Bayerisches Wertgeld
München, 21. Nov. Das wertbeständige Geld, das kn Bayern auf Veranlassung des Staatskommissars ausgegeben wird, besteht in S ch a tz a n w e i s u n g e n, für die der Staat mit Vermögen und Einnahmen haftet und die am 1. Februar 1929 mit 15 Prozent Aufgeld heimbezahlt werden. Die Anweisungen bleiben zunäcktt auf die in der Milch» und Brot' Versorgung in Betracht kommenden Wirtschaftskreise beschränkt und sollen als Notgeld nur zur Bezahlung der Erzeuger dienrn. Die Abgabe der mit den Schatzanweifungen aufgekauften Lebensmittel darf bei Strafe der Entziehung der Handelserlaubnis nickt von der Zahlung wertbeständiger Zahlungsmittel seitens des Reichs abhängig gemacht werden.
Kämpfe mll den Sonderbündlern
Mainz, 21. Nov. Im Siebengebirge fanden in mehrerer- Orten heftige Kämpfe der Bevölkerung mit den Banden statt, die sich als Truppen der Sonderbündler ausgeben. Die Letzteren sollen über 120 Tote gehabt haben. Die Zshl der Verwundeten ist groß. — Die Sonderbündler suchten sich wiederholt des Rathauses in Mainz zu bemächtigen. Die Neichsregierung hat in Paris gegen die Begünstigung der Sonderbündler durch die französischen Behörden Verwahrung eingelegt.
Bekriebsschlietzung
Aachen, 21. Nov. Am letzten Freitag drangen die Arbiter der Elektrizitätswerke Garbe u. Co. mit Gewalt in dar Verwaltungsgebäude ein und zwangen die Beamten unter schweren Mißhandlungen, den doppelten Lohn auszuzahlen. Die Gesellschaft hat darauf den Betrieb geschlossen und sämt- lühe Arbeiter fristlos entlassen.
Wilde Börsen in der Pfalz
Ludrvl§shafen, 21. Nov. In den Straßen und Plätzen der pfälzischen Städte hoben landfremde Händler, die sich immer mehr im Lande einnisten, wilde Börsen eingerichtet. Der gemeinschädliche Unfug hat so überhand genommen, daß die Regierung der Pfalz strenge Maßregeln zu ergreifen genötigt ist.
Die Berbandskrise nur hinausgezogen?
London, 21. Nov. Die liberalen Blätter sind der Meinung, die sogenannte Einigungsformel des Pariser Botschafterrats vom 19. November habe die englisch-französische Spannung nicht beseitigt, sondern nur die Entscheidung hinausgezogen. Poincare habe in Wirklichkeit nichts von se,klein Standpunkt aufgegeben. Die Spannung habe augenbl ck- lich etwas nachgelassen und Baldwin habe fünf Minuten Zeit zum Verschnaufen bekommen.
Englische Vorbehalte
London, 21. Noo. Baldwin und Lord Eurzon besprachen die Einigungsformel der Botschafterkonferenz. Sie sei zwar sehr gewandt abgefaßt, aber sie könne von England nicht ohne weiteres unterschrieben werden. Dem französischen General Noll et, dem bisherigen Vorsitzenden der Ueber- wachungskommission, dürfe nicht unbeschränkte Vollmacht überlassen bleiben, aus der sich deutsche „Gehorsamsverweigerungen" ergeben könnten, die mit .Sanktionen" der Ve. kündeten beantwortet werden müßten. Auch wünsche die englische Regierung nicht, daß die Ueberwachungskommission schon am 1. Dezember ihre Tätigkeit wieder aufnehme, sondern viel später.
Die amerikanische Regierung wird nicht mahnen?
Paris, 21. Nov. Der „Petit Parisien" läßr sich — angeblich aus Washington — melden, die Regierung der Vereinigten Staaten werde wohl nicht auf die Anregung des Senator» Smoot eingehen, bei Frankreich die Bezahlung der Kriegsschuld in Erinnerung zu bringen. „Man befürchte", daß die französische Regierung mit der Erklärung antworten würde, daß die Abtragung dieser Schuld mit der Bezahlung der deutschen Kriegserujckädigung untrennbar verbünd m sei. — Sollte dies nicht vielmehr ein Wink von Paris nach Washington sein?
