Nach einem Pariser Blatt sollen setzt täglich 4500 bi« SMO TonnenKoksin Ehrang an der Mosel eintreffen.
Der Berliner Vertreter des Pariser „Matin" will er» fahren haben, daß der auf den Halden des Ruhrgebiets liegende Koks böswillig durch ein chemisches Verfahren für Hochöfen unverwendbar gemacht worden sei. Er sei nur noch für Hausbrand zu gebrauchen.
Die Franzosen haben an der Mojeldahn die deutsche Post beschlagnahmt-
Französische Urteile
Bochum. 23. April. Das Kriegsgericht in Hattingen verurteilte den Bergmann Körner aus Bochum, der einem Frauenzimmer, das sich mit Franzosen abgab, mit Zopf- sbschneiden gedroht hatte, zu 3 Monaten Gefängnis. Der französische Staatsanwalt hatte ein Jahr beantragt. — Der seit mehreren Wochen verhaftete Schriftleiter der „Dortmunder Zeitung", Hörder, wurde zu 1 Jahr Gefängnis und 3 Millionen Mark Geldstrafe verurteilt, weil er über die Vorfälle in Buer berichtet hatte, wo ein Schutzpolizist und ein Z'vilist erschlagen worden waren.
Im besetzten Gebiet sind 42 Zeitungen des unbesetzten Gebiets verboten. Dazu kommt ein Erscheinungsverbot einer ganzen Reihe von Blättern im besetzten Gebiet selbst.
Die Schützlinge der Franzosen
Düsseldorf, 23. April. Die Wucherpolizei hatte bei der F rma Wagener und Hauser 50 Sack Kaffee beschlagnahmt, die ein Holländer Duynen unverzollt eingeschmuggelt hatte. Der Holländer rief den französischen Schutz an und erklärte sich bereit, den Zoll an die französische Behörde zu zahlen. Diese befahl nun der deutschen Behörde, den Kaffee josort an Wagener und Hauser herauszugeben und das Strafverfahren wegen Zollunterschlagung gegen sie und Duynen einzustellen. Da tue Wagener und Hauser dringend verdächtig waren, noch in andere unsaubere Geschäfte verwickelt zu sein, wurden wenigstens die Geschäftsbücher einbehalten. Die Besetzungsbehörde gab aber den strengen Befehl, auch die Bücher zurückzugeben und jede weitere Verfolgung der Firma zu unterlassen.
„Ohne Gewalt und Herausforderung-
Berlin, 23. April. Das Reichsministerium des Innern überg.bt eine „Denkschrift über die Ausschreitungen der Be- jetzungstruppen im rheinischen Gebiet" der Oeffentlichkeit. Darin werden 437 Fälle der grauenhaftesten Verbrechen angeführt. denen Männer, Frauen und Kinder vom 3. bis zum 80. Lebensjahr zum Opfer gefallen sind. Erschossen, erschlagen und erstochen wurden 76 Personen, darunter ein Kind von 5 Jahren. Schwerste körperliche Mißhandlungen wurden gegen 98 Männer und 33 Frauen verübt. Das abscheulichste Kapitel sind die Sittlichke:tsverbrechen. In dieser Hinsicht sind den weißen und farbigen Franzosen Kinder von 3'/- Jahren an und Frauen bis zum 73. Lebensjahr zu Opfern geworden, außerdem viele Knaben und Jünglinge. Die Verbrecher wurden gewöhnlich freigesprochen. Vier Farbige vergewaltigten z. B. bei Siegburg ein 16jäh- riges Mädchen. Auf dis Anzeige der deutschen Reichsregierung antwortete die französische Militärbehörde, die Anzeige sei zu den Akten gelegt worden, da sie (nach französischen Begriffen) von minderer Bedeutung sei. Der Witwe und den Waisen eines durch französischen Raubmord gefallenen Kaufmanns bezahlte die französische Behörde 10 000 Mark aus, damit war der Fall erledigt. Die 10 000 Mark kommen natürlich auf Besetzungskosten. Dem betagten Vater eines ohne jede Veranlassung erstochenen Eisenbahners wurden als Entschädigung 50 Franken bewilligt. Die Denkschrift bringt nur Fälle, die ausnahmslos auf amtlichen Erhebungen beruhen. Die wirkliche Zahl derartiger Gewalttaten geht in die Tausende. Die meisten werden aus Scham und aus Angst vor den Vesetzungsbehörden verschwiegen.
