gängs"-Staatsprästdent Staatsrat Rau verwaltet, soll schrittweise ausgelöst werden. Zum Kammerpräsidenten war schon ei»e Woche vorher der Abgeordnete Lheoder Körner (Bauernbund) gewählt worden.
Durch eme ruchlose Tat ist man wieder an die Gefahr des pol tischen Fanatismus erinnert worden. Am Abend des 1. Juni hat in Wien ein politischer Meuchelmörder die Schußwaffe auf den österreichischen Bundeskanzer. Prälat Dr. Seipel, gerichtet und ihn schwer verletzt. Seipel ist ein Mann, der als Mensch gewiß noch niemand ein Leid getan bat, dessen Klugheit und staatsmönnischer Befähigung aber Oesterreich so viel verdankt. Es ist beinahe unerfindlich, wie gegen einen solchen Mann ein Mord ausgehcckt werden kann. Mit dem österreichischen Brudervolk wünschen auch die Deutschen, daß das Leben des verdienten Bundeskanzlers erhalten bleiben möge.
Vom Reichstag
Besprechung der Regierungserklärung
Berlin. 6. Juni.
Abg. Dr. Scholz (DB.) gibt namens der drei Mittelparteien eine Erklärung ab. Die schleunige Annahme des Sachverständ-aengutachtens als Grundlage für eins schnelle Lösung der Neparationsfrage sei unbedingtes Erfordernis. Dieser Standpunkt bedeute Festhalten an der bisherigen Richtung der auswärtigen Politik. Eine lolchs eindeutige Erklärung sei leider von den Deutschnationalen nicht zu erreichen gewesen, so daß die Verhandlungen als gescheitert angesehen werden mußten. Scholz spricht im Namen der
i» m iu"- Mitte der Regierung das Vertrauen aus.
U >g. Graf Westarp (D.-Nat.) weist darauf hin, daß sich jetzt der deutsche Notschrei bemerkbar mache, der auch im Ausland gehört werden muß. (Lärm bei den Kommunisten.)
, Das verstehen Sie als Volksverräter freilich nicht. (Lärm bei den Kommunisten.) Es geht nicht weiter, mit einem erpreßten Bekenntnis das deutsche Volk zu dauernder Knechtschaft verurteilen zu wollen. (Lebhafter Beifall rechts.) Eine Regierung, die zum Sachverständigengutachten Stellung nimmt, muß -e? SchvMüge widersprechen. Wir haben das zu einer ^ ' -nng unseres Eintritts in die Regierung gemacht. Das Wahlresultat vom 4. Mai verlangt einen vollständigen Umschwung der Gesamtpolitik. Bei den Verhandlungen über die negr üngÄnldung haben wir Entgegenkommen gezeigt, das bis an die äußerste Grenze ging, so weit, daß mancher unserer Freunde im Lande mitunter vielleicht zweifeln konnte, ob wir nicht zu weit gegangen seien. D.» gestrige Pro- grammrede des Reichskanzlers ist an der großen Aufgabe vor8Lz«wc-6?.NMy. Der moskowitischen Sowjet-Partei kann nur eine starke Partei Herr werden. Zur Sozialdemokratie muß ein klarer Scheidestrich gezogen werden. Es kann nur gegen sie regiert werden. (Beifall rechts.) Auch in Preußen müssen in der Beziehung klare Verhältnisse geschaffen werden. Der Redner bedauert, daß die Regierungserklärung die innere Polin? völlig übergangen habe. Dos Zentrum hat Verhandlungen über die Kanzlerschaft Tirpitz abgsl-ehnt, vielleicht aus Furch: vor dem Ausland. (Lärm im .Zentrum.)