Aus Münchens guter alter Zeit
(I-SX Milli srs — Die Kunst mein Gesetz)
Mufikroman von l)r. Hans Fischer-Hohenhausen.
iL) (Nachdruck verboten.)
Als Richard Strauß wieder ins Haus zurückkam, brach er in einen Strom von Tränen aus, wie die Mutter ihn mit sanft vorwurfsvollen Blicken empfing.
»Kann mir mein Sohn mit gutem Gewissen in die Augen sehen?" frug sie in Milde.
Der Sohn fiel feiner Mutter in die Arme und schluchzte nur, während der Vater in kurzen, brummigen Worten berichtete, was er vom Anwalt erfahren.
„Ich wußte, daß er unschuldig ist l Sieh mir in die Augen, mein Sohn, es war wohl der erste schmerzliche Liebesroman Deines Lebens und nun sei stark und überwinde! Du hast vielleicht noch manchen Kampf zu bestehen ! Denke daran und freue Dich, daß Dein erstes großes Werk jetzt herauskommt — das wird Dir mehr Befriedigung gewähren, als die Gunst einer eitlen Frau, die Dich doch nicht inniger und namentlich nicht selbstloser lieben kann, als Deine Mutter Dich liebt!"
Der Vater war inzwischen aus dem Zimmer gegangen. Derlei Empfindeleien ging er aus dem Weg — mochten Mutter und Sohn sich darüber auseinandersetzen.
Und diese hatten einander noch viel zu sagen.
„So, Richard, jetzt ist der Vater in seinem Zimmer, sag' mir ganz offen: Stehst Du mit ihr noch in Briefwechsel ?"
„Rein, nein, ich weiß gar nicht, wo sie sich aufhält."
„Es ist aber ein Brief an Dich angekommen von ihr während Deiner Abwesenheit."
„Von ihr — an mich??"
„Sei froh, daß er dem Vater nicht in die Hände fiel!"
„Was kann sie nur wollen?"
„Ich habe den Brief nicht geöffnet; aber ich möchte Dich doch bitten, ihn in meiner Gegenwart zu lesen und dann die Sache zu begraben, was auch drin steht."
Württemberg
S( -ttgari, 21. Nov. Vom Landtag. Abg. Kächle (Ztr.) hat eine Kleine Anfrage an die Regierung eiligereicht, daß den Staats- und Gemeindebeamten m Württemberg noch am 20. Nooeniber das Gehalt in Papiermark ausbezahlt wurde, während die Reichsbeamten schon seit geraumer Zeit namhafte Teile ihrer Bezüge wertbeständig ausbezahlt erhalten. Dadurch erleiden die württembergischen Beamten namhafte Verluste.
lieber dieselbe Zurücksetzung beklagen sich auch die Privatangestellten und Arbeiter und die Gewerbetreibenden in Süddeutschland. Am Dienstag gab die Reichsbankstelle Stuttgart bekannt, daß die Ausgabe der Rentenmark gesperrt sei, ohne Zweifel wegen des neuen Kurssprungs des Dollars.
Stuttgart, 21. Nov. Zur Vereinfachung der Staatsverwaltung. Ueber den Abbau der Beamtenkörper hatten Vertreter des Württ. Beamtenbunds gestern eine Unterredung mit dem Staatspräsidenten. Dr. Hieber versicherte, die württ. Regierung stehe ebenfalls auf dem Standpunkt, daß eine Verminderung der Personenzahl in den öffentlichen Verwaltungen und Betrieben erst daun oorge- nommen werden könne, wenn durch organisatorische und gesetzgeberische Reformen die Voraussetzungen dafür geschaffen seien. Die Vertreter der Beamten beklagten sich über die von der Regierung beschlossene Sperre einer Aenderung der Besoldungsordnung und der Verabschiedung eines Personalnachtrags. Der Staatspräsident sagte eine nochmalige Prüfung der Angelegenheit zu. Ebenso brachte er den Klagen über die Auszahlung der Gehälter volles Verständnis entgegen, zumal da die württ. Landes- und Gemeindebeamten vis jetzt noch keine Zahlung in wertbeständigen Geldmitteln erhalten haben.
