Rundschau.

Cannstatt, 4. Febr. In ganz raffinier­te Weise wußlc heule die Frau eines Wcin- gärlners hier die Schuldscheine, welche ihr Mann gegenüber einem auswärts wohnenden Verwandten über ca. 500 ausgestellt hatte, an sich zu bringen und zu vernichten. Sie lud nämlich den Gläubiger - angeblich im geheimen zum Besuche ein, und als solcher in Abwesenheit des Manne« die drei Schuldscheine der Frau vorgewiesen u. diese solche eingesehen und zur Hand genommen hatte, eilte sie mit den Schuldurkunden in die Küche und überantwortete solche hier dem Feuer. Der Frau, welche sich damit von aller Schuldvcrbindlichkcit ledig glaubte und ohne Zweifel im Einverständnis des Mannet handelte, wird wohl ein unangenehmes An­denken an die Thal zurückbleiben.

Die Zöppritz'jche Bierbrauerei in Cann­statt wurde von Hrn. I, G. Grüner, Bier- brancreibesitzer und Wirt, nm 600 000 ^ samt Inventar angekauft.

Lausen a. d. Eyach, 3. Febr. An der Straße von hier nach Dürrwangen wurde gestern früh ein Geschirrhändler aus dem Killerthal erfroren aufgefundeu. Der gegen 60 Jahre alle, ziemlich gebrechliche Mann war, nach dem Albb., abends mit seinen An­gehörigen noch hier gewesen und diesen, welche mit dem Wagen vorausgesahren waren, zu Fuß auf der Straße nach Dürrwangen ge­folgt. In der Dunkelheit scheint er vom Wege abgekommen zu sein und sich vor Müdigkeit und in nicht ganz nüchternem Zu­stand hingclegt zu haben, woraus er wohl einschlief, um nicht mehr zu erwachen.

Die Stadt Tuttlingen beabsichtigt ein Elektrizitätswerk anznlcgcn; eine Wasserkraft von 500 Pfcrdckrafl soll angckauft werden.

Ulm, 2. Febr. Der 74 Jahre alte, schon einmal wegen Wucher« mit 3 Monaten Ge­fängnis bestrafte Privatier Christian Mayer wurde heute von der hiesigen Strafkammer wegen wiederholten gewerbsmäßigen Wuchers zu 4 Mouaten Gefängnis, 1500 Geld­strafe und 3 Jahre Ehrenverlust verurteilt. Auch hat derselbe sämmtlichc Kosten des Ver­fahrens zu tragen. Mayer ist Christ.

Au« München schreibt man: Sonn­tag morgen wurde in Wolnzach (Ingolstadt- Münchener Linie) auf den Schienen ein total verstümmelter männlicher Leichnam aufgefun­den. Der Kopf war vom Rumpf getrennt, das Gehirn bloßgelcgt, Arme und Bein fehl­ten. Auf dem einen Arm war das Bild eines Frauenzimmers eintälowierl. Ucker die Persönlichkeit des Unglücklichen und ob ein Unglücksfall oder Selbstmord vorliegt, konnte bis heute nichts ermittelt werden.

Großes Aufsehen erregt ein Korps­befehl des Prinzen Georg von Sachsen, kom­mandierender General des 12. (kgl. sächs.) Armeekorps, worin den Soldatenschindercien enegerisch entgegengelreten wird, eS werden acht, teilweise haarsträubende Fälle von Sol- datk,imißha:rdlunge» durch Unteroffiziere, wel­che mit Gesängnißstrafkn von 2 bis zu 5 Jah­ren und teilwciscr Degradation geahndet wur­den, attenmäßig erwähnt. Der Korpsbefehl findet allgemeine Zustimmung und hoffent­lich wird auch dieser Vorgang in der ganzen deutschen Armee Nachahmung finden. Es wäre dringend wünschenswert, daß diesem wirklich faulen Zustand endlich einmal ein gründliche» Ende bereitet würde.

