Herriok zu Rußland "

Paris, 19. Iuni. Bezüglich der Wiederanknüpfung der Beziehungen Frankreichs zu Rußland glaubt der ..Matin" Mitteilen zu können, Herriot werde in die­ser Frage Franzosen, die Interessen in Rußland haben und Inhaber von russischen Anleihepapieren sind, zu Rate ziehen. Was die politische Annäherung an Sowjetrußland anlange, scheine es, daß Herriot nichts unternehmen wolle, ohne sich vorher mit der Regierung in Washington in Verbindung gesetzt zu haben. In den letzten Iahren, fugt das Blatt seinen Mitteilungen hinzu, hätten die Bereinig­ten Staaten und Frankreich Rußland gegenüber eine von gleichen Grundsätzen bestimmte Politik eingenommen. Wenn Frankreich jetzt eine andere Richtung einschlagen wolle, werde es sich vorher mit der Negierung der Vereinig­ten Staaten auseinandersetzen müssen.

England und Mexiko

London, 19. Iuni. MacDonald präsidierte am Mitt­woch einem Kabinettsrak, der sich insbesondere mit dem mexikanischen Zwischenfall beschäftigte. Die englische Regierung besteht nach wie vor darauf, daß Cum­mins nicht gegen seine Amtspflicht verstoßen habe. Dre mexikanische Regierung hat auf das Protesttelegramm Mac Donalds am Mittwoch geantwortet, sie fordere die be­dingungslose Abberufung Cummins, andernfalls sie ihn aus- weisen werde. In London betrachtet man die Lage zufolge der Antwort der mexikanischen Regierung sehr ernst.

Deutschland und die Türkei

Angora, 18. Juni. Bei der heute erfolgten Ueberreichung des Beglaubigungsschreibens erklärte der deutsche Bot- s ch afte r N adolny dem Präsidenten der türkischen Repu­blik, er komme von einem neuen Deutschland zu einer neuen Türkei. Die Freundschaft des deutschen Volkes zum türkischen sei ebenso wahr und aufrichtig wie früher. Er wünsche herz­lich, daß zwischen den beiden Völkern eine offene und ehrliche Freundschaft entstehe. Mustapha Kemal Pascha erwiderte, er begrüße die Versicherungen des Botschafters über den Fortbestand der freundschaftlichen Gefühle des deut­schen Volkes zum türkischen. Das türkiche Volk, das sich ganz feiner inneren Entwickelung widme, hege die gleichen Ge­fühle gegenüber den deutschen. Er wünsche, daß das neue Deutschland sich auf dem Wege des Fortschritts entwickeln und daß die freundschaftlichen Beziehungen zur Türkei in stets wachsendem Maße sich festigen mögen. Alle darauf ge­richteten Bemühungen würden stets seine und der türkischen Regierung Unterstützung finden.

Proteste ausländischer Sozialisten

Belgrad, 19. Iuni. Die Leitung der jugoslawischen Sozialistischen Partei hat nach Belgrad eine Massenversammlung einberufen, um gegen die Ermor­dung Matteottis zu protestieren. Die Partei will einen Appell an die übrigen sozialistischen Parteien Europas richten, damit eineenergische Aktion gegen das Regime der Unterdrückung in den verschiedenen Ländern" eingekeitet werde In dem Appell sollen die ausländischen Sozialisten darauf ausinerksam gemacht werden, daß auch in Jugoslawien die Einführung eines faszistischen Regimes vorbereitet werde.

Kirchentag und soziale Frage

epck. Bethel-Bielefeld, 17. Juni. In seiner heutigen fünf­ten Plenarsitzung hat der Deutsche Evangelische Kirchentag einstimmig nach mehrstündiger Aussprache eine denkwürdige Kundgebung an das deutsche evangelische Volk beschlossen. Er nimmt darin zu den Fragen des Ehe- und Familien­lebens, der Kindererziehung, der Jugendbewegung, der ge­samten öffentlichen Verhältnisse Stellung. Zu den immer schärfer sich zuspitzenden sozialen Kämpfen und Gegensätzen spricht sich die Gesamtvertretung des deutschen Protestantis­mus in folgenden programmatischen Darlegungen aus:

Zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern sehen wir mit ernster Sorge wieder Kämpfe entbrennen derart, daß sie die Volksgemeinschaft, die gegenwärtig doppelt nottut, zu zerreißen drohen.