-r ein» rflärnng der Deukschnaftonalen ab: Der Rr.as-: Hb . hat unter völliger, offenbar planmäßiger AMm-c.-HOMwO des in dem Wahlergebnis zum Ausdruck g-lunch-erc Wsilens des Volks nicht den Führer der stärksten Partei, kont ern den zurückgetretenen Reichskanzler mit der Reg erurmsksidang beauftragt und damit den Gang der Verhandlungen in du Hände der bisherigen Minderheitsregierung gelegt. Dennoch hat die Deutschnaüonale Volkspartei von Anfang an ihre volle Bereitwilligkeit zur Mitarbeit in der Rech rung unter Zurückstellung einiger Wünsche unzweideutig bewiesen. Der Reichspräsident sowohl wie der bisherige Reichskanzler haben aber die Verhandlungen in einem Augenblick abgebrochen, in dem bei gutem Willen der anderen eine Einigung noch möglich gewesen wüce. Die Fraktion stellt vor dem deutschen Volk fest, daß sie zu der gegenwärtigen Reichsleitung kein Vertrauen hat.
Reichskanzler Marx entgegnet, die Regierung habe niemals zugegeben, daß Deutschland den Krieg begonnen habe. Die Katastrophe von 1914 könne nur durch eine nüchterne, klare Forschung geklärt werden. Der Präsident sei, solange das Kabinett noch nicht zurückgetreten war, nicht berechtigt gewesen, neue Schritte ,n: unternehmen. Es kann nicht anerkannt werden, daß es seine Pflicht gewesen wäre, die stärkste Partei mit der Regierungsbildung zu betrauen. Es mußte die Sicherheit geschaffen werden, daß eine unzweideutige Erklärung dem Ausland kundgab, daß an der Richtung der bisherigen Außenpolitik sich auch nicht das Geringste ändern würde. (Lebhafter Widerspruch rechts.) Der Kanzler
Vergesset nie, daß ohne Mäßigung auch die natürlichen Begierden zu Quellen des Schmerzes, durch Uebermaß die reinste Wollust zu einem Gifte werden, das den Keim eures künftigen Vergnügens zernagt.
C. M. Wieland.
Die Bauerngräfin.
Roman von Fr. Lehne.
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(Nachdruck verboten.)
lehnt es ab, Einfluß auf preußische Verhältnisse zu nehmen.
Abg. Löbe (Soz.) wendet sich zum Reichskanzler und ruft ihm zu: Diese Regierungsbank hätten Sie vor vier Wochen sckon haben können. Der Redner begrüßt es, daß die Deuischnationalen nicht in der Regierung sitzen. Das sei erfreulich, besonders im Hinblick auf das Ausland. ^
Löbe tadelt scharf die Haltung der Kommunisten. Auch in den Reihen der Deutschvölkischen seien manche Leute, die früher stolz waren auf ihre weiße Weste und die jetzt jeden Schmutz mitmachen. (Stürmischer Widerspruch bei den Nationalsozialisten.) Sie schimpfen auf Sozialdemokraten und Juden und Herr Henning bittet um eine Schutzeskorde für Herrn Ludendorff. Mit ihren Fahnenweihen verlängern diese Leute die Militärüberwachung.
Abg. v. Gräfe (Nat.-Soz.) sieht in den Tumultszenen der letzten Tage den vollen Bankerott des Parlamentarismus. Mit der Demokratie sei man wirklich am Ende angelangt. Der uns aufgezwungene Parlamentarismus sei ein Wahnsinn. Er bewirkte, daß das Ergebnis der Wahl dem Fluch der Lächerlichkeit verfallen ist und so begrüßen wir es, am Regierungstische wieder die alten, lieben, vertrauten Gesichter- zu sehen. (Schallende Heiterkeit.) Der Reichskanzler Marx hat in seiner gestrigen Kapuzinerpredigt viel von der Ehre und .Würde des Reichs gesprochen, aber aus lauter Angst vor dem Ausland nichts über das Inland gesagt. Cr hat dann die Stirne gehabt zu erklären, daß nur er mit seinen Freunden das Rheinland schützen könne. Glaubt der Reichskanzler wirklich, daß er mit seiner Leisetreterei die Rheinlande beim Reich erholten kann? Solange unser politisches Leben den Pfahl des Zentrums in sich hat, muß das parlamentarische System für Deutschland einen Fluch bedeuten. Cs muß tiefste Abscheu erwecken, wenn der Reichskanzler das Gutachten als den „Wegweiser zur Freiheit" hinstellte. Wir wollen feststellen, wer den Mut hat, dieser Gesellschaft hier auf der Negierungsbank das Vertrauen ausm- sprechen. (Vizepräsident Dr. Bell rüat den Ausdruck.) Die Regierungsparteien haben nicht den Mut, jetzt einen Vertrauensantrag einzubringen. Wir werden ihnen daher die Schreibarbeit abnehmen und einen solchen vorlegen, um Sie alle zu zwingen, Farbe zu bekennen, auch die Sozialdemokraten. Wir sind stolz daraus, daß unsere Bewegung von Männern ausging, die ihr Blut fürs Vaterland vergossen haben. Herr Löbe reicht bei weitem nickt an -eine Persönlichkeit heran wie Ludendorff. (Beifall und Heilrufe, Großer Lärm.)
