Rundschau.

Wildbad. Auf die von den hiesigen bür­gerliche» Collegien an Seine Majestät den König Wilhelm II und Ihre Majestät die Königin Witwe Olga gerichteten Bcilcids- adresscn sind folgende allergnädigste Antwor­ten eingetroffeu:

Seiner Wohlgeboren

Herrn Stadtschulthciß Bätzner Wildbad

beehre ich mich höchstem Befehle gemäß mitzuteilen, daß Seine Königlich« Maje­stät die von den bürgerlichen Collegien der Stadt Wildbad aus Anlaß des Ablebens Seiner Majestät deS verewigten Königs Karl an HöchstSie gerichtete Bcileidsadreffe wohlgefällig entgcgengcnommen haben und für die bewiesene Teilnahme sowie für die bcigefügte Versicherung treuer Ergebenheit den bürgerlichen Collegien HöchstJhren gnädigsten und wohlwollenden Dank auS- sprechnr lassen.

Mit hochachtungsvollen Gesinnungen

Stuttgart, den 11. Oktober 1891.

Der Cabinei«-Chef:

Griesinger.

An die Verchrlichen bürgerliche Collegien der Stadt Wildbad.

Ihre Majestät die Königin Olga, auf- tiefste erschüttert durch den unersetzlichen Verlust, den Höchstdieselben nach Gottes Ratschluß durch den Hingang Höchstihres Gemahls des Königs erlitte» haben, fin­den einen Trost in den vielfachen, aus allen Kreisen deS Württembcrgischen Volke« hervorgehenden Kundgebungen der allge­meinen Trauer und aufrichtige» Teilnahme, von welcher auch die bürgerlichen Collegien der Stadt Wildbad einen Beweis gegeben haben. Auf Befehl Ihrer Majestät spreche ich dafür Höchstderen gnädigsten Dank au« und zeichne

mit vollkommener Hochachtung.

Stuttgart, den 10. Oktober 1891.

Der Secretär der Königin Olga:

Baron von W o f f."

Nachdem Seine Majestät der König beschlossen haben, künftigbin den TitelWil­helm II, von Gottes Gnaden König von Württemberg" zu führen, wird solches zur Nachachtung bekannt gegeben.

Stuttgart, den 13. Oktober 1891.

K. Staatsmiuisterium: Mittnacht.

Mit höherer Ermächtigung wird hier­durch angeordnet, daß in den evangelischen und katholischen Volksschulen eine Trauer­feier zum Gedächtnis Seiner Majestät de« verewigten Königs Karl veranstaltet werde. Dieselbe ist am Mittwoch den 21. Oktober und da, wo zur Zeit Herbstferien sind, am ersten Tag des wieder beginnenden Schul­unterrichts abzuhalicn und soll aus einer Ansprache des LehrerS n. Gesang der Schüler bestehen. Der Tag der Feier ist vom ordent­lichen Schulunterricht frei zu lassen.

Stuttgart, 15. Okt. Eine außerordent­lich zahlreich, hauptsächlich von Anhängern der Naturheilmcthode besuchte Versammlung erhob heule abend energischen Protest gegen den Impfzwang. Sanitätsrat Dr. Bilfinger erörterte in längerem Vorträge, daß das Impfen gegen das erste Gebot der Chirurgie, nämlich die autiscptische Wundbehandlung verstoße; man führe dadurch absichtlich eine Blutvergiftung herbei. Ein solcher Eingriff leiste nicht den beabsichtigten Schutz gegen die Menschenpocken, sondern dringe sogar

Krankheit, Siechtum und Tod. Die neue­sten reichSamtlicheu Mitteilungen aus den Arbeiten deS RnchSgcsundheilSamtcs über die Jmpfjahre 1886 und 1887 enthüllen, wenn auch unwollständig, ein grauenhaftes Bild von dem Elend, welches die Impfung noch fortgesetzt in unzähligen Familien Deutsch­lands anrichtet. Schon Kant habe das Impfen eine Bestialität gcnannnt und zahl­reiche ärztliche Autoritäten seien darüber ver­wundert, daß das Volk nicht gegen den Impf­zwang, welcher nebenbei noch die RechtS- gruudsätze erschüttere, Front mache. Ein Arzt aus Neuenbürg habe bekannt, daß er eigentlich verdient hätte, an der höchsten Tanne des Schwarzwalds aufgehängt zu wer­den, als Sühne dafür, daß er früher selbst geimpft habe. Die Kuhpockcnimpfung, be­tonte der Redner, schütze durchaus icht vor Pocken, denn in Preußen allein seien in den Jahren 1871 und 1872 124 000 geimpfte Menschen an de» Blattern gestorben. Auch sei daS Impfen um so unnötiger, als die Pocken durch die einfachsten Mittel u. ohne Zurücklassung von Narben bekämpft werden können. Die Versammlung begrüßte, mit Freuden den Initiativantrag von 30 Abge­ordneten, welcher im Reichstag für Abschaff­ung des Impfzwangs plädiert.

Geradstetten (Grunbach), 17. Oktober. Gestern abend verunglückte ein hiesiger, aber in Schorndorf zurzeit mit Mosten beschäf­tigter junger Mann, der einzige Sohn seiner Eltern, dadurch, daß eine Sprosse der Leiter worauf er stand, um einen vollen Butten Most in ein Faß im Keller auSzuleeren, brach und er infolgedessen mit dem Butten zu Fall kam. Die hiebei erhaltenen Ver­letzungen waren derart, daß im Laufe der letzten Nacht der Tod eintrat.

