Probeschuß nach einem Baume. Hierauf stellten sich Beide mit dem Gesichte einander gegenüber. Er hielt ihr den Revolver knapp vor die linke Schläfe und drückte los, wo­rauf die Stedina zusammenstürztc. Nun hielt er selbst den Revolver an die rechte Schläfe und feuerte. Er traf aber schlecht, so daß er nur einen Hautritz und eine Schwellung der rechten Ohrmuschel erlitt, doch wurde er ohnmächtig und stürzte eben­falls zu Boden. Als er aus seiner Betäub­ung erwachte, fehlte ihm der Mut, nochmals den N-volver gegen sich zu erheben. Die Stedina lag stöhnend vor ihm. Er feuerte nun, um Hilfe herbeizulocke», über ein Dutzend Schüsse ab; es kam aber Niemand. Nun raffte er sich auf, hüllte seine sterbende Geliebte fest in ihren Plaid und lief dann nach Schmeisbach zurück, wo ec Hilfe holte. Der Angeklagte war bei der Verhandlung feiner That geständig. Der Verlauf der Verhandlung bot sehr zahlreiche rührende Momende. Es wurden die Mutter deS An­geklagten u. die Mutier der Todtcn als Zeug­innen vernommen: sic gaben ihre Deposni- «nen unter Thronen ab. Uebereinstimmend wurde Engelmann von den Zeugen als ein

verschlossener, ausnehmend ruhiger Mensch geschildert, während mit gleicher Uedercin- stimmung von Anna Stedina gesagt wurde, sie sei maßlos leichtsinnig u.männersüchtig" gewesen. Schlißlich wurde Engelmann wegen Mordes zu vier Jahren schweren KerkeS ver­urteilt. Das jugendliche Alter kam dem Mörder bei der Bemessung der Strafe zu Gute.

Verschiedenes.

Kann man den Charakter der Men­schen aus den Zähnen lesen? Darüber ha­ben sich Gelehrte und Laien schon seit Jahr­hunderten die Köpfe zerbrochen und folgen­des sind im wesentlichen die Ergebnisse ihrer auf die Erfahrung gegründeten Studien: Kurze, kleine Zähne zeigen Schwäche und kurzes Leben an; lange, gleichmäßig stehende Zähne bedeuten dagegen langes Leben. Weiße mittelgroße, schöngesrdnete Zähne, die man sieht, wenn sich der Mund öffnet, ohne daß das Zahnfleisch dabei sichtbar wird, sind ein Gewähr für die gute und ehrenhafte Natur des Besitzers; vo> stehende Zähne dagegen be­deuten Raubgier und Rachsucht; kleine, zu- rückstehende Zähne, die man nur beim Lachen steht, zeigen Mangel an physischem und mo­

ralischem Mute an. Stehen die untere Zähne über die oberen vor, besitzt der^Träger einen harten und strengen Charakter; zeigt sich beim Oeffnen der Lippen das Zahnfleisch der obe­ren Zohnreihe, so ist er dadurch als eine kalte und phlegmatische Natur gekennzeichnet. Je mehr sich die Zähne in Schärfe, Größe, Form und Anordnung denen der fleischfres­senden Tiere nähern, desto heftiger treten die tierischen Instinkte bei der betreffenden Per­son auf; friedlich ist der Charakter, wenn sie denen der pflanzenfressenden ähneln.

(Seelenwanderung.)Wenn ich einen Mann vor einem Frauenzimmer knieen sehe," sagt ein geprüfter Ehemann,um ihre Hand oder um ihr Herz, oder in be­sonderen Fällen um Beides zu bitten, so denke ich immer an die Seelenwanderung und meine, in diesem Manne fei die Seele eines Kameels, das niedcrknict, wenn man ihm die schwersten Lasten aufdündet!"

/. Student:Sie haben mich beleidigt, mein Herr. Ich fordere Sie hiermit auf Pistolen, mein Name ist Wollbrück." Herr:Da kaufen Sic sich man erst'uc Jagdkarte, bevor Sie auf mich schieße», mein Name istHasse"."

Wicht um Kol'd.

Eine Geschichte aus unfern Tagen von

Constance Baronesse von Gandy.

(Nachdruck verboten.)

10.

Willst Du mir nicht gütigst erklären, Horst" fragte die StiftSdame mit scharfem Ton, als die Tafel aufgehoben worden und Valeska mit ihrem Bruder allein war,wie ich mir Dein Benehmen erklären soll? Wo­chenlang gehst Du so menschenscheu und fin­ster umher, daß man sich nicht getraut, eine Seele einzuladen, und heule, wo der fatale Tag da ist, und ich weiß, daß Du den Wech­sel nicht kinlöfen konntest, bist Du vergnügt wie lange nicht, nimmst sogar Einladungen zum Picknick an. Hast Du abermals eine Galgenfrist von dem Juden erhalten? Wo­hin soll das führen, Horst?"

Ich sagte Dir schon einmal, Schwester, daß ich Dich ganz entschieden bitten muß, meine Privatangelegenheiten mir zu über­lassen. Du kannst mir das erforderliche Geld nicht geben, und cs ist sogar fraglich, ob Du eS thätest, wenn Du könntest," war die kühle Erwiderung.Also kurz und gut: Levy sind wir los, Gott gebe, auf immer I Das Weitere gehl Niemand etwas an und nun wollen wir endlich einmal hier gründ­lich aufräumen mit der Verstimmung und Oede I Wenn Du mich lieb hast, wie Du ja immer gesagt, Schwester, so fei auch Du ein wenig heiterer und liebenswürdiger jetzt. Ich freue mich wirklich auf da« Waldsest."

