Are Küttenkönigin.
Roma» aus der Gegenwart v. W. Hogarth.
Nachdruck verboten.
2 .
Mit wahrer Lust ritt daher Elisabeth an diesem sonnigen Hcrbstmorgen nach der „Johanna-Grube", wie einst ihr verewigter Vater das Bergwerk, in welchem er zuerst das vielbcgchrte Eisenerz gefunden, zu Ehren seiner Mutter benannt halte, hinaus, um dort Inspektion abzuhalten. Ehrerbietig begrüßten auf dem Wege nach der Johanna-Grube die zur zweiten Schicht herbcieilendcn Bergleute ihre Herrin, und leicht und freundlich nach der Art ihres Vaters crwieterte Elisabeth Baumgart die Grüße.
Bei ihrer Ankunft vor der Grube empfing sie der technische BergwerkSlciter, Direktor Riese, der in allen den BeigwerkSbetrieb und die Anstellung und Entlassung der Arbeiter betreffenden Angelegenheiten Vollmacht hatte. Riese, ein alter Herr mit silbernem Haar und Bark, führte nach verbindlicher Begrüßung feiner Herrin dieselbe durch die über der Erde befindlichen Bergwcrksbautcn. Prüfend blickten die Augen der jungen Dame auf die Leitungen, die Pumpwerke und alle die Sicherheiismoßeegeln, die zum Schutze dcS Lebens der Bergleute und zur Erhaltung des Bergwerks angebracht waren und einer fortwährenden Controlle unterworfen werden müssen.
„Ich freue mich, Ihnen sage» zu können, Herr Riefe," bemerkte am Schlüsse der Besichtigung die Bergwerksbcsitzerin, „daß ans der „Johanna-Grube" immer Allls am besten in Ordnung ist.
„Wie geht's aber mit den Arbeitern? Kamen alle pünktlich zu Schiebt und sind sonst keine Ungehörigkcitcn vorgekommcn."
„Bis auf vier kranke und entschuldigte sind die Arbeiter alle pünktlich gewesen," erwiderte Riese. „Doch daß ich genauen Bericht erstatte, ein Trunkenbold dürfte nicht mit einfahren und mußte der strengen Arbeitsordnung zu Folge entlassen werden."
„Die strenge Disziplin ist nötig," ent- gcgnele Elisabeth ruhig, doch mit leise vibrierenden Lippen setzte sie hinzu : „Falls der entlassene Arbeiter verheiratet ist, so lassen Sie seiner Frau den halben Lohn auszahlen, und, falls er Besserung gelobt, so können Sie ihm nächste Woche wieder Art eit geben, lieber Riese. Ich wünsche nicht, daß wegen dcS Leichtsinnes eines Bergmannes seine Familie hungern muß."
„Werde der Anordnung bestens Folge leisten!" antwortete Herr Riese und verneigte sich verbindlich vor seiner großmütigen Herrin.
„Bitte, nun noch die Lohnliste," sagte Elisabeth.
Der Bergwerksdirektor überreichte seiner Herrin die Liste und diese las prüfend in derselben.
„Hundcrtundzweiunddreißig Arbeiter und ein Volontär," bmcrkte sie nach kurzer Pause und fuhr fort: „Einen Volontär haben Sie angenommen, Herr Direktor? W.r ist der junge Mann, der ohne Lohn und nur aus Lust und Liebe zum Bergbau hier in unserer Grube von der Pike auf dienen will? Das interessiert mich, solche Beispiele sind selten."
„Er heißt Ernst Leonhard und stammt aus Breslau," berichtete der Direktor Riese. „Scheint wohl von Hause aus auch nicht
sehr wohlhabend zu sein, denn er lebt sehr zurückgezogen."
„Nun, so zahlen «Die ihm doch nächste Woche den üblichen Bergmannslohn aus," befahl die Grundbesitzerin. „Solche Leute muß man unterstützen."
„Ja, der junge Mann hat auch seinen Stolz, er ei klärte, daß er erst den Lohn beanspruchen werde, wenn er nach dem Urteile des Obersteigers ein brauchbarer Bergmann geworden sei, ich fürchte daher, er wird das wohlgemeinte Anerbieten, schon jetzt Lohn erhalten zu sollen, abtehnen."
„Ich glaube, Sie haben Recht," erwiderte Elisabeth mit leichtem Erröten. „Der Volontär besitzt jedenfalls Charakter und Bildung."
„Ja, das wollte ich meinen!" scherzte der Direktor. „Er scheint ein ganzer Kerl, — Verzeihung — gnädiges Fräulein — wollte sagen ganzer Monn zu sein I"
„Nun halten Sie ihn gut, lieber Riese, und lassen Sie ihn, sobald er cs verdient, zum Steiger avancieren. Inzwischen werde ich den Herrn Volontär wohl auch einmal sehen und beurteilen lernen, ob er ein ganzer Mann ist und ein tüchtiger Bergmann werden kann."
„Sehen können Sie ihn jetzt schon gnädiges Fräulein," bemerkte der alte Direktor lächelnd, „er tritt heute mit zur zweiten Schicht an und die Leute werden eben cin- fahren"
„So! entgcgnete Elisabeth. „Nun, so lassen Sie ihn herbeirufen und stellen Sie ihn mir vor I"
Der BergwerkSdircktor gab einem Unterbeamten den nötigen Befehl und der Volontär Ernst Lconhard wurde herbeigerufen.