Frankreich will keinen internationalen Ausschuß
Paris, 23. April. Zur Oberhausrede des Lord Curzon schreibt Pertinax im „Echo de Paris", die Absichten Curzons seien ausgezeichnet, aber er bedenke nicht, daß Frankreich Beschlüsse gefaßt habe, che es nicht fallen lassen könne. Es könne keine Rede davon sein, die Feststellung der Leistungsfähigkeit Deutschlands einem internationalen Sach- oerständigenausschuß zu überlassen. Das Ruhrgebiet werde besetzt bleiben, bis der letzte Pfennig bezahlt sei. Erst wenn England die Grundbedingung anerkannt habe, könne man über die Höhe der Entschädigungssumme sprechen
Die Maske Herunkerl
Amsterdam, 23. April. Der ehemalige italienische Ministerpräsident Nitti, bekannt durch sein Buch „Europa ohne Frieden" und zahlreiche andere scharfe Kritiken an der Politik der Entente, schrieb an den im Haag tagenden Kongreß der Gesellschaft für sittliche Volkspolitik in seinem Brief über die europäische Lage: Es ist nicht länger zu d daß di? l siegten Länder wegen der R?" nsvolitik ihren Charakter als souveräne Staaten verloren haben. Die Sieger, die i Unterlege.^,! alle greisoaren Güter weggenommcn und alle verfügbaren fnstsguellen entzogen haben und de ver- ongen, daß Die Besiegten die Besetzungsheere bezahlen, welche mehr kosten, als die größten Heere der Vorkriegszeit, verdienen kein Vertrauen und keine Achtung, wenn sie durch Gewaltmittel die Zahlung enormer Summen verlangen, nur zu dem Zwecke, dadurch das innere Leben der vormaligen Feinde zu verwirren oder ihre Auflösung zu verursachen. Die Grundlage, jeder wiederauflebenden Politik kann nur darin bestehen, daß der Reparationspolitik ein Ende gemacht wird, denn diese hat sich als dauernder Schwindel und unglaublicher Betrug gegenüber dem ehrlichen Glauben der West entpuppt.
Lohnstreik
Köln. 23. April. Das Personal des Fahr- und Zugdienstes der Köln-Bonner Eisenbahn ist am Samstag in einen Lohn- streik getreten.
5—k Milliarden jährlich
Paris, 23. April. Bei einem Festessen französischer Kaufleute und Industrieller erklärte Loucheur, Deutschland könne 5—6 Milliarden Goldmark jährlich zahlen, aber es müsse Anleihen aufnehmen.
Neue Nachrichten
Der beschlußunfähige Reichstag
Berlin, 23. April. Im Reichstag sollte am Samstag ein Gesetzesantrag beraten werden, der Sprengung von Versammlungen mit Gefängnis und Geldstrafen bis 1 Million Mark ahndet. Auf kommunistischen Antrag wurde die Bcscblußunfähigkeit des Hauses festgestellt, da nur 125 Abgeordnete anwesend waren. (Zur Beschlußfähigkeit sind 230 erforderlich).
Der Fehlbetrag des Reichshaushalts
Berlin, 23. April. Durch die letzten Teuerungsaufbssserun- gen der Beamtengehälter und Arbeitslöhne hat sich der Fehlbetrag des Reichshaushalts um einige Billionen erhöht — wie Abg. Dr. Helfferich im Reichstag vorausgesagt hatte.
