— Am Sonniag zerstörte, wie su« Hamburg gemeldet wird, in Holm bei Wedel eine Feuersbrunst 12 Häuser, darunter die Schule; mehrere Personen wurden schwerverletzt. Es herrscht Wassermangel und c« wird Brandstiftung vermutet. Der Altonaer Staatsanwalt leitete eine Untersuchung ein.
— Bei den Stierkämpfen am Sonntag sollen in Paris ein Mensch getötet und zwei Verwundet worden sein.
— Letzter Tage wurde versucht, das Pulverwerk in Wagnitz bei Gratz in die Luft zu sprengen. Der Werkmeister bemerkte im Röstofen, wo sich über 9000 Kilo Pulver befanden, einen glimmenden Lappen, welchen er noch rasch entfernen kennte. Die Thal wird als der Racheakt eines Arbeiters gegen den Werkmeister dargestellt.
— In der Ortschaft Mikalaka im Araber Komitat hUngarn) sind zwei rumänische Geistliche angestellt, die in fortwährendem Streite leben. Auch die G meindc ist infolgedessen in zwei feindliche Lager gespalten. Gegen einen der Popen, NamenS Johann Zira, brach am letzten Sonntag in der Kucke die Wut de« Volkes loS. Es entstand eine blutige Schlägerei ; Zwo, der noch das Meß
gewand anhatte, mußte flüchten. Die beiden Parteien gerieten in der Kirche in ein Handgemenge, so daß Gendarmerie die Kirche mit Gewalt räumen mußte. Vier Personen wurden bei der Schlägerei gefährlich verletzt. Da man weitere Ausschreitungen befürchtet, wurde die Gendarmerie verstärkt.
— Man schreibt aus Paris, 1. August: Ein Individuum NamenS Lirvain hatte das Haus Nr. 16 der Ruc Pelean gemietet und hievon ein zu ebener Erde gelegener Gassenlokal an eine Frau Aligant abgegeben. Die Genannte, welche in dem Lokale einen kleinen Ausschank betreibt, erklärte gestern Herrn Lirvain, sie könne die Miete nicht bezahlen, worüber derselbe ss in Zorn geriet, daß er sämtliches im Lokal befindliches Geschirr zerschlug. Damit aber noch nicht zufrieden, eilte er in seine über dem Lokale gelegene Wohnung, machte ein Loch in den Fußboden nnd feuerte durch dasselbe 6 Revslverschüsse in das Lokal der Frau Aligant hinab. Vier- Personen wurden verletzt, darunter ei» junges Mädchen lebensgefährlich. Lirvain, der sich in seiner Wohnung verbarrikadiert hat, konnte nur mit großer Mühe von den herbeigecilte» Polizisten fcstgenommen werden.
— Die bulgarische Regierung veröffentlichte in letzter Zeit verschiedene russische Schriftstücke, welche den Beweis lieferten, daß die russische Regierung bei den auf den Umsturz in Bulgarien und die Ermordung des Prinzen Ferdinand abzielenden Umtrieben die Hand im Spiele halte nnd durch Geldspenden förderte. Das Journal de St. Petersburg ha! darauf diese Schriftstücke als unächt bezeichnet. Wie nun die Köln. Ztg. aus allerbester Quelle erfährt, sind die Originale der veröffentlichten russischen Griefe lhatsächlich vorhanden und wird deren Wiedergabe im Lichtdruck den Schluß der Veröffentlichungen bilden.
Rom, 4. August. Aus der Wohnung deS Direktors der Nationalbank wurde eine eiserne Kassette mit 80 000 Lire in Wertpapieren gestohlen.
Eingesendet- An die Herren Bäckermeister!
Wie kommt eS daß hier noch ss hohe Brotpreise bezahlt werden, während doch das Mehl schon lange so großen Abschlag nach- weist?
Z> e r K u ß.
Erzählung von I. Piorkowska.
Nachdruck verboten.
1 .
Kaum acht Monat waren nach dem Tode von Rosis Mutier «ergangen, kaum fühlte ihr dreizehnjähriges Verwaistes Töchlerchcn sich im Haus ihrer Taute, die das elternlose Kind als Hausgenossen zu sich genommen, einigermaßen heimisch, als sich eines jAbends eine große gelabcne Gesellschaft daselbst zu- sammenfsnd. Das that dem noch immer tiefbekümmerten Kindesherzen unendlich weh. Was aber konnte daS Kind dagegen thu» ? Nichts, als ihre Tante bitten, der frohen Menge fern bleiben zu dürfen.
So weilte sie allein in ihrem Zimmer. Während Musik und frohes Lachen aus den GesellschafiSrsumen nur gedämpft zu ihr her> ausklangen, sland sie am offenen Fenster, ließ sich von der kühlen H rbstluft fächeln und schaute ernsten traurigen BUckes in die Ferne, der treuen Mutter gedenkend, Wie einsam, wie verlassen fühlte sich, seitdem sie dieselbe verloren hatte!
Ihre Tante war eine kalte, egoistische Natur, ihre Cousinen, beide schon erwachsene junge Damen, halten kein Verständnis für die Gefühle und Empfindungen der armen elternlosen Waise.
Da that sich unter Rosis Feuster die Balkonthüre auf, und die Unterhaltung der beiden Herauslretenden weckte sie ans ihrem trüben Sinnen.