Aus dem Oberamt Hall, 17. Oktober. In Lorcnzenzimmcrn machten drei noch nicht schulpflichtige Knaben in einem an eine Scheuer angebautcn Stall ein Feuer an; dasselbe griff um sich, wurde aber bald von Orts- einwohncrn bemerkt und unterdrückt, ehe ein größerer Schaden entstand. Schloffer- meister Bäuerlein in JlShofen hat in seinem Garten wahre Ricstnreltiche gezogen, der schwerste derselben wiegt ohne Wurzeln und Kraul 10 Pfund, ist 30 om lang und hat 54 E Umfang; mehrere andere wogen je 8 Pfund.

Riedlingen, 18. Okt. Eine Scene, wie sic aufregender kaum gedacht werden kann, ereignete sich heute mittag. Schon hatte der stattliche Leichenzug, der die irdischen Reste des GoldarbeitcrS Weltin zur letzten Ruhe­stätte geleitete, sich dem Gottesacker genähert, als einen der Träger der Leiche, jedenfalls vom Schlagflusseerührt, plötzlich tot zur Erde fiel. Das Klagegeschrei der zufällig anwe­senden Familienangehörigen war herzzerreißend.

In Frankfurt a. M. ist ein elegant gekleideter junger Mann verhaftet worden, der sich in der elektrischen Ausstellung durch große Ausgaben bemerkbar gemacht hatte. Man fand bei Durchsuchung seines Koffers 6000 die, wie er eingeräumt hat, von einem in Kottbus verübten Diebstahl her- rühren. Man vermutet, daß er noch weitere Diebstähle begangen hat.

Ei» trauriges Familicndrama hat sich in Krefeld abgespielt. Ein dem Trünke er­gebener Seideuweber, der mit seinen Ange­hörigen schon lange in Unfrieden lebte, geriet mit seinem jüngsten Sohne in Streit, warf

ihn zu Boden und suchte ihm die Kehle durchzudeißen. Der ältere Sohn bemühte sich, seinen Bruder de» Händen des be­trunkenen Vaters zu entreißen ; als dies aber nicht gelang, ergriff er ein Messer und v.r- setzte dem Vater mehrere Stiche ins Bein, wobei er unglücklicherweise die Hauptschlag­ader des Oberschenkels traf, so daß der Va­ter kurz darauf an Verblutung starb. Der Thätcr ist geständig; er wurde in Haft ge­nommen.

Ein Prachtstück deutscher Goldschmicde- und Juwelierkunst ist gegenwärtig im Kunst­gewerbemuseum zu Berlin ausgestellt: die goldene Halskette, welche der Kaiser dem Bürgermeister von Straßburg i. E., Unter­staatssekretär z. D. Back, als Dienstabzcichen verliehen hat. Sic ist mit dem Wappen des deutschen Reiches, des Elsaß und der ge­nannten Stadt, sowie mit dem Bildnis des Kaisers und der Kaiserkrone geschmückt und »ach einer geschichtlichen Vorbildern beruh­enden Zeichnung des Direktors der Knnst- handwcrkerschulc in Straßburg, Professor Srder (früher in München), unter Leitung dieses ausgeführt worden. Der materielle Wert dieses Prunkstückes wird auf 12,000 Mark angegeben.

Pferdefleisch. Wie sehr der Verbrauch an Pferdefleisch in Berlin zunimmt, beweist die Thatsache, daß in den ersten 9 Monaten dieses Jahres in der Zcntral-Roßschlächterei Berlins 6099 Pferde geschlachtet worden sind, d. h. 421 mehr als im gleichen Zeit­raum des Vorjahres. Der Berlin der Roß­schlächter beabsichtigt, Ende November ein erste«Roßfleisch-Festessen" abzuhalten. Die Feinschmecker mögen es sich gesagt sein lassen.

Eine englische Schildwache in Gibral­tar schoß letzten Sonnabend nachts einen Kameraden nieder, der die Baracken in Hemd­ärmeln verlassen und sich, um zu zechen un­bemerkt auf spanisches Gebiet begeben hatte. Der Getötete hatte bei seiner Rückkehr auf den Anruf der Schildwache keine Antwort gegeben, worauf diese den verhängnisvollen Schuß abgab.

Einen entsetzlichen Tod fand in dem Bergwerk Von Niederwiescn bei Kirchheimbo­landen der 17jährige Bergmann PH. Becker. Derselbe war mit mehreren Arbeitern in einem Schacht beschäftigt, als plötzlich ein Wassereinbruch stattfand, welche die Grube so rapid füllte, daß die Bergleute, ehe sie den Aufzug zu erreichen vermochten, bis an den Hals ins Wasser gerieten. Alle ande­ren konnten sich retten, Becker allein ist ver­mutlich zu Fall gekommen und ertrunken.

Aus Südfrankreich werden heftige Wolkcnbrüche gemeldet. Die Ernten sind vernichtet, die Bahndämme durchbrochen und Häuser zerstört.

Vierzig Ochsen verbrannt. In der Nacht zum 10. ds. wurde ein Ochsenftall des Dominikus Dcttersbach bei Sagan ei» Raub der Flammen. Gegen 40 Ochsen sind ver­brannt oder erstickt. Der Schaden ist be­deutend.

.-. (Die magere Kuh.) Zwei Viehhänd­ler kommen zum Bauer, um ihm eine Kuh abzukaufen. Im Stalle ist's schon finster. Kaum eingetrcten schreien die Beiden gleich­zeitig:O waih, wie mager; für die kön­nen wir nicht viel geben!" Da sagt der Bauer:Ja, was schreils denn, der Stall ist ja leer; die Kuh steht ja im zweiten Stall."