Wir haben volles Verständnis für die äußere und innere Not der Arbeiterschaft, die vieles zerrinnen sieht, was sie ge­glaubt und erhofft hat, und nun auch noch von Arbeitslosig­keit und drückenden Sorgen bedroht ist. Sie kann sich jedoch dem nicht verschließen, was die schwere wirtschaftliche Lage

vsn «Mn Dollsgetwfsen zwingend fordert. Sie darf die Mitverantwortung für das Volksganze, dem sie als wichtiges, gleichberechtigtes Glied angehört, nicht vergessen. Aber auch von falschen Schlagworten sollte sie sich endlich frei machen wie denen, daß es den geistigen, sittlichen und sozialen Auf­stieg hindere und daß die Wissenschaft den Glauben unmög­lich gemacht habe. Gottesglaubd und Christentum sind für die Arbeiterseele genau so unentbehrlich wie für alle anderen.

Den Arbeitgebern aller Art legt die größere wirtschaftliche Macht, die sie in Händen haben, um so größere Verantwor­tung auf. Ist auch ihre Lage vielfach unter den obwalten­den Verhältnissen schwierig, so ist es doch eine zwingende sitt­liche Pflicht für sie, sich vor einer Ausnützung ihrer Macht gegenüber wirtschaftlich Schwächeren zu hüten, vielmehr bis an die Grenze der Möglichkeit Opfer zu bringen, um nicht ohne Not Arbeiter brotlos werden zu lassen, um nicht unnötig die Arbeitszeit heraufzusetzen oder den Lohn herabzudrücken. Die Arbeiter sind nicht eine Masse, die nur abgelohnt zu wer­den braucht, sondern gleichzuachtende Volksgenossen, die um ihre soziale Gleichberechtigung ringen und ein Recht auf An­erkennung, Verständnis und Würdigung ihrer Lage und auf Berücksichtigung ihrer materiellen und seelischen Bedürfnisse haben und denen auch die Freiheit zu gewerkschaftlichem Zu­sammenschluß nicht unterbunden werden darf."

Das Iserlohner Skraßenbahnunglück

Iserlohn, 18. Iuni. Die Frage der Schuld an dem I s e r- Straßenbahnunglück ist noch völlig un­geklärt. Die Westfälische Kleinbahngesellschast in Iserlohn ist gegenwärtig noch mit der Feststellung der Ursachen be­schäftigt, die sich schwierig gestaltet, da der Führer des verunglückten Waggons selbst das Leben eingebüszt hat. Allgemein wird angenommen, daß die Führungsrolle des Hochspannungsbügels während der Fahrt auf der abschüssi- gen Strecke von dem elektrischen Leikungsdrahk abgssprun- gen ist, so daß es dem Wagenführer nicht gelang, die elek­trische Bremse in Tätigkeit zu sehen. Bon den Insassen des Wagens, man spricht von 70 bis 80 Personen, meist weiblichen Angestellten, konnte sich nur ein Knabe durch Absprung retten. In die Krankenhäuser von Letmathe, Hohenlimburg und Iserlohn sind nach den jüngsten Fest­stellungen 43 Verlebte eingeliefert worden, von denen einige bereits ihren Verletzungen erlegen sind. Das Unglück hat, wie bis jetzt festskeht, bereits 20 Todesopfer gefordert.

Albanien

Belgrad, 19. Juni. Nachrichten aus Albanien zufolge ist die provisorische Regierung aus Valona nach Tirana abge­reist, wo sie die konstituierende Nationalversammlung zwecks Bildung einer neuen Regierung einberufen wird. Nach längeren Verhandlungen erklärten sich auch die nordalbani­schen Abgeordneten bereit, sich nach Tirana zu begeben.

kommunistischer Hochverrat

Leipzig, 19. Iuni. Der Staatsgerichtshof zum Schutze der Republik verurteilte gestern den Kartellsekretär Alfred Oelsner aus Breslau wegen Vorbereitung zum Hochverrat gemäß 8Z 85 und 86 des Strafgesetzbuches in Tateinheit mit Vergehen gegen 8 7, Ziffer 4 und 5 des Gesetzes zum Schutze der Republik zu 3 Iahren Gefängnis und 1000 Mark Geld­strafe und den Parteisekretär Hans Pütz aus Buer zu 9 Mo­naten Gefängnis und 300 Mark Geldstrafe. Die Verhand­lung hatte ergeben, daß die Angeklagten im Herbst 1923 die Ziele der 3. Internationale unmittelbar in die Tat umsetzen wollten. Ihr Bestreben war darauf gerichtet, die Herrschaft des Proletariats mit Gewalt aufzurichten.