Die kirchenumlage in Goldmark. Der ev. Gesamtkirchen- bat von Stuttgart hat beschlossen, die endgültige Kirchemim- läge für 1923 in Goldmark zu erheben, nämlich 5 Gold» Pfennig aus 1000 Mark Reichseinkommensteuer von 1922.
Rationierung des Fleisches. Die Stuttgarter Metzgerinnung gibt bekannt, daß die Metzger infolge des Mangels an Betriebsmitteln nicht mehr in der Lage sind, sich wie bisher mit Schlachtvieh einzudecken, die Ladenvorräte werden daher knapper sein. Um aber zu verhüten, daß einzelne Kunden zu unMnsten der übrigen sich überreichlich mit Fleisch versehen, müsse man zur Rationierung schreiten, damit jeder Kunde etwas bekomme. — Leider wird aber die Rationierung auch da und dort auch zur Zurückhaltung der Ware benützt.
Die Stuttgarter Straßenbahn „erhöht" einmal wieder. Die kleinste und wirklich kleine Strecke von zwei Teilstrecken kostet nun 10, bis vier Teilstrecken 15 (bis 1919 10), acht 20 und über acht 25 Goldpfennig.
Gmünd, 21. Nov Fund. Bei Grabungen an der Burg Waldau wurden verschiedene alte Waffen und Jagdstücke sowie ein bemalter Tonkopf (Wasserspeier) gefunden.
Winzingen, OA. Gmünd, 21. Noo. Wildschweine. Acht Wildschweine wechselten über das freie Feld vom Fils- ins Remstal hinüber und wurden von verschiedenen Personen beobachtet. Ein Schäferhund ging darauf los, wurde aber von dem Leitschwein zurückgetrieben.
Hall, 21. Nov. Vor der Stillegung Wie der Saline Wilhelmshall in Nottweil droht nun auch der Saline Hall die Stillegung. Zunächst wird aber der Salinen- betrieb bis zum kommenden Frühjahr aufrecht erhalten werden.
Etlmangen, 21. Nov. Verworfene Berufung. Die von den beiden Raubmördern Ernst Richmann uno Wilhelm Geist gegen das Urteil des Schwurgerichts Ellwcin- gen vom 25. Sept. 1923 eingelegten Revisionen sind am 2. November vom Reichsgericht verworfen worden.
Ohmen Haufen OA. Reutlingen. 21. Nov. Wilderer. Hier ist eine Wilderergesellschaft festgenommen worden, die schon feit einiger Zeit die umliegenden Wälder unsicher machte. Bis jetzt sind sechs Personen festgenommen, nämlich der Schlaffer Ernst Mayer, die Drahtweber Georg Hoch, Wilhelm Renz und Johannes Krumm, der Schreiner Gottlob Hack und der Fabrikarbeiter Georg Hack. Man hat auch die Waffen beschlagnahmt. Kürzlich haben die Wilderer eine regelrechte Treibjagd abgehalten.
Geislinaen a. St-, 21. Nov. Brand. Im sog. Pferch
Mit diesen Worten reichte sie ihm Brief und Papier- mefser und beobachtete ihren Sohn beim Lesen. Der bekam einen roten Kopf und legte den Brief, nachdem er Kenntnis genommen, schweigend beiseite.
„Darf ich wissen, was er enthält?"
Richard stutzte.
„Ich bin gewiß nicht neugierig, namentlich nicht, wenn Dinge drin stehen, die ich nicht lesen soll! Versprich mir nur, daß die Sache wirklich aus ist!"
„Sie ist aus; sie muß ja zu Ende sein!" antwortete Richard und machte Miene, den Brief zu zerreißen. Die Mutter hinderte ihn daran.
„Nicht doch, es ist nicht nötig! Hebe Dir den Brief nur auf, als ihren letzten. Wenn Ihr rein geblieben seid, wird Euch beiden diese Zeit später in verklärter Erinnerung bleiben — dann war sie nicht vergebens —"
„Glaubst Du mir denn nicht?!"
„Wie meinst Du das?"
„Weil Du die Worte: wenn Ihr rein geblieben seid, so merkwürdig betonst!" gab Richard gallig zur Antwort.