Die bald darauf stattfiodcndc Vorstellung deS Volontärs gestaltete sich zu einer bemerkenswerten Scene.
Stolz und hoch wie eine Tanne stand der junge hübsche Mann Ernst Leonhard vor Elisabeth Baumgarten, und es war, als ob einen eigenartige Bewegung die Seele der sonst so Willensstärken und nüchtern urteilenden jungen Dame durchzitterle, als die großen blauen Augen Leonhards aufflammend den ihrigen einen flüchtigen Moment begegneten. Es kostete daher Elisabeth auch alle Selbstbeherrschung, die Rolle der Vorgesetzten Principalin mit der gewohnten Ruhe und Sicherheit dem Volontär gegenüber zu spielen.
„Sic wollen sich bei uns praktisch als Bergmann ansbildcn, Herr Leonhard," frug Elisabeth dann freundlich.
„Jawohl, gnädiges Fräulein I" erwiderte der junge Mann mit sclbstbewuster Miene.
„Nun, ich beglückwünsche Sic zu diesem Enlschlnsse. Es ist so selten, daß ein junger Man» von Bildung sich entschließt einen der wichtigsten industriellen Betriebe wie den Bergbau von Grund ans zu lernen und zum Anfänge wie ein einfacher Bergknappe, zu arbeiten. Ich will auch hoffen, daß die Ausdauer Sic bei Ihrem Vorhaben nicht verlassen wird, und dann können Sie später, wenn Ihre Ausbildung vollendet ist, vielleicht eine der höheren Stellen in meinen Bergwerken begleiten."
Ernst Lconhard verneigte sich dankend und erwiderte ehrerbietig:
„Gnädiges Fräulein, ich bin Jhn-n für Ihr Wohlwollen sehr verbunden. Jetzt bin ich leider noch Lehrling im Bergbau und kann nichts leisten, aber wenn ich etwas
Ordentliches gelernt habe, hoffe ich Ihrem hochherzigen Vertrauen Ehre machen zu können."
Elisabeth nickte beifällig und die Vorstellung des Volontärs war beendet.
„Wie alt mag der Volontär wohl sein?" frug Elisabeth, als dieser davon gegangen war, den Bergwertsdirektor Riese.
„Er ist bereits sechsundzwanzig Jahre alt," erwiderte der alte Direktor im geschäftsmäßigen Tone. „Es ist fast wunderbar, daß sich ein Mann in diesen Jahren noch dazu entschließt, Bergtechniker zu werden und als einfacher Bergmann zu beginnen."
„Ich finde das auch," sagte Elisabeth. „Es ist eigenartiger Entschluß von diesem Herrn Lconhard. Doch die Schicksale und Neigungen der Menschen sind oft wunderbar, und es soll mir lieb sein, wenn wir in dem jetzigen Volontär dereinst einen tüchtigen Beamten für die Johanna-Grube gewinnen. Glück auf! Herr Direktor!"
(Fortsetzung folgt.)
Verschiedenes.
(Ein Tag ans den Ferien.) I» einer höheren Lehranstalt in Berlin ist als Aufsatzlhcma die Beschreibung eines TageS aus den Schulferien aufgegcbcn worden. Aus den cingelieferten Aufsätzen bringen wir folgende Blütenlcsc: „. . . Ich bin dann mit der Pferdebahn zu Fuß nach Charlottenburg gefahren." — „Die schönen Ferien sind nun vorüber, so daß man sich nur noch auf die Schule und die Herrn Lehrer freuen kann." — „Die Kajüten waren auf das Konvertabelste eingerichtet, so daß uns die von Mama kalt gekochten Eier sehr gut schmeckten." — „Dann engagierten wir schöne Spiele, an welchen auch Papa als Pferd teilnahm." — Eine lichtvolle Schilderung der märkischen Schweiz hat folgenden Schluß: „Abwechselnd erheben sich Berge und Sece», von welchen ich an diesem schönen Tage manchmal die Sonne untergehcn sah." —
. In Tegel besuchten wir das Schloß. Obwohl die Denkmäler der berühmten Brüder Humboldt in Berlin unter den Linden stehen, sind sie doch in Tegel begraben." — .
Als wir nach Hause kamen, war bereits der Storch mit sechs Jungen bei nnserm Hunde Rolf cingekehrt." Zum Schluß noch das folgende Geständnis eines braven Jungen, der mit seinen Eltern in Dnvcnow war: „Wundervoll war die See, besonders wenn man an die Flundern denkt, die wir in der Regel zum Abendbrot aßen."
(Schwarz und weiß.) Vor einem Londoner Richter erschien kürzlich eine neunzehnjährige Frau als Klägerin gegen ihren Gatten. Der Letztere, ein Neger, gewann vor anderthalb Jahren die Liebe deö Mädchens, verließ es aber, sobald es seine Frau geworden. Der Richter machte dem Schwarzen Ehemann Vorwürfe über sein Verhalten; dieser entschuldigte sich damit, daß ihm die weiße Haut seiner Frau überwindlichen Abscheu cinflöße. Er sei bereit, ihr auch den letzten Penny zu geben, „nur soll man mich nicht zwingen, das Krcidegesicht zu küssen!"
MUkH
Willst Du gewinnen der Menschen Gunst, So mußt Du lernen die sau're Kunst, .
Zu sprechen stets mit feiner List,
Wie Andern der Schnabel gewachsen ist I
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