Württemberg

Stuttgart, 18. Juni. VoinLandtag. Die Gruppe des Völkisch-sozialen Blocks hat im Landtag eine Reihe von Anträgen eingebracht, nach denen dir Staats­regierung bei der Reichsregierung einireten soll für den Kampf gegen die Schuldlüge, die Ablehnung des Sachver- ständigen-Gutachtens, die Neuwahl des Reichspräsidenten, die Aufhebung des Gesetzes zum Schutze der Republik, die Auf­hebung der 3. Steuernotverordnung, die Aufwertung der Hypotheken auf mindestens 80 v. H., die rücksichtslose Erfas­sung der Kriegs-, Revolutions- und Jnflationsgswinne, so­wie die Neuregelung der Beamtengehälter.

Aus dem Lande

Tübingen. ^8. Juni. Ehrendoktor. Die hiesige Uni­

versität hat den Großindustriellen Heinrich Feese in Niederschönhausen anläßlich seines 70. Geburtstags zum Ehrendoktor der Staatswissenschaften ernannt.

Kusterdingen OA. Tübingen, 18. Iuni. Aufgedeckker Diebstahl. Beim Postboten wurde eingebrochen. Ein Spürhund entdeckte, etwa 500 Meter vom Tatort entfernt, in einem Kleeacker die Enthüllungen der Pakete und Briefe. Ferner fand sich an diesem Lagerplatz eine Mütze und Sok- ken von einem Zuchkhausgefangenen vor. Dadurch dürfte der Täter festzustellen sein.

Ludwigsburg. 18. Juni. Der falsche Kriminal­beamte. In einer Wirtschaft der oberen Stadt erschien ein angeblicher Stuttgarter Kriminalbeamter, der vorgab, in der Nähe dienstliche Beobachtungen machen zu müssen. Er gab an, daß er in der Eile sein Geld zu Hause gelassen habe. Der Wirt schenkte ihm Glauben und gab ihm 5 -1t, schöpfte jedoch Verdacht, als der Kriminalbeamte bald daraus in aller Stille verschwand. Die hiesige Kriminalpolizei verhaftete ihren Pseudokollegen in der Person des Malers Albert Kuhn aus Metzingen.

Besigheim, 18. Iuni. Kirschenernte. EineSel- kenheit. Die Kirschenernte ist in vollem Gange. Die Er­zeugerpreise bewegen sich noch zwischen 10 bis 15 Pfennig das Pfund. Für die Landwirke ist die Einnahme von Kir- fchengeld in dieser gelöarmen Zeit von nicht zu unterschätzen­der Bedeutung. Namentlich in Kirchheim, Walheim und Besigheim wird täglich eine große Zahl von Kirschenkörbsn verladen. In Höfen brachte kürzlich eine Kuh neben zwei normalen, lebenden Kälbern in besonderem Fall noch zwei unentwickelte Kälbchen in der Größe zweier Mäuse zur Welt.

Heilbronn, 18. Juni. (Wie lange noch?) Ein toller Motorradfahrer bcrannte in der Kaiserstraße einen Passan­ten, der leicht verletzt wurde, und bald daraus in der Frank- surterstraße eins Frauensperson, die einen komplizierten Beinbruch davontrug. Auch hier ließ der Fahrer das Opfer seiner Raserei liegen und ging davon. Er ist der Schlosser Eugen Steininger aus Bückingen und besaß keinen Führer­schein.

hsilbronn, 18. Juni. Ein Ueberfall und seine Sühne. Das Schöffengericht hat den Reisenden Karl Vaur in Neckarsulm, der am 12. April ds. Js. Stadtschultheiß Häußler, Stadtrat Emerich und Prokurist Krall nachts auf der Straße überfiel und tätlich angriff, zu einer Gesamt­strafe von fünf Monaten Gefängnis verurteilt. Stadtschult- heih Häußler wurde damals schwer verletzt und war 14 Tage dienstunfähig. Emerich erhielt gleichfalls eine Blutwunde. Der Angeklagte machte geltend, Stadtschultheiß Häußler sei gegen ihn vor dem Gemeinde- und Gewerbegericht nicht un­parteiisch gewesen. Prokurist Kral! habe ihn bei den Nsckar- sulmer Fahrzeugwerkengedrückt". Beide Beschuldigungen wurden vor dem Gericht als gänzlich unberechtigt erwiesen.

Ilshofen OA. Hall, 18. Iuni. Goldene Hochzeiken. Die Eheleute I. G. Haynold und Friedrich Ludwig konnten das Fest der goldenen Hochzeit begehen. Die beiden Jubel­paare sind noch rüstig. Von der Staatsregierung erhielten sie das übliche Gedenkzeichen nebst einem Glückwunschschrei­ben des Staatspräsidenten.

