 18. Juli. Etwa 19 000 Beamte haben bisher Anträge auf ihre Wiederzulassung eingereicht. Infolge der Anwesenheit des Generals Degoutte in London, der sich dis Entscheidung für alle Anträge von sogenannten gehobenen Beamten Vorbehalten hat, wird sich die Erledigung der Ge­nehmigungsgesuche um mindestens drei Wochen verzögern.

Erinnerungsmedaille für die Kriegsopfer

Zur Feier für die deutschen Kriegsopfer am 3. August d. I. hat die Neichsregierung eine Erinnerungsmedaille Her­stellen lassen. Sie zeigt auf der Vorderseite einen aufstreben­den Körper, der sich über einem tot hinsinkenden Körper er­hebt. Die Rückseite trügt in einem Dreieck die Inschrift: Dem lebenden Geist unserer Toten 19141918."

Die Hopfenernte in Gefahr. Gutsbesitzer Adorno teilt mit: Schon seit mehr als 10 Tagen beobachte ich (im Be­zirk Tettnang) in den Spät-Hopfenanlagen die eigentüm­liche Erscheinung, daß die Pflanzen trotz scheinbar bester und gesundester Entwicklung ine kleinen Blütenansätze verloren. Seit dem 10. Juli erstreckt sich dieses Abfallen auf die ganzen Pflanzen. Es ist dies wohl die größte Erntekatastrophe, die jemals vorgekommen ist und wird von ungeheurer, gar nicht übersehbarer Tragweite sein. Interessant ist, daß dieFrü h- hopfen diese Erscheinung nicht zeigen, währ-end soeben aus Böhmen die Nachricht eintrifft, daß auch dort ähnliche Erscheinungen auftreten. Im Tettnanger Bezirk dürfte der Crnteausfall beinahe 7000 Zentner im Betrag von 35 Mil­lionen Goldmark betragen. Die Arbeit eines ganzen Jahrs ist dadurch mit einem Schlage vernichtet. Es handelt sich um den sog. Sommerbrand, der in seltenen Fällen nicht nur auf die Blätter, sondern eben auch auf die Blüten über­greift. Die 1924er Hopfenernte wird allem Anschein nach sehr klein werden. _

Aus französischer'. Kerkern zurück Münzen, 18. Juli. Hofschauspieler Bassin, der drei Monate in französischer Kerkerhaft schmachtete, wurde gestern abend in München von vaterländischen Verbänden stürmisch empfangen, auf den Schultern vom Bahnhof getragen und von der Menge jubelnd begrüßt.

Spaltung unter den Nationalsozialisten München» 18. Juli. Der nationalsozialistische Landtags­abgeordnete Hauptlehrcr Streicher hat in Nürnberg eine neue völkische Gruppe unter dem Namen Reichsadler ge­gründet. (Streicher sollte aus der völkischen Fraktion des bayerischen Landtags wegen seiner radikalen Richtung aus­geschlossen werden.)

rLte m b e r g

Stuttgart. 18. Juli. Auf Grund der Crmächtigungsver- ordnung des württ. Staatsministeriums hat das Justistministe- rium mit Wirkung vom 1. Oktober d. I. an die Behandlung der Gesuche um Ehelichkeitserklärung den Land­gerichtspräsidenten und um Altersbefreiung bei Kindes- annahme den Amtsgerichten übertragen. Die Anrufung der Entscheidung des Justizministeriums gegenüber Ableh­nungen bleibt Vorbehalten. Dieses kann auch seinerseits in geeigneten Fällen die Entscheidung unmittelbar an sich ziehen.

Vom Landtag. Der Steuerausschuß lehnte einen sozial­demokratischen Äntrag, die Erträge der Mietesteuer ganz oder zur Hälfte für Wohnungsbau zu verwenden, ab, nach­dem Finanzminister Dr. Dehlmger sich dagegen ausgesprochen und betont hatte, daß die Landeswohnungskreditanstalt auf Staatsmittel nicht rechnen könne.

Vom Rathaus. Der Gemeinderat genehmigte die Er­stellung eines Neubaus für eine Gewerbeschule für weibliche Personen an der Seiden- und Rosenbergstraße im Voran­schlag von 650 000 Mark, ferner eine neue Volksschule im Vorort Kaltental mit einem Kostenaufwand von 250 000 Mk.