Aus Breslau, 4. Febr., wird gemeldet:

Bei dem gestern abend erfolgten Eisgang wurde ein leerer Kahn von 8000 Ztr. Trag­kraft vom Eis loSgerissen und stieß an der Eisenbahnbrücke an. Auch verschiedene an­dere Fahrzeuge wurden lotgcrissen und be­schädigt. Auf einem Fahrzeug wurden ein Mann, eine Frau und zwei Kinder beim Anprall an die Brücke in den Strom ge­schleudert und verschwanden sofort unter dem Eis. Für die Nacht wurde der Verkehr aus der Brücke der Breslau-Tarnowitzer Bahn gänzlich gesperrt. Aus Ohlau wird be­richtet : Der Strom hat dir Dämme über­flutet und anscheinend an mehreren Stellen zerrissen. Aus Briegwird gemeldet: Die Odervorstadt ist gänzlich unter Wasser. Der Wasserstand ist von einer in diesem Jahrhun­dert noch nicht erreichten Höhe.

(Tod durch Explosion.) lieber eine Schreckcnscene, die sich am Abend des 1 Febr. in Prag auf dem Karlsplatze ereignete, be­richten die Prager Blätter: Abend« gegen 7 Uhr schritt ein junger, etwa 20 Jahre alter Mann, dessen Aeuß-re« einen Arbeiter Verriet, durch eine Allee des Karltplatzes. Plötzlich blieb er sinnend stehen und setzte sich dann aus eine Bank, in deren Nähe sich mehr­ere Knaben Herumlummelten. Bemerkt muß werden, daß die Allee um die genannte Zeit stark besucht war. Nachdem er einige Mi­nuten ruhig gesessen war, knöpfte er die« sahen die Knaben Rock, Weste und Hemd auf, zog aus der Tasche eine Zündhölzchen­schachtel hervor, zündete ein Streichhölzchen an, und im nächsten Augenblicke schon er­dröhnte eine donnerähnliche Detonation, gleich­zeitig sahen aber die Passanten, wie der junge Mann welcher eben noch auf der Bank ge­sessen, in die Luft flog. Denjenigen, welche in der unmittelbaren Nähe weilten, bot sich ein entsetzlicher Anblick: vor ihnen lag der bis zur Unkenntlichkeit verstümmelte Leichnam einet Menschen; vom Gesichte war Nichts zu sehen, Brust und Unterleib waren offen, die Eingeweide hingen zerfetzt heraus und ein­zelne Stücke de« Körper« hingen an den Aesten der in der Nähe stehenden Bäumen. Da kein Waffe weit und breit zu finden war, glaubt man darauf lassen die furchbaren Verwüstungen an dem Körper und dem Ge- schehnißorte schließen daß der junge Mann mittelst einer Dynamitpatrone freiwillig sei­nem Leben ein Ende gemacht habe. Nach der Art de« Befundes scheint e«, daß die Patrone in den Mund eingesetzt und sodann zur Explosion durch Anzünden der Zünd­schnur gebracht wurde. Es ist aber nicht ausgeschlossen, daß ein Unglücksfall vorliegt, da mehrere Personen nach den zerfetzten Klei­dern einen Bergarbeiter zu erkennen glaubten, so daß also auch die Möglichkeit vorhanden ist, daß der junge Mann Dynamit bei sich hatte, daS vielleicht beim Anzünden einer Ci­garre explvsieete. Glücklicherweise ist Nie­mand von den in der Nähe befindlichen Per­sonen verletzt worden.