Abg. Leicht (Bayer. Volkspartei) warnt die Nationalsozialisten dringend, weiter Haß zu säen. Schuld an dem Scheitern des Äürgerblocks trage die Parteipresse. Die Antwort der Regierung auf den Vorschlag der Sachverständigen sei erfreulich. Die Landwirtschaft ist in wahrer Steuernot. Müssen denn die Deutschen sich immer gegenseitig zerfleischen? Seine Partei werde prüfen, welche Gesetzentwürfe zur Durchführung des Gutachtens notwendig seien.' Von der Entscheidung über diese Vorlagen werde ihre Gesamthaltung abhängen.
Abg. Hampe (Wirtschaft!. Vga.) fordert Aufhebung der Zwangswirtschaft. Dem Gutachten bringen wir die aller- schwersten Bedenken entgegen. Der Regierung können wir das nötige Maß von Vertrauen nicht entgeaenbringen. Wir wollen Mitarbeiten und die Gesetzentwürfe von Fall zu Fall prüfen.
Abg. Kuntze (Deutschsozial): Die Regierung verdient nicht das allergeringste Vertrauen, da sie das Wort nicht ein- lösen wird, sie wolle die Lasten gerecht verteilen. Das Gutachten ist kein Gutachten, sondern ein Diktat der Wiederherstellungskommission.
Vizepräsident Dr. Äsll teilt mit, daß Minister Dr. Strese- mann morgen zu sprechen wünscht.
Es wird dann die zweite Lesung des Nothaushalts erledigt. Morgen vormittag 10 Uhr Fortsetzung der Besprechung der Reaierungserklärung und Nothaushalt, dritte Lesung. Schluß 6 Uhr.
Sitzung am Freitag Aussprache zur Regierungserklärung
Die Mittelparteien haben einen Vertrauensantrag eingebracht, ebenso die Nationalsozialisten, die Kommunisten einen Mißtrauensantrag.
Die Deutschnationalen haben ihren Mißtrauensantrag zurückgezogen und einen neuen eingebracht, der nach dem Muster des Antrags der Mittelparteien, nur mit umgekehrter Absicht, lautet: Unter Uebergong zur Tagesordnung über alle übrigen Anträge versagt der Reichstag der Regierung das Vertrauen, dessen sie nach Arckkel 54 der Reichsoerfas- suna bedarf.
„Nein, Exzellenz, ich kam ganz fremd hierher."
„Woher, wenn ich fragen darf?"
„Meine Ellern wohnen in Potsdam."
Die dunklen Augen der jungen Exzellenz irrten beobachtend auf der schönen, rosigen Frau vor ihr herum, die einem prangenden Sommeriag glich, die etwas an sich hatte, wodurch sie sich irritiert fühlte. Denn Carina Woldeck war es gewöhnt, daß ihr apartes Aeußere sie überall in den Vordergrund stellte — unabhängig von ihrem Rang —, und hier füblte sie geprägten Sclbstbcwußtseins, daß die Gräfin Lanbenberg sie in den Schatten drängte. Und das ärgerte sie und erfüllte sie mit Groll und unfreundlicher Gesinnung gegen Rosemarie.
