belachen Jngenieurtomrrttffion mit dem Bergbaulichen Verein von Rhein und Ruhr ergeben. Bradbury, der englische Vertreter in der Eutschädigungskommission, wohnte der Sitzung bei. Wie verlautet, wird die englische Regierung den Desetzungsmächten ein Vorrecht auf die Einkünfte bestreiken und die Frage nötigenfalls vor den Gerichtshof im Haag bringen. Bezüglich der Besetzungskoften erinnert man in England daran, daß diese nach dem Londoner Abkommen vom März 1922 auf höchstens 240 Millionen Goldmark im Jahr angesetzt werden dürfen. Der Betrag könne nur überschritten werden, wenn alle Verbündeten die Erweiterung beschließen würden.
Die pariser Entschädigungskommission wird am Freitag die durch die Abreise Bradburys unterbrochene Beratung wieder aufnehmen.
Die „'Weskminster Gazette" schreibt, die Verhandlungen des Kabinetrsrats haben sich hauptsächlich darum gedreht, ob die in letzter Zeit von der Rheinlandkommission erlassenen Verordnungen bezüglich der Ruhrbesetzung auch für das englisch« Besetzungsgebiet anerkannt werden sollen, nachdem die deutsche Reichsregierung alle diese Verordnungen nun einmal angenommen habe. Wahrscheinlich werde es jetzt zu einer englisch-französischen Verständigung kommen müsien, vorausgesetzt, daß nicht der Schein erweckt würde, als ob England dadurch die Ruhrbesetzung als rechtmäßig anerkenn«.
Die SohlenKefenmz an Italien
Rom, 28. Nov. In dem Düsseldorfer Abkommen hat sich Italien von Mitte Januar an eine monatliche Lieferung von Entschädigungskohlen von 400 bis 440 000 Tonnen gesichert. Für Dezember sind 200 000 Tonnen zu liefern.
Frankreich wird nicht gedrängt
Paris, 28. Nov. Der Pariser .Newyork Herold" meldet aus Washington, Präsident Coolidge und der Schahsekretär Mellon seien nicht (wie Hughes) der Meinung, daß man Frankreich wegen seiner Schulden an Amerika nahmen sollte, da es jetzt nicht bezahlen könnte. Cskönnte allerdings bezahlen, wenn es die Ausgaben für die Heere Frankreichs und des Kleinen Verbands, die in starkem Mißverhältnis zu den französischen Finanzen stehen, einschränken würde. Amerika besitze aber kein Mittel, um Frankreich einen derartigen Nak zu erteilen. (! Aber Deutschland soll bezahlen. D. Schr.)
Württemberg
Stuttgart, 28. Nov. Ein Polizeibeamter von Kommunisten erschossen. Von zuständiger Seite wird mitgeteilt: Gestern abend entdeckte eine Streife der Aahndungsabteilung II des Polizeipräsidiums, die sich auf der suche nach einem Verbrecher befand, in einer Wirtschaft am Leonhardsplatz eine geheime kommunistisch« Versammlung. Dabei wurde ein Zettel vorgefunden, der auf das Haus Rotenbergstraße 112 in Ostheim verwies und besagte, boß dort unter einem bestimmten Stichwort Kommunisten anzutreffen seien. Noch im Verlauf des gestrigen Abends wurde der Oberwachtmeistsr Tschirsch mit einem weiteren Beamten und einem Schutzmann nach der Roten- bergstraße 112 entsandt. Er fand Einlaß und wurde nach dem Haus Alsredstraße 7 in Ostheim verwiesen. Als Führer dorthin wurde ihm der 12jährige, der kommunistischen Jugend ungehörige Sohn der Familie mitgegeben. In dem erwähnten Haus der Alfredstraße trafen Oberwachtmeister Tschirsch und der andere Kriminalbeamte tatsächlich 10 Kommunisten an. Tschirsch suchte diese geheime Versammlung mit oorgehaltenem Revolver in Schach zu halten und sandte den anderen Beamten nach der nahe gelegenen Polizeiwache am Ostendplcch, um Verstärkungen zu holen. Als die Beamten kamen, fanden sie den Oberwachtmeister Tschirsch innerhalb der Hausküre tot vor. Er hatte eine durchschossene Brust. Die Kommunisten waren durch das Fenster entflohen. Die Ein- und Ausschußlöcher der Tür in dem betreffenden Zimmer li^st: erkennen, daß ein Feuergefecht durch die Tür stattgefunden hatte. Oberwachtmeister Tschirsch hatte sämtliche Munition seines Revolvers verschossen. Nach den Tätern wird gefahndet. Bis jetzt sind mehrere Festnahmen erfolgt.