Erstaunt und kopfschüttelnd wandte sich Daledka ab.

Um fünf wird angespannt," rief Sen­den, al« bei köstlichem Weller der große Pick- nickstag da war.Fräulein Gerhard," wandte er sich dann mit ausgesuchter Höf­lichkeit zu dieser.Edith . «Kd zum Pick­nick mitgenommen, und wie ich hoffe," fügie er mit ernstem Seitenblick auf diese hinzu, sich heule mäßiger zeigen als neulich in Steinau. Groß und Klein werden heule zu­sammen getrommelt, haben Sie nicht auch Lust, sich einmal unsre rheinische Geselligkeit

anzusehen? Ich fürchte, Tanneck ist über die Gebühr düster für eine junge Dame. Bitte, erweisen sie mir die Ehre, heute als unser Gast mitzufahren. Ich erinnere mich," fuhr er lächelnd fort, als Jutta eine aus­weichende Antwort geben wollte,einer Unter­haltung , in der eine gewisse Jemand be­hauptete: Garderodensorgen existierten nicht für ihn als mit Toileiteneinwürfen, Kürze der Zeit und dergleichen Einwänden lasse ich mich mit meiner Einladung nicht abweifen."

Fräulein Gerhard wird auch zum Pick­nick eiiigeladen !" fiel Ediih jubelnd ein, o," wie herrlich, dann will ich auch gewiß artig sein I"

Jutta mußte über daS Kind lachen und erwiderte:Sie sind sehr freundlich, Herr von Senden, ich habe natürlich für mich gar nicht an das Fest gedacht, aber wenn Sie wünschen, kommen Edith und ich gerne mit"

Wieder war es an der Eiifttdame, über ihres Bruders Unberechenbarkeit aus den Wolken zu fallen.Was denkt er sich nur I Die Gouvernante ladet er ein?" murmelte Valeska ärgerlich.Nun, gewiß will er sich heute ganz ruhig den Damen widmen können und nichts wieder mit Edith riskieren, wie neulich," beruhigte sie dann ihren Hochmut. Auf alle Fälle will sie mit der Gerhard nichts zu thun haben, mir soll eS gleich sein, wo sie bei dem Feste bleibt."

Als am Nachmittag der Wagen vorfnhr, traten Jutta und Evith pünktlich in das Schl oßportal. Die erster? hatte ein kostbares weißes Spitzenkleid angelegt , aber jeglichen besonderen Schmuck daran verschmäht. Nur im Gürtel trug sie einen Strauß jener lhan- frischer Rosen, die von jungen Damen so gern getragen werden, und sah dabei so rei­zend und vornehm aus, daß Senden, mit entzückendem Staunen seine Blicke kaum von Jutta wenden konnte.

Valeska von Senden ignorierte die Gou­vernante gänzlich, sie ließ sich von ihrer Jungfer Schirm und Tücher in den Wagen reichen und fand eS völlig in der Ordnung, daß Jutta fest dabei blieb, sich nicht zur

Stiftsdame in den Fond des Wagens zu setzen, sondern rückwärts. Senden, sehr ärgerlich, daß Jemand ihm gegenüber eS wagte, sich nicht zur StiftSdame in den Fond de« Wagens zu setzen, sondern rückwärts. Senden, sehr ärgerlich, daß Jemand im ge­genüber e» wagte, sich nicht zu fügen, wollte keinen längeren Aufenthalt beim Fortfahren veranlassen. Schnell cnschlossen schwang er sich auf den Sitz neben dem Kutscher und hob Eoiih, die er dorthin gesetzt hatte, zu Jutta auf den Rücksitz dann zogen die Pferde an.

Schon ehe die Herrschaften von Tanneck erschienen, hatte sich buntes Leben auf der Stätte de« Picknicks am Waldsee entwickelt. Alt und Jung schwirrten fröhlich durch ein­ander. Als der Wagen hielt, zogen ein paar geputzte kleine Mädchen Edith sogleich mit sich fort, das StifiSfräuiein von Senden wurde vom Kammerherrn von Trenk zu dein ihr reservierten Platz im Kaffcczelt geführt, und Senden selbst von verschiedenen Herren alsbald znm wichtigen Geschäft de-Bowlen­drauens herangeholt.

Jutta stand allein, neugierig von einigen jungen Damen, ziemlich unbefcheiden von zwei oder drei jungen Herren angestarrt. Das Herz schlug ihr in peinlichster Verlegen­heit. Wohin sollte sie sich wenden. Un­willkürlich hob sie den Kopf und ging, ohne nach rechlS oder links zu blicken aus einen etwas abseits liegenden Baumstamm zu, nicht weil von dem Tanzplatz, von wo sich schon die einleitenden Töne eines flotten Walzers vernehme» ließen. Hier war fle zunächst un­behelligt. Ganz wie von selbst flogen jetzt Julias Gedanken nach Hause. Wie war tonst bei ähntichen Anlässen Jedermann eif­rig bemüht gewesen, sie zu unterhalten I Hätte sie in der Heimat bei einem solchen Fest wohl je allein gesessen, ohne Kavalier? Ein Gefühl von Zorn wallte immer heißer in ihr auf, wozu war sie hiev ? Was sollte sic in diesem hochmütigen Kreise, der beleidigende Unhöflichkeit ihr zeigte, daß sie nicht zu ihm gehörte!

(Fortsetzung folgt.)

»jerarttworlkijstr Atrakrmr - Bern tzary H»rm«, nn.) Druck und Perlaz »snH? r nba rd H» syic-nv >n Wrtsbas.