Severing und die Deukschvölk'schen
Berlin, 23. April. Im preußischen Abgeordnetenhaus kam am Samstag die Anfrage des Abg. Schlange (DN.) wegen des durch den Minister Severing (Soz.) verfügten Verbots der Deutschoölkischen Freiheitspartei in Preußen aus die Tagesordnung. Schlange sagte, der Minister habe den Franzosen geradezu in die Hände gearbeitet und sei der Abwehr der Reichsregierung in den Rücken gefallen. Minister Severing erklärte, zwischen der preußischen Regierung und der Reichsregierung bestehe Einmütigkeit über die Führung dieses Kampfes und auch darüber, daß gegen die Ruhestörer von rechts und links aufs schärfste eingeschritten werden müsse. Er wolle nicht leugnen, daß ein gewisser Selbstschutz unter Umständen notwendig sei, wie bei einem etwaigen Einfall der Polen in Oberschlesien. Es sei ihm (Scve- ring) vorgehalten worden, daß er jüngst die Kommunisten und Anarchisten „polithbe Kinder" genannt ' ibe, während er gegen die Rechtsstehenden mit größter Strenge vorgehe. Aber für die Ausschr-'tungen in Mülheim ulw. dürfe man nicbt in erster Linie die Kommunisten und Anarchisten verantwortlich machen, sondern die Polit k Poincares. In den Kamvstrupvs der De'.itscbvölkü-li§n Freibe'tspartei habe die Abstcht bestanden, lüs 31. März lasmschlggen. Das sei unter Mitrnirk"nn non Ri»'^-'mebrnrk'-r?r-n sck^eK»8t werden. Die Reichswehr sei um wohlwollende Neutralität gebeten worden.
Das Geheimarchiv Rikikaz gefunden
EWnse, 23. April. Hier wurden v'?r große Kästen mit Wertaeaenständen, die dem ehemali en montenegrinischen Hof gehören, ausgsgraben. Bei dieser G-limenhsst wurde n"-b p'n K<-ss?r mit S'lu-'r'-Zücken v- g-r- ^ n. welche das
politische Geheimarchiv des verstorbenen Königs Nikita darstellen. Diese Kästen wurden gelegentlich der Flucht des montenegrinischen Hofes im Jahre 1916 vergraben.
Aufruhr in Rußland?
Riga, 23. April. Aus Moskau sind Meldungen eingelaufen, daß dort und in einigen anderen russischen Städten ernst« Unruhen gegen die Bolschewisten und Juden ausgebrochen seien.
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Dollarbewegung und Preisgestaltung ^
Der Kampf um die Mark hat wieder begonnen. Nachdem !- seit etwa Mitte Februar die Mark sich ungefähr aus einem - Dollarstand von 20 000 ^ gehalten hatte, ist jetzt wieder eins schwere Erschütterung des Markpreises eingetreten. Die Kurs- l entwicklung der Mark und des Dollars wird durch die nach- ^ stehende Tabelle beleuchtet: es gelten je 100 Mark:
Friedensparität: 31
1.21:
11.1.22:
1 . 2 . 23 :
6 . 4 . 23 -.
jetzt: i
Amsterdam
28,26
5,27
1,70
0,00,58
0,01,20
0,00,88
Zmi ''
123,45
11,45
2,05
0,01,25
0,02,57
0,01,80 -
Stocllpotm
88.80
8,25
2,33
0,00,00
0,01,85
0,01,40
Kopenhagen
88,80
8,15
2,S5
0,01,03
0,02,65
0,02 i
Dollar
4,20
60,50
176.50 ca
43 000 ca. 21150
ca. 25 750 :
Die Reichsbank ist zweifellos in der Lage, durch Hergabe von Demen wieder einen Druck auf die Devisenkurse auszu- s üben, zumal sie für derartige Stützungszwecke ihre Goldrück- s lagen im Ausland neuerdings wesentlich verstärkt hat. Die 1
anderen Maßnahmen der Regierung gegen den Marksturz, > s
die Einschränkung der Einfuhr sowie die Anmeldepflicht für s
Devisen, werden im günstigsten Fall erst nach geraumer Zeit !
