Rundschau.
— Seine Majestät der König hat am 3. d. MtS. die erledigte Reallehrerstelle in Wildbad demLehramtsverweserHonold daselbst allergnädigst zu übertragen geruht.
Stuttgart, 6. Nov. (Rikrutenbeeidigung.) Hente vormittag fand von 9 Uhr an in der evangelischen, von 9^/« Uhr an in der katholischen Garnisonkirche die Beeidigung der am 3. d. M. bei den hiesigen Jnfantericbataillonen eingestellten -Rekruten statt. Zur Beeidigung wurden die 5 enthüllten, mrt Trauerflor versehenen Baiaillousfahnen früh 8'/, Uhr mit klingendem Spiel von einer aus den alten Mannschaften des 2. Bataillons Grenadier-Regiments Königin Olga Nr. 119 zusommcngestellten Compagnie unter Kommando des Hauptmanns Freihcrrn v. Ziege- sar aus dem K. Rcsidcnzschloßabgeholt, zunächst in die evangelische, dann in die kalh. Garnisonkirche verbracht, wo sie vor den Altären Aufstellung nahmen- Der Ewesab- nahmc ging eine religiöse Feier und Ansprache der betreffenden GarnisonSgeiftlichen Prälat v. Müller und Kaplan Mangold voraus. Der feierliche» Handlung wohnten die Regiments- und BataillonSkommandeure, die Compagniechcfs und die mit der Ausbildung der Rekruten betrauten Offiziere und Unteroffiziere bei.
Eßlingen, 4. November. Zum Stadt- bau-Jnspektor ist heute Regierungsbaumeister Keppler beim K- Betriebsbauamt hier gewählt worden.
Möckmühl, 5. Nov. Die an der Straße nach Roigheim stehende große Scheuer deS Waldhornmirts Deriinger wurde gestern abend durch ruchlose Hand an allen vier Ecken gleichzeitig angezündet und stand sogleich in Hellen Flammen, so daß an eine Rettung nicht zu denken war, sondern die Feuerwehr sich darauf beschränken mußte, die sehr gefährdeten Nachbargebäude zu retten, waS ihr auch nach bedeutender Anstrengung gelang. Die Scheuer ist mit sämtlichen Vorräten abgebrannt. Nach dem Thäler wird eifrigst gefahndet.
— Donnerstag morgens wurde in der Isar bei München die Leiche eines unbekannten jungen Mannes mit durchschnittenem Halse und einer schweren, vermutlich von einer Axt hcrrührevden Hiebwunde am Kopf gefunden.
— Ein Kasfenbote Namens K. in Berlin kassierte für ein dortiges Bankhaus Gelber ein, darunter ein Paket mit 20 Tausend- markscheincn. K. will nun die Tasche, welche die ganze Summe barg, in den Tresor gelegt und diesen verschlossen haben. Als morgens der Kassier das Geld nachzählte, fehlte das Paket mit den 20,000 ^ K., der keine Erklärung für das Verschwinden dcö Geldes hatte, ist verhaftet worden.
— Ein Raubmord ist in dem Boxihaler Walde bei Mosbach am Dienstag nachmittag an dem Metzger und Brctzenwirt Dümig von Boxthal verübt worden. Im Lanse dieses Tages kehrte bei Dümig ein Fremdling ein, gab sich für einen Viehhändler auS und lud Dümig ein, sich mit ihm zum Vieheinkauf in die Umgegend zu begeben, was dieser auch that. Im Walde bei Boxthal überfiel ohne Zweifel der Strolch den nichtsahnenden Dümig und erschoß ihn, um ihn sodann zu berauben. Der Mörder ist entkommen. Es ist die« ein Mann von 26 Jahren, welcher früher in Wertheim als
Metzgerburscht in Arbeit stand und verheiratet ist. Tags vorher hat derselbe den Nosen- wirt in GlaShof» um ISO ^ betrogen und sich bei Waffenhändlcr Weingärtner in Wertheim einen l2kalibrigcn Revolver gekauft. TagS vorher hatte er ferner den Metzger Aiw. Wankel i» Wertheim Ungeladen, mit ihm auf den Viehkauf zu gehen, was dieser jedoch abschlng.
Spandau, 6. Nov. Der Mörder Wetzet gestand gestern ein, daß er den Mord allein und mit Vorbedacht vollbracht.
— Zweifacher Meuchelmord. In der Nacht zum 28. v. M. wurden die Eheleute Joseph und Anna Huemer, Besitzer de« Sep- pengntes zu LandertSberg, Gemeinde Enzenkirchen in Oester reich, meuchlerisch erschossen. Um 11 Uhr nachts saßen der Seppenbauer Huemer und dessen Ehefrau nebeneinander am Tische im Wohnzimmer des genannt-'« Gutes und waren mit Aepfelschälen beschäftigt. Da krachte plötzlich durch das auf den Anger hinausgehende Fenster, in dessen unmittelbarer Nähe beide iatz.n, ein Schuß, und durch den Kopf getroffen sank der Bauer tot neben seinem Weibe in die Bankeckc. Von Schreck gelähmt, wollte die Bäuerin erst das Schreckliche nicht glauben, doch nach wenigen Augenblicken gellte» ihre verzweifelnden Hilferufe in die stille Nacht hinaus. Vom Schuß war der im ersten Stocke schlafende älteste 18jährige Sohn Rudolph erwacht; er eilte hinab ins Zimmer, in welchem die Mutter, umklammert von ihren beiden, ebenfalls aus dem Schlafe geschreckten jüngeren Kindern, dem 7jährigen Josef und der 5jähr. Cäcile, in der Nähe der Slüblthüre stand. Auch er umfaßte die Mutter und im fassungslosen Schmerze harrte die meuchlings ihre« Hauptes beraubte Familie auf das Erscheinen der im jdicht neben dem Gute befindlichen Auszugshäuschen wohnenden Stiefmutter dcö ermordeten Vaters. So Verging eine Viertelstunde. Da krachte, diesmal durch ein auf den Hof hinausgehendes Fenster, ein zweiter Schuß ins Zimmer und mit durchschossener rechter Schulter, halbtot vor Schreck, sank die Bäuerin auf da« im Stübl, an der Thür stehende Belt als zweites Opfer deS Meuchelmörders. Von furchtbarem Entsetzen ergriffen verkrochen sich der Sohn Rudolf und die beiden jüngeren Kinder in die Betten. Es dauerte ziemlich lange, bi« helfende Nachbarn hcrbeikamen. Dem Mörder sollen die Behörden auf der Spur sein.
