Der Gerber von Bafel.
Von Hans G 8 f g e n-Wiesbaden.
Vor vielen hundert Jahren ritt einmal ein König, der den Namen Rudolph führte, durch die Straßen Basels. Mit Wohlgefallen ruhten seine Augen auf den hohen Häusern, die stolz am Wege standen und gleich Edelsitzen auf den Fürsten niederschauten. Die Schiefer der Dächer leuchteten in der Sonne, schön geformte Erker, an deren Fenster holde Frauen bei Stickereien saßen, schmückten die Häuser.
. Da dachte der König bei sich, die Menschen, die hier wohnen, haben das schönste Leben von der Welt: Schöne Häuser, schöne Frauen und gewiß Müßiggang von früh bis spät.
Plötzlich scheute Rudolphs Pferd, und der König erblickte einen schmutzigen Gerber, der mitten auf der Straße eine übelriechende Haut ausgespannt hatte und sie nach Kräften bearbeitete. Da dachte der Fürst abermals bei sich, der Mann da auf der Straße sei doch wohl ein armer Schelm, daß er solch unsauber Handwerk treiben müsse, und laut fügte er hinzu: „Gesell, wenn Ihr Brot hättet alle Tage, dazu ein ehrbares, schönes Weib, Ihr würdet wohl nicht diese übelriechende Haut gerben."
Der Handwerker aber trat zur Seite und erwiderte: „Herr! Was Ihr mir wünscht, besitze ich in reichem Maße."
Der König aber meinte, der Mann treibe seinen Spott mit ihm, und er rief ihm zu: „Mich gelüstet, Euern Schatz zu sehen, erwartet mich zum Abend."
Der Handwerker verbeugte sich und trat in eines der Häuser, die im Scheine der sinkenden Sonne doppelt freudig in den Tag sahen. Dann warf er Schurz. Mütze und Kittel ab und stieg in ein warmes Bad, das die Mägde sorgsam mit duftendem Wasser gewürzt hatten.
Nach einer Weile trat der Gerber prunkvoll gekleidet vor seine Frau und verkündete ihr, daß der König sie zu sehen begehre und am Abend ihr East sein werde.
Die Frau aber schritt zum wohlgefüllten Schrein und schmückte den lieblichen Leib mit Sorgfalt und Bedacht.
Die Knechte und Mägde aber richteten derweilen die Tafel und sparten nicht an Hellem Silber und leuchtendem Gold.
In der Küche aber bereiteten Koch und Köchin ein fürstliches Mahl.
Nach einer Weile erschien der König und sah mit Staunen den Wohlstand, der allenthalben mit beredtem Munde zu ihm sprach.
Der König aber setzte sich an die Tafel, winkte die Gerbersfrau an seine Rechte und hieß den Handwerker an seiner Linken Platz nehmen.
Dann aber sprach der Fürst: „Herr Wirt, ich verstehe nicht, warum Ihr, da Ihr solche Schätze Euer Eigen nennt, noch ferner solch schmutziges Handwerk treibt. Kommt an meinen Hof, Ihr sollt Ritter sein, und vor Eurer Gemahlin sollen sich beugen Grafen und Könige."
Der Gerber aber antwortete mit diesem Wort: „Herr! Ich wage, zu erwidern, wie ich im Herzen fühle. Mein Handwerk hat mich reich gemacht, ich bleibe ihm treu, solange mir Kraft dazu verliehen ist. Eure Aufforderung, an den Hof zu ziehen, ehrt mich und meine Frau. Aber das Glück, das ich hier in reichem Maße genieße, bliebe mir in Eurer Nähe wohl kaum treu. Das schmutzige Kleid, das ich tagaus, tagein bei meiner Arbeit trage, lockt keinen Neider,' wer aber am Hofe lebt, ist von Neugierigen und Aebelwollsnden bedroht von früh bis spät. Mein Weib aber schmückte sich vielleicht zur Freude für andere."