(Er will in'S Zuchthaus.) Vor ei­nigen Woche» stellte sich ein Knecht aus Bcrge- torf bei der Altonaer Polizei und verlangte in Haft genommen zu werden, da er sich de« Straßenraubes schuldig gemacht habe. Bei seiner bestimmten Behauptung sah man sich schließlich vranlaßt, seinem Verlangen zu ent­sprechen und trotz des Fehlens von Zeugen besonder« de« angeblich Beraubten, Anklage gegen den Arbeiter zu erheben. In der Ge­richtsverhandlung trat nun der Fall ein, daß

der Gerichtshof sekohl, wie auch die als Zeu­gen vernommenen Polizeibeamt-n sich in die außergewöhnliche Lage versetzt sahen, dem An­geklagten , der gern verurteilt sein wollte, keine» Glauben zu schenken. Er wurde wie­der Willen freigesprochen. Für das Ver­halten des Angeklagten, dem sehr wohl be­kannt war, daß ihn mit Rücksicht auf seine viele Vorstrafen nur Zuchthausstrafe treffen konnte, kann nur der Wunsch maßgebend ge­wesen sein, durch seine Derurtheilung der Leistung seiner Wehrpflicht zu entgehen.

In Mailand wurde von der Poli­zei eine Falschmünzcrbande entdeckt und ver­haftet, welche in ganz Italien ihre Helfer besaß, 20 000 Lire falschen Geldes wurden vorgefunden.

Aus Mailand : In Sambuco, einem Dorfe von 1000 Seelen im Sturathale (Provinz Cuneo) brach eine große Feners- brunst aus, welcher 40 Häuser zum Opfer fielen. Zahlreiche Familien sind obdachlos geworden.

In der algerischen Garnison Gery- Ville sind 2 Soldaten der Fremdenlegion von deutscher Herkunft, Namens Ködert und Schwarz wegen Desertierung, Mordes und Diebstahl« hingcrichtet worden. Der General Thomaffin hielt dabei eine Ansprache an die Bevölkerung in arabischer Sprache.

.'. (Schwere Beleidigung.) Eine Dame zu Burlington in Nord-Amerika will die dortige elektrische Straßenbahngesellschafl we­gen Beleidigung verklagen. In einem Wagen jener Linie ist eine riesenhafte Schneideran­zeige angebracht, die mit den Worten schließt: Die werte Persönlichkeit, welche unter diesem Schilde sitzt, trägt unsere berühmten Hosen I" Die Dame, welche von diesem heimtückischen Schilde keine blasse Ahnung hatte, war neu­lich so unglücklich, sich unmittelbar darunter zu setze», worauf die übrigen Fahrgäste in ein homerische« Gelächter ausbrachen, dessen Ursache die Dame längere Zeit nicht zu er­gründen vermochte. Als sie sich darüber klar geworden, verließ sie voll Entrüstung den Wagen. Eie verlangt jetzt die Kleinigkeit von 10,000 Dollars Schadenersatz.

.'. (Merkwürdig.) Hm ein Verbrecher gestanden, so läßt man ihn sitzen.

.'. Ein Fastenprediger überraschte seine Zuhörer in einer etwa« leichtlebigen rheini­schen Stadt mit der Bemerkung:Was die Zahl der ehrbaren Frauen und Jungfrauen dieser Gemeinde anbelrifft, so getraue ich mir sie allesamt auf eine Schubkarren zum Thore hinauSzufahrcn." Darüber natürlich große Unruhe u. Entrüstung im Audidorinm. Der Redner aber beschwigtigte die Unzufrie­denen sogleich, indem er hinzusetzte:Ver­steht sich: eine nach der andern."

(Hilfreich nach Möglich.) In einsamer Gegend fällt ein Herr ins Wasser und scheint um Hilfe. Noch zur rechten Zeit kommt ein biederer Sachse herbeigeeilt. Er stellt sich ans Ufer und ruft dem Verunglückten zu:Heeren Se, schwimmen gann ich Sic nich,aber haben Se vielleicht, noch'n Aufdrag?"

(Die Fama.) A.:Ich dachte es mir gleich, » das Gerücht übertrieben hätte, Deine Frau hat nur ein wenig geschmollt und nun heißt es schon, sie hätte Dich ge­prügelt !" B.:Ja, ja, diese Fama I So spricht man überall davon, daß Du ein Silbcrbcrgwerk besitzen sollst und Du hast doch nur eine Kupfernasc."