„In Potsdam?" wiederholte sie fragend. „Dann kennen Sie jedenfalls die Arensbergs? — Nickt? — Oder die Tres- kows? — Auck nicht? — Es sind Verwandte von mir. Darf ich fragen, was Sie für eine Geborene sind? Vielleicht linden wir da doch Berührungspunkte — ich habe so viele Beziehungen zu Potsdam."
„Ick bin eine geborene Krause."
Klar und deutlich, beinahe zu laut, einem Bekenntnis gleichend, klang die schöne, warme Stimme der jungen Frau. Keinem der Rächststehenden — auch ihrem Mann und Bernd Eldringen nicht — waren ihre Worte entgangen; die Frau Oberst lansckte jetzt auf die Unterhaltung der beiden Damen.
In dem hochmütigen Gesicht der Generalswitwe malte sich ein deutliches Befremden.
„Krause? von Krause?"
„Nein, Erzellenz, ganz einfach Krause. Ich stamme aus Kem Bauernstand."
„Ah, der Rittergutsbesitzer Krause in Hoheneichcn — ich erinnere mich."
„Verzeihen Erzellenz, daß ich nochmals widersprechen muß. Mit dem Rittergutsbesitzer Krause sind . 'r nicht verwandt. Meine Eltern haben in einem kleinen Ours- — in Kleinschmichow — als schlichte und rcchte Bauern ihre Scholle bewirtschaftet; in meinen Adern fließt echtes, unverfälschtes Bauernblut."
Nosemarie lächelte liebenswürdig und sah ihr Gegenüber groß und voll an. Sie ahnte die versteckte Feindseligkeit dieser Frau, hatte aber keine Furcht.
Mit einer unnachabmlich hochmütigen Bewegung legte die Exzellenz den Kops und musterte die junge Frau mit einem beleidigend verwunderten Blick.
„Ah, eine geborene Krause?" kam es lanosam und schleppend von ihren Lippen. „Jedenfalls ist Ihre Heirat eine Liebesheirat," bemerkte sie mit einem impertinenten Lächeln.
„Das gehört nicht hierher. Erzellenz! — Aus jeden Fall aber wird die geborene Krause ihr Möglichstes tun, »m den Gr. fen Laubenbera nutzt durch ihre bür-erstche Herst-fl m kompromitieren." In leichtem, verbindlichen Plaudertone sprach sie, als ob sie die neuesten Moden oder ein neues Theaterstück erörterten.
Die Frau Oberst war peinlich berübrt durch die Taktlosigkeit der Schwägerin, die unter der Maske lächelnder Liebenswürdigkeit eine ihrer Gastdamen gekränkt hatte, und um so peinlicher war sie berührt, da sie ja selbst eine bürgerlich Ee- borene war.
Die Damen, die Rosemaries Rede und Gegenrede mit der Generalin verfolgt batten, waren über deren Freimut geradezu verblüfft. Sie hätte wirklich nicht nötig gehabt, ihre bürgerliche Abkunft so ausfallend zu betonen. Außerdem war es sebr unklug von ihr gewesen und möglicherweise zum Schaden ihres Gatten, der Generalin. als Schwester des Oberst und als eine trotz ihrer Witwenschaft sehr einflußreiche Dame, so keck entgegenzutteten.