Jahressesk der Bibelanstalt. Dis Württ. Bibelanstalt feierte am Reformationsfest ihr Jahresfest mit einer Predigt des Kircbenvräsidenten l). Veit aus München in der Stists-
I Kirche in Stuttgart. Dekan G a u g e r-Ludwigsburg erstattete den Geschäftsbericht, nach dem im letzten Geschäftsjahr (bis 30. Juni) 486 516 Bibeln. Neu« Testamente und Bibelteile, darunter 169 000 Vollbibeln unter weitgehenden Preisnachlässen verbreitet wurden. Auf Weihnachten soll die Uebsr- setzung des Neuen Testaments von Dr. M e n g e mit Bilder- schmuck des Meisters W. Steinhaufen ausgegeben werden- Infolge der drückenden Währungsverhältnisie mußte der Betrieb der Anstalt bedeutend eingeschränkt werden, ja er ist nach mehr als lOOjährigem Bestehen durch die widrigen Zeitverhältnisse in seinem Fortbestand ernstlich bedroht.
Leonberg, 28. Nov. Gegen die Erdrosselung durchSteuern. Eine von über 600 Handwerkern besuchte Versammlung protestierte in einer Resolut!:.i gegen die heutige brutale Art und Weise der Erhebung der Steuern, die geeignet sei, das Handwerk als den goldenen Mittelbau im Staate zu zerschlagen. Das Handwerk beanspruche den Schutz der Verfassung vor Aufsaugung und Erdrosselung; es habe schon einen recht erheblichen Teil einer Substanz verloren. Es sei nicht mehr in der Lage, auch nur einen Teil seiner ehemaligen Rohmaterialien zu kaufen. Als ganz besonders brutal wurde die Betricbssteuer und die neue Erhebung der Gewerbesteuer empfunden. Das Handwerk sei nicht in der Lage, die im Januar 1924 fälligen Steuern zu entrichten. Die Regierung wurde ersucht, in der schärfsten Form bei der Reichsregierüng vorstellig zu werden, da sonst mit dem Zusammenbruch des Handwerks als einer der stärksten Stützen des Staates zu rechnen sei.
Gmünd, 28. Nov. Schmalzfälschung. Im Ge- ^neinderat wurde zur Sprache gebracht, daß einige Metzgermeister einen größeren Posten Schmalz zu 90 ^ das Pfund angekauft, durch Zusatz geringwertiger Fette wie Talg ufw. vermehrt und dann das Pfund zu 1.40 Mark verkauft haben. Die Sache wird die Staatsanwaltschaft beschäftigen.
Ellwangen a. I., 28. Nov. Schutzhaft. Ein Geschäftsmann des hiesigen Oberamtsbezirks, der sich geweigert hatte, Schmalz gegen Papiergeld zu verkaufen, wurde lt. Jagstztg. auf Antrag des Oberamts vom Wehrkreiskommando 5 in Stuttgart in Schutzhaft genommen und erst wieder entlassen, als er sich unterschriftlich bereit erklärt hatte, Schmalz gegen Papiermark zu verkaufen. — Ebenso wurde ein Landwirtssohn aus dem Bezirk in Schutzhaft genommen, der auf dem Wochenmark in Ellwangen am 24. Nov. für ein Pfund Landbutter 2.10 bezw. 2.15 Goldmark verlangt hatte. Der Butter wurde von der Staatsanwaltschaft beschlagnahmt.
Kirchentellinsfurt, 28. Nov. Dieser Tage wurde ein hier wohnhafter Student auf dem Heimweg von Tübingen am „Sträßle bei den alten Weinbergen" von zwei Rowdies übersatten mit der Drohung: „Geld oder das Leben!" Des einen Angreifers entledigte sich der Ueberfallene dadurch, daß er ihm mit seinem Spazierstock, der dabei in Stücke ging, einen solchen Schlag versetzte, daß er zusammenbrach. Daraufhin stürzte der zweite Genosse auf den Studenten los und brachte khm einige Messerstiche bei. Durch die Flucht konnte er sich weiterer Stiche entziehen.