Giengen a. Br., 18. Iuni. Der findige Dober­mann. Eine schöne Leistung vollbrachte der im Spuren­suchen ausgebildete Dobermann des Mechanikers K. Holz. Nachts wurde aus einem Hause in der Lämmerstraße ein Fahrrad gestohlen. Holz setzte nun seinen Hund auf die Spur des Diebes. Der Hund verfolgte sie bis etwa in die Nähe der hölzernen Fuhstege über die Brenz. Mehrmals ging die Spur in das hohe Wiesengras, wo der Dieb jedenfalls das Rad verstecken wollte. In der Nähe der Stege war ein Busch, auf den der Hund zustrebte, und in dem das Fahr­rad auch versteckt war. So ist es dem Hunde zu verdanken, daß der Bestohlene sein Fahrrad wieder erhalten konnte.

Lpaichingsn, 19. Juni. Vom Dreifaltigkeits­berg. In althergebrachter Weise wurde am 16. Juni auf dem Dreisaltigkeitsberge das Titularfest der Bruderschaft der allerheiligsten Dreifaltigkeit gefeiert. Ein besonderes Gepräge erhielt die Feier durch die Uebernahme der Wallfahrtskirche durch die Missionsgesellschaft der Söhne vom Unbefleckten Herzen Mariä mit dem Sitz in Rom. Diese Kongregation hat damit ihre erste Niederlassung in Deutsch­land eröffnet. Ein Schwabe, P. Leonhakd Aubele aus Er­bach, OA. Ehingen, und ein Norddeutscher, P. Max Maron aus Berlin, sind zunächst von ihren Obern hieher entsandt worden, zwei weitere Patres sollen ihnen noch im Laufe die-

Alles Fühlende leidet an mir, aber mein Wollen kommt mir stets als mein Befreier und Freuden­bringer. Wollen befreit; das ist die wahre Lehre von Wille und Freiheit. Nietzsche.

Die Bauerngräfin.

Roman von Fr. Lehne.

45 (Nachdruck verboten.)

Wenn sie ihm nur ein wenig entgegenkommen, ihre Herb­heit mindern wollte dann mußte alles gut werden.

Der Zug war eingelaufen. Aber unter den Wenigen, die da ausgestiegen waren, befand sich Rosemarie nicht. Eine große Enttäuschung erfüllte ihn. Nur die Gräfin Adlers­heim mit ihren Töchtern kam jetzt, mit Paketen beladen, an ihm vorbei. Es war ihnen ein wenig peinlich, daß Hans Eckardt sie so sah. Doch liebenswürdig erwiderten sie seinen Gruß. Ja, die alte Dame blieb sogar bei ihm stehen.

Sie haben sicher die Frau Gemahlin erwartet, lieber Graf. Vielleicht kommt sie mit dem nächsten Zug mit Fürst Eldringen sie werden die Zeit verplaudert haben." Sie blickte in ein verständnisloses Gesicht.Wir sahen nämlich die Gräfin mit Durchlaucht in Berlin; sie waren beide gut aufgelegt, hatten uns aber anscheinend gar nicht bemerkt." Die Gräfin wußte noch einige Bosheiten in liebenswürdige Worte zu kleiden, ehe sie weilerging.

Wie vor den Kopf geschlagen blieb Hans Eckardt zurück. Was tat Rofemarie in Berlin? Und Eldringen? War das gar eine Verabredung? Zornig stampfte er mit dem Fuße aus, zornig über sich selbst, daß er einem so niedrigen Ver­dacht Raum geben konnte. Aber der ließ sich trotz aller Gegenvorstellungen nicht bannen, kam immer wieder, hakte sich fest. Rosemarie und Eldringen.

Schwärmte Eldringen nicht für sie? Huldigte er ihr nicht in einer auffallenden Weise?

Wie eifrig hatte er sich dazu gedrängt, neben dem Gatten ihr Lehrmeister im Reiten zu sein. Wie entzückt war er, daß sie so schnell begriff und eine so gelehrige Schülerin war, daß sie in kürzester Zeit den besten Reiterinnen der Garmson in nichts ncuUtand.

Und Rosemarie? Leuchteten ihre Augen nicht in er­höhtem Glanze, wenn Eldringen ihr Haus betrat und mit einer frischen Art Heiterkeit und Sonne brachte? Hatte hr Herz sich nicht diesem frohen Menschen, der so gut zu ihr vaßte, zuneigen können? Er grübelte vor sich hin, sah nicht rechts, nicht links, bis er zu Hause war. Tori lag ein Tele­gramm für ihn. Er ritz es hastig aus und las:

Komme erst morgen nachmittag. Verzeih, wenn du hast vergeblich warten müssen. Rosemarie."