Da schwoll die Zornesader auf des Königs Stirn, und ein hartes Wort wollte seinen Lippen entschlüpfen
Dann aber besann sich der Fürst. Er erhob sich von der .Tafel, neigte sich vor den Eerbersleuten und sprach: „Ihr Habt recht. Meister, ich wollte Euch einen falschen Pfad führen. Bleibet bei Eurem Handwerk und seid mein Freund.
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Wenn ich des Rates bedarf — und^oft sollte ein Fürst die Meinung anderer hören — will ich Eurer gedenken und mein Pferd vor Eure Türe lenken; Eure Meinung, des seid gewiß, wird mir wertvoller sein, als der Rat der Höflinge, di« um mich sind."
Seid jener Zeit, so wird überliefert, ward das Reich besser und weiser regiert, denn zuvor.
Wenn aber in Basel die Menschen darüber stritten, woher es wohl komme, daß der König öfter, denn früher, in wichtigen Dingen den rechten Weg beschreite, dann schwieg der Gerber und lachte leise in sich hinein. Niemals aber verriet er, wer der Herr sei, der zuweilen in der Abenddämmerung vor seinem Hause vom Pferde stieg.
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Vermischtes.
Die Macht der Frau.
Sie besteht nicht in der Ausübung roher Gewalt, sondern sie zeigt sich in der Betätigung des Gemütes und Herzens. Die Frauenhand ist von Natur weich, das Herz liebreich und teilnahmsvoll. Möge sie ihre Macht im engen Rahmen der Häuslichkeit, wie im Schaffen und Wirken für weitere Kreise entfal- ten. Es wird ihr zum Ruhme gereichen, wenn sie ihren Platz im Leben voll und ganz ausfüllt und ihn auch gegen widrige Strömungen behauptet. Keiner soll müßig am Markte des Lebens stehen und mutlos Klagen: „Mich hat niemand gedinget, meine Kraft muß daher brach liegen." Auch der schwächste
Mensch kann noch, nach seiner Art und Veranlagung etn nütz, liches Mitglied der menschlichen Gesellschaft sein. Er muß nur die ihm verbliebene Kraft In richtiger Weise und in weiser Selbst, beschränkung anwenden. Wer über die Kraft hinausgeht, bricht unfehlbar unter den bösen Folgen zusammen. Die Macht der Frau beruht auf dem Maß der Güte und Opferwilligkeit, das sie im Verkehr gebraucht. Die ausgeteilte Liebe kehrt vervielfältigt zu dem liebreichen Herzen zurück; die Selbstlosigkeit findet den reichsten Lohn in dem beglückenden Gefühl, dem Nächsten wahrhaft dienlich gewesen zu sein. Wo die^rau in dieser Weise zum Wohl anderer tätig ist, da entfaltet sie eine Macht, der sich keiner auf die Dauer entziehen kann. Sie wendet kei- ne Gewalt an, um ihren Zweck zu erreichen. Der Frieden des Hauses, das Behagen aller Hausangehörigen, wird von vornherein gesichert, wenn eine Frau mit liebreichem Herzen und durchdringendem Verstände die Leitung übernimmt. Freilich werden ihr trotzdem, oder sollen wir sagen, gerade deswegen die inneren und äußeren Anfechtungen nicht erspart bleiben. Aber sie erlangt durch ihr taktvolles Verhalten doch endlich den Sieg. Eie zieht den Trauernden und Verzagten mit unwiderstehlicher Gewalt in ihren Bann, weil sie das rechte Wort am rechten Ort zu sagen weiß. Eie weint mit dem Weinenden und freut sich mit dem von der Freude Gegrüßten. Sie erbarmt sich des Not- leidenden und zeigt für jeden eingehendes Verständnis seines besonderen Falles. Bor allem aber mehrt sie den Frieden, den kostbaren Frieden, so viel es nur irgend in ihrer Macht liegt. Mag ihre Hand noch so zart und schwach sein, so hat sie doch zu allen Zeiten die Kraft, die Friedenspalme hoch zu Hallen. Eie gibt der Welt durch ein leuchtendes Beispiel, das ganz dazu geeignet ist, in weiteren Kreisen als nur im eigenen Heim vorbildlich und nachahmungswert zu wirken. Solcherweise ist die Macht der Frau unbeschränkt, und sie muß sich des in ihre Hand gelegten Segens stets bewußt sein. Dela.