„Lieber Sohn, ein Abschiedsbrief der Geliebten, den Du die Mutter nicht lesen lassen willst, muß Dinge enthalten, die Euch beide bloßstellen!"
„Ts . . .! Es ist ja gar kein Abschiedsbrief — im Gegenteil I"
„Um Gottes Willen! Was soll das heißen?"
„Daß ich ein Esel, ein Schafskopf, ein Viech, ein Troddel war — kannst mich alles schimpfen, da lies den Brief, und dann — und dann . . er fuhr auf und rang vergeblich nach Worten — „dann lach' mich aus und sei beruhigt über meine Unschuld I"
Ein Hohngelächter erfüllte das Zimmer. Richard schlug sich vor den Kopf und setzte sich in eine Ecke, indes seine Mutter den Brief las.
Der Ekel schüttelte sie beim Lesen. So ein schamloses Frauenzimmer, das sich einem grünen Jungen in der Weise an den Hals wirft — aber Gott Lob! Richard war rein geblieben, jetzt glaubte sie es!
bei Kuchen hl abermals eine Heuhütte abgebrannt. Mo», vermutet Brandstiftung. Biel Heu ist vernichtet worden.
Steinberg OA. Laupheim, 21. Nov. Einbruch. In der Nacht wurde dem Käsereibesther Härle ein Kalb aus den, Stall gestohlen. Gleichzeitig ließen die Diebe mehrere Treibriemen Mitläufern Das Kalb scheint gleich im Garten abgestochen worden zu sein.
Wolfeag, 21. Nov. Kinderspeisung. Wie in früheren Jahren, so erhält auch Heuer eine Anzahl bedürftiger Schulkinder täglich ein gutes warmes Mittagessen im fürstlichen Schloß.
Wangen i. A-, 21. Nov. Wiedergefangen. Abends traf hier die Nachricht ein. daß der wegen Mords, begangen an Landwirt Mahle von Rempertshofen. seinerzeit zu lebenslänglichem Zuchthaus verurteilte Josef Feuerle in Ludwigsburg entwichen sei und sich !n der Umgegend von -tißlegg aufhalte. Sofort einsetzende Nachforschungen waren erfolgreich. In einem Bahnwarthaus zwischen Wolfegg und Kißlegg konnte der Entwichene bei seinem Bruder wieder festaenom- men werden.
Friedrichshafen, 21. Noo. Verbrannt. In Kluften ist das Wohn- und Oekonomttgemude des Landwirts Zer- laut zerstört worden. Der geisteskranke Vater Zerlauts ist in den Flammen umgekommen. Man vermutet, daß er den Brand verursacht hat.
Vom Bodensee, 21. Nov. D e v i s e n s ch m u g g el. Erbärmliche Gesellen schmuggeln zurzeit Franken und andere Devisen in die Schweiz, wo sie dafür bekanntlich mehr Papiermark erhalten, als in Deutschland selbst. Sie lassen sich von schweizerischen Banken entsprechende Schecks auf deutsche Banken geben.
Ebingen, 21. Nov. Unruhe. Wie amtstch mitg?!eill rürd. kam es am Montag in Ebingen aus Anlaß von dlohn- oerhandlungen zu einer größeren Kundgebung. Wahreid die Vertreter der Arbeitgeber und Arbeitnehmer auf dem Rathaus über Lohntarife verhandelten, sammelten sich vor dem Rathaus einige tausend Arbeiter, um auf die Verhandlungen einen Druck auszuüben. Die Mitglieder der Verhandlungskommission konnten längere Zeit das Rathaus nicht verlassen. Da weitere Unruhen zu befürchten waren, wurde in der Nacht eine Abteilung staatlicher Schutzpolizei nach Ebingen entsandt. Am Dienstag niorgen herrschte, m't Ausnahme einer kleineren Fabrik, in allen Betrieben Ar> beitsruhe. Einige Leute, die besonders hervorgetreten waren, wurden vorläufig festgenommen. Im übrigen ist die Ruhe und Ordnung bisher nicht gestört worden.