wirken können. Dazu kommt, daß derartige Maßregeln in :
einem Land, dessen wichtigstes Industriegebiet von einer :
feindlichen Macht besetzt gehalten wird, niemals volle Wirk- !-
samkeit ausüben können. Die Notwendigkeit, große Mengen Kohle und Eisen aus dem Ausland einzuführen, und die Un- möglichkeir, die Einfuhr von Luxuswaren in das besetzte Ee- s bist ganz zu verhindern, wird immer von neuem unsere Zah- !i
lungsbilanz passiv gestalten. Diese Passivität /nsersr Zah- s
lungsbilanz wird immer wieder eine starke Deeistnnachfrag« f hervorrillen. j
Die Devisenbewegung ist eben wieder eine offene Frage geworden. Es ist zu befürchten, daß nach der jetzigen neuen )
Erschütterung des Markkurses zunächst die Einfuhrwaren j
wieder eine Preisbewegung nach oben einschlagen, daß aber s
dann auch die Inlandswaren folgen. Es wird Aufgabe der 4
Reichsbank sein, einen müßigenden Einfluß auf diese Preis- t
erhöhungsrichtung auszuüden, aber Preiserhöhungen völlig ß
zu verhindern, wird kaum möglich sein, zumal der Verbrauch, »
enttäuscht über die Unterbrechung des Preisabbaus, aus sei- ß
nsr Ruhe und Zurückhaltung aufgestört worden ist. s
Indessen zeigt der letzte Ausweis der Reichsbank doch, daß trotz der großen Ansprüche des Ruhrlands, wo die Wa- ren sich aufstapeln, ohne Absatz zu finden, die Ausgabe der U Reichsbanknoten in ein langsameres Tempo eingelenkt ist, fl und die Reichsregierung wird auf diesem Weg weiter arbeiten. ^
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Württemberg l
Stuttgart, 23. April. Ministerpräsident von Knilling hat auf seiner Durchreise nach Heidelberg, wohin er sich in Sachen der ausgewiesenen Pfälzer begibt, dem Staatspräsidenten Dr. Hieb ex einen kurzen Besuch abgestattet. Auch in Karlsruhe weilte der bayerische Ministerpräsident nur zu kurzem Besuch.
Explosion. In der Farbenfabrik von G. Siegle n. Co. in der Hafenbergstraße ereignete sich heute nachmittag vor 1 Uhr eine Kesselexplosion. Ein Arbeiter wurde schwer, zwei weiters leicht verletzt. Der Materialschaden ist nicht sehr bedeutend. Der Betrieb erleidet keine Störung.
Vom Tage. In der Schreiberstraße wurden ein 39 Jahre alter Packer und sein 12 Jahre aller Stiefsohn bei geöffnetem Gäshahnen tot ausgefunden. Es liegt Mord und Selbstmord vor. Der Beweggrund ist in ehelichen Zwistigkeiten zu suchen. — Beim Radrennen in den Anlagen wurde ein Zuschauer angefahren. Er erlitt einen Bruch des linken Schlüsselbeins. — Auf dem Sportplatz in Degerloch brach ein IS Jahre alter Spieler den rechten Oberschenkel.
Hohenheim. 23. April. DerschwädischeBismarck- Jugendbund hielt gestern hier unter ungeheurer Beteiligung aus dem ganzen Land den ersten Landmannschaftstag in Hohenheim im „Blauen Saal" des Hohenheimer Schlosses. Ansprachen hielten der einstimmig zum Land- mannschaftsführcr gewählte Studienrat Bruno Roos, Schriftleiter E. Kneller von der ..Südd. Zig.", Abg. W i -
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f Blaubart.
!--4) Roman von Marianne MewiS.
- Der Rat setzte nicht viel Vertrauen in die Reitkünste de- kleinen, dicklichen Maries und wollte den jungen Knecht schicken, sah aber schon staunend Lodzek, der sich dabei in seinen Zivilkleidern sehr merkwürdig ausnahm, äußerst flink und gewandt aus das ungesattelte Pferd springen und davonpreschen, daß der Staub ihm in einer dicken Wolke nachflog.
Donata und Flick folgten, tief bekümmert über den bösen Schluß der fröhlichen Wanderung, dem Wagen zu Fuße.
Dreizehntes Kapitel.
Theas Leben war außer Gefahr. Sie litt jedoch längere Zeit an den Wirkungen des Giftes. Und es durfte einstwellen keine Rede davon sein, daß sie Kemmern verließ.
Attmatt machte sich schwere Vorwürfe, daß er unterlassen hatte, beizeiten vor den Ottern zu warnen, die sich gerade in der Unglücksgegend auf kleinem Bereich schon öfters gezeigt hatten, seit einiger Zeit allerdings ausgerottet zu sein schienen.
Thea lächelte zu seinen eSlbstanklagen: „Wenn Sie überhaupt ein Unrecht begingen, haben Sie es wett gemacht!"