Todesfall. General d. Inf. a. D. Paul von Schäfer ist hier nach kurzer Krankheit im Alter von 68 Jahren ge­storben. Er führte im Krieg die 54. Reservedivision in Flan­

dern, die bei Becelaire, Vieux Ehien, Reükel und Gheläwekk sich auszeichnete, und wurde im Januar 1916 stellv. Komm Eli­dierender General des 13. Armeekorps in Stuttgart.

Mßstände in der Bauausstellung. Die Bauausstellung wird zwar abends 7 Uhr geschlossen, umso größer ist jedoch der Rummel nachts in einem Anhängsel der Bauausstellung, wo sich sieben konzessionierte Schankstätten für Alkohol, da­runter ein Tanzpalast befinden. Der Stuttgarter Jugend­verein wendet sich gegen die dort herrschende Prasserei, das Treiben der Halbwelt und weist auf die Gefahren für die Heranwachsende Jugend hin. Verlangt wird Festsetzung der Polizeistunde für die Vergnügungsstätten auf Einbruch der Rächt und scharfe polizeiliche Kontrolle dieser Vergnügungs­stätten.

Ausstellung der würkk. Frauenabeiksschulen. Um der Oeffenklichkeit einen Begriff von den wertvollen Leistungen der öffentlichen und privaten Frauenarbeits- und Bähschu­len des LRndes zu geben, wird in diesem Jahr eine größere Ausstellung im Landesgewerbemuseum in Stuttgart veran­staltet werden. Vom 2. September an werden an der städti­schen Frauenarbeitsschule auch Halbtags- und Abendkurse mit je 2 Stunden eingeführt. Anmeldungen find an die Frauenarbeitsschule (Falkertschule) bis 23. Juli zu richten.

Aus dem Lande

Leonberg, 18. Juli. Ehrenbürger. Dem Stadtpfle­ger a. D. Hegele, der von 1881 bis Mai 1919 seinen Dienst treu und gewissenhaft versehen hat, ist aus Anlaß seines 75. Geburtstags das Ehrenbürgerrecht der Stadt Leonberg verliehen worden.

Renningen, OA. Leonberg, 18. Juli. Ertrunken. Beim Baden im See erkrank der 22jährige Sohn des Sakt- lermeisters Binder.

Hohenhaslach OA. Baihingen, 18. Juli. Brandskif- t e r. Wegen dringenden Verdachts der Brandstiftung an dem kürzlich abgebrannten Gasthaus zur Rose in Mitteihaslach wurde der Wirkschafkspüchker Steinmetz festgenommen. Ein Zeuge, der den Verdächtigen zu entlasten suchte, seine An­gaben aber widerrief, wurde ebenfalls festgenommen.

Schwab, hall. 18. Juli. Jahresfeier des Haller D i a k o u i s s e n h a u s e s. Unter zahlreicher Beteiligung von Gästen hielt am letzten Sonntag die Haller Diakonissen­anstalt ihre Jahresfeier ab, die mit der Einsegnung von 14 Schwestern und der 25jährigen Jubiläumsfeier für vier Schwestern verbunden war. Nach dem Jahresbericht ist die Zahl der Schwestern von 364 aus 380 gestiegen und ist die Arbeit wesentlich erweitert worden. Zurzeit aubeiten in 154 Gemeinden 176 Schwestern, die !m vergangenen Jahr 33 491 Kranken in 637 789 Gängen und 3200 Nachtwachen gedient haben. Außerdem wurden in 14 auswärtigen Kran­kenhäusern 4339 Kranke und in den eigenen Krankenhäusern und Heimen der Anstalt über 2000 Personen verpflegt. Für' ihre wichtige Arbeit bedarf die Anstalt dringend der Mit­hilfe weitester Kreise.

Lorch, 18. Juli. Lebensretter. Der Sohn Karl Otto des hiesigen Bahnhofvorstands Baumeister hat eine Frau vom Tod des Ertrinkens in der Rems gerettet.

Heidenheim, 18. Juli. Unterschlagungen. Durch ungetreue Mitglieder verliert die hiesige Ortsgruppe des MaschinisienvereinS 700 Mark, der Bauarbeiterverdand 140 Mark, der Holzarbeiterverband 900 Mark.

Horb, 18. Juli. G e g e n d i e F e st w u t. Die Geistlichkeit erhebt Einspruch gegen die mit der jedfonntaglichen Festerei verbundenen Entheiligung des Sonntags.

TuMngen» 18. Juli. Hagel. Ein heftiges Gewitter war begleitet von Hagel, so daß Fruchtfelder und Garten­gewächse großen Schaden nahmen.

Kirchberg s. Iller, 18. Juli. (Bran d.) Während eines schweren Gewitters schlug der Blitz in das Anwesen des Land­wirts und Hsinzenfabrikanten Anton Gropper. Scheuer und Stall wurden in kürzester Frist ein Raub der Flammen, ohne daß etwas gerettet werden konnte.

Weingarten, 18. Juli. Unwetter. Ein schweres Ge­witter war von einem solchen Sturm begleitet, daß im Wald kräftige Buchen und auf dem Maucherschen Pachtgut zwei alte Nußbäume entwurzelt wurden. Vom städt. Schwimm­bad wurden 20 Kabinen über die Straße in einen Kartoffel­acker geschleudert. Die Felder waren wie glatt gewalzt. Strichweise fiel auch Hagel. ^

Das Haus ist erst der Ort, worin das Glück

Sich Wohnung machen kann, wo selbst das Unglück

Beklagt, gemildert und bezwungen weicht

Durch Liebe; wo das Alter sanft gepflegt,

Der Tod mit Tränen sanft gefeiert wird. Schefer.

Die Bauerngräfin.

Roman von Fr. Lehne.

69 (Nachdruck verboten.)

Rosemarie, solltest du wirklich noch nicht wissen, wie sehr ich dieses unglückselige Wort, das du nicht vergessen kannst, wie sehr ich es schon bereut habe?"

Sie zuckte die Achseln.

Gleichviel. Es ist einmal gefallen und hat mir deinen Standpunkt klargelegt. Ich kann cs nicht vergessen. Wenn ich dir jetzt eine Trennung vorschlug, meinte ich, dir nur ent- gegenznkommen."

Er stieß ein kurzes Lachen aus.

Das glaubst du ja selbst nicht. Denn du weißt genau, daß du in mein Leben" er brach ab. Nein, er wollte sich nicht erniedrigen, der Frau nochmals von seiner tiefen Liebe zu sprechen, der Frau, die ebenso hart und nachtragend und unversöhnlich war wie schön.

Wenn du jetzt vielleicht anders denkst. Hans Eckardt, ich kann es nicht. Und darum bitte ich dich nochmals: Gib mich frei'"

Mit einem tiefen, dunklen Blick sah er sie an, daß sie die Augen niedcrschlug.

In alle Ewigkeit nicht. Du bleibst bei mir. Und wenn wir beide an dieser Fessel zu Grunde gehen. Welche Ursache wolltest du ansübren? Ich will nicht vor deinen Angehöri­gen alS solcher guter Rechner erscheinen, der die reiche Frau fortiänckt, weil er sie jetzt nicht mebr braucht, oder willst du .unüberwindliche Abneigung' sagen? Ich kann das nicht."

Ich würde meiner Familie den wabren Grund mittei- len," warf sie bastig ein, indem sie errötete,im übrigen hast du ja sonst nichts auf das Urteil der anderen gegeben."

Dennoch willige ich nie in eine Scheidung, Nosemarie. Ich babe genug vom Komödiesvielcn."

Darum enden wir sie doch glatt und gründlich. Was nutzeres ist doch unser Leben nicht."

Weil du es da:-, -z: "acht hast," sagte er erregt;mir aber ist es bitter ernst. Du bleibst meine Frau, Nosemarie, die Gräfin Laubenberg. Ich habe keine Lust, meinen Namen zum Gegenstand müßigen Klatsches und haltloser Kombina­tionen zu machen. Außerdem hast du ja nie die Fesseln und Pflichten dieser deiner Ehe zu fühlen brauchen, darum sei zufrieden. Du weißt, daß ich dir deine volle Freiheit lasse, aber für einen andern gebe ich sie dir nicht." Ein unbeug­samer Wille sprach aus seinen Worten, und ein eherner Ernst lag auf seinem blassen Gesicht. Mit einem Blick voll Zorn und Groll und Liebe sah er sie noch an, ehe er hin- ausging.

Sie blieb allein; die widerstrcitendsten Empfindungen quälten sie, Erbitterung auf seine Hartnäckigkeit, Scham über sich selbst, Reue über ihre Worte, ach, sie wußte selbst nicht, was sie wollte, und doch: eine Erleichterung, die sie sich aber kaum eingestand, war dennoch in ihr, daß er sie nicht freige­geben. Der Zwiespalt brachte sie um ihre ganze schöne Ruhe, wie lange sollte sie das noch ertragen?

Seitdem ging ihr Hans Eckardt möglichst aus dem Wege. Er hatte sich ganz verändert. Er war förmlich und gemessen wie nie. Jetzt waren sie sich erst ganz fremd geworden. Und nie mebr sah sie das unwillkürliche Aufleuchten in sei­nen ernsten Augen, wenn er sie unvermutet erblickte.

Er verkehrte jetzt viel mit den Herren der nächsten Gar­nison Neustadt, die ihn vielfach auf Laubenberg besuchten. Rosemarie war dann eine liebenswürdige Gastgeberin, die jeden entzückte. ,

Und niemand' ahnte, daß diesen wundervollen Augen nächtelang der Schlaf fern blieb, daß dieses anmutige Lä­cheln nicht mebr der Ausdruck einer heiteren, mit sich zufrie­denen Seele war.

21 .

Dankbar faltete die junge Schwester die Hände, während sie aus das ruhig atmende Kind blickte, das in seinem schma­len Bettchen im Genesungsfcblmnmer lag.

Das Frühlicht kämvste schon mit dem matten Schein der grünbeschirurten Nachtlampe, die das kleine, einfache Stüb­chen schwach erhellte.

Kirchenstill war es um sie her. Noch schwieg das Groß­stadtleben ans der Straße: nur das laute, lustige Pfeifen der Bäckerjunaen schallte zu ibr hinauf.

Die Schwester erhob sich geräuschlos und öff nete vor­

sichtig einen Fensterflügel, daß frische Morgenluft einströ­men konnte, die sie tief einatmcte.

Ein rotgoldener Schein färbte die Dächer der gegenüber­liegenden Häuser; das strahlende Tagesgestirn begann sei­nen Lauf und weckte die Menschen zu neuer Arbeit, zu neuen Freuden und Schmerzen.

Ach, zu Schmerzen Wohl am meisten Freude, wie kärg­lich wurde sie doch verteilt. Sie hatte es genügend erfahren, an sich und anderen.

Aber einen Ausgleich gab cs doch für alles: Arbeit, Pflichterfüllung. Nie hatte sie geglaubt, daß es je etwas gab, das den in ihr nagenden Kummer abschwächen oder gar töten könne; und nun waren doch schon Stunden, Tage ge­wesen, in denen sie keine Zeit gehabt hatte, überhaupt nur daran zu denken, weil Arbeit ihre ganze Tat- und Denkkraft in Anspruch genommen.

Und leichter, freier war ihr dadurch geworden.

Sie sah die Welt, das Leben mit ganz anderen Augen an, seit sie mitten darin stand.

Und sie war dem Manne über alles dankbar, der ihr de« Weg gewiesen, auf dem man zur Ueberwindung kam.

, Wenn sie an früher dachte. An ihr Leben als Gräfin zLaubenberg. Nichts glich sich Wohl weniger als dieses Leben -und ihr jetziges.

1 Aber es gab nicht eine Stunde, in der sie bereut, aus> freiem Willen einen schweren, entsagungsvollen Beruf auf sich aenommen zu haben.

Oder ob das an dem Führer lag?

Wie köstlich war das Hand in Hand arbeiten mit ihm. Wie leicht wurde unter seiner Führung, und wie tapfer hatte sie alles niedergerungett, was an Ekel und Widerwillen in ihr aufgestiegen war bei dem, was der selbsterwählte Beruf doch mit sich gebracht, wovon sie vorher keine Abnuna gehabt.

Und wie recht hatte der gütiae Mann gehabt, als er ge­sagt, im Vergleich mit fremdem Leid und fremdem Schmerz lernt man das eigene geringer achten und wird bescheiden.

In den vielen stillen Stunden an manchen Krankenbetten hatte sie Nachdenken gelernt, batte begriffen, daß man schon froh sein lernt über einen wärmenden Sonnenstrahl, über eine kleine, duftende Blume.

Leise, behutsam wurde die Tür geöffnet; ein brauner, schon mit vielen grauen Haaren durchzogener Kopf schaute herein. (Fortsetzung folgt.)^