Oder pochte sie darauf, daß Fürst Eldringen der Freund ihres Mannes war und ihre Häuslichkeit stichle. Fast schien es so. Sie sprach zutraulich mit ihm, als kannten sie sich schon lange. „Aber das war eine Eigenart der Laubenbergs überhaupt, daß sie mit allen Herren so vertraut tat und die gewiffe Grenze^ermissen ließ, die Herkunft und Erziehung
' TLdnmlnister Dr. Stress mann: Don einer Unter- wrirslgkeit gegenüber dem Aufland, die Graf Westarp behauptet hat, kann wohl nicht die Rede sein, denn Poincare hat mehrfach offiziell Vorstellungen beim deutschen Botschafter m Paris erhoben über die Rede des deutschen Reichskanzlers und Außenministers im deutschen Reichstag. Das Wort von der Luge von der deutschen Kriegsschuld wurde Aum erstenmal vom Kanzler ausgesprochen, der seinerzeit zum erstenmal an der Spitze der Großen Koalitwn stand. Die Reichsremerung sei durchaus bereit, die amtliche Aufrollung der Kriegsschuldfrage in die Hand zu nehmen sobald sämtliche Dokumente der Oeffenilichkeit übergeben sind (Zuruf rechts: Warum erst dann?) — Am 15. Juni lausen d-e Micumverträgs ab. Die Rheinisch-westfälischen Industriellen haben bereits erklärt, daß eine Verlängerung nur vorae- nommen werden könne in der Erwartung, daß' die deutsche Regierung das Gutachten annehme. In 10 Tagen stehen wir erneut vor der "Frage, was werden soll. Eine Verlängerung kann natürlich nur für sehr kurze Zeit in Frage kommen. Wenn der Sachverständiaeubericht fordert daß Deutschland die wirtschaftliche und 'finanzielle Hoheit auf seinem ganzen Gebiet wieder haben müsse, so danken wir das den Menschen, die damals gelitten haben. Wir müssen den einheitlichen Willen in den Ehrensragen zusamnienfassen, um die wir kämpfen. Wir haben dadurch scheu einmal die Nichtauslieferung der Kriegsverbrecher durchgesstzt. Das ganze Sachverständigengutachten wird in seinem Effekt schließlich von dem Geilt benimmt werden, in dem es durchgeführt wird und von den Versönlichkeckcn, die darüber mitzuentscheiden haben. Das Sachverständigengutachten mündet in dem Satz, daß Deutschland n cht zugemutet werden könne, Gegenwerte und im erben ?abr auch nur einen Pfennig aus semem Budget zu bezci'flm. Wenn jetzt anerkannt wird, daß Deutschland nicht zahlen lim e, dann bricht die moralische Grund lag» für die Besetzung überhaupt zusammen. Ich rücke daher die Tatsache der Wiederaufnahme der Besprechungen als die wichtigste in den Vordergrund. Ich weiß, daß die Sachverständigen die deutschen Leistungen von 1928 überschätzt haben. Die öffentliche Meinung sieht in dem Gutachten die wirtschaftliche Bibel der Gegenwart. Wer sich ihm entgegenstellt, muh damit rechnen, daß er die größte Macht gegen sich ausbringt. Die Sachv rständigen verlangen solche Sachleistungen, Uebertragung von Geld und Devisen an das Ausland nur dann, wenn es ahne Gefährdung der deutschen Wirtschaft geschehen kann. (Große Unruhe rechts.)
Die Kreditkrise ist nach zwei Richtungen außerordentlich bedenklich: einmal ist- sie infolge der Unübersichtlichkeit der Verhältnisse ein Hindernis für viele Verhandlungen mit ausländischen Kreditgebern; 2. ist der Angelpunkt des Gutachtens das Zustandekommen der internationalen Anleihe von 800 Millionen Mark, die der deutschen Währung zufließen.
In der Neugestaltung der Reichsbahnverwaltung werden wir das Uebergewicht in der Verwaltung zu erringen haben. Eine Gefahr besteht dann, wenn die vorgesehenen Summen aus der Reichsbahn nicht herausgewirtschaftet werden können. Die Regierung wird versuchen, eine erträgliche Aende- rung dieser 'gefährlichen Bestimmung zu erreichen. Die Wiederherstellung der Verwaltungseinheit muß natürlich in die Herstellung der Hoheit eingestellt sein, sonst können wir für eine vernünftige Steuerpolitik und für eine ungestörte Produktion keine Verantwortung übernehmen. Es ist darauf hinzuwirken, daß ein bestimmter Endtermin der militärischen Besetzung in Aussicht gestellt wird. Der Einfluß Herriots in Frankreich wird darauf günstig einwirken. Cs kann kein Zweifel bestehen, daß das Gutachten unteilbar ist. Das ist uns auch in allen Verhandlungen Mit England erklärt worden. Angenommen haben wir den Bericht nur als Schema.