Seit dem Tage des Unfalls war ihre „Abneigung" gegen den „Blaubart" wie weggelöscht. Obwohl sie sich gegen die Empfindung wehrte, spürte sie immer noch seinen heißen Mund auf ihrer Hand. Und sie konnte sich nicht helfen: es schien ihr durch seine Handlungsweise für immer ein Band zwischen ihnen beiden geschlungen zu sein. Ein natürliches Freundschaftsband zwischen mir Mnd meinem Lebensretter, dachte sic. .
Ob Attmatt ähnlich empfand, ließ sich nicht festsiel- len. Er kam seltener nach Kemmern, als alle erwarteten, stets in Lodzeks Begleitung und nur für kurze Zeit. Bleicher und magerer wurde er und saß still und ernsthaft neben Donata, die ihm die Hauptsache zu sein schien.
Auch Thea verhielt sich ihm gegenüber ziemlich schweigsam und zurückhaltend. Niemand konnte „übMguel- lende Dankbarkeit" an ihr loahrnehmen.
Dennoch merkte sie, wie der Russe mit lauernden Blicken einem Einverständnis nachspürte. Ganz, ganz heimlich. Und nur, wenn er sich vollkommen unbeobachtet glaubte.
Seine Verehrung für Thea — Anbetung! behaupteten die Kemmermanns — konnte er nicht zu verbergen. Er verschlang ihr schönes Gesicht förmlich mit den Augen und sah ihr zu, wie sie sich bewegte, kam, ging, daß ihr zuweilen ganz heiß dabei wurde.
Uebrigens machte er sich allen angenehm. Der Rat erklärte ihn für einen gescheiten Kerl uckd nahm ihn auf seinen Wunich einmal in das Offizierskasino der Kreisstadt mit. Dort hatte er sich überaus bescheiden und liebenswürdig betragen und keine Spur von unziemlicher Neugier verraten. Er setzte, da die Damen und Attmatt einstweilen keine Lust zum Botanisieren zeigten, seine Gänge allein fort, „denn er liebe es nicht, eine Sache in den Anfängen stecken zu lassen."
Nach einiger Zeit erklärte er, daß sein Urlaub zu Ende gehe, und brachte in einem sorgfältig behandelten Herbarium vas Ergebnis seiner Sammlungen nach Kemmern. Er kam allein. Attmatt war ebenso wie Kem- mermann zur Kreisausschußsitzung gefahren. Und der letztere hatte seine Töchter und Donata im Kraftwagen mit zur Stadt genommen, wo die Mädchen Besorgungen machen wollten.
Tine und Thea saßen in der Glasveranda. Denn es war kühler geworden. Lodzek bat, Thea seine bescheide- neu Schätze vorlegen zu dürfen. Er hatte besonders viel Moose unb Flechten aufs zierlichste zusammengesiellt. Thea zog ihre Bücher zu Rate. Und es dauerte nicht lange, da waren die beiden in die Sammlung und Lodzeks Mitteilungen über die Fundorte der Pflanzen, von denen er öfters feine und scharfe Lichtbilder hergestellt hatte, so eisrig vertieft, daß Thea gar nicht merkte, wie Tine, die schon mehrmals verstohlen gegähnt hatte, leise den Raum verließ.
Ob Lodzek diese Flucht ebensowenig beachtet hatte? Er ging von den vorliegenden Dingen mehr ins allge» meine über, erwähnte die botanische Abteilung der Dresdener Hhgieneausstellung und pries das großartige Organisationstalent der Deutschen, ihre Ordnungsliebe, den Sinn fürs Folgerichtige, die hohe Verstandesreife.
„Wirr sind merr Naturmenschen. Und gar manches, das verstandeswäßig behandelt werden sollte, ist fier uns rrein Gefichlssache."
Thea lächelte in gutmütigem Spott: „Sie sind also Gemütsmenschen?"
„Sind wirr auch, gnäddiges Freilein. Wirr folgen starken Trieben, die uns natürlich manchmal in falsche Richtungen peitschen. Stark in Haß. Und stark in Libbe! Aberr schlechte Menschen sind wirr deshalb doch nicht. Und die Gebbildetcn unter uns habben ihre Impulse ziegeln gelernt."
„Ich kenne sehr liebenswürdige und kluge Kommili- toninnen und weiß von Bekannten, daß cs sich in Rußland angenehm lebt", entgcgnete Thea ebenso höflich, ?
— unvorsichtig.
(Fortsetzung so lat.)
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