— Die russischen Eiscnbahnmörder Pla- wak und Wyorslkiewitsch sind thatsächlich in Brasilien verhaftet worden. Sie selbst brachten die Polizei auf ihre Spur. Wyorstkie- witsch hatte bei seiner in Lodz wohnenden Schwister 15,000 Rubel zurückgelaffen; die Summe wurde bei einer Haussuchung gefunden. Von Brasilien aus, wohin die Mörder im Juni d. I. gelangt waren, schrieb Wyorslkiewitsch an seine Schwester. Der Brief gelangte in die Hände der Polizei.
— Das Neutcrsche Bureau berichtet: Ein von Bombay mit brittischcn und eingeborenen Soldawn abgegangener Eisenbahnzug ist in der Nähe von Nagpur entgleist. 5 englische Soldaten und 5 Mann vom Zugspersonal wurden getötet und 21 englische und 4 eingeborene Soldaten verletzt. Der Oberbefehlshaber der Truppen der Bombayer Präsidentschaft mit Stab befand sich ebenfalls im Zuge, blieb jedoch angeblich unverletzt.
— (Die herrlichen Fälle des Tevcrone), die den Weltruhm des GebirgsstädtchenS Tivoli begründet haben, werden jetzt aufhörcn, nur eine Augenweide für den deuischcn Künstler, und die englische Miß zu sein; sie werden zwar nach wie vor deni Landschafter Modell stehe», aber auch noch ein-» ernsthaften, praktischen Beruf ergreifen. Die Wasserfälle von Tivoli werden künftig das 40 Kilometer ent- fermc Rom beleuchten. Ein Vertrag zwischen der Stadt Rom und einer englischen Gesellschaft für elektrische Beleuchtung ist bereits längere Zeit abgeschlossen, nur fehlte noch der endgüiige Beschluß des Magistrats, betreffend die Anlage und Verteilung deS Lichte« in der Stadl. Während bisher nur am Bahnhof und auf den Plätzen Venezia, Co- lonna, Montecilorio elektrilches Licht allgebracht war, sollen jetzt nach Beschluß der städtischen Behörde von voriger Woche durch die Kraft der Wasserfälle von Tivoli 200 elektrische Bogenlichter in Rom gespeist werden, und zwar von dem Hauprbahnhof durch die Via S. Nikola da Tolentino, Piazza Barberini, Via kel Tritonc nach dem Korso, durch die ganze Länge der Via del Nazwnalc und des Korso Vittorio Emannele und schließlich von der Piazza Strozzi bis zum Teatro Agenlina. Auf den freien Plätzen sollen die Lampen auf Kandelabern angebracht werden, in den Straßen dagegen werden sie nach dem schon in andern italienischen Städten erprobten Verfahren inmitten des Fahrdamms aufgchängt.
— Ein nach dem Piräeus bestimmter, mit Petroleum beladener Dampfer, der die englische Flagge führte, ist Mittwoch nachts im Golfe von Euböa vollständig verbrannt; von der Bemannung sind 10 Mann umge- kommen, 6 gerettet.
— (Selbstanklage in der Kirche.) In Stavanger in Norwegen, dem Lande der Wahrheitsapostel Ibsen und Björnfon, legte am vergangenen Sonntag der Pfarrer Lars Oftedal in der Kirche vor versammelter Gemeinde das Bekenntnis ab, baß er Verbrechen gegen die Sittlichkeit begangen habe. Ofte- dal war ReichStagSabgeordneier und Führer einer Parteigruppe; er hat Jahre lang in Norwegen im öffentlichen Leben gestanden und eine bedeutende politische Rolle gespielt. Der ihm Vorgesetzte Bischof hatte kürzlich eine anonyme Anzeige von Oftedal's Vergehen erhalten und dieselbe Oftedal zuge- fchickt, worauf der Letztere das oben geschilderte öffentliche Bekenntnis seiner Schuld ablegte.
— Geheimnisvolles Verbrechen. In Paris erregt die Entdeckung der enthaupteten Leiche eines jungen Mannes im Keller eines großen Arbeilerhause« in der Ruc der Cha- ronne großes Aufsehen.
— Eine Feuersbrunst in Hankow (China) zerstörte 1500 Häuser; über 200 Frauen und Kinder kamen in den Flammen um. Der Brand veranlaßt? ernste Ruhestörungen, die Dank der Anwesenheit der europäischen Kanonenboote rasch unterdrückt wurden.
— Ans Jokohama (Japan) wird berichtet, daß durch den Orkan vom 14. Septbr. 52 Personen getötet und 3700 Häuser zerstört worden sind.
Eine Maurerrechnung.
2 Eimer Kalk.
1 „ davon verbraucht,
1 „ wieder mitgenommen,
macht zuj. 4 Eimer Kalk.