Wiblingen, 21. Nov. Gefährliche Diebe. Kürzlich wurde einem Landwirt zur Nachtzeit aus seiner Scheuer ein Sack Roggen mit etwa 1,5 Ztr. und kurze Zeit nachher wieder ein Sack Gerste im Gewicht von etwa 3 Zentner gestohlen. Die Täter wurden ermittelt. Bei der Fahndung wurde einer der Diebs überrascht, wie er unter dem aufge- rissencn Bretterboden im Armenhaus eine große Menge Puloerpcckeke verstecken wollte. Er hatte mit zwei Genossen ans einem zwischen Neu-Ulm und dm Illerbrücke gelegenen Pulver-Häuschen sechs PuGerkasten im Gesamkwert von 60 Billionen auf erschwerte Weise gestohlen-
Baden
Karlsruhe, 21. Nvo. Das Staatsmmisterium hat beschlossen, das Bezirrsbarramt Eurmendingen mit sofortiger Wirkung aufzuheben. Die Verwaltung des Hochbauwesens im Amtsbezirk Ettenheim wird dem Bezirksbauamt Offenburg, in den Amtsbezirken Emmendingen und Waldkirch dem Bezirksbauamt Freiburg zugewiefen.
Pforzheim, 21. Nov. Bei der Wucherpolizei wurde ein kiesiger Metzgermeister angezeigt, weil er in seinem Geschäft Ware nur gegen wertbeständiges Geld abgab.
Bruchsaß 21. Nov. Am Montag wurde der Raubmörder Geiger von Grohwinierfeld im Hof des hiesigen Zuchthauses enthauptet. Nachdem ihm verkündet worden war, daß das Staatsministerium seine Begnadigung abgelehnt habe, leugnete er nicht mehr und nahm auch geistlichen Zuspruch und die hl. Kommunion an, nachdem er gebeichtet hatte. Am Montag kurz nach 7 Uhr morgens wurde er auf den Richtplatz und nach Verlesung des Urteils mit verbundenen Augen zum Schafott geführt, wo er noch einmal die Hand des Geistlichen faßte. Wenige Sekunden darauf hatte da» Fallbeil seine Arbeit getan. .
„Wenn Du etwas versäumt zu haben glaubst, kannst Du ja mit ihr durchgehen!" bemerkte sie mit leichtem Hohn, „Du mußt nur nicht vergessen, daß Du noch nicht mündig bist, und daß Dein Vater Dich mit der Polizei holen lassen wird!"
„Ich will ja gar nicht — sei mir doch gut, Mutter! Ich — ich muß doch nun mit mir selbst fertig werden I" —
Schweigend saßen Mutter und Sohn eine Zeit im Zimmer.
„Du mußt einen Entschluß fassen, mein Junge, und zwar rasch! Denn es besteht die Gefahr, daß Frau Nitschak ungeduldig wird und Dich irgendwo, womöglich vor dem Gymnasium, abfaßt ..."
Er war in stilles Brüten versunken und kämpfte innerlich mit sich.
„Willst Du es nochmal drauf ankommen lassen, Dich in der Zeitung mit ihr zusammen gedruckt zu lesen?"
Richard schauderte; die letzten Wachen waren ihm in peinlichster Erinnerung.
„Du erkennst aus diesem Briefe deutlich, was die Frau will: Du sollst ihr behilflich sein, ihren Mann los zu werden; Du sollst sie heiraten, sollst deshalb sofort irgendwo eine Stellung als Kapellmeister oder so was annehmen. — Nur eine ganz klare, unzweideutige Absage kann Dich davor bewahren, daß Du ihr verfällst. Willst Du wirklich Deinen Eltern eine geschiedene Frau ins Haus bringen — willst Du Dir Deine Jugend und vielleicht Dein ganzes Leben so verpfuschen?"
„Was soll ich denn tun, Mutter?"
„Das Richtige wäre ja, diesen Brief Deinem Vater zu weiterer Veranlassung zu übergeben! Wenn ich davon absehe, ist es nur, um ihm und uns unnötige Aufregungen zu ersparen! Wenn Du es mir gestattest, will ich den Brief beantworten, Du sollst ihn aber lesen und mir sagen, wenn Du irgend etwas beanstandest!"
Richard seufzte und schwankte.
(Fortsetzung folgt.)