Stresemann warnt mit Hinweis auf den Deutschen Tag in Halle vor Uebertreibungen. Wir sind waffenlos und sollten keine Macht Vortäuschen, die wir nicht haben. Es handelt sich jetzt um die größte Entscheidung nach Versailles. Sie muß erfolgen mit Sachlichkeit und Leidenschaftslosigkeit, nicht nach Parteirücksichten. ^
Abg. S ch l a n g e - Schöningen (Deutschnat.) halt dem Minister vor, daß Deutschland durch schöne Reden nicht gerettet werden könne. Man kann sich andererseits des Gefühls nicht erwehren, daß die Rede des Außenministers, wie wir schon oft an ihm bemerkt haben, von ungeheuerlichsten Selbsttäuschungen und von dem ungeheuerlichsten Optimismus getragen waren, aber letzten Endes war sie nichts weiter als eine klingende Schelle, der der Erfolg versagt blieb. Die Krieasschuldfraae ist eine Lebensfrage des deutschen Volks
vorschriek" — so tuschelte die Komtesse Adlersheim zur Generalin, die achselzuckend erwiderte:
„Ich bitte, Liebe, was kann man von einer geborenen Krause verlangen! Stalldust bleibt immer haften!"
Das war nicht so leise gesprochen, daß Rosemarie es nickt hätte hören können, die sich gerade mit Eldringen unterhielt. Und sie hatte es Wohl verstanden. An ihrem An- sammenzucken merkte er es, und der Generalin zmn Trotz blieb er bei ihr stehen. Er War empört über das Benehmen der Frau von Woldeck und suchte Rosemarie, deren Freimut und Furchtlosigkeit ihn entzückt hatten, durch eine lebhafte Unterhaltung über die Aufregung, die sich ihrer doch bemäch-» tigte, hinwegzubringen.
Ans dem großen Saal ertönten die Klänge der Polonäse, um die Tanzlustigen berbeimrnsen.
„Den zweiten Tanz halten Sie mir frei, Gräfin!" b-tt Eldringen, ehe er seine Tischdame aussuchtc. Sie nickte.
„Gern, Durchlaucht!"
Hans Eckardt Laubenberg kam hinzu. Er zwang sich einem scherzenden Ton. „Nun, welche Verschwörung wurde da angezettelt?"
„Durchlaucht bat mich um den nächsten Tanz, den ich auch zugesagt habe," erwiderte sie unbefangen.
„Gerade wollte ich v!ck darum bitten." hatte er auf der Zunqe zu sagen, doch er schwieg.
Er war außer sich wie sehr die Generalin sich vergessen hatte. Seine Frau so zu büskiercn. Die ganze Stimmung War ihm genommen, obwohl cr soeben von der Frau Oberst die anerkennendsten, schmeichelhoft-st-m Worte über Rosemarie hatte hören dürfen. Die warmherzige Frau Wollte gutmachen, was die Schwägerin verschuldet.
Da seine Tischdame nickt tanzte, verzichtete er auf die Polonäse 'und den sich anschließenden Walzer. Seine Augen suchttm Rssemar'e, die in Eldrings Armen gleich einer rosenroter- Wolke leicht graziös dcchiusckwebte, getragenen den Welchen, lockenden Klängen der „Rosen aus dem Süden".
Eldringen war ein leidenschaftlicher und selten guter Tänzer — nicht oft, daß eine Partnerin ihn voll befriedigte. Er war sehr wählerisch; man wußte das, besonders die Damen, die ihn und seine Dame jetzt scharf beobachteten.
(Fortsetzung folgt.)