Mähringen, OA. Tübingen, 28. Nov. Hammeldiebe. Im Pferch des Ochsenwirts Nagel von Jmmenhausen wurden vier Hämmel totgeschlagen. Als die Täter die Tiere wegschaffen wollten, kam der Schafknecht hinzu und verjagte sie. Außerdem wurden Nagel aus einem anderen Pferch acht Schafe gestohlen. Von den Tätern fehlt jede Spur. In der Nacht vorher waren Nagel zwei Hämmel gestohlen worden.
Ravensburg» 28. Nov. Milde Strafe. Der 35 Fahre alte ledige Arbeiter August Kieferle aus Scheer schlug am 15. Juli in Ennekach den Bauern Paul Reck mit dem Bierglas zweimal derart auf den Kopf, daß der alte Mann tot zusammenbrach. Kieferle wurde vom Schwurgericht zu 9 Monaten Gefängnis verurteilt, wovon noch 4 Wochen Untersuchungshaft abgehen. Als strafmildernd sah das Gericht an, daß der Mörder betrunken war und daß — der Bauer eine dünne Schädeldecke gehabt habe. —
Baden
Mannheim, 28. Nov. Zu der Fi'age, ob Hypothekenschulden nach Len besteyenden Gesogen oufzuwerten sind oder nicht, hat auch das Landgericht Mannheim grunchütz- lich Stellung genommen, und den Gläubiger, der die Lö-
Aus Münchens guter alter Zeit
(I_sx miß, sns — Die Kunst mein Gesetz)
Musikroman von l)r. Hans Fischer-Hohenhausen.
»7) (Nachdruck verbaten.)
Endlich kam man überein, den Zwischenfall nicht bemerken zu wollen. Bülow müsse besonders genommen werden; er sei ja bloß auf der Durchreise. Daß ihm der junge Meister immer noch wichtig sei, darauf könne man stolz sein. Trotzdem war es stiller geworden und mancher der Gäste drückte sich.
Mittlerweile hatte Bülow die Partitur überflogen, einzelne Stellen genauer geprüft, wieder verglichen, öfter sein Haupt geschüttelt. Kurz, er schien keineswegs schrankenlos davon entzückt. Sorgenvoll erforschte Richard seine Züge, denn er sagte sich mit Recht: Dieses Mannes Urteil wiegt zentnerschwer — unus ?Iato milii sst pro millibus!
„Sie arbeiten noch etwas ungleich, mein lieber junger Meister," begann Bülow endlich. „Ganz besonders bei der Durchführung lehnen Sie sich zu sehr an klassische Muster an. Die Art paßt gar nicht für Ihre Themen; ich meine, Sie müßten für so eigene Motive, init denen Sie arbeiten, auch eine andere Durchführung haben. Sehen Sie, hier zum Beispiel, das ist beinahe das Partiturbild von Beethovens Eroica, erster Satz, zweiter Teil —"
Da platzte Richard heraus: „Weil mir der Alte wieder hineingepfuscyt hat!"
„Wieso?" Bülow zog die Augenbrauen hoch.
„Mein Vater findet meine Arbeiten nicht — hm! — schulgerecht genug und — „verbessert" dieselben nach seinem Still" sprach Richard wehmütig.
Zornig sprang Bülow auf. „Das sieht ihm gleich, dem alten.... I" Rasch beherrschte er sich. Bittere Erinnerungen stiegen in ihm auf. Er dachte an die Zeit, da er als Hofkapellmeister hier seinen schlimmsten Widersacher im Vater dieses jungen Künstlers erkennen mußte. Einen Augenblick besann er sich, ob er sich um die Sache bekümmern solle. Aber bald hatte er seine persönliche Ge
reiztheit niedergerungen. — Der junge Mann tat ihm doppelt leid; er mußte ihn loslösen von dem Boden, wo immer noch der Zukunftsmusikteufel als schlimmster von allen Teufeln galt.
„Und das lasten Sie sich gefallen," fragte Bülow erregt, „daß ein Anderer, und wenn er Ihr Vater ist, Ihre Werke verpfuscht?!"
„Mein Vater ist in der Kommission für Repertoirfest- setzung und hat mir einfach erklärt, daß er meine Symphonie nicht zur Aufführung zulasten werde, wenn ich mir nicht die von ihm vorgeschlagenen Aenderungen gefallen ließe. So hat er es mir schon beim ersten Streichquartett gemacht!"