Bei lebenden Indianer«.
Vom Besuch in einem Indianerdorf Guatemalas erzählt Max Vollmberg in der „Gartenlaube". Dem Aufsatz, der mit charakteristischen Bildern aus dem Indianerleben reich geschmückt ist, entnehmen wir folgende interessante Ausführungen: „Das Mittagessen nehmen wir beim Kaziken ein. Huhn mit Reis und Chilesauce, dazu Tortillas, Frijoles und geröstete Platanos werden uns auf Emailletellern serviert, während der Indianer seine Tortillas gleichzeitig als Teller benutzt. Dann gibt es heißen schwarzen Kaffee, der mit „Panela" (brauner Zuckerrohrmasse) gesüßt ist. Bald nach Tisch hören wir „Lohetes" (Raketenschüsse)
knallen, dazu ertönt das dumpfe Bum-bum-bum-Bum»
bum-bum der Pauke. Wir gehen an die Tür. Eine Prozession zieht vorbei zur Kirche. — Abends gibt es eine „Fiesta". Die Räume und Korridore der Alcaldia find dick mit duftenden Kie» fernnadeln bestreut, und die Pfeiler sind mit Blättern und Blumen reichlich geschmückt. Die „Marimba" spielt, und alt und jung schwingt das Tanzbein; nicht nach der unanständigen Art der Ladinos und der Weißen, die sich beim Tanz an ihre Frauen pressen, sondern in reinlicher Scheidung tanzen Männer und Frauen jeder für sich, hüpfend und trippelnd mit losen Gelenken und schön mit den Armen schlenkernd. Die Marimba ist das nationale Musikinstrument Guatemalas. Es besteht aus sein abgestimmten Holzbrettchen, die über einem Gestell nach AN des Xylophons oder des Zymbals angeordnet sind. Die drei braven fleißigen Marimberos, die stehend das Instrument mit Klöppeln bearbeiten, sind nicht nur sehr musikalische, sondern auch weitgereiste Leute. Sie spielen nicht nur ihre heimatlichen „Zongs", sondern überraschen uns auch mit einem deutschen Liede, das sie auf einer deutschen Plantage, der „Costa Cuca" kennengelernt haben. Der „Guaro" (Schnaps) wirkt allmählich bei den Festteilnehmern; einige werden rührselig, und die Freudenrufe, ein im Kopfton geschrienes Iiii-yai-yai oder Uuu-Haaa, mehren sich. Die mit Peitschen ynd Macheles bewaffneten Polizisten bekommen zu tun, und der Mann im Gefängnis, der schon längst unter Alkohol gesetzt ist, wird bald nicht mehr allein fein. Wir ziehen uns, müde vom letzten neunstündigen Ritt, in das gastliche Haus des Kaziken zurück, wo unser ein hartes Bretterbett wartet, das durch die daraufgeschütteten Tannennadeln nicht viel weicher geworden ist, doch die schmeichelnd angenehmen melodischen Töne der Marimba lullen uns in den Schlaf und sorgen für einen befriedigenden Abschluß des Tages."
Für die Schriftleitung verantwortlich: Otto Geltmann» Calw.
Druck und Verlag der A. Oelschläger'schen Buchdruckerei, Calw.
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am Dienstag, den 24. April, vormittags 9 Uhr, vom Bezirk !l und II.
' Calw, den 23. 2lpril 1923.
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Einzahlungen, die vor dem 15. Juni erfolgen, erhalten i volle Dividende für das ganze Jahr 1923. Die für s Jahr 1922 guigeschriebene 15 "/<> ige Dividende wird nicht sbezahlt. sondern als Einzahlung auf den erhöhten Ge- ästsanteü gutgeschrieben. Auf wirtschaftlich Schwache wird >e Rücksicht genommen.
Calw, den 23. April 1923. —
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