„Wo ist eigentlich Ihre kleine Cousine?" hörte sie eine wohlbekannte Stimme fragen.
Es war Herr von EuSback, ein seiner, junger und reicher Mann, den Tante Marie vor allen anderen jungen Männern besonders auszeichnete, und für den Cousine Martha stets ihr liebenswürdigstes Lächeln halte.
Auch jetzt war cS ihre Stimme, welche Herrn von Ensbach antwortete.
„Sie meinen Rost?" erwiderte sie in germgschätzendcm Tone, „das thörichte Ding erklärte uns für kalt und herzlos, weil wir endlich wieder einmal frohe Gäste in unserm
Hanse haben wollten, sie weigerte sich ganz entschieden, Teil an der Gesellschaft zu nehmen, und Hst sich in ihr Zimmer eingeschlossen. Tante ist ja seit bald einem Jahre tot, wir können ihrethalben doch nicht unser ganzes Leben wie die Nonnen vertrauern!"
Ohne etwas zu erwidern, hob Ensbach den Kopf und schaute unwillkürlich nach dem Fenster, das, wie er wußte, z» Rosis Zim- gehörte. Diese irat rasch zurück, doch nicht schnell genug, als daß Jener nicht noch einen Moment ihr thränenfeuchlcs Gesicht bemerkt hätte.
Als eine Stunde später Rost aus dem Garten zurückkehele, wo sie aus Wunsch ihrer Tante geholfen hatte, den Tbeetisch für die Gäste zurecht zu machen, l>al ihr, wie sie durch die Seitenthür unbemerkt wieder in das Haus schlüpfen wollte, Ensbach entgegen.
„Halt, meine Kleine!" rief er, indem er sie an der Hand festhiclt und ihr freundlich in die Augen sah, „so darfst Du mir nicht entgehen! Vorerst will ich wissen, warum Du geweint hast."
„Meine Cousine hat es Ihnen ja schon gesagt," erwiderte die Gefragte lakonisch. „Sie sollten mich aber darum nicht Verspotten," fetzte sie fast vorwurfsvoll hinzu.
„Dich verspotten" wiederholte EnSbach ernsten ToneS; „im Gegenteil, Kind, ich kann Dir nur Recht darin geben, daß der Kummer um Deine Mutter noch zu neu ist, um Freude an Lustbs>keilen haben zu können. Glaube mir, ich fühle ausrichtig mit Dir."
Bei diesen Worten beugte er sich zu dem Kinde nieder und drückte einen Kuß auf ihre Stirn.
„Rvsi,* fuhr er in herzlichem Tone fort, „in wenigen Wochen verlasse ich L ... auf mehrere Jahre; wenn ich dann zurückkomme, bist Du inzwischen eine junge Dame geworden."
„Leider!" seufzte sie.
„Leider!" widerholte er lächelnd.
„Ja," nickte sie, „ich mag die jungen Damen nich leiden ; die denken an nichts Anderes, die reden von nichts Anderem, als von
Putz und Staat, von Männern, Bällen und Theater, und gegen mich sind sie stets kurz und unfreundlich, wie kein anderer Mensch sonst."
„Meinst Du, daß alle jungen Damen so sind, wie Du sie da schilderst?" sprach Ensbach und sah dos Mädchen dabei halb ernst, halb mitleidig an.
„Das . . . das weiß ich nicht," versetzte sie, „meine Cousinen wenigstens sind so, und andere junge Damen kenne ich nicht."
„Und Deine Mutier, Rosi ? die war auch einst jung ; glaubst Du, daß sie ebenso gewesen ist?"
„O nein, nein!" stieß das Mädchen jetzt hastig hervor, indem sich dunkle Röte der Entrüstung über sich selbst über ihre zarten Züge ergoß, „meine Mutter muß stets so edel und gut gewesen sein, wie ich sie kannte."
„So suche, cS ihr gleichzuthun — willst Du das?"
„Ich will es versuchen" hauchte Rosi mit zu Boden gesenktem Blick.
„Um Deinct- und auch um meinetwillen, Kind, hoffe ich, wird iS Dir getingen," kiti- gegnete Ensbach in fast feierlichem Tone. „Und jetzt muß ich Dich verlassen; willst Du mir keinen AbschiedSknß geben?"
„Und wie er sich zu ihr underdog, dlückte sie in kindlicher Unschuld ihre Lippen ans die seinen.
„Du bist ein kleines, wunderliches Geschöpf," lachte EnSbach, als sein Auge dann noch einen Moment auf ihrem traurigen Ge- stchtchen ruhte. „Was würdest Du mir wohl antworten, wenn ich Dich jetzt fragte, ob Du mich lieb hast?"
„Die Wahrheit," versetzte das Kind ohne Bedenken.
„Dann will ich Dir lieber die Verlegenheit dieser Antwort ersparen," fuhr Jener fort; „aber sag', Rost, wirst Du mir auch einen Kuß geben, wenn ich znrückkehre 2"
Die Gefragte nickte.
„Bedenke aber wohl, daß Du dann eine junge Dame bist."
lFortsetzung folgt)
sieraiunwrtlichcr Red.ckteur: Bernhari» Ho > » » » n.i «'ruck und Vertag von Beruhar» Hotman« in Wildbaü.