Bülow stampfte mit dem Fuß auf. „Er läßt Sie also nicht mal arbeiten, wie Sie wollen; er will Ihren Geist in spanische Stiefel schnüren, damit Sie so ein musikalischer Kaspar Hauser werden, so ein Kerl wie Rheinberger und Genossen — pfui!"
„Er ist mein Vater!" bat Richard.
Bülow streichelte dem jungen Komponisten begütigend den Kopf. „Wie lange sitzen Sie noch in der Schule?"
„Bis August, wenn ich nicht durchfalle."
„So, und dann vergönnt Ihnen Ihr Herr Vater wohl, daß Sie ins Leben hinaus dürfen. Nun, ich brauche für nächsten Winter in Meiningen einen Korrepetitor. Da möchte ich Sie haben. Viel Arbeit haben Sie nicht, Sie können nach Herzenslust schaffen, ohne daß Ihre Arbeiten „korrigiert" werden. — Schlagen Sie ein! — — Wollen Sie nicht?"
„Ich bin ja noch nicht mündig, ich muß meinen Vater fragen!" entgegnete Richard verzweifelt.
„Das wäre noch schöner! — Ra, mit Ihrem Vater will ich in dem Fall schon ein paar Worte reden. Solange feine — hm! — Sonderbarkeiten bloß meine Person betrafen, konnte ich schweigen. Aber das sich entfaltende Genie darf nicht von ihm verkümmert werden!" — —
Das Gespräch war belauscht worden. Brühwarm hatte man dem Alten zugetragen, daß Bülow seinem
schungsb»witkgüng verweigert unL von Auswertung abW. gig gemacht hat, zur Löschung verurteilt und di« »»rlanztz Aufwertung abgelehnt.
Heidelberg, 28. Nov Auf der Teilstrecke Heidelberg— Dossenheim am Neckar kanalbau ist einem größerer, Teil der Arbeiterschaft gekündigt worden. Eine Anzahl wurde schon entlassen und weitere Entlassungen stehen bevor, da das Wetter die Arbeiten stark behindert.
Gernsbach, 28. Nov. In einer bei der Roten Lache gelegenen Villa wurde ein schwerer Einbruchdiebstahl verM Frauenkleider, Bettwäsche usw. wurden gestohlen. Dem Täter ist man auf der Spur.
Offenburg, 28. Nov. Der ledige Konditor Karl Kä Ne nus Jhringen und der ledige Händler Georg Schenk, ohne Wohnort, wurden von der Strafkammer zu je 2 Jahren, der ledige Schlosser Ernst Huber aus Basel zu IX Jahren Zuchthaus verurteilt. Die Verbrecher hatten zusammen mit dem Mechaniker Rebmann und dem Mechaniker Tömke, die später in Gengenbach abgeurteilt werden, in der Nach! zum 29. Mai eisten Einbruch in die Weingartener Kirche ausgesüchrt und dort Altargerät« und Altartücher entwendet. Nach diesem Kircheneinbruch unternahmen die fünj Verbrecher den Raubüberfall im Schloß der Gräfin Bismarck, wegen dessen sie sich vor dem Freiburger Schwurgericht zu verantworten haben werden.
Donaueschingen, 28. Nov. Eine beim Arbeitsamt Konstanz beschäftigte 22jährige Angestellte sollte 2900 Billionen zur Auszahlung an Erwerbslose nach Singen und Radolfzell bringen. Das Mädchen fuhr aber mit dem Geld hierher, kleidete sich vollständig neu ein, kaufte sich ein Fahrrad und war gerade im Begriff, mit einem Auto nach Karlsruhe z« fahren, als sie von der Gendarmerie ubgefaßt und ins Gefängnis eingeliefert wurde.
Waldshut, 28. Nov. Im Oberland treibt augenblicttich ein Schwindler sein Unwesen, der kürzlich in der Nähe von Alb-Bruck einen ungefähr 6 Zentner schweren Ochsen erschwindelte und das Tier in Waldshut verkaufte. Del Schwindler ist ein Dienstknecht und Metzger, der sich all« möglichen anderen Namen beilegt. Er ist wiederholt aus der Heil- und Pflegeanstalt Emmendingen entwichen und hat
schon früher zahlreiche Betrügereien verübt.