Und aufgegeben war die Depesche in der Bahnstation Kleinschmichow.

Und sie war doch in Berlin gewesen. Was hatte sie dort zu tun gehabt? Warum diese Heimlichkeit?

Er fand keinen Schlaf in der Nacht. Die häßlichen Ge­danken kamen immer wieder.

Zur bestimmten Zeit war er wieder an der Bahn.

Fröhlich sprang Rosemarie aus dem Zug. Ihr Herz klopfte unwillkürlich, als sie der hohen Gestalt des Gatten ansichtig wurde. Sie beschleunigte ihre Schritte; aber als ie sein kaltes, gleichgültiges Gesicht sah, erlosch jäh ihre Freude. Tief verletzt und ein wenig vor sich selbst beschämt änderte sie sofort ihr Wesen und wurde gleich ihm kalt und ärmlich, während sie ihm die Grüße seiner Verwandten überbrchate und über Elianes Befinden berichtete. Aber das, worauf er wartete, erzählte sie nicht ihr Zusammensein mit Eldringen in Berlin. Dann hätte sich doch alles aufge­klärt ein Stein wäre ihm vom Herzen gefallen.

Doch darüber schwieg sie. Und wie zwei fremde Leute aßen sie sich beim Abendbrot gegenüber, voller Verstim­mung und Enttäuschung, denn jeder hatte unbewußt von diesem Tage etwas Besonderes, etwas Wunderbares er­wartet.

uns nun waren wieder die tiefen Schatten zwftch ihnen. Der übernächste Tag war ein Sonntag.

Hans Eckardt war ausgeritten. Als er nach einem sch« > lNiti wieder nach Hause kam, fand er Eldring rn lebhaftem Gespräch mit Rofemarie, die einen Rosenstra in ihren Händen biclt.

Seine Mienen umdüsterten sich. Qualen der crsu erfüllten ihn. Sein Kommen hatte unliebsam ihre Uni Haltung unterbrochen, so schien es ihm wenigstens.

Ich schäme mich vor dir, Hans Eckardt, da ich he

Langschläfer gewesen bin!" rief Eldringen lustig.Weiß der Kuckuck, zwei Tage Berlin machen hundemüde! Nun habe ich Frau Rosemarie begrüßt und ihr gesagt, wie sehr sie uns gefehlt."

Hans Eckardt vermochte nicht aus des Freundes scherzen­den Ton einzugehen; er blieb steif und gezwungen, so daß Eldringen ihn verwundert ansah und ihm eine neckende Be­merkung zuwarf.

So unbefangen Rosemarie auch war, jetzt siel ihr auf. daß die Damen im Regiment sich auffallend kühl zurück­haltend gegen sie verhielten; viel mehr noch, als es vor ihrer Reise der Fall gewesen war.

Anfangs war es ihr gleichgültig; danach aber wurde sie nachdenklich. Es kränkte sie doch, und sie grübelte über den Grnnd. Sie hatte sich doch nichts zuschulden kommen lassen. Stolz verschloß sie ihre Unruhe in sich. Sie gewann es nicht über sich, sich gegen den Gatten anszufprechen.

Die Generalin, Frau von Woldeck, war wieder bei ihrem Bruder, dem Oberst, zu Besuch. Ihr zu Ehren fanden ver­schiedene Festlichkeiten statt, da sie gern im gesellschaftlichen Trubel lebte. Die Damen drängten sich um sie, suchten ihren Verkehr.

Auffallend begünstigte die junge Exzellenz den Rittmeister Laubenberg, während sie für dessen schöne Frau eine bei­nahe beleidigende Nichtachtung an den Tag legte. Es war so absichtlich, daß Rosemarie wenig Ehrgefühl gehabt bätte, wenn sie das nicht bemerk und sich danach gerichtet hätte.

Man saß im Garten des Kasinos bei einem Glas Bowle. Der Abend war so wundervoll warm und mild, die Stim­mung der Anwesenden so vergnügt, daß der Oberst die Ab­sicht aussprach, am übernächsten Abend in seinem fthEn Garten eine Fortsetzung des heutigen gemütlichen ZUiam- menseins zu veranstalten. Alle Anwesenden nahmen ven Gedanken freudig auf, nur Rosemarie war still gevueven. Dem Oberst, der ihr schräg gegenübersaß, fiel das auf. fragte; sie lehnte höflich ab. Verwundert sah er sie an.

Ich würde es sehr bedauern, liebe Gräfin, Sie mch unter meinen Gästen zu sehen. Ist Ihr Verhindertsem wirk­lich unwiderruflich?"

(Fortsetzung folgt.)