»
Fm heutigen Preispolitik gibt der Diözesanpräses Dr. Retzback von den katholischen Arbeitervereinen ein Beiviel. Er führt an, daß am Samstag, den 17. November, bei einer Freiburger Genossenschaft der Doppelzentner Mehl (Null Spezial, 55prozentig) 49.45 Goldmark (— 29.67 Billionen) und am 21. November bei der gleichen Genossenschaft 75.7S Eoldmark (— 75,7 Billionen) kostete, also eine absolute Ver- i.uerung um rund 50 v. H., die mit der Geldentwertung gar nichts zu tun hat. Dabei steht der Preis auf dem internationalen Markt wesentlich billiger. Man kann in Hamburg das amerikanische Mehl in gleicher Güte zu 7X bis 7X Dollar kaufen und könnte es, alle Kosten gerechnet, in Freibura für etwa 9 Dollar (— 37.80 Mark) abgeben. Bei dieser Sachlage wirkt die Devisenverordnung geradem verteuernd auf unsere Preise, weil der Kaufmann ohne Devisen das billige MM des Auslands nicht einführen kann. Die Schuld an der oben« --'-geführten Volksausbeutung liegt an dem Ring der Großmühlen. Der „Badische Beobachter" bemerkt dazu,
! ier gelte es für die Staatsanwaltschaft, den Kamps gegen d-e Feinds des deutschen Volks zu kämmen, zu den: man 'eine Maschinengewehre und Kanonen braucht.
Lokales.
Wildbad, den 29. Rov. 1828.
Der Andreastag. Der 30. Nov. ist dem Apostel Andrew» geweiht. E griechische Kirche nennt ihn den Erstberufenen und schreibt ihm die Errichtung des Bischofsstuhls von Kon» stantinopel zu. Die Russen verehren den hl. Andreas als ihren Apostel. Der Andreasorden, der höchste russische Orden des ehemaligen Zarenreichs, ist nach ihm benannt. In der Andreasnacht sucht man auf verschiedene Weise die Zukunft zu erforschen. Am verbreitetsten ist das Vleigießen der Mädchen. Man benützt dazu einen Schlüssel mit durchlöchertem, kreuzförmigen Bart. Die im Wasser entstehenden Bleifiguren deuten auf Stand oder Gewerbe des Zukünftigen. Fast so. verbreitet wie das Bleigießen ist das Pfulaentreten. Vor dem Zubettgehen wirft das Mädchen das Kopfkissen auf den Boden. tritt darauf und vrickt dazu dreimal: „Andreas ich Kitt
Sohne eine Stellung als Hilfskapellmeister in Meiningen angeboten habe.
Gleich mischte sich der Onkel ein: „Jetzt, woaßt, dös find' i hocha'ständig von dem Bülow, daß der Dei'm Sohn net nachtragt, was Du an eahm g'sündigt hast."
„Ich?!" tat der Alte erstaunt. Die Andern lachten ihn aus.
„No, woaßt, stell' Di net so! Sei froh, daß der Bülow net so an boshafter Kerl is, wie Du!"
Der alte Strauß machte eine verächtliche Geberde. Dann begann er unter dem Einfluß des genoffenen Sekts: „Was brauchen wir hier in München so einen Kerl, wie den Bülow; was kann der uns Neues sagen, was wir nicht schon im Konservatorium gelernt haben. Das ist grad, als ob wir die Musik von so einem preußischen Schwimmer lernen müßten. Wir halten uns am besten an unsere Klassiker. So Hab' ich meinen Sohn erzogen. Er soll nur hier in München bleiben, dann ist er nicht auf die Gnad' von so einem Zukunftsmusik-Hanswursten angewiesen, wie der Bülow!"
„Schwager, Du red'st aber — nimm mir's net übel — recht saudumm daher! Dö Zeit'n sands aus, wo man hat sagen können: „Bleib' im Land und nähre Dich redlich I" Dös is mit der Kunst wia mit'm Münchner Bier, dös is jetzt international. — Moanst, i wär Millionär rvor'n oun dem Wei', wo d'Mllnchner sauf'n? Grad so wenig wird Dein Sohn amol fett oun die Tantiemen, wo ihm vielleicht amol 's Münchner Hoftheater zohlt!"
„Mein Sohn komponiert heut' schon was Besseres, als der Bülow je zusammengebracht hat!" rief in wachsendem Vaterstolz der Alte.
„Aber Bülow is weltberühmt und Dei Sohn no an Schulbub!" rief der Onkel dagegen. „So ein Mann kann Dein' Sohn vorwärts bringen oder unter Umstand' ganz unterdrücken I"
(